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Bearbeitung sozialer Probleme

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In einer soziologischen und systemtheoretischen Perspektive wird der Sozialen Arbeit die Aufgabe der Bearbeitung sozialer Probleme zugewiesen (Gildemeister 1993; Staub-Bernasconi 2012). Soziale Arbeit wird dabei verstanden als Funktionssystem gesellschaftlicher Hilfen für Individuen und Gruppen, die von sozialen Problemen betroffen sind. Das setzt einen gesellschaftlichen Definitions- und Aushandlungsprozesse voraus, was als soziales Problem zu bezeichnen ist, wo Abweichungen von der ›Normalität‹ gesellschaftlicher Lebenspraxis als so gravierend beurteilt werden, dass (Ab-)Hilfe nötig ist – wann also ein soziales Problem zu einem Thema für die Soziale Arbeit wird. Anders als beispielsweise die Sozialpolitik geht Soziale Arbeit jedoch nicht direkt auf soziale Probleme ein, vielmehr bearbeitet sie die individuellen Probleme, die sich für Betroffene daraus ergeben. Es gehe ihr eher um »individualisierend ansetzende Maßnahmen« (vgl. Gildemeister 1993:59). Soziale Arbeit ist in dieser individuellen Perspektive »für das Wohlergehen, die Entwicklung und Selbstverwirklichung von Menschen zuständig. (…) Es geht also darum, Menschen zu befähigen, ihre Bedürfnisse so weit wie möglich aus eigener Kraft, d. h. dank geförderter und geforderter Lernprozesse zu befriedigen« (Staub-Bernsconi 2012:275 f.). Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten gilt als zentrales Grundprinzip in der Sozialen Arbeit.

Die Soziale Arbeit ist mit der lebenspraktischen Lage ihrer Klienten konfrontiert, die in komplexer Weise mit den Strukturen und Dynamiken der Gesellschaft zusammenhängt. Individuen, Familien und Gruppen in der Realisierung ihrer je eigenen Lebensentwürfe zu unterstützen, Bildungsprozesse zu ermöglichen, Chancen und Zugang zu Ressourcen zu eröffnen, das seien die wesentlichen Aufgaben Sozialer Arbeit, konstatiert Parpan-Blaser; diese allerdings bringen oft die Thematisierung gesellschaftlicher Strukturen und Ungleichheit mit sich, insbesondere dann, wenn gesellschaftliche Integration durch die kompensatorischen Hilfen der Sozialen Arbeit nicht mehr zu realisieren ist (vgl. 2005:135).

Ob die Soziale Arbeit neben der individuumsbezogenen Aufgabe auch ein politisches Mandat – also eine explizit gesellschaftsbezogene Funktion – hat, ist umstritten. Staub-Bernasconi (1995, 1998, 2007a, 2007b, 2012) tritt klar hierfür ein. Sie betont, dass sich die Soziale Arbeit in (sozial-)politische Entscheidungsprozesse einzumischen habe, um auf diese Weise dazu beizutragen, dass »menschenverachtende soziale Regeln und Werte von sozialen Systemen in menschengerechte Regeln und Werte« transformiert würden, damit Menschen überhaupt in die Lage versetzt werden, ihre Bedürfnisse zu befriedigen. Auch habe Soziale Arbeit die Aufgabe, öffentlichen Entscheidungsträgern Wissen über die Entstehung sozialer Probleme zur Verfügung zu stellen (vgl. Staub-Bernasconi 2012:276). Der Fokus bei der Bearbeitung von Problemen sei immer ein doppelter, so Heiner (2004:157): Es gehe sowohl um Veränderungen der Lebensbedingungen als auch der Lebensweise der Klientinnen. Diesen doppelten Fokus der Intervention hat bereits Alice Salomon (1926) formuliert. Für Heiner ist er ein Spezifikum der Sozialen Arbeit. Wenn die Aufgabe politischer Einmischung und Optimierung der sozialen Infrastruktur dazu gedacht werde – und hier bleibt sie in ihrer Positionierung offen –, dann lasse sich von einem ›trifokalen Fokus‹ der Sozialen Arbeit sprechen (vgl. ebd., auch Gildemeister 1992:209, u. a.). Staub-Bernasconi bezeichnet dies als Tripel-Mandat der Sozialen Arbeit (vgl. 2007b:12 f. – Kap. 3.2.2.)

Kooperative Prozessgestaltung in der Sozialen Arbeit

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