Читать книгу Kooperative Prozessgestaltung in der Sozialen Arbeit - Ursula Hochuli Freund - Страница 79

4.1.7 Ethische Entscheidungsfindung

Оглавление

Zentral für die Ethik in der Sozialen Arbeit ist die ethische Entscheidungsfindung, wofür die oben ausgeführten professionsethischen Grundlagen und normativen Vorgaben einen wichtigen Bezugsrahmen darstellen. In der Berufspraxis der Sozialen Arbeit stellen sich immer wieder Fragen, die einer Werteabwägung bedürfen: Soll für die Eltern mit Erziehungsproblemen eine sozialpädagogische Familienbegleitung verpflichtend vorgeschlagen werden? Wie umgehen mit einer stark übergewichtigen Klientin, die immer mehr zunimmt und ihre Gesundheit damit ernsthaft gefährdet? So stellen sich in der Praxis moralische Fragen, die in strukturierter Weise bearbeitet werden müssen. Eine solche Struktur der Entscheidungsfindung hilft dabei, nichts Wesentliches zu übersehen und sichert ein sorgfältiges Vorgehen beim Sammeln und Abwägen von Fakten und Werten (vgl. Bleisch/Huppenbauer 2014:15; Hug 2014:225). Wichtig ist es dabei deskriptive Sein-Aussagen von normativen Sollensaussagen stets zu unterscheiden (vgl. Keller 2016:29).

Gemäß Hug ist ein wichtiger erster Schritt die Identifikation ethisch relevanter Situationen, wobei es um die Schärfung einer Sensibilität für moralische Handlungen geht. Die Sozialarbeiterin soll realisieren, dass sie sich im Spannungsfeld einer ethischen Frage befindet und diese genauer in den Blick nehmen. Der zweite Schritt umfasst das Wahrnehmen der faktischen Situation. Beschreibend wird hier festgehalten, wie sich die Situation ganz konkret darstellt. Fakten werden skizziert: Wie gestaltet sich aktuell die Esssituation mit der Klientin? Was möchte die Klientin selbst? Wie ist ihr Gesundheitszustand? Was weiß man (empirisch) über Risiken rapider Gewichtszunahme von adipösen Personen? Festgehalten werden hier aber auch Gefühlsäußerungen, beispielsweise wie eine Person auf vorgeschlagene Diätkost reagiert. Wichtig ist zudem eigene Gefühle wie beispielsweise Ekel zu identifizieren, um damit die Faktenlage nicht zu verfälschen (vgl. Hug 2014.:226 f.). Als nächstes geht es um Bewertung und die in der Situation eingelagerten moralischen Werte werden benannt. Im angeführten Beispiel wichtig ist sicherlich die Selbstbestimmung der Klientin, aber auch ihre Gesundheit. Die genannten Fakten und Werte werden nun in der Urteilsbildung abgewogen, es findet eine Beurteilung auf Basis professionsethischer Grundlagen sowie normativer Vorgaben statt. So finden sich im professionsethischen Diskurs oder auch im Berufskodex Aussagen dazu, unter welchen Bedingungen die Selbstbestimmung eingeschränkt werden darf (vgl. Hug 2014:227 f.). Mit dieser Urteilsbildung steht schließlich fest, wie die Situation ethisch einzuschätzen ist und mündet in eine schlüssige Argumentation, in der die Fakten und Werte überzeugend miteinander verbunden werden. Auf dieser Basis werden unter Berücksichtigung organisationaler Rahmenbedingungen – im Team oder möglichst auch gemeinsam mit Klientinnen – unterschiedliche Handlungsoptionen erarbeitet und bewertet. Die begründet ausgewählte Handlungsoption wird schließlich umgesetzt.

Kooperative Prozessgestaltung in der Sozialen Arbeit

Подняться наверх