Читать книгу Kooperative Prozessgestaltung in der Sozialen Arbeit - Ursula Hochuli Freund - Страница 27

Grundorientierungen und Grundprinzipien

Оглавление

In den letzten drei Jahrzehnten sind spezifische Theorien der Sozialen Arbeit entwickelt worden, welche den Gegenstand der Sozialen Arbeit genauer fassen, Problemstellungen differenziert darlegen, Zielsetzung und Aufgaben bestimmen und Zugänge beschreiben, wie diese Aufgaben wahrgenommen werden können. Dazu gehören u. a. das Konzept der Lebensweltorientierung von Thiersch (2002, 1992), der Lebensbewältigungsansatz von Böhnisch (vgl. u. a. Böhnisch 2008, 2012), die Theorie ›Integration und Lebensführung‹ (Sommerfeld et al. 2011), das Systemtheoretische Paradigma der Sozialen Arbeit (Staub-Bernasconi 2007a, 2012, Geiser 2013). Wir werden hier nicht näher auf diese einzelnen Entwürfe eingehen, sondern zunächst nur festhalten, dass sich Lebensweltorientierung und ein systemischer Zugang mittlerweile als allgemeine Grundorientierungen in der Sozialen Arbeit etablieren konnten. Des Weiteren möchten wir eine Gemeinsamkeit all dieser Theorien skizzieren und anschließend einige Grundprinzipien herausarbeiten, auf die in den aktuellen Methodenlehren (u. a. Galuske 2013, von Spiegel 2013, Stimmer/Ansen 2016, Wendt 2017, Cassée 2019, Thimm 2020) Bezug genommen wird und die heute zum Selbstverständnis der Sozialen Arbeit gehören.

Theoretische Grundlage sei überall eine bio-psycho-soziale Perspektive, so Pauls (2013:32 ff.). Alle Theorien weisen eine inhaltliche Nähe zum Person-in-Umwelt Modell (person-in-environment) und zum biopsychosozialen Modell auf, konstatiert auch Röh (2018a:103). Probleme der Lebensbewältigung werden demnach als komplexes Interaktionsgeschehen zwischen bio-psychischen, sozialen und kulturellen Dimensionen aufgefasst. Der besondere Zugang der Sozialen Arbeit besteht darin, im Rahmen des biopsychosozialen Modells – das auch in anderen Disziplinen wie Medizin und Psychologie zu den Grundlagen zählt – vor allem die soziale Dimension auszuleuchten. Dazu gehören auf Seite der Person alle interaktionalen Bezüge wie soziale Beziehungen und soziale Netzwerke, auf Seite der Umwelt geht es um soziostrukturelle und sozialökologische Aspekte.

Neben dem Blick auf die ›Person in ihrer Umwelt‹ und dem Fokus auf die soziale Dimension kann auch Ressourcenorientierung als allgemeines Grundprinzip der Sozialen Arbeit gelten (vgl. u. a. Buttner 2018:142, Schubert 2018:112). Dabei geht es sowohl um die Möglichkeiten, die in der Person selbst liegen (personale Ressourcen) wie auch um solche, welche die Umwelt, in der ein Mensch sich bewegt, bereithält (Umweltressourcen, vgl. Wendt 2017:32, oder auch: Schubert 2018:114 ff.). Hier geht es sowohl um Ressourcenaktivierung (so der Titel von Flückiger/Wüsten 2015) wie auch um Prozesse von Empowerment, wie Herriger sie in seinem Standardwerk (2020, 1. Auflage 1993) ausführlich beschrieben hat. Das im Abschnitt oben bereits erwähnte Prinzip ›Hilfe zur Selbsthilfe‹ hängt hiermit eng zusammen.

Diese Prinzipien finden sich auch in der Darstellung von Wendt (2017), der die spezifischen Orientierungen der Sozialen Arbeit folgendermaßen zusammenfasst:

• Adressatenbezogene Perspektive, welche die Orientierung am Subjekt, an den Ressourcen und an der Mündigkeit beinhaltet (vgl. ebd. 30 ff.)

• Systembezogene Perspektive, welche Menschen in ihrem Lebensraum und in ihrer Lebenswelt betrachtet (ebd. 35 ff.)

• Empowerment als grundlegende Perspektive der Selbstbefähigung und Selbstermächtigung (vgl. ebd. 39 f.)

• Handlungsorientierende Perspektive, welche die Bedeutung eines Arbeitsbündnisses sowie von Wissen, Können und Haltung der Professionellen beinhaltet (vgl. ebd. 47 ff.)

Diese letztgenannte Perspektive wollen wir hier aufgreifen, denn sie enthält wichtige Prinzipien, die bisher nicht erwähnt wurden. Das Arbeitsbündnis zwischen Sozialarbeiterin und Klient gilt als ein Kernelement professionellen Handelns (vgl. Becker-Lenz/Müller 2009:371 f., Kap. 5.1.3.) Die Arbeitsweise ist dialogisch-partizipativ. Die spezifische Arbeitsweise wird u. a. von Stimmer/Ansen (2016) ausdifferenziert in Prinzipien professionellen (bei ihm: beraterischen) Handelns. Er nennt dabei u. a. die Prinzipien ›Verständigungsorientiert handeln – ›Sinn verstehen‹ – ›Ressourcen fördern‹ – ›Mehrperspektivisch denken und handeln‹ – ›Netzwerkorientiert denken und handeln‹ (vgl. ebd.:55–113).

Kooperative Prozessgestaltung in der Sozialen Arbeit

Подняться наверх