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3 – Zwanzig Jahre später –

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„Ist das nicht ein wundervoller Frühlingstag, Dahlmann? ‚Nun will der Lenz uns grüßen‘ – haben wir früher in der Schule gesungen … Man wird ein anderer Mensch, wenn endlich die Sonne scheint – und sie wärmt sogar schon. Fühlst du es auch?“

Fürstin Henriette steht in der offenen Gartentür des Frühstückszimmers von Schloss Wallburg und legt den Kopf in den Nacken, der milden Sonne entgegen. Unter der Rotbuche blühen wie jedes Jahr die blauen Zwerghyazinthen in üppiger Fülle.

„Der Blumenteppich wird jedes Jahr etwas breiter, hast du das auch beobachtet? Als mein Mann noch lebte, war er längst nicht so ausladend. Schade, dass er diese Pracht nicht mehr erleben kann.“

Agnes Dahlmann räumt weiter den Tisch ab und trägt das Geschirr in die Küche, ehe sie sich neben die Fürstin stellt und ebenfalls in den Park schaut.

„Ja, Fürstin, die Sonne hat schon richtig Kraft … ich werde den Sonnenhut vom Dachboden holen. Sie sollten ihn aufsetzen, wenn Sie nach draußen gehen. Man holt sich um diese Jahreszeit schnell einen Sonnenbrand. Sie haben übrigens vor lauter Frühling Ihre Tabletten vergessen, hier, nehmen Sie sie jetzt, ehe ihre Stimmung wieder umschlägt.“

Die Haushälterin reicht der Fürstin ein Glas Wasser und die alte Meißner Pillendose mit den Medikamenten.

„Ach, Dahlmann, wenn ich dich nicht hätte … nein, meine Tabletten darf ich nicht vergessen. Manchmal bin ich schon stark versucht, sie abzusetzen, aber wenn ich damit riskiere, wieder so eine Psychose zu bekommen wie vor zwei Jahren – nein, ich werde brav sein und sie weiterhin schlucken … sieh mal da drüben, auf der anderen Seite der Gräfte, ist das nicht der alte Wegener? Was macht er denn da? Ach, er kümmert sich um den abgeblühten Rhododendron, dabei fällt ihm das Strecken und Bücken auch schon schwer. Aber er will ja um nichts in der Welt in Rente gehen. Der Park ist ihm nach wie vor Lebensinhalt. Welch ein Glück für mich. Ohne euch beide wäre ich in dem großen Haus einsam und alleine.“

„Das dürfen Sie nicht sagen, Fürstin. Sie haben doch auch Claudia und Michael und vor allem Ihre Enkelin, Esther. Übrigens, hat die nicht in der nächsten Woche Geburtstag? Wird sie nicht sogar 18 Jahre alt und damit volljährig?“

„Gut, dass du mich daran erinnerst, Dahlmann, ich möchte ihr so gerne irgendetwas Ausgefallenes schenken, denn der 18. Geburtstag ist in der Tat etwas Besonderes, nicht wahr? In unserer Jugend wurde man erst mit einundzwanzig Jahren volljährig, erinnerst du dich? Ich weiß noch, dass ich an dem Tag von meiner Mutter eine wunderschöne Perlenkette bekommen habe. Warum habe ich die eigentlich so lange nicht mehr getragen? Echte Perlen müssen getragen werden, sonst verlieren sie ihren Schimmer, aber seit Fürst Raimund vor vier Jahren starb …“

Wehmütig betrachtet sie ihre Hand mit den beiden Eheringen. Plötzlich kommt ihr ein Gedanke.

„Ob ich die Kette an Esther weiterverschenke? Sie könnte sie an ihrem Geburtstag tragen, Dahlmann, was meinst du?“

Dahlmann äußert vorsichtige Bedenken.

„Wenn Sie mich so fragen – Esther ist ja doch eher etwas … etwas flippig, möchte ich es nennen, und zu ihren bunten Schlabberkleidern passen die niedlichen bunten Glasperlenketten vom Flohmarkt eigentlich besser als wertvolle echte Tiefseeperlen, oder?“

„Ja, du hast wieder mal Recht. Vielleicht sollte ich sie ihr erst zum Abitur in drei Wochen schenken … Was haben wir eigentlich Claudia damals geschenkt, als sie ihr Abi bestanden hatte? Kannst du dich daran erinnern?“

Agnes Dahlmann spielt mit den Bändern ihrer Schürze.

„Oh ja, das weiß ich noch. Sie haben ihr nach langen erbitterten Diskussionen erlaubt, die heiß ersehnte Au-pair-Stelle in Amerika anzutreten. Fürst Raimund war dagegen und Sie hatten es seinerzeit auch bereut, ihr diese Auszeit als Belohnung für ihr glänzend bestandenes Abitur versprochen zu haben. Aber Claudia hat nicht lockergelassen. Die Reise in die Staaten, das war Ihr Abiturgeschenk an sie. Das Kind war so glücklich, als sie in den Flieger stieg …“

„Und sie war völlig verändert, als sie nach knapp einem Jahr schon wieder zurückkam. Nicht nur, dass sie zugenommen hatte, was wohl an der für uns Europäer eher ungewohnten amerikanischen Küche gelegen haben mag. Und die überzähligen Pfunde waren ja auch schnell wieder verschwunden. Bei der Hochzeit mit Michael war sie jedenfalls gertenschlank und hübsch wie eh und je, aber irgendwie verändert. Das fiel sogar meinem Mann auf. Sie war eigenartig mild und fügsam geworden, längst nicht mehr so aufmüpfig wie vorher. Wir haben uns oft gefragt, was sie wohl so verändert haben mag. Hat sie sich dir gegenüber auch nicht geäußert?“

Agnes Dahlmann schüttelte den Kopf.

„Nein, sie hat auch mir nie viel von ihrem Amerikaaufenthalt erzählt, obwohl ich sie mehrfach gebeten hatte, mir zum Beispiel von dem so häufig zitierten ‚way of life‘ der Amerikaner zu berichten. Aber es kam nicht viel dabei heraus. Es habe häufig ‚Fast Food‘ gegeben und dazu Cola, das Lieblingsgetränk der Amerikaner, deshalb habe sie auch so zugenommen. Und sie hat ihr Fahrrad vermisst, in Boston würden auch die kleinsten Entfernungen mit dem Auto erledigt. Stattdessen würde in der Freizeit gejoggt, was das Zeug hält … nein, viel Neues war da nicht zu erfahren.“

„Aber die Familie, deren Kinder sie als Au-pair-Girl zu betreuen hatte, soll doch eigentlich nett gewesen sein, oder nicht?“

„Ja, das habe ich auch so verstanden, besonders das Baby sei so süß gewesen … an dem hat sie wohl gehangen, aber ansonsten waren keine Details aus ihr herauszubekommen. Sie muss sehr unter Heimweh gelitten und viel geweint haben.“

„Wir waren enttäuscht, dass sie so selten angerufen hat – vielleicht deshalb, weil sie nicht zugeben wollte, dass sich dieser Trip doch nicht als das ideale Abiturgeschenk erwiesen hat – obwohl sie es sich so sehr gewünscht hatte. Arme Claudia … Wie gut, dass sie sich sofort nach ihrer Rückkehr ihrem Michael in die Arme gestürzt hat. Ich denke gern an diese Hochzeit zurück. Was für ein schönes Paar sie waren, das sagten alle. Und mein Mann war so glücklich, endlich einen ‚Sohn‘ zu haben, wenn auch nur einen Schwiegersohn.“

„Ja, sie waren ein schönes Paar, ich erinnere mich auch gern an den Tag. So hat sich dann doch alles zum Guten gewendet. Fürst Raimund war später so begeistert von Esther, seiner kleinen Enkelin, auch wenn er sich womöglich auch da wieder insgeheim einen männlichen Erben erhofft hatte – und er hat das Kind trotz seiner immer auffälliger werdenden gesundheitlichen Probleme viele Jahre genießen können. Nicht traurig sein an so einem herrlichen Frühlingstag … Wir sollten lieber darüber nachdenken, was ich heute kochen könnte. Wie wär’s mit frischem Spinat aus dem Treibhaus? Weggi hat schon vor ein paar Tagen voll Stolz berichtet, man könne eine erste Mahlzeit ernten. Also?“

Die Fürstin schenkt ihrer Haushälterin ein dankbares Lächeln.

„Eine gute Idee, Dahlmann, junger Spinat mit Stampfkartoffeln, gerösteten Zwiebelringen und Spiegeleiern. Ich werde im Hühnerstall nachsehen, ob die Hennen schon in Legestimmung sind.“

Sie öffnet die Flügeltür und will gerade die Terrasse betreten, als das Telefon klingelt.

„Soll ich …?“ Dahlmann sieht die Fürstin fragend an.

„Nein, ich gehe schon … Hallo Claudia, guten Morgen … Dahlmann und ich haben gerade von dir gesprochen, und davon, dass Esther nächste Woche Geburtstag hat und dass ich ihr gerne etwas besonders Hübsches schenken möchte … ich weiß nur noch nicht was. Hast du eine Idee? – Ach so, dann kann ich mir ja noch Zeit lassen …“

Sie bedeckt die Sprechmuschel mit der freien Hand und wendet sich zu Dahlmann. „Sie werden nach Juist fliegen und an dem Tag gar nicht zu Hause sein“, informiert sie diese mit flüsternder Stimme.

„Nun, wenn ihr dem Kind damit eine Freude macht, dann ist das sicher eine gute Idee? – Wie sind denn die Wetteraussichten? – Aber baden wird man noch nicht können, oder? – Ach so, das Hotel hat einen Wellnessbereich – Michael nimmt sich extra das Wochenende frei, gut so – nun ja, wenn die einzige Tochter volljährig wird …“

Sie bedeutet Dahlmann mit einer Handbewegung, dass es ein längeres Gespräch werden wird und geht, den Hörer am Ohr, über die Terrasse in den Park. Mutter und Tochter unterhalten sich angeregt und ausführlich.

„Gestern hatte Michael einen neuen Klienten, einen Amerikaner, dem Michaels Kanzlei empfohlen worden war, weil seine Frau – also ich – ein ausgezeichnetes Englisch bzw. Amerikanisch spräche und es deshalb keine Verständigungsprobleme geben werde. Da war ich richtig stolz, dass ich Michael auch dieses Mal helfen kann – es wird ein schwieriger und langwieriger Prozess werden, aber …“

Die Fürstin unterbricht.

„Dann war dein damaliges Jahr in Amerika doch keine verplemperte Zeit, oder? Wenigstens konntest du dich sprachlich so sehr verbessern, dass du auch in schwierigen juristischen Fällen dolmetschen kannst. Ansonsten hatten wir immer eher den Eindruck, dass du damals keine glückliche Zeit hattest – du hast jedenfalls nie viel erzählt. Sogar Dahlmann erinnert sich, dass du ein Gespräch über deine Zeit in Amerika nach Möglichkeit vermieden hast. Warum eigentlich?“

„Ach, Mama, klammern wir dieses Thema endgültig aus, es liegt so weit zurück, lassen wir die Vergangenheit ruhen. Ich habe sofort nach meiner Rückkehr Vaters Wunsch entsprochen und Michael geheiratet, damit er endlich einen ‚Sohn‘ hatte, und …“

Wieder unterbricht die Fürstin.

„Soll das heißen, dass du Michael nur Vater zuliebe geheiratet hast? Das kann und will ich nicht glauben, dass diese Ehe für dich ein Opfer war. Nein, Claudia, du warst mit Michael verlobt und hast ihn auch geliebt und, soweit ich das als Mutter erkennen kann, führt ihr eine gute Ehe, seid gesellschaftlich anerkannt, habt keinerlei finanzielle Sorgen, und ein zusätzlicher Beweis von Liebe ist eure Tochter Esther. Mach mir nicht das Herz schwer, indem du das abstreitest.“

„Mutter, bitte, noch einmal – lassen wir das Thema Amerika endgültig in der Versenkung verschwinden, zumal Esther gerade kommt und noch ein paar Worte mit dir wechseln möchte. Aber bitte nicht mehr zu lange, ich erwarte noch einige Anrufe … Bussi.“

„Hallo Großmutter.“

Esthers junge fröhliche Stimme erreicht das Ohr der Fürstin. „Hast du gehört, dass Papa sich zu meinem Geburtstag frei nimmt und wir mit einem Privatflieger nach Juist fliegen? Ist das nicht toll? Nur wir drei? Papa hat sogar versprochen, dass er das ganze Wochenende sein Smartphone abschalten und nicht anrühren wird. Da bin ich ja gespannt, ob er das durchhält … das wäre ein wirklich echtes Geschenk. Was sagst du dazu?“

„Ich freue mich mit dir, Kleines. Apropos Geschenk: Womit könnte denn ich meiner einzigen Enkelin eine Geburtstagsfreude machen? Gibt es da nicht einen vielleicht geheimen Wunsch, den deine Großmutter dir erfüllen könnte? Na? Überleg doch mal …“

„Omilein, also wenn ich mir wirklich etwas wünschen darf … ich habe vor ein paar Wochen bei euch auf dem Dachboden in dem großen Schrank, bei dem die Türe so klemmt, eines von deinen alten Kleidern gesehen, so ein buntes mit ganz großen Blumen darauf und mit einem weiten Rock – das ziehst du bestimmt nie mehr an, aber ich würde es schrecklich gern zu unserer Abiturfeier tragen – wir wollen alle in Kleidern von ‚anno dunnemals‘ erscheinen – und dieses Kleid finde ich so was von süß … bittebitte, Omi, ich passe auch ganz bestimmt auf, dass es nicht kaputtgeht, und …“

Esthers Stimme ist ganz klein und kindlich geworden und endet mit einem großen akustischen Fragezeichen. Die Fürstin kann sich eines Lächelns nicht erwehren.

„Wenn wir dasselbe Kleid meinen, dann sprechen wir von meinem Tanzstundenkleid … das hat mir unsere damalige Hausschneiderin genäht. Es ist aus sogenanntem Georgette, ein Stoff, den es heute fast gar nicht mehr gibt. Meine Mutter fand damals, der Ausschnitt sei für ein junges Mädchen viel zu tief – ich hatte schon zu meiner Tanzstundenzeit einen deutlich erkennbaren Busen – doch die Schneiderin hat meiner Mutter alle Bedenken ausgeredet. Aber sie musste aus einem Rest des Stoffs ein Tüchlein nähen, das man, zu einer Rose gefältelt, mit einer Schmucknadel am Ausschnitt befestigen konnte, um damit das Dekolleté zu verkleinern.“

„Genau, und diese Rose und sogar die altmodische Schmucknadel stecken immer noch an dem Ausschnitt“, fuhr Esthers fröhliche Stimme dazwischen. „Omi, schenkst du mir das Kleid zum Geburtstag? Dann brauchst du dir auch gar nicht mehr weiter den Kopf zu zerbrechen. Und das gilt dann gleich als Abiturgeschenk – wenn ich es denn bestehe und nicht mit Pauken und Trompeten durchrassle, aber es sieht nicht schlecht aus, was meine Vorzensuren betrifft – ach Omilein, bitte.“

„Okay, versprochen, es soll dir gehören und es macht mir Freude, dass du dir etwas wünschst, was mit mir zu tun hat. Ich wollte es übrigens schon lange zusammen mit anderen Kleidern aus dem alten Schrank in einen Theaterfundus geben, denn manchmal werden gerade die Kleider aus jenen Jahren gesucht, aber wenn meine Enkelin sich damit auf ihr Abiturfest traut … umso besser. Übrigens hat Großvater mich damals in dem Kleid kennengelernt.“

„War Großvater etwa mir dir zusammen in der Tanzstunde?“

„Nein, er war ja viel älter als ich – wo er mich in dem Kleid gesehen hat? Bei einem Besuch bei meinen Eltern, er war damals in verschiedenen Adelsfamilien auf Brautschau – seine Zukünftige sollte unbedingt ebenfalls adelig sein. Aus heutiger Sicht würde ich sagen: Ja, er war ein bisschen sehr standesbewusst. Deswegen hat er ja auch so großen Wert darauf gelegt, dass seine Tochter Claudia, also deine Mama, deinen Vater, Michael zu Lauenstein heiratet. Vielleicht würde er heute das mit der adeligen Herkunft nicht mehr ganz so eng sehen, aber ich bin froh, dass es so gekommen ist, denn sonst hätte ich dich ja nicht, meine einzige Enkelin – und das wäre nun wirklich sehr bedauerlich.“

„Und ich hätte nicht die beiden besten Großmütter der Welt, nämlich dich und Oma Charlotte. Nun siehst du, welch eine wichtige Rolle dein geblümtes Tanzstundenkleid in deinem und meinem Leben spielt – wie lieb von dir, dass du es mir schenken willst. Ach, Großmutter, ich freue mich so auf meinen Geburtstag, endlich einmal zwei ganze Tage mit Papa und Mama, und ganz ohne Smartphone und Laptop!“

Das Gespräch zwischen Großmutter und Enkelin geht noch eine Weile hin und her. Erst als Wegener aus dem hinteren Teil des Parks mit entsprechenden Handzeichen signalisiert, dass er die am offenen Fenster stehende Fürstin um ein Gespräch bittet, beendet diese das Telefonat.

„Hallo, Herr Wegener, welch herrlicher Frühlingstag. Bei dem Wetter sieht man dem ganzen Park deutlich an, dass Sie nicht nur einen, sondern zwei grüne Daumen haben. Sie wollten mich sprechen?“

Der alte Gärtner nimmt die Mütze vom Kopf und versucht, mit der linken Hand seine grauen Haare zu einer Frisur zu glätten. Gleichzeitig zieht er die bislang hinter seinem Rücken versteckte rechte Hand nach vorn und reicht seiner Chefin einen kleinen Strauß aus Zwerghyazinthen, Schlüsselblumen und Leberblümchen.

„Wenn Sie die vielleicht Fürst Raimund aufs Grab bringen würden? Er hat sich über die ersten Frühlingsblüher immer so sehr gefreut.“

Die Fürstin ist gerührt.

„Ach, Sie treue Seele … Nun ist mein Mann schon seit vier Jahren tot, aber die Natur kümmert sich nicht um unsere Trauer und erwacht jedes Jahr zu neuem Leben. Die Zeit vergeht unaufhörlich und …“

Der alte Gärtner unterbricht. „Fürstin, bei allem Respekt, ich denke nicht, dass die Zeit vergeht, sondern wir vergehen. Die Zeit …“ Er sucht nach den passenden Worten. „… also die Zeit ist doch irgendwie ein abstrakter Begriff, den wir benutzen, um Struktur in unser Dasein zu bringen …“

Er setzt seine Mütze wieder auf und rückt sie zurecht.

„Nein, nicht die Zeit vergeht, sondern wir vergehen“, wiederholt er nachdenklich. „Nichts für ungut, Fürstin, aber man macht sich als alter Mensch so seine Gedanken. Genießen wir den Tag, so lange wir genussfähig sind, besonders wenn der Tag so sonnig und verheißungsvoll ist wie dieser. Da macht die Arbeit noch mehr Spaß …“

Mit einer angedeuteten Verbeugung wendet er sich zum Gehen und tippt mit dem Zeigefinger Abschied nehmend an den Rand seiner Mütze.

Die Fürstin sieht ihm erstaunt lächelnd nach.

„Sieh an, mein alter Gärtner ist ein Philosoph, wer hätte das gedacht.“

Sie hebt den Frühlingsstrauß an ihr Gesicht und atmet den feinen Duft der Schlüsselblumen ein. „Ich werde euch ins Wasser stellen, bevor auch ihr vergeht“, flüstert sie, ehe sie ins Haus zurückkehrt. „Und heute Nachmittag bringe ich sie dir, Raimund“, sagt sie zu dessen Foto, das in silbernem Rahmen auf einem Sidebord steht.

Wasserschloss zu vererben

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