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Wurzeln eines eigenständigen Professionalitätsmodells

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Seit den 1980er Jahren wurde zunehmend auch die Professionalisierungsdebatte selbst hinterfragt, weil sie sich viel zu stark am klassischen Professionsmodell ausrichte (vgl. z. B. Gildemeister 1992:208). So kritisiert beispielsweise Müller (2012a:959 ff.) die Professionalitätsansprüche, die an die Soziale Arbeit gestellt werden und verweist darauf, dass sich in der Geschichte der Sozialen Arbeit Wurzeln finden lassen für ein Professionalitätsmodell Sozialer Arbeit, das unabhängig von den Exklusivitätsmerkmalen der klassischen Professionen konzipiert ist. Er verortet den Beginn der Professionalisierung der Sozialen Arbeit bereits bei der Generation der Gründerinnen beruflicher Sozialarbeit und Sozialpädagogik. Dabei unterscheidet er zwei Linien der Begründung eines eigenständigen Professionalitätsanspruchs und -modells, wovon sich eine auf die Methodisierung, die andere auf die Institutionalisierung der Sozialen Arbeit bezieht.

Alice Salomon steht mit ihrem 1926 veröffentlichten Buch ›Soziale Diagnose‹ für die Begründungslinie der Methodisierung. Sie stellte den neuen Beruf der Sozialarbeiterin neben die klassischen Professionen (Pfarrer, Ärztin, Richter) und begründete dies mit der Entwicklung einer eigenen Methodik der Diagnose und Intervention. Deren Besonderheit sei, dass sie auf den »ganzen Menschen« eingestellt sei und nicht nur auf Teilaspekte menschlichen Lebens. Eine Methodik der Sozialen Arbeit beinhalte die Befähigung, »Verschiedenes für verschiedenartige Menschen zu tun« (Salomon 1926:6,60, zit. in Müller 2012:960 f.). Damit war das Prinzip der ›Individualisierung der Hilfe‹ begründet.

Gertrud Bäumer andererseits leitete den Professionalitätsanspruch Sozialer Arbeit aus der Entwicklung von Institutionen ab. Sie argumentierte, dass im 20. Jahrhundert den Notlagen einzelner Menschen nicht mehr wie früher durch karitative freiwillige ›Liebestätigkeit‹ von Einzelnen oder von Ordensgemeinschaften begegnet werden könne. Vielmehr müssten diese Notlagen als soziales Problem erkannt werden, und Hilfe statt einzelfallbezogen über Einrichtungen der Sozialen Arbeit organisiert werden. Diese Einrichtungen bräuchten berufliches Personal, das sie durch eigene Ausbildungsgänge selbst heranziehen sollten. Die Vergesellschaftung sozialer Aufgaben schafft nach Bäumer die Voraussetzungen für einen eigenen Professionalitätstyp. Erforderlich sei verwaltungstechnisch-juristisches, sozialwissenschaftliches und institutionelles Wissen – Wissen, über das nicht nur die einzelnen Sozialarbeiterinnen verfügen sollten, sondern das auch institutionalisiert werden müsse (vgl. Müller 2012:961 f.).

Daraus lässt sich ableiten, dass einerseits spezifische Methoden der Sozialen Arbeit, andererseits die Institutionalisierung der Problembearbeitung (bzw. der Organisationskontext) wichtige Aspekte eines Professionalitätsmodells Sozialer Arbeit sind. Soziale Arbeit könne sich also immer nur im Kontext ihrer organisatorischen Struktur professionalisieren, konstatiert Müller (vgl. ebd.:963 f.). Soziale Arbeit brauche ein spezifisches Methodenrepertoire, und es müsse bestimmt werden, welche Kompetenzen die einzelnen Professionellen zur Erfüllung ihrer spezifischen Aufgabe benötigen. Darauf wird im zweiten Teil dieses Lehrbuchs ausführlich eingegangen.

Kooperative Prozessgestaltung in der Sozialen Arbeit

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