Читать книгу Elfenzeit 5: Trugwandel - Uschi Zietsch - Страница 11

3.
Der Getreue: Auf der Suche

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Erregung erfasste den Getreuen, er vibrierte durch und durch, als er auf das Tor zuschritt. Er konnte es schon deutlich erkennen: Es war stabil!

Die Mühen hatten gefruchtet, es hatte geklappt! Ein Plan nach dem anderen ging auf, unaufhaltsam wie der Löwenzahn im Frühjahr, wenn die Wiesen gelb wurden. Nun konnte Bandorchu nichts und niemand mehr aufhalten. Der große Schritt war getan.

Der Getreue hielt die Schultern gerade, als er gemessenen Schrittes durch das Tor des Schattenlandes ging, den vertrauten privaten Raum vor sich sah, Zeuge so vieler leidenschaftlicher Stunden …

… aber er war leer.

Verblüfft blickte der Mann ohne Schatten sich um. Es gab nur wenig, das ihn aus der Fassung bringen konnte, und dies hier … brachte ihn an den Rand der Beherrschung.

Wo war Bandorchu? Das Tor war geöffnet und dauerhaft, das konnte nur das Werk der Königin gewesen sein! Aber weshalb war sie dann nicht hier und erwartete ihn? Gewiss, er hatte nach dem Setzen des Stabs ein wenig länger zur Erholung gebraucht, aber damit hatten sie ja beide gerechnet. Oder nahm sie etwa an, er sei tot? Nein, unmöglich, sie wusste, dass er nicht einfach so sterben konnte, nicht einmal nach einem Kampf gegen Morgana und einer gewaltigen Machtentfaltung, die einen Vulkan zur Explosion brachte.

Er witterte in die Luft, tastete mit seinen magischen Sinnen. Sie ist nicht hier. Ihr Blütenduft schwang durch die Luft, erfüllte den ganzen Raum, doch war er bereits am Verwelken. Und ihre magische Spur …

Der Getreue fuhr herum. War es möglich … sein mächtiger Körper setzte sich in Bewegung, und er hastete den Weg zurück, in die Menschenwelt. Unterwegs hatte er plötzlich das Gefühl, etwas würde reißen in ihm, und ein kurzer Schmerz durchzuckte ihn, doch er achtete nicht darauf. Er verließ das Portal und fand sich am schwarzen Felshang des Ätna wieder, und da saßen Cor und der Kau und sahen ihn erstaunt an. Dann sprangen sie hastig auf und verneigten sich.

»Ist sie hier?«, schrie er die beiden an, die sich daraufhin wieder aufrichteten. Verständnislosigkeit lag in ihren großen Augen, und sie warfen sich unsichere Blicke zu.

»Die Königin!«, fuhr er fort. »Ist sie bereits hier durchgekommen?«

Besorgnis zerknitterte das hagere Gesicht des Kau. »Nein, Meister«, fistelte er betreten und verknotete die Finger ineinander.

»Wir haben hier auf Euch gewartet, wie Ihr befohlen habt«, fügte der Spriggans hinzu. »Wir hätten nicht erwartet, Euch so schnell …«

»Setzt die Wache fort!«, unterbrach er zornig. »Dies wird eine Weile dauern.« Er wandte sich ab und schritt ein weiteres Mal durch das Portal, diesmal alle Sinne angespannt, auf der Suche nach einer Spur. Das Seltsame war, seitdem er dieses Gefühl des Reißens gehabt hatte, war er innerlich leer. Beinahe so wie in der Höhle der Skylla, doch diesmal bei vollem Bewusstsein. Was war nur geschehen?

Mit raschen Schritten durchquerte er den Privatraum der Dunklen Frau und riss die Tür auf.

Niemand da, der Gang leer und verlassen, nicht einmal eine Wache. Auch der Zofensitz war unbesetzt, eine unverzeihliche Nachlässigkeit. Der Mann ohne Schatten eilte lautlos den Gang entlang, dessen teils kristalline Wände durch Bandorchus Gedanken geschwärzt waren. Nur am Rande registrierte er, dass auch hier ein gewaltiges Erdbeben stattgefunden hatte. So viele filigrane Dekorationen, Kristallblumen, selbst Gewächse, waren vernichtet und dem Verfall ausgesetzt. Als er aus einem Fenster blickte, sah er, dass ein Großteil der Außenmauer eingestürzt war, der Park zerstört. Stellenweise erreichten die Schatten der schwarzen Wolken Kammern, deren Dach abgedeckt oder eingebrochen war. Im Park schimmerte sogar hier und da der Spiegelboden durch. Dieser Bereich aber war die Zitadelle, das erste errichtete Fundament. So stabil, dass es dem Untergang getrotzt hatte, die Mauern standen unversehrt, auch wenn es innen verheerend aussah.

Der Getreue erreichte den Thronsaal, dessen hölzernes Portal – in dem ein Wurzelfüßer eingebaut worden war, der sich aufgegeben hatte – sich von selbst vor ihm öffnete, als es ihn nahen spürte. Das Geisterabbild trauriger Augen verfolgte den Getreuen, als er hindurchschritt und neben den Thron trat.

Schweigen schlug ihm entgegen, und er war selbst für einen Augenblick wie erstarrt.

Der Thronsaal war berstend voll, selbst an den Wänden hingen und klammerten sich Elfen fest, noch an der Decke, den Kerzenleuchtern. Der Boden war übersät mit Körpern, jeder freie Platz war besetzt.

Mit einem Blick erfasste der Getreue die Wesen, erkannte das eine oder andere.

»Herr!«, rief die Dryade Melemida. Sie raschelte auf ihn zu und verneigte sich zitternd. »Habt Ihr Nachricht von meiner Königin … unserer Gebieterin? Könnt Ihr mir sagen, wo sie ist, damit ich zu ihr und sie versorgen kann? Wie geht es ihr?«

Der Getreue schwieg, und Dunkelheit breitete sich in ihm aus.

Melemida war eine sehr mutige Frau. Sie wich vor seiner Kälte nicht zurück, sondern insistierte sogar: »Herr? Was habt Ihr für Nachrichten?«

»Keine«, antwortete er grollend, und ganz tief unten in der Dunkelheit entzündete sich Zorn. »Die Königin ist nicht hier, sagst du?«

Ein Raunen und Flüstern ging durch den großen Saal, von dessen einstiger Pracht nichts mehr geblieben war. Nur die Wände und der Thron standen noch, das meiste Stuckwerk, Dekoration, Pflanzenwerk waren zerstört. Wie im ganzen Schloss.

Viele Elfen richteten sich auf und streckten die Hände flehend nach ihm aus.

»Wo ist unsere Königin?«

»Was könnt Ihr uns sagen?«

»Bringt uns zu ihr!«

»Wir sind wie erstarrt vor Furcht und Sorge!«

»Seit Beginn der Zerstörung haben wir nichts mehr zu uns genommen!«

»Helft uns!«

Er hatte genug. »Ruhe!«, donnerte er, und sie duckten sich alle furchtsam. Was für ein elender Haufen, dachte er voller Verachtung. Sklaven sind sie, allesamt, haben kein Rückgrat, können nichts selbst entscheiden und besitzen keinen Stolz.

»Wieso seid ihr noch hier? Das Portal ist offen, das müsst ihr doch alle gespürt haben! Ihr seid frei!«, rief er.

Sie begriffen nicht, was er damit meinte, das konnte er deutlich den Mienen ablesen, egal wie fremdartig sie waren. Er wiederum verstand, dass sie noch gar nicht gewagt hatten, das private Gemach der Königin zu betreten, dass sie hier die ganze Zeit auf sie warteten. Dementsprechend wussten sie auch nichts von dem offenen Portal. Der Raum war magisch abgeschirmt, sie hatten es nicht spüren können.

»Warum seid ihr hier?«, scholl seine tiefe Stimme durch den Saal.

Melemida sah sich plötzlich allein mit dem Getreuen, alle starrten sie an, als wäre sie zur Sprecherin erkoren worden. »Die Königin gab uns keine Erlaubnis zu gehen«, flüsterte sie.

»Aber sie ist nicht hier«, erwiderte der Verhüllte.

»Herr … wohin sollten wir denn gehen?«, fuhr die Dryade verzweifelt fort. »Der Weg führt in die Menschenwelt. Wir wissen nicht, ob wir dort draußen noch Kräfte besitzen, und was sich verändert hat. Wir sind sterblich, verbannt und heimatlos …«

Der Getreue schüttelte fassungslos das Haupt. »Dann fangt neu an!«, fauchte er. »Habt ihr wirklich so große Angst vor diesem einen Schritt?«

Die meisten Elfen lagen flach am Boden, der Rest versuchte, sich unsichtbar zu machen.

»Es ist so …«, begann Melemida zaghaft. »Bandorchu hat uns den Lebenswillen zurückgegeben. Sie schenkte uns eine Heimat. Wir führen ein gutes Leben hier in diesem Grauen. Sie hat versprochen, uns herauszuführen, und nun ist es soweit. Wir werden aber nicht ohne die Königin gehen. Sie soll uns den Weg weisen, sie ist unsere Zukunft. Wir folgen ihr.«

Der Getreue ließ seinen Blick schweifen. »Gilt das für euch alle? Auch für die, die zitternd draußen harren? Sagt es!«

Zuerst folgte nur ein schüchternes »Ja«, doch bald wurden es mehr Stimmen, die sich schließlich gegenseitig anspornten, und zuletzt war der Saal erfüllt von unterschiedlichem »Ja!«-Geschwirr, und selbst von draußen scholl es noch herein.

Da nickte der Getreue zufrieden. »Damit seid ihr, die ihr geantwortet habt, durch Treueid an die Königin gebunden und werdet ihr weiterhin folgen, wohin sie auch geht, ihr dienen und gehorchen. Der Schwur gilt, bis sie euch davon freispricht!«

Da erst begriffen sie, dass er sie in eine Falle gelockt hatte. Und sie waren auch noch sehenden Auges hineingetappt! Er hatte ihnen doch zuvor genau gesagt, dass sie frei wären …

»Und nun«, fuhr der Mann ohne Schatten fort, »sucht nach Bandorchu!«

Je länger die Suche dauerte, umso ungeduldiger wurde der Verhüllte. Die Elfen suchten zusehends panischer, zogen immer weitere Kreise und setzten sich lieber den schwarzen Wolken und dem Spiegelboden aus, nur um so weit wie möglich vom Getreuen entfernt zu sein. Und er wütete unter ihnen, je mehr sein Zorn wuchs. Er zerschmetterte die Hände der Steinzwerge, setzte die Wurzeln des letzten Wulkbaums in Brand, riss dem Basilisken die Augen aus … Leid und Schmerz kam über das Volk der Verbannten. Sie verdoppelten ihre Bemühungen, spornten sich gegenseitig an, doch die Königin blieb spurlos verschwunden. Auch auf magischem Wege gab es keine Möglichkeit, sie zu finden. Selbst der Aurenseher, der die letzten Ereignisse an einem Ort erfassen konnte, wusste nicht mehr zu sagen, als dass die Königin einige Seelen verschlungen hatte und anschließend das Portal öffnete.

»Was geschah, nachdem sie die Seelen verschlungen hatte?«, hakte der Getreue nach. Noch niemand hatte das miterlebt, nicht einmal er.

»N-nichts«, stotterte der Aurenseher ängstlich und schrie auf, als der Verhüllte mit einem Messer auf ein Auge zielte. Die Augen des Aurensehers beherrschten sein Gesicht, sie waren so groß wie Handflächen, und von unendlicher Tiefe. Für die normale Sicht waren sie blind, doch in der Welt der Magie sahen sie nahezu alles.

»Und jetzt noch einmal«, befahl der Getreue drohend.

Der Aurenseher sank auf die Knie. »Herr, ich schwöre Euch … ich kann es nicht erkennen. Es ist völlig verschwommen. Die magischen Strömungen überlagern und vervielfachen sich, als ob die Königin sich wie ein Baum verzweigt. Aus einem mir unbekannten Grund ist keine klare Sicht darauf möglich. Erst mit dem Beginn des Öffnungszaubers kann ich sie wieder erkennen.«

Der Getreue war versucht, seine Kapuze zurückzuschlagen, um sich allen im Thronsaal zu zeigen.

Aber das wäre nicht sinnvoll. Und er sollte sich auch in seinem zerstörerischen Zorn mäßigen, sondern sich mehr auf die Vernunft konzentrieren. Der Aurenseher konnte ihm nicht weiterhelfen, seine eigene Magie stieß an ihre Grenzen. Was blieb ihm zu tun?

»Melemida!«, rief er mit dröhnender Stimme, während er einen Heilzauber über die von ihm geschundenen Wesen warf; er konnte sie noch brauchen. Die Dryade stakste eilig herbei.

»Gebieter?«

»Lass alle zusammenrufen, die im Eid der Königin stehen, und diejenigen, die ihr auch so folgen wollen. Wer kann, soll sich bewaffnen. Wachen und Throngarde sollen sich bereithalten. Sorg dafür, dass Ruhe und Disziplin herrscht. Verlangsamt euch, damit ihr keinen Hunger erleidet. Steht zusammen. Hast du mich verstanden?«

»Ja, Herr. Ich werde es sofort veranlassen.« Die Stimme Melemidas klang plötzlich hoffnungsvoll. Es schien weiterzugehen, vorwärts, eine Lösung sollte gefunden werden. Und vermutlich würde sich das auch bald auf die anderen Elfen übertragen. Sie wollten alles tun, was er verlangte, in Aussicht darauf, dass es eine Zukunft gab.

»Gut. Ich verlasse mich auf dich. Keiner von euch verlässt das Schattenland. Ich mache mich nun selbst auf die Suche nach der Königin, und ihr werdet hier warten, bis ich zurückkehre.« Er hob leicht die Hand. »Du bist verantwortlich, Zofe. Ich hoffe, du bist dir im Klaren darüber, was das bedeutet.«

»Ich werde es gewiss nicht vergessen, Herr«, versicherte Melemida.

Der Getreue wandte sich an einen Elfenmann, der in der Nähe der Dryade stand. Er trug eine Art Rüstung und einen Waffengürtel, in dem Schwert und Messer steckten. »Du«, sagte er zu ihm, »verleih ihren Worten Nachdruck, wenn die anderen zögern.«

»Gewiss, Gebieter«, sagte der Mann und verneigte sich.

Der Getreue runzelte die Stirn. Hatte er diesen Elfen nicht schon einmal irgendwo gesehen? Die Aura eines Hirsches haftete an ihm, doch war er kein Cervide, zumindest war er nicht hirschköpfig. Er konnte sich des Namens nicht entsinnen. Unwichtig.

Was ist da schiefgegangen?, dachte der Getreue, während er sich wieder auf den Weg in die Menschenwelt machte. Wo mag meine Königin nur sein? Für einen Moment verspürte er wieder ein heftiges Ziehen in der Brust, gefolgt von tiefer Leere. Anscheinend litt er immer noch unter den Nachwirkungen von den Ereignissen am Ätna.

Langsamen Schrittes kehrte er in die Menschenwelt zurück, wo Cor und der Kau beunruhigt warteten. Zu melden hatten sie nichts, verlangten jedoch von ihm Aufklärung, und er gab sie ihnen.

»Wo sollen wir suchen?«, riefen sie daraufhin eifrig. »Schickt uns, wohin Ihr wollt, Gebieter, wir werden nicht rasten noch ruhen …«

Doch nur einer von beiden war dabei aufrichtig. Der Getreue spürte sofort den aufkeimenden Widerstand im Kau, der sich schon lange gegen seine Abhängigkeit wehrte. Er war ein nicht minder boshaftes Geschöpf wie der Spriggans, jedoch wankelmütig und wenig verlässlich. Nun machte der dürre kleine Elf sich umgehend wieder Hoffnung, sich endlich davonmachen zu können.

»Ihr werdet weiterhin hier Wache halten«, lehnte der Verhüllte ihr Angebot ab. »Niemand darf die Linie überschreiten, egal in welche Richtung. Ich habe zwar mit einer magischen Sperre vorgesorgt, doch in diesen Tagen weiß man nie. Und achtet vor allem darauf, dass keiner der Gegenseite hier herumschnüffelt. Tötet jeden, der zu neugierig ist.«

»Gewiss, Meister«, sagte Cor. Der Kau schwieg.

Der Getreue neigte sich zu ihm hinab, und die Säume seines lichtschluckenden Umhangs schlugen leicht nach dem Diener, als wollten sie ihn umfangen. Der kleine Elf wurde aschfahl, und er legte unwillkürlich die Hände an den Kopf, als erwarte er Schläge. Seine dünnen langen Ohrspitzen zitterten.

»Ich weiß, was du willst«, flüsterte der Finstere. Die Feuchtigkeit seines Atems gefror in der von ihm ausströmenden Kälte zu winzigen Eiszapfen, die auf den Kau niederprasselten. »Tu es, ich werde dich nicht hindern.« Er richtete sich wieder auf und nahm die Kälte zurück.

Der Kau blickte eingeschüchtert, zaghaft staunend zu ihm hoch, nur langsam stieg Begreifen in ihm auf.

»Ich werde dich nicht aufhalten«, bekräftigte der Getreue. »Geh, du bist frei. Niemand wird jemals nach dir suchen. Wähle dir eine Heimat in der Menschenwelt, und du hast alles, was du willst. Wenn es das ist.«

Die Unterlippe des Kau fing an zu beben. »Ist – ist das Euer Ernst?«

»Ich scherze niemals, wie du weißt.«

Der kleine Elf schaute zu seinem Gefährten. »Kommst du mit?«

Der Spriggans schüttelte den haarigen Kopf. »Nein, Mann.«

»Aber wenn …«

»Ich sagte dir schon, ich will nach Hause.«

Höhnisch ergänzte der Getreue: »Es gibt Regeln – und es gibt den Preis. Gerade du, Kau, solltest wissen, dass es keinen Verzicht darauf gibt. Du bist frei – und das bedeutet: Wenn du gehst, bleibst du allein, bis ans Ende deiner Tage. Du wärst nicht der Erste. Vielleicht findest du in der Menschenwelt andere, die dir weiterhelfen können auf diesem Wege. Aber ich wage es zu bezweifeln. Du bist keiner, den andere zum Freund haben wollen. Nicht einmal zu einem kurzzeitigen Verbündeten.«

Der Kau rieb sich den Arm. »Ich … ich war schon mal allein.«

»Rufe dir in Erinnerung, was aus dir wurde, als du dich selbst verloren hattest im Schattenland. Damals hattest du noch Hoffnung, dass du gefunden wirst. Doch jetzt … wärst du endgültig verlassen. Niemand wird dich jemals aufsuchen. Und die Menschen werden sich an dich gewöhnen und deine Bosheit ertragen, wie sie alles mit der Zeit hinnehmen. Der eine oder andere wird deine Bosheit sogar auszunutzen wissen. Aber sie werden dich nie zu ihrem treuen Handlanger machen oder dir vertrauen.«

»V-vertraut Ihr mir denn?«

»Ich vertraue jedem, dummer kleiner Elf.« Die Stimme des Getreuen klang beinahe sanft. »Ich kenne euch alle.«

»Ihr – Ihr seid bösartig, grausam, abscheulich, und ich hasse Euch!«, schrie der Kau, schlug mit den kleinen Fäusten gegen den schwarzen Umhang und heulte verzweifelt. »Ich hasse, hasse, hasse Euch!«

Der Getreue, der ihn unerschütterlich wie der Schicksalsberg überragte, lachte leise. »Besser, als einsam zu sein, nicht wahr?« Er beugte sich leicht, streckte die Hand aus und schnippte den Kau mit zwei Fingern weg, dass er sich überschlug und rücklings im schwarzen Lavasand landete. Dann wandte er sich Cor zu. »Sieh zu, dass er sich wieder beruhigt, damit er voll einsatzbereit ist. Wenn er einen Fehler macht, werde ich ihn nach meiner Rückkehr zerlegen und von dir falsch wieder zusammenbauen lassen.«

»Ich geh weg!«, kreischte der Kau, riss sich die rote Haube vom Kopf und raufte sich die langen dünnen Haare. »Jetzt gleich! Ganz bestimmt!«

»Sammle lieber Kräfte«, schlug der Getreue vor. »Bald darfst du deine Bosheit wieder ausleben, und dann wird es dir besser gehen.«

Schlagartig wandelte sich die Stimmung des kleinen Elfen. »Wirklich?«

»Versprochen.«

»Äh … ja, dann …«

Der Spriggans verdrehte die Augen. »Wir passen auf, verlasst Euch auf uns, Meister!«, rief er dem Getreuen nach, der bereits auf dem Weg war, und winkte, während er wie ein Ball auf- und absprang. »Es wird alles gut, das weiß ich!«

Als der Kau aufstand und ebenfalls winken wollte, sprang Cor hoch und versetzte ihm einen so heftigen Tritt gegen das Schienbein, dass er aufschrie und einbeinig herumhüpfte, während er sich jammernd das schmerzende Bein hielt.

»Schluss mit diesen Allüren!«, keifte der Spriggans. »Jetzt werden hier andere Saiten aufgezogen! Du tust ab sofort, was ich dir sage, und wenn du nicht spurst, verschlucke ich dich, kaue ein bisschen auf dir herum und spucke dich wieder aus, so oft und so lange, bis du es kapiert hast!«

»Ja, Meister«, nuschelte der Kau demütig.

Er hatte die beiden Helfer hinter der Biegung gelassen, ihre Stimmen verklangen. Diese Ablenkung hatte gut getan und dem Getreuen die Sinne geklärt. Nun machte er sich ohne weitere Verzögerung auf die Suche nach seiner Königin in der Menschenwelt. Durch Zwischenportale und einer Abkürzung durch die Geisterwelt schritt er nacheinander die übrigen vier Ley-Knoten ab.

Mit Paris fing er an. Erschrocken sprangen Menschen zur Seite, als er plötzlich bei der Pyramide des Louvre aus flimmernder Luft auftauchte, direkt über dem für ihn gelb und rot pulsierenden besetzten Knoten. Es war ihm gleich, dass man ihn ohne Verkleidung sah. Die Grenzen fielen ohnehin bald, und die Menschen würden früher oder später begreifen müssen, dass ihre Welt ganz und gar nicht so streng wissenschaftlich erklärbar war, wie sie glaubten.

Wie ein finsteres Standbild erhob er sich auf dem Platz, achtete nicht auf die Umgebung, während er die magischen Fühler ausstreckte, verstärkt durch den besetzten Knoten, an den Linien entlang. Seine Suche dauerte nicht lange und verlief ergebnislos. Aber so nahe, wie er seiner Königin stand, musste er sie doch spüren, und sei es auch nur ein einziges Atemmolekül in der Luft von hier bis über den Kontinent, zum Mittelmeer! Er wusste mit Sicherheit, dass sie irgendwo hier war, es war nicht anders möglich. Doch da war nichts zu finden, rein gar nichts. Das kann nicht sein, kann einfach nicht sein, ist völlig ausgeschlossen

»Monsieur?«

Auch das noch, er wurde gestört. Ein Mann in Uniform stand vor ihm, eineinhalb Köpfe kleiner als er, die Hand schwebte nervös über der Dienstpistole. »Was ist?«, antwortete er ungehalten auf Französisch, mit grollender Stimme.

»Können Sie sich bitte ausweisen, Monsieur?«

»Ich … mich … ausweisen?« Da musste er lachen. Der Humor der Menschen war ihm stets unergründlich, aber er bereitete ihm durchaus Vergnügen. »Aber sicher, gern!«

Und fort war er.

Nächste Station: Schottland, Inverness. Erschrocken rannte ein Filmteam durcheinander, als mitten in der Szene neben dem Achteckturm des Burgschlosses eine unwirkliche, grenzenlos schwarze, hünenhafte Gestalt materialisierte.

»Aus!«, schrie der Regisseur hysterisch und sprang wie ein Kastenteufelchen von seinem Sitz auf. »Aus, aus, ihr Wahnsinnigen, wollt ihr mich ruinieren? Wie oft müssen wir das noch drehen? Sieht der Kerl da etwa aus wie Macbeth?«

Der Getreue sah sich um. Er war richtig angekommen, wieder genau auf dem Punkt, und ließ seine Sinne sich diesmal verzweigen, um so dem Spinnennetz der Linien zu folgen. Gleichzeitig wandte er sich dem Regisseur zu, der wie eine Dampfwalze wutschnaubend auf ihn zukam und ihn anbrüllte, er werde ihm kein Geld bezahlen, ihn im Gegenteil verklagen, und dergleichen wirres Zeug mehr.

»Was willst du denn, Narr«, sagte er gelassen. »Dies hier ist nicht mehr Macbeths Burg, sie liegt schon lange unter dem neuen Schloss begraben. Und er war kein blutrünstiger, grausamer Herrscher, jedenfalls nicht mehr als alle anderen, angepasst seiner Zeit. Ich muss es wissen, denn ich kannte ihn schließlich und habe ihn lange beraten. Ich weiß nicht, was Shakespeare dazu trieb, ihn zum Monster zu machen – gerade er

Das brachte den Regisseur erst mal zum Stillstand, und ihm fehlten die Worte. Alle anderen am Set taten so, als wären sie gar nicht da.

Sie muss da sein, sie muss da sein! Warum kann ich sie nicht spüren? Nicht einmal einen fernen Hauch? Nur hier kann sie sein …

Sinnlos, sinnlos, es gab keine Spur. Er fühlte, wie es in ihm zu brennen begann, und seine Kälte schwand. Nein, nicht jetzt, es ist zu früh …

Er musste fort.

Die Luft flimmerte wie in großer Hitze, und in den Wallungen verschwand der Getreue. Grimmig dachte er an Morgana, doch dann war er schon am nächsten Ort angekommen: Riga, die Hauptstadt Lettlands. Direkt neben der Rolandstatue vor dem Rathaus, Sinnbild der Freiheit; ein Ley-Knoten, der einst den Menschen gehörte, und nun ebenfalls besetzt war. Hier war überhaupt niemand anwesend, der Platz leer und verlassen, denn es regnete in Strömen. Der Getreue konnte sich ungestört konzentrieren, und er zwang sich energisch zur Ruhe, auch wenn das Feuer in ihm schmerzte. Bald würde es seine manifestierte Gasthülle angreifen. Er hatte nicht mehr viel Zeit.

Nichts. Also weiter.

Nur noch ein Punkt blieb – Bratislava. Der Brunnen mit der Weltkugel vor dem Palais Grassalkovich, besser bekannt als der Präsidentenpalast. Der Verhüllte musste obenauf balancieren, während ringsum die Fontänen ihr Wasser über ihn ergossen. Aber das störte ihn kaum, da er ohnehin von Riga noch nass war. Außerdem verdampfte die brennende Aura das Wasser, sodass er bald von wallendem Nebel umgeben war.

Der Autolärm von drei Hauptverkehrsadern rauschte an ihm vorbei, unter denen auch die Ley-Linien verliefen, die exakt unter dem Brunnen den Knotenpunkt bildeten. Der Getreue sah ein paar verirrte Touristen ihre Kameras zücken (die würden sich wundern, wenn sie die Aufnahmen später anschauten), sah Polizisten aufgeregt zusammenlaufen, empörte Palastwächter in militärischer Uniform, die mit heftig rudernden Armen versuchten, ihn wegzuscheuchen. Und das war noch nicht alles. Misstönend gurrend flatterten fette Tauben um ihn. Er überlegte kurz, sie gebraten zu seinen beiden Gehilfen zu schicken, das war seiner Ansicht nach ihre beste Existenz- und Darreichungsform. Dann entschied er, die lästigen Vögel zu ignorieren, auch wenn es schwerfiel.

Der Getreue streckte die Fühler aus, stutzte, machte dann jedoch weiter. Er spürte die Anwesenheit einer altmagischen Wesenheit, die er hier nicht erwartet hätte, und die verantwortlich für eine beginnende Veränderung war, doch er hatte auch hierfür keine Zeit, sich darum zu kümmern.

Das Feuer loderte in ihm, während er die letzten Linien entlang suchte, und das herabfallende Wasser verdampfte inzwischen, noch bevor es seine Hülle erreichte.

Der Mann ohne Schatten begriff, dass es hier bei den Sterblichen keine Linderung geben würde. Die Königin musste das Portal zur Menschenwelt durchschritten haben, aber sie war nie dort angekommen.

Aber wo war sie dann?

Annuyn, dachte er.

Angewidert betrachtete er die zunehmende Menschenansammlung, die anfing, mit Gewalt zu drohen. Er begriff überhaupt nicht, weshalb sie ihm ihr Interesse zuwandten, da er ja nichts weiter tat, verglich sie im Geiste mit den Tauben, und ging.

*

Der Graue Mann brütete über seinem Schachbrett, auf dem er gegen sich selbst spielte. Hinter ihm gingen die Schatten im Schloss ein und aus. Nichts hatte sich verändert, nichts würde sich je verändern. Dieses Reich der Toten stand außerhalb der Welten. Das war wenigstens eine Beruhigung, sonst wäre der Getreue allmählich in arge Nöte geraten und hätte zweifeln müssen, ob er mit dem Stab am Ätna nicht doch einen Fehler gemacht hatte.

Samhain blickte nicht auf, als der Mann ohne Schatten an seinen Tisch trat. »Du brennst«, stellte er fest. »Soll ich dir Wasser holen?«

»Kein Wasser kann dies löschen«, antwortete der uneingeladene Gast düster. »Linderung kann ich nur auf eine Weise finden.«

»Doch nicht hier.«

Der Mann ohne Schatten sank auf den freien Stuhl. »Ich hatte es so sehr gehofft …«

Der Graue Mann zog den Läufer der anderen Seite, fluchte, und schlug sich dann selbst. »Es tut mir leid, ich würde dir gern helfen.«

»Hast du wenigstens irgendeine Spur … einen Hinweis …«

»Nicht in diesem Reich, und nach außerhalb kann ich nicht blicken. Hast du es schon in der Geisterwelt versucht?«

»Nein.« Frustriert richtete er den Blick auf das Schachbrett. Dann zog er den schwarzen Springer. »Schachmatt, du Narr. Du wirst es nie lernen, nicht mal gegen dich selbst.«

»Ich kann dir zwei Dinge raten.« Samhain schnippte seinen König um und lehnte sich nach hinten. »Erstens: Wehe, du pfuschst mir noch einmal in meine ausgefeilte Strategie. Zweitens: Kehre an den Ursprung zurück, nur dort kannst du die Spur aufnehmen.«

»Sagtest du nicht, ich soll in der Geisterwelt …«

»Ich sage nichts weiter, als dass Bandorchu nicht hier ist, und wenn sie es wäre, würde ich sie sofort wieder hinausschicken, ganz ohne Fragenspiel. Für sie ist kein Platz hier. Was sie im Schattenland getan hat, mag sie vielleicht hier wiederholen, und das wäre wirklich das Ende, meinst du nicht?«

Der Getreue stand auf. »Ich tu, was getan werden muss, das ist nach wie vor meine einzige Antwort, die ich habe.« Es hatte keinen Sinn, hier würde er keine Wegweisung finden, und Unterstützung auch nicht.

Blieb also nur noch die Geisterwelt, die beide Welten miteinander vereinte.

Er ging auf das Portal des Schlosses zu, schritt hindurch und war verschwunden.

*

Die Geisterwelt beanspruchte ihn für lange Zeit. Hier galten keine bekannten Regeln und Gesetze, und selbst der Getreue konnte nicht einfach hindurchmarschieren und seine Kräfte einsetzen, wie es ihm beliebte. Er durchstreifte diese Sphäre mit der Geschwindigkeit, die ihm möglich war, und öffnete all seine Sinne. Nach einer ergebnislosen Weile fing er an, nach seiner Königin zu rufen.

Nur Stille antwortete ihm. Er war völlig auf sich allein gestellt. Und die Geisterwelt war … unendlich.

Schließlich, weil ihm überhaupt nichts mehr einfiel, überschritt er die Grenze zu den sterblichen Geistern, und schon nach kurzer Zeit fand er die beiden Gesuchten, streckte die behandschuhte Hand aus und griff zu. Entriss die beiden Geister ihrem vertrauten Bereich und zerrte sie zu sich ins düstere Nichts, stellte sie dort ab und blickte auf sie hinab.

Sie sahen sich zuerst verstört um, doch dann ergriff sie beide Empörung.

»Sir! Erlauben Sie mal!«, beschwerte sich Lord Byron als Erster.

»Das geht aber nun zu weit, ehrenwerter Feind, was erlaubt Ihr Euch?«, schlug Casanova in dieselbe Kerbe.

Hier waren sie bedeutend mutiger als das letzte Mal in Venedig, als sie sich noch halb in der materiellen Welt befunden hatten. Irritiert wirkten sie allerdings doch, weil der Getreue auch hier nach ihnen greifen und sie festhalten konnte.

»Soweit mir bekannt ist, ist dieser Austausch innerhalb der Sphäre unerwünscht, noch dazu ohne unsere Einwilligung«, fuhr Byron fort.

»Es gibt Regeln!«, rief Casanova und fuchtelte mit dem Zeigefinger, versteckte sich dann aber schnell hinter seinem englischen Freund, als der Getreue eine Bewegung machte. »W-wieso tut Ihr das?«

»Ich tu es«, zischte er heiser, »weil ich es kann

Das beeindruckte auch den stolzen Lord. »Da hat er Recht, lieber Freund«, sagte er zu Casanova und wedelte ungeduldig mit der Hand. »Kommen Sie schon wieder hervor, er will uns nicht … äh … auslöschen, sonst hätte er es längst getan.«

Casanova folgte dem Rat und musterte den Getreuen aus kurzsichtigen Augen. »Ah, Signore, dann braucht Ihr unsere Hilfe, ist es so?«

»Ja.«

»Kurz und bündig, ganz unpoetisch – so kennen wir Euch.« Der alte Charmeur grinste jetzt. »Das muss ja ziemlich dramatisch sein, wenn Ihr Euch ausgerechnet an uns wendet …«

»Wobei könnten wir Ihnen wohl schon helfen?«, meinte Byron misstrauisch. »Ist etwas mit unserer Freundin Nadja Oreso?«

Casanova machte ein erschrockenes Gesicht.

»Nein«, antwortete der Getreue, dem die beiden bereits so lästig fielen wie die Tauben, und er bereute schon, sie geholt zu haben. »Sie ist wohlauf, aber das dürftet ihr ohnehin wissen.«

»Nicht mehr, seit Sie diesen vermaledeiten Stab gesetzt haben, der alles durcheinandergebracht hat«, erwiderte der englische Lord. »Es gab eine Erschütterung bei uns, die uns fast zur Auflösung brachte, und die gesamte Geisterwelt kreiselte in einem wirren Strudel, der sich zum Glück wieder ins vertraute Chaos aufgelöst hat. Das haben Sie in Ihrem hohen Turm natürlich nicht mitbekommen.«

Casanova nickte beipflichtend. »Habt Ihr schon darüber nachgedacht, dass es vielleicht ein großer Fehler war? Warum wohl findet Ihr die Königin nicht? Was für ein Wahnsinn, das Schattenland zu öffnen!«

»Findet sie, und das Chaos hat ein Ende«, brummte der Getreue.

»So? Und was bieten Sie uns dafür, Sir?«

»Ich löse euch beide nicht auf, nachdem ich auch keine unangenehmen Dinge mit euch angestellt habe, die selbst Geistern nicht wohl bekommen.«

Zweifelnd sahen sie ihn an, nicht sicher, ob es eine leere Drohung war. Vor dem Setzen des Stabs hätten sie ihm vorbehaltlos geglaubt. Doch alles hatte sich verändert. Vor allem er selbst, da er nun eine brennende Aura trug. Sogar die beiden Menschengeister begriffen, dass er seinem Ende entgegenging.

Er sollte die Drohung wahrmachen, einfach so, denn er hatte genug von Aufsässigkeiten. Doch bevor er einen Schritt auf die beiden Geister zumachen konnte, willigten sie rasch ein. Anscheinend hatte sich seine Aura so verändert, dass sie sofort begriffen, was er vorhatte, und nun glaubten sie ihm.

»Es ist sehr unwahrscheinlich, doch wir werden uns augenblicklich umsehen«, sagte Byron, und Casanova stimmte zu. Dann kehrten die beiden in ihre Geisterwelt zurück, und der Getreue musste sich gedulden und warten.

Er nutzte die Zeit, indem er seine Fühler nach der Menschenwelt ausstreckte und Nadja Oreso über die magische Verbindung suchte, die er in Venedig aufgebaut hatte. Schnell hatte er sie ausgemacht, sie befand sich immer noch in Sizilien, zusammen mit ihrer Familie, den Zwillingen und den beiden Kobolden. Unerreichbar für ihn im Moment, aber gut: sollten sie sich erholen. Der Zeitpunkt des nächsten Aufeinandertreffens lag nicht fern. Es gab keinen Grund zur Beunruhigung.

Bis auf den Umstand, dass Byron und Casanova, die ihre Neugier nie im Zaum hielten und sonst über alles Bescheid wussten und jeden aufspürten, ebenfalls nur einen Fehlschlag melden konnten. Sie hatten nicht die leiseste Spur entdeckt.

»Sir, mehr können wir leider nicht tun. Dürfen wir nun wieder dorthin gehen, wo wir hingehören?«, fragte Byron, während Casanova seine Perücke nervös knetete.

Der Getreue machte eine wegwerfende Handbewegung. »Verschwindet, ich bin nicht an euch interessiert.« Aber ein anderer wird büßen, dachte er grimmig. Mit ihm hat alles angefangen, und er wird bezahlen.

Wieder ein Fehlschlag. So ging es nicht mehr weiter. Wohin sollte er sich noch wenden? Was hatte Samhain doch gleich gesagt? Zurück an den Ursprung, nur dort könne alles geklärt werden. Also ins Schattenland? Aber da hatte er doch schon jeden Winkel untersucht. Doch was blieb sonst? Vielleicht die beste Idee. Im Schattenland konnte er in Ruhe nachdenken und seine weitere Strategie planen. Dort würde ihn die brennende Aura nicht schmerzen. Gleichwie: Er sollte sich beeilen, bevor ihm die Zeit zu knapp wurde. Es musste etwas geschehen, und zwar rasch.

Der Getreue konzentrierte sich und fand sich gleich darauf am Ätna wieder, wo Cor und der Kau getreulich Wache hielten. Es war Tag, noch immer oder schon wieder, darüber hatte er den Überblick verloren. Die beiden Elfen betrachteten ihn mit einer Mischung aus Neugier und Entsetzen, doch sie wagten es nicht, Fragen zu stellen. Vermutlich jagte seine brennende Aura ihnen Furcht ein, und er spürte sie auch an diesem Ort heftiger denn je.

»Ich kehre ins Schattenland zurück und gehe noch einmal alles genau durch«, sagte er zu den beiden Helfern. »Irgendeinen Hinweis muss es dort geben. Ihr bewacht weiterhin das Tor. Ich werde alles auf die Invasion vorbereiten und dann zurückkehren.«

»Geht klar«, gab sich der Kau schnoddrig.

»Zu Befehl, Meister«, sagte der Spriggans ernst. »Hier ist alles ruhig geblieben. Ich glaube, sämtliche magischen Wesen und auch die Menschen müssen sich erst von dem erholen, was Ihr getan habt. Doch die Grenzen bleiben weiterhin stabil, wenngleich sie löchrig geworden sind. Also, noch mehr als zuvor. Deutlich mehr.«

»Das ist genau so beabsichtigt. Das Verschwinden der Königin stellt lediglich eine Verzögerung dar.«

Ohne sich aufzuhalten, kehrte er ins Schattenland zurück.

Elfenzeit 5: Trugwandel

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