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AUF DER TERRASSE

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Zehn Uhr morgens. Auf der Terrasse des Hotels Mallijang saßen zwei Männer. Der eine war Vater Son, Eigentümer des Hotels, der andere Huisu, sein Manager. Vater Son wirkte an diesem Morgen außerordentlich gut gelaunt, Huisu dagegen mürrisch und übernächtigt, nachdem ihn der Anruf seines Chefs aus dem Schlaf gerissen hatte. Gähnend blickte er auf die große Wanduhr.

»Bist du müde?«

»Wenn Sie mit mir reden müssen, bitte lieber nachmittags. Ich bin ein Gangster und arbeite nachts, wieso sollte ich da morgens schon munter sein?« Gereizt drückte Huisu die Zigarette im Aschenbecher aus, nahm einen Schluck Kaffee und verzog das Gesicht. Offenbar tat das Gebräu seinem Magen nicht gut.

Vater Son bereute längst, ihn so früh geweckt zu haben – mit einem kleinen Löffel in seinem Ginsengtee rührend, sah er Huisu prüfend an. »Wie kannst du auf leeren Magen Kaffee trinken? Du solltest Ginsengtee trinken, der ist gesund.«

»Den können Sie gern selbst trinken und ein langes Leben haben.«

»Also wirklich, ich bin freundlich, und du meckerst nur rum.«

»Ihre Freundlichkeit juckt mich nicht, sagen Sie mir einfach, was Sie mir sagen wollen, damit ich weiterschlafen kann.«

»Nun, ich wollte einfach mal hören, wie es gestern mit den Leuten vom Zoll gelaufen ist.«

»Was für eine Frage. Gebechert haben die, mit allem, was dazugehört, und da ist ordentlich Kohle bei draufgegangen.«

Vater Son nickte.

»Was die Mengen betrifft, alles so wie letztes Jahr?«

»Die Menge ist denen scheißegal, Hauptsache, es ist nichts Gefährliches dabei.«

»Natürlich ist nichts Gefährliches dabei. Aber pass du von deiner Seite auch auf, dass die Jungs uns nichts Faules unterjubeln. Dann müssen wir nämlich alle dran glauben. Miese Zeiten sind das.«

»Wo wir gerade davon reden, können wir das mit dem chinesischen Chilipulver nicht mal sein lassen? Das bringt so wenig ein, finden Sie wirklich, dass sich dafür der Anblick von schaufelnden, schwitzenden Gangstern lohnt?«

»Da täuschst du dich, das Chilipulver ist durchaus lukrativ.«

»Für Sie bestimmt, Sie müssen ja auch nur rumsitzen und Scheine zählen. Aber was ist mit uns? Bis wir die beschissenen Container voll haben, sind wir halb tot.«

»Was redest du da, wie kannst du so übertreiben! Willst du, dass dir das Geld einfach so in die Taschen fliegt ohne jede Anstrengung? Egal, lassen wir das. Um wie viel Uhr wart ihr gestern fertig?«

»Fünf Uhr morgens.«

»Tss, ihr hättet auseinandergehen sollen, sobald das Geschäftliche erledigt war. Warum immer alles so in die Länge ziehen?«

»Bestimmt nicht, weil ich die Kerle so charmant fand. Diese Scheißtypen haben gar nicht daran gedacht, nach Hause zu gehen, die wollten natürlich noch gratis trinken und so weiter. Vom Grillrestaurant habe ich sie in eine Go-go-Bar geschleppt, dann in einen Nachtklub und dann wieder in eine Bar. Irgendwann habe ich’s geschafft, jeden mit einem Mädchen in eins der Zimmer hier zu verfrachten, das Arschloch Gu gleich in meins. Der war völlig besoffen, hat irgendwann angefangen, das Mädchen zu schlagen und Randale zu machen.«

»Er hat das Mädchen geschlagen? Wenn er besoffen ist, schlägt er Frauen, der Dreckskerl?«

»Weil er keinen mehr hochkriegt. Tja, was soll man machen, wenn eine Nutte sich zwei Stunden abmüht und man immer noch keinen Ständer hat? Am Ende ist das Schwein sauer geworden, hat gesagt, sie hätte nicht ihr ganzes Gefühl reingelegt, und hat sich auf sie gestürzt, um sie zu verprügeln. Ich konnte ihn wegzerren, und dann hat er sich im Flur in Unterhose auf dem Boden gewälzt, hat geheult und geschrien, dass er eine schwierige Jugend hatte, und jetzt, wo er endlich einigermaßen anständig leben kann, lässt ihn sein Schwanz im Stich. Fuck!«

»Warum gibt er anderen die Schuld? Sein Schwanz ist das Problem, verdammt.«

»Sehe ich genauso.«

»Aber die vom Zoll waren doch bestimmt Musterknaben, oder?«

»Wenn man den Mädchen glaubt, ist Chef Gu im Vergleich zu denen ein echter Gentleman.«

Vater Son schüttelte grinsend den Kopf. »Was für ein Land! Je mehr Bildung einer hat, desto perverser wird er. Ich frage mich, was man denen in der Schule beibringt.« Er hob die Tasse, schwenkte sie leicht und schlürfte mit dem letzten Schluck Tee den auf den Boden gesunkenen Ginsengrest auf.

Huisu nahm sich wieder eine Zigarette und sah sich um. Mitten im Café saßen vier alte Männer um einen Tisch und ließen sich plaudernd ihre Rinderbrühe schmecken. Diese zahnlosen Greise waren die eigentlichen Besitzer von Guam. Sämtliche Hotels, Karaoke-Bars, Nachtlokale, Kasinos und Gogo-Bars, mit anderen Worten die gesamte Freizeit- und Unterhaltungsindustrie von Guam teilten sich die vier mit Vater Son: ein ehemaliger Militärkommandant, ein ehemaliger Polizist, ein ehemaliger Wucherer und ein ehemaliger Schiffslotse. Inzwischen führten sie ein friedliches Rentnerdasein, gingen frühmorgens spazieren und spielten nachmittags Golf. Hinter einer untadeligen Fassade waren es verabscheuungswürdige Gestalten, die sich von den Einnahmen in Guam keinen Cent entgehen ließen. Ein ganzes Bataillon von leeren Terrakotta-Töpfchen und -Schälchen, in denen man ihnen Rindsbouillon und fermentierten Rettich serviert hatte, stand kreuz und quer auf dem Tisch verteilt.

»Scheiße, ich habe Ihnen doch gesagt, dass hier morgens keine Rindsbouillon serviert werden soll.«

»Ich habe sie trotzdem bringen lassen, es sind ja sonst keine Gäste da. Die gehen gleich wieder, reg dich nicht auf«, sagte Vater Son beschwichtigend, wenn auch ein bisschen verlegen.

»So was im Café eines Hotels, das geht einfach nicht! Kapieren Sie denn nicht, welche Folgen es fürs Geschäft hat, wenn man hier morgens zwischen frühstückenden Touristen fünf alte Männer zusammensitzen sieht, die ihr Rettich-Kimchi mümmeln? In Zeiten wie diesen läuft alles über Mund-zu-Mund-Propaganda. So was bei uns, da müssen wir uns hinterher nicht wundern, wenn über das Hotel Mallijang geredet wird.«

»Also wirklich, was soll das? Was gehst du mir gleich morgens mit solchen Vorhaltungen auf die Nerven? Habe ich nicht verdammt noch mal das Recht, in meinem eigenen Hotel einen Teller Bouillon zu essen? Wenn dich das so anwidert, mach dein eigenes Hotel auf, da kannst du das Essen von Rinderbrühe gern verbieten.«

»Vergessen Sie’s. Was für ein blödsinniges Gerede. Aber am Ende des Tages ist es ja wirklich Ihr Hotel, wie Sie schon sagten. Tun Sie also, was Sie für richtig halten.«

Gereizt drückte Huisu die Zigarette im Aschenbecher aus. »Und ansonsten? Wie wollen Sie die Sache mit Husik regeln?«

Vater Son zuckte zusammen, als er den Namen hörte. »Wieso fängst du jetzt doch wieder damit an? Die Sache ist geregelt, das habe ich dir doch gesagt. Ich habe nur einen Schein von Husik bekommen. Ich sage es dir noch mal: Ich habe diesen Schein so an dich weitergegeben, wie man ihn mir gegeben hat, in einem Umschlag, den ich nicht geöffnet habe.«

»Nur dass ich gestern mit Husik telefoniert habe, und er hat mir versichert, dass er Ihnen zwei Scheine gegeben hat.«

Die Neuigkeit, dass die beiden telefoniert hatten, schien Vater Son in Verlegenheit zu bringen, und er wandte den Blick zum Meer. »So eine Ratte. Was muss mich dieses Arschloch gleich morgens so blamieren. Dem sollte man das verdammte Maul stopfen, am besten tackert man es gleich zu«, murmelte er in die Richtung des Meeres.

Nach kurzem Nachdenken schaute er wieder zu Huisu. »Hör zu, es stimmt, dass Husik mir zwei Scheine gegeben hat, aber weißt du, dieser Typ, der sich um die Stadtverwaltung und die Bullen kümmert – wie heißt er noch, ach ja Bonho –, also dieser Bonho hat darauf bestanden, dass wir an dem Tag auch die Bullen schmieren … Da sind dann gleich noch mal dreißig Millionen draufgegangen. Und Vater Kim, diese hohle Nuss, du weißt doch, wie der ist … der nörgelt rum, wenn er keine Vermittlungsprovision bekommt. Und schon waren noch mal zwanzig Millionen weg.«

»Und die restlichen fünfzig?«

»Die restlichen fünfzig Millionen? Du weißt doch, kaum rührt man sich vom Fleck, entstehen Kosten, was weiß ich, Benzin, kleinere Schulden, die hier und da beglichen werden müssen, und, na ja, essen mussten wir ja auch …«

Vater Sons Satz endete in einem Stammeln.

»Also wirklich, wie kann jemand, der so reich ist wie Sie, dermaßen geizig sein. Wissen Sie, die Jungs arbeiten heutzutage einfach nicht, wenn sie nicht das kriegen, worauf sie Anspruch haben. Dachten Sie, alles wäre immer noch so wie früher?«

»Tja, und was machen wir jetzt?«

»Ich verlange nicht die volle Summe. Geben Sie mir dreißig Millionen.«

Vater Son riss entgeistert die Augen auf. »Dreißig Millionen? Sehe ich aus wie jemand, der dreißig Millionen hat?«

»Na gut, wenn das so ist, dann steige ich eben aus. Warum soll ich mir für nichts und wieder nichts den Allerwertesten aufreißen …«

»Sieh einfach zu, dass du Danka auf achtzig Millionen drückst, dann kannst du zwanzig einstecken.«

»Und Sie glauben, dafür macht dieser Geizkragen bei so einem chaotischen Deal mit? Nie im Leben!«

Vater Sons Unbehagen war nicht zu übersehen. »Verdammte Scheiße, immerhin bin ich höchstpersönlich in die Provinz Chungcheong gefahren, habe meinen alten, müden Körper in diese beschissene Gegend geschleppt, um den Auftrag an Land zu ziehen. Wenn ich dir dreißig Millionen gebe, was bleibt dann für mich? Das deckt nicht mal die Benzinkosten.«

»Hören Sie, heute ist mein Geburtstag, und ich habe noch nicht mal eine Algensuppe gegessen, nicht mal das. Seien Sie nicht so, lassen Sie uns wenigstens ein bisschen teilen.«

»Wie kann das sein? Hat dir Mija denn keine Algensuppe gekocht?«

»Die hat mich doch schon vor einer halben Ewigkeit verlassen.«

»Ach, so … Wo ’s doch ausnahmsweise mal ein bisschen gehalten hat. Dann hat auch sie sich also auf und davon gemacht?«

»Klar. Wer bleibt schon bei einem Kerl meines Alters, der noch im Hotel wohnt und dem man zum Geburtstag eine Algensuppe kochen muss?«

»Na, na, na, bloß weil du deine Algensuppe nicht bekommen hast, musst du ja nicht gleich auf mich sauer sein!«

»Nein, nicht deshalb, sondern weil Sie mich wie blöd schuften lassen und mich nicht anständig dafür bezahlen. Was haben mir meine treuen Dienste in all den Jahren denn gebracht?«

»Was faselst du da von treuen Diensten? Was kann ich dafür, dass du nicht genug Geld zusammengekriegt hast? Jedes Mal, wenn die anderen ausgegangen sind, um Fleisch zu essen, bist du mit, wenigstens auf einen Salat, kein Wunder, dass du keine Kohle hast. Wenn du jeden Monat Geld auf die Seite gelegt hättest, anstatt bei Jiho Baccara zu spielen, wärst du jetzt nicht so knapp bei Kasse.«

»Kratzt mich alles nicht, Fleisch, Salat, ist mir egal, ich bleibe hier sitzen, bis Sie mir die dreißig Millionen geben.«

»Mann, bist du anstrengend. Zwanzig, mehr nicht.«

»Wann?«

»Immer mit der Ruhe, ich gebe dir das Geld schon! Habe ich dich je bestohlen?!« Auf einmal war Vater Son stinkwütend.

Mit einem leisen Lächeln beendete Huisu die Diskussion und nahm einen Schluck Wasser. Vater Son hob seine Tasse an den Mund und stellte sie, als er sah, dass sie leer war, verärgert wieder ab.

»Übrigens, was Yongkang betrifft, da könnte es schwierig werden, eine Einigung zu finden.«

Als Vater Son den Namen hörte, runzelte er die Stirn.

»Wie viel will er denn?«

»Er verlangt kein Geld, er will irgendein Business. Und für den Sommer zwei Dutzend Sonnenschirme.«

»Die kleinen zum Vermieten?«

»Nein, die großen, um Alkohol zu verkaufen.«

»Wie viel Gewinn kann man mit zwei Dutzend Schirmen in einem Sommer machen?«

»Wenn der Monsun sich nicht zu lange hinzieht und dann schön die Sonne vom Himmel knallt, kann man locker dreihundert machen.«

»Dieser miese Gauner. So gut wie keine Abgaben zahlen, aber hier bei uns Wurzeln schlagen. An sich wäre es ja keine große Sache, ihm ein paar Schirme zu geben, aber wenn er sie erst mal hat, wird man ihn wahrscheinlich nie mehr los, oder?«

»Wenn er’s schafft, Fuß zu fassen, wird’s schwierig.«

»Und seine Jungs, sind die von den Philippinen?«

»Nicht nur. Da ist alles dabei: Filipinos, Vietnamesen, Thailänder, Birmanen … Der sogenannte ›Südostasien-Verein‹.«

»Was will er mit so einem bunten Haufen in einem kleinen Viertel wie Guam anstellen?«

»Diese Typen können sonst nirgendwohin: Gamcheon arbeitet schon mit den Russen, Jungang-dong mit den Chinesen und Heaundae und Gwangalli mit den Japanern.«

»Und du glaubst, dass Yongkang wirklich entschlossen ist, sich hier einzunisten?«

Huisu nickte wortlos.

»Komplizierte Sache.«

»Soll ich mich um ihn kümmern, bevor es noch komplizierter wird?«

Vater Son fuhr zusammen und sah sich um.

»Du meinst, ihn umbringen?«

Stumm starrte ihm Huisu ins Gesicht.

»Tss.« Vater Son schüttelte den Kopf. »Also wirklich, seit wann bist du so ein Draufgänger? Leute umbringen ist kein Spiel.«

»Man muss ihn ja nicht gleich kaltstellen, man könnte ihm auch erst mal eine Naht verpassen.«

Vater Son schwieg und dachte nach.

»Huisu, dieser Yongkang ist nicht einfach. Und wenn man gegen die Typen vom Südostasien-Verein vorgeht, riskiert man das totale Chaos. Die halten sich an keine Regeln. Wir müssen die Konfrontation meiden und zusehen, dass wir nur das Arschloch Yongkang erwischen, mit den Typen vom Südostasien-Verein aber einen gemeinsamen Nenner finden. Glaubst du, wir können mit denen verhandeln, wenn wir uns Yongkang vorgeknöpft haben?«

»Ich sehe keinen Grund, warum das mit Geld nicht funktionieren sollte. Die Verbindung zwischen dem Verein und Yongkang ist nicht so eng.«

»Taugen diese Jungs was?«

»Die sind nicht schlecht. Sie arbeiten gut, sind ziemlich günstig und wollen keinen Ärger.«

»Kennst du einen von denen?«

»Ich habe ein paarmal mit Tang gearbeitet, einem Vietnamesen. Wir haben uns gut verstanden, er ist intelligent, hat in Vietnam studiert.«

»Wenn diese Typen auf unsere Jungs stoßen, wird’s aber heikel. Die sind ja sowieso schon auf hundertachtzig, weil sie nicht genug Arbeit haben.«

»Das sehen wir dann, so ist das Leben. Unsere Jungs müssen eh mal ein bisschen aufwachen. Die sind inzwischen so mit allen Wassern gewaschen, dass sie meinen, sie könnten schwierigen Jobs aus dem Weg gehen, aber trotzdem jede Menge Kohle einstreichen.«

Vater Son dachte nach. »Huisu.«

»Was?«

»Mit schmutzigen Händen soll man keine Brillengläser anfassen«, sagte er mit gespieltem Ernst.

»Was meinen Sie denn damit?«, fragte Huisu irritiert.

»Wenn du mit dreckigen Händen deine Brille anfasst, machst du sie doch schmutzig, oder?«

»Eben, und was soll das heißen?« Inzwischen klang Huisu leicht gereizt.

»Was soll es schon heißen?«, brummelte Vater Son und blickte zum Meer. »Wenn die Gläser schmutzig sind, siehst du nicht gut, und dann ist es zwar lästig, sie zu putzen, aber wenn du nicht gut siehst, kannst du stolpern. Genau das soll es heißen.«

»Mann, hören Sie auf, solchen Quatsch zu reden, das hier ist ernst. Hören Sie auf mit dem Unsinn. Was ist jetzt, was sollen wir machen?«

»Wir werden sehen. Jetzt ist nicht unbedingt der Moment, sich auf eine neue Sache einzulassen.«

»Gut, bis zum Sommer haben wir noch ein bisschen Zeit und können versuchen, Yongkang einzulullen. Aber ob das funktioniert, wenn er wirklich entschlossen ist?«

»Seit Urzeiten muss ein Gangster die Kunst der Verhandlungsführung beherrschen. Yongkang ist ein Mensch, also hat er auch Angst. Niemand beschließt einfach so, alles um sich her plattzumachen. Nimm ihn dir behutsam vor, wickel ihn um den Finger und sorg dafür, dass kein Blut fließt.«

»Konfliktvermeidung um jeden Preis ist keine Lösung. Weil Sie jeder Auseinandersetzung aus dem Weg gehen, haben die anderen keinen Respekt vor Guam und halten uns für Versager.«

»Kennst du auch nur einen Typen, der zum Messer gegriffen und es überlebt hat? Wen das Messer trifft, der verreckt, aber auch der, der’s gezückt hat, verreckt am Ende auf die eine oder andere Weise. Und außerdem, Huisu, du bist vierzig, mein Junge. Wenn du in deinem Alter bei jeder Kleinigkeit wie ein kopfloses Huhn drauflosrennst, gebe ich keinen Pfifferling auf dein Leben.«

Nachdenklich sah Huisu ihn an, dann schüttelte er den Kopf. Vater Sons Worte schienen ihn nicht überzeugt zu haben.

»Was machst du heute Nachmittag? Wenn du nichts vorhast, komm mit zum Golf. Wir haben noch einen Platz. Doyen Nam kommt auch.«

»Nehmen Sie doch lieber einen von den vier Alten mit. Die haben ja heute eine kräftige Rindsbouillon geschlürft und sind bestimmt topfit.«

»Meinst du, mit denen macht das Spaß? Nein, der Doyen von Yeongdo will dich sehen und hat mich gebeten, dich dazuzuholen.«

»Wer’s glaubt, wird selig.«

»Doch, wirklich. Doyen Nam kann dich gut leiden.«

»Da bin ich nicht dabei. Golf ist nicht mein Ding. Und außerdem fühle ich mich unwohl, wenn Doyen Nam nett zu mir ist.«

Ein zufriedenes Lächeln huschte über Vater Sons Gesicht. Um es zu vertuschen, fing er an zu schimpfen. »Du solltest anders leben, sei mal umgänglicher. Ein Mann muss zu Kompromissen bereit sein. Schau dir die anderen an, die sind zu allem bereit, um sich mit Doyen Nam gut zu stellen.«

»Jaja. Ich mische schon dermaßen lange so viel Chilipulver, um mich mit Ihnen gut zu stellen, dass ich niesen muss, wenn ich den Ausdruck nur höre.«

»Was für ein Mundwerk! Was das betrifft, werde ich dich wohl nie schlagen.«

Vater Son nahm seine Tasse, blickte hinein und stellte sie missmutig wieder ab, weil kein Ginseng mehr am Boden klebte.

Huisu sah ihn gähnend an. »Haben Sie sonst noch was zu sagen? Sonst gehe ich jetzt.«

»Legst du dich wieder hin?«

»Ja, sollte ich wohl.«

»Gut, dann geh hoch und ruh dich ein bisschen aus. Aber jetzt hast du an deinem Geburtstag nicht mal eine Algensuppe gegessen, wie traurig! Soll ich in der Küche darum bitten, dass sie dir eine machen und sie dir hochbringen?«

»Nicht nötig, den Luxus kann ich mir nicht erlauben.«

Und damit erhob sich Huisu und verließ die Terrasse.

Der Rindsbouillon-Club saß immer noch plaudernd an dem Tisch mitten im Café. Einer der Alten, Vater Kim, hielt Huisu an, als er mit höflich gesenktem Kopf vorbeikam.

»He, Huisu!«

Huisu wurde automatisch langsamer.

»Ja?«

»Ich habe gehört, ihr mischt im Depot zwanzig Prozent koreanisches Chili unter, stimmt das?«

»Ja.«

»Warum so viel? Zehn Prozent würden bei Weitem reichen.«

»Ja, zehn Prozent sind mehr als genug«, gab Vater Park seinen Senf dazu. »Mit zehn Prozent ist es quasi ein koreanisches Produkt.«

»Mehr koreanisches Chili bedeutet mehr Spatenstiche«, fügte Vater Kim hinzu. »Und Gott weiß, wie anstrengend diese verdammten Spatenstiche für euch sind.«

Huisu lächelte schwach. »Sie scheinen sich ja große Sorgen um unser Wohlergehen zu machen. Dass sie sogar die Spatenstiche zählen!«

»Wir müssen die Jugend moralisch unterstützen – mehr können wir alten Männer doch nicht tun«, erwiderte Vater Kim selbstgefällig.

Huisu nickte. Dann verließ er die Terrasse und ging direkt hinauf in sein Zimmer.

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