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7 Schläfer

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»Öffnen!«, brüllte Iswo’od.

Die Tür ging auf und zwei Techniker betraten den Raum. Sie schauten sich um und sahen nichts weiter als ein Sofa, einen Versorgungsautomaten in der erleuchteten Wand und natürlich den Tisch in der Mitte. Dort wurden die wichtigen Beschlüsse gefasst. Der Raum diente nur diesem Zweck.

Angesichts der spartanischen Einrichtung wich bei den beiden Technikern die Ehrfurcht schnell der Enttäuschung.

Iswo’od schaute die beiden Männer an. Sie waren, wie so viele an Bord, kleiner als er. Sie hatten eine aufrechte Haltung und ihre Augen wirkten wachsam. Aber sie hatten auch kein Werkzeug dabei.

»Hat man euch nicht gesagt, worum es geht?« Es hörte sich beinahe wie eine Anklage an.

»Nein«, sagte einer der beiden.

Natürlich nicht, es war nicht gut, wenn Menschen zu viel wussten. Aber die

Soldaten seiner Truppe waren für solche Arbeiten nicht ausgerüstet, daher war der Senator auf fremde Hilfe angewiesen.

»Dieser Tisch hier, besteht er aus Duroplast?«, fragte Iswo’od.

Sie gingen darauf zu und tippten zweimal mit ihren Fingerspitzen auf die Tischplatte.

»Kann man so nicht sagen, aber ich glaube nicht. Die Oberfläche ist zu glatt für Duroplast. Vielleicht ist sie aber auch nachbehandelt worden.«

»Geht das etwas genauer?«, raunzte Iswo’od.

»Nicht, ohne dass wir eine Bohrung machen oder sonst irgendetwas abschneiden.«

»Gut, dann macht das.«

Als er die Männer mit fragenden Gesichtern sah, fügte er hinzu:»Sofort! Und falls das kein Duroplast ist, möchte ich das ganze Ding abnehmen. Also bringt gleich das richtige Werkzeug dafür mit.«

Nachdem die Männer verschwunden waren, um ihre Gerätschaften zu holen, nahm sich Iswo’od eine Schale mit einfachem Wasser aus dem Versorgungsapparat. Damit ging er zum Konferenztisch und schaute sich die Lüftungsschlitze an. Nachdenklich blickte er aus dem Fenster, trank einen Schluck und stellte die Schale dann auf den Tisch. Er versuchte mit seinen kräftigen Fingern die Streben einzudrücken. Aber sie waren zu massiv.

Es war durchaus denkbar, dass man den Konferenzraum des Großen Senats mit einem Duroplasttisch ausstattete. Zur Sicherheit, wovor auch immer.

Es dauerte eine ganze Weile bis die beiden Männer zurückkamen. Sie hatten allerlei Bohrer und Schneidwerkzeuge auf einer schwebenden Arbeitsplatte mitgebracht.

»Wo soll ich das prüfen?«, fragte einer von ihnen. Er hatte Respekt vor dem Tisch, an dem die wichtigsten Entscheidungen seines Volkes getroffen wurden.

»Völlig egal. Hauptsache ihr fangt endlich damit an.«

Der Mann nahm einen winzigen Bohrer von Tablett und zögerte noch einmal kurz.

»Los!«

In der Schale auf dem Tisch bildeten sich kleine Wellen.

Erst sah man eine Zeitlang nichts, aber dann fielen gekräuselte Späne auf den Boden. Als der Mann das sah, hörte er sofort auf.

»Das ist definitiv kein Duroplast.«

Zufrieden sagte Iswo’od: »Gut, dann reißt das ganze Ding hier raus.«

Die Männer schluckten, stellten aber keine weiteren Fragen. Wenn der Große Senat etwas forderte, hatte man zu gehorchen.

»Wollen Sie lieber draußen warten? Es ist ein wenig gefährlich. Vielleicht splittert es.«

»Nein, ich gehe einfach ein paar Schritte zurück.«

Er nahm die Schale und stellte sie zurück in den Versorgungsautomaten.

Die Männer holten sich ein Schneidwerkzeug. Es sah aus wie ein flaches U. Als sie es einschalteten, erschien ein Lichtstrahl und sie gingen vorsichtig auf den Tisch zu. Es flogen tatsächlich Splitter und nach kurzer Zeit war die Tischplatte abgetrennt.

Darunter befand sich das Lüftungssystem.

Iswo’od kam näher, schaute hinunter und sagte: »Das war es. Ab hier mache ich mit meinen Leuten weiter. Ihr könnt gehen.«

Die beiden Männer packten ihre Sachen zusammen und wollten noch die Unordnung beseitigen.

»Lasst das, darum kümmere ich mich später. Geht jetzt!«

Als Iswo’od allein war, betrachtete er noch einmal ausgiebig das Loch. Er selbst war zu groß, um hinab zu steigen. Das war klar. Wer war klein genug? Ein Kind? Lieber ein kleiner Mann aus seiner Truppe.

In diesem Raum gab es keine Computerkugel, also musste er von anderer Stelle aus jemanden rufen. Alles dauerte immer so lange, aber diese Arbeit gefiel Iswo’od besser als die endlosen Diskussionen im Senat. Er war ein Mann der Tat und er war gerne bei seiner Truppe. Dort konnte er besser die Macht spüren, die er besaß.

Ein kleiner Mann mit einer Kamera erschien. Damit sollte er hinabsteigen und alles aufzeichnen, was er fand.

Wieder warten.

»Siehst du schon etwas?«

»Nein, Senator. Hier ist nur der Lüftungsschacht. Nichts Besonderes.«

Als sie sich die Aufnahmen mithilfe einer Computerkugel ansahen, bestätigte sich nur, was Iswo’od schon wusste.

Der Schacht endete in einem endlosen System von Kanälen. In der unmittelbaren Umgebung gab es mehrere Zugänge, die praktisch jeder hätte benutzen können. Auch unbemerkt.

Der Raum war ab sofort tabu. Und jeder andere Raum war ab sofort eine Gefahr.

Ein Feind war genau das, was Iswo’od brauchte. Damit könnte er sein Potential völlig ausschöpfen. Dieser Feind jedoch war unsichtbar. Das war eher etwas für Segu’ur.

Der Große Senat wurde immer auf diese Art und Weise gebildet. Menschen wurden ausgewählt und vom Lehrer so beeinflusst, dass sie die notwendigen Neigungen, Eigenschaften und Interessen hatten. Die, die diese Anforderungen am Besten erfüllten, wurden ausgesucht. Iswo’od fragte sich jedoch, ob er diese Eigenschaften nicht auch gehabt hätte, wenn er ohne den Lehrer aufgewachsen wäre. Es schien so gut zu ihm zu passen.

Iswo’od ließ Segu’ur eine Nachricht zukommen und überließ ihm die weiteren Nachforschungen in dieser Richtung. Seine Arbeit hier war getan. Sollte Segu’ur Erfolg haben, konnte er immer noch darauf schießen lassen. Er bemerkte einen leichten Anflug von Nutzlosigkeit und beschloss sofort dagegen anzugehen. Seit so vielen Jahren war er hier auf dem Schiff, und er sah in sich immer mehr einen diskutierenden Senator als den Führer der Truppen.

Zwei Dinge mochte er: Zum einen gefiel es ihm Befehle zu erteilen, zum anderen genoss er die Einsamkeit an Bord dieses Schiffes. Die Basis war so weiträumig, dass er sie problemlos jederzeit finden konnte.

Er wusste, wo er jetzt hinwollte. Sein letzter Besuch lag schon ein paar Umläufe der Erde um die Sonne zurück. Es gab etwas, das die anderen beiden vom Großen Senat nicht wussten. Sicherlich war es anders herum ebenso, aber das war für ihn nicht so wichtig. Als diese Schiffe gebaut wurden, um den Weltraum zu durchqueren, hatte man mit allen Eventualitäten gerechnet. Überhaupt dachte man damals sehr viel an Möglichkeiten aller Art. Iswo’od lebte eher im Moment.

Er ging die breiten Gänge entlang und fühlte sich nicht bedrängt, wenn ihm jemand entgegen kam. Man hatte viel Platz zum Ausweichen. Wahrscheinlich hatte der Konstrukteur dieser Gänge auch das Bedürfnis nach Abstand zu den anderen gehabt. Eigentlich gab es kaum einen anderen Grund für diese Platzverschwendung. Schon gar nicht, wenn man sie zu der Größe der Quartiere ins Verhältnis setzte. Eine Schwachstelle war der Einstieg zum Aufzug. Hier musste man gelegentlich warten, um ihn zu betreten. Heute hatte er Glück, und er fand niemanden, der gerade ebenfalls diesen Zugang benutzen wollte.

Er stieg auf die Plattform und fuhr nach oben. Seine Ebene lag etwas oberhalb des Hangars, in dem die fliegenden Einheiten waren. Die Soldaten dort waren eigentlich nur Transporteure.

Die Ebene, in der er ausstieg, konnte nur von ihm angefahren werden. Der Raum war komplett in Dunkelheit gehüllt. Iswo’od sah eine kleinen roten Lichtpunkt und steuerte darauf zu. Es war eine Computerkugel und er gab einige Befehle ein.

Langsam wurde es heller und man konnte erkennen, dass es sich nur um einen Vorraum handelte. Das eigentliche Geheimnis lag hinter der nächsten Tür. Er atmete noch einmal tief durch und ging dann zur Tür. In der Luft vor ihm erschienen ein paar Symbole und er aktivierte einige von ihnen. Daraufhin verschwanden die Zeichen und man konnte hören, wie schwere Riegel zur Seite geschoben wurden.

Die große Tür glitt viel langsamer zur Seite als die Türen zu den Quartieren. Dahinter war es schon wieder dunkel.

Iswo’od ging langsam hinein und hinter ihm schloss sich die Tür. Er drehte sich um und sah dabei zu. Als sie endlich geschlossen war, ging eine Notbeleuchtung an. Vor ihm war eine einfache Treppe und er ging sie hinunter. Das spärliche Licht wanderte dabei mit ihm. Er zuckte zusammen, als er ein surrendes Geräusch hörte. Aber das gehörte genauso hierher wie die Dunkelheit, ermahnte er sich.

Unten ging Iswo’od zielsicher auf einen Behälter mit einem gläsernen Sichtfenster zu. An der Seite war ein weißes Lämpchen. Es blinkte sehr langsam. Man musste lange warten, um den Helligkeitsunterschied zu sehen.

Mit der rechten Hand berührte Iswo’od das Sichtfenster. Es war kalt und beschlagen. Er wischte das Kondenswasser fort und schaute hinein. Er blickte in ein schlafendes Gesicht. Kantig und markant. Dort schlief das Ergebnis eines langen Auswahlverfahrens. Ein warmes Gefühl durchlief Iswo’od bei dem Gedanken, dass er die vollständige Kontrolle über diesen Menschen hatte.

Er wandte sich ab und streckte die Hand nach einer Computerkugel aus. Er konnte sie nicht sehen, aber er wusste, dass sie dort war.

Ein paar schnelle Befehle und dann schaltete sich das Licht ein. Die kleine Lichtblase um ihn herum breitete sich aus. Sie wuchs schnell und das beklemmende Gefühl verschwand.

Vor ihm eröffnete sich eine Halle, die eine endlose Aneinanderreihung von Behältern war. Und in jedem schlief einer seiner Leute: Eine Kampfeinheit, für den Fall, dass man auf fremden Planeten auf massiven Widerstand stoßen würde. Das surrende Geräusch wurde durch zahlreiche Maschinen hervorgerufen, die auf einem Gestell unaufhörlich hin und her rasten, um die Einstellungen der Behälter zu prüfen. Man konnte das Ende der Halle kaum erkennen. In der Mitte standen Kampfflieger, ausgerüstet mit tödlichen Waffen und einem perfekten Schutz gegen Angriffe. Auch ein Versorgungsund Ersatzteillager war vorhanden.

Das war der Ort, an dem sich Iswo’od wirklich wohl fühlte. Die zwei Dinge, die er mochte, fand er hier. Einsamkeit und das Wissen, dass er mit einem Knopfdruck alle aus ihrem Schlaf aufwecken konnte. Die totale Kontrolle. In seiner Hand!

Fast sehnte er sich nach Widerstand. Aber auf diesem Planeten waren diese Männer einfach überqualifiziert. Wären sie nicht in ihren Schlafbehältern, wären sie ein zusätzlicher Ballast.

Das hier war für ihn viel angenehmer als die Arbeit im Senat. Er war schon lange nicht mehr hier gewesen. Jetzt machte er sich Sorgen, was mit diesen Männern geschehen würde, wenn der Meteor die Basis zerstörte. Diese Spezialeinheit würde im Schlaf sterben. Ein letztes Mal schaute er in die lange Halle und schaltete dann das Licht aus.

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