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9.
Der magische Wall

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Hügel von Tara

»Ich habe sie gehabt! Die Spur! Eben war sie noch da. Ganz frisch! Und dann wieder nicht mehr«, sagte Pirx und sprang aufgeregt über die Straße und in Feld hinein. »Vielleicht war die Dunkle Königin gar nicht vor uns, sondern hinter uns.«

»Wohl kaum«, antwortete der Grogoch und schmatzte unwillig.

Der alte Kobold war für Pirx’ Geschmack viel zu ruhig und gelassen. Es kam einfach nicht in Frage, dass sie Bandorchu verloren hatten. Vielleicht mal kurz verlegt, aber nie gänzlich verloren! Sowas durfte es nicht geben!

»Jetzt ist auch noch der Kerl einfach verschwunden. Wusch und weg!«, zeterte der Pixie fassungslos und biss sich vor Aufregung und Wut in seine rote Kappe.

»Erinnert mich an das Zeitgrab«, sagte Grog und schmatzte erneut. »Es ist nicht nur die Spur, die einfach abbricht. Es liegt etwas Magisches in der Luft. Schon die ganze Zeit.«

Pirx hielt inne und schnüffelte. Da hing so einiges in der Luft. Bier, Schnaps, Schweiß und Schafkacke überall. Aber jetzt, da sein Freund ihn darauf hingewiesen hatte, roch er es auch. Diesen Andershauch.

»Du denkst, sie haben nen Wall errichtet? Mitten auf den Feldern?« Pirx kratzte sich die Stacheln und schob die Kappe wieder auf den Kopf.

»Es muss ein gewaltig großer sein, wenn sie alle darin untergekommen sind«, sagte Grog und rieb sich grüblerisch das haarige Kinn.

»Gigantisch groß sogar! Schließlich wird die Königin nicht in einem Campingzelt wohnen wollen«, setzte Pirx die Überlegungen fort. »Aber wie sollen wir die Grenze finden?«

»Wir werden abwarten, bis wieder jemand die Stadt in derselben Richtung verlässt.«

Die Worte des Grogoch klangen einleuchtend. Also legten sie sich am Straßenrand auf die Lauer. Es dauerte mehrere Stunden, doch kurz bevor Pirx soweit war, die Sache abzublasen und sich etwas Essbares zu besorgen, sah er einen alten Tattergreis auf einem Wagen den Weg in ihre Richtung einschlagen.

»Vielleicht will er ins nächste Dorf«, meckerte Pirx, als der Grogoch ihn anschob, um an dem Gefährt dran zu bleiben.

»Schau doch, was er geladen hat«, hielt Grog dagegen. »Sieht aus, als wäre es für ein Picknick bestimmt, nur eben ein wirklich großes.«

Tatsächlich hatte der Alte Essen, Bier und Decken womöglich für ein ganzes Heerlager dabei. Pirx nahm seine Beinchen in die Hand, um zusammen mit dem schwerfälligen, aber nicht minderschnellen Grogoch die Verfolgung aufzunehmen.

»Irgendwann wird er auf die Wiese abbiegen«, prophezeite Grog. Und genauso kam es.

Ungefähr auf der gleichen Höhe wie zuvor, als sie den Jungen in den Feldern verloren hatten, lenkte der Fuhrmann sein Pferd von der Straße und auf die Wiese.

Der bis zum Bersten beladene Karren schwankte gefährlich bei der Aktion und Pirx musste einem Fässchen ausweichen, das sich aus der Seilverankerung gelöst hatte, über ein paar Kisten abwärts rollte und dann – durch einen letzten Schlag – in hohem Bogen auf die unsichtbaren Verfolger zuflog.

Mit hörbarem Krachen kam das Fässchen auf dem Boden auf, polterte gegen einen der zahlreichen Findlinge zwischen den Grashalmen und zerbarst. Roter Wein spritzte in alle Richtungen und besudelte Pirx.

»Pass doch auf, du Holzkopf!«, schimpfte der Pixie und hielt sich sofort den Mund zu.

»Kssssssh«, machte der Grogoch. »Du verrätst uns ja!«

Zu spät, zu spät. Doch die Kobolde schienen unverschämtes Glück zu haben, denn der Alte auf dem Kutschbock rührte sich nicht, blickte nicht zurück und machte auch sonst nicht den Eindruck, als hätte er etwas gehört. Nicht einmal das berstende Fässchen.

Pirx war beinahe froh darüber, dass die Dunkle Königin so gut darin war, den Menschen die Köpfe zu verdrehen und die Sinne zu rauben. Aber nur beinahe, denn er wusste, dass so etwas bei Bandorchu selten ohne Qual vonstattenging. Alles, was sie anfasste, hatte früher oder später Schmerzen zu erleiden.

Bei dem Gedanken erschauderte Pirx und hätte um ein Haar erneut den Augenblick verpasst, als der Alte samt Karren mir nichts dir nichts direkt vor seiner Nase verschwand.

»Potztausend«, murmelte der Grogoch.

Zusammen liefen sie zu der Stelle, zogen sicherheitshalber mit den Füßen ein paar Markierungen in den Boden und begannen dann, das vermeintliche Nichts mit Händen und allen zur Verfügung stehenden Sinnen abzutasten.

»Ich glaub, ich spür da was«, sagte Grog und sah aus, als würde er ein riesiges unsichtbares Ei begrabschen. »Knifflige Sache. Ganz knifflige Sache.«

Pirx gesellte sich zu ihm. Doch er musste sich mächtig anstrengen, um endlich ebenfalls den Strom der Energie ertasten zu können, der hier wie eine Fontäne aus der Erde zu kommen schien, um sich dann über dem Land als gigantischer Fächer auszubreiten.

»Sie zapft die Ley-Linien an«, bestätigte er nach genauerer Untersuchung. »Direkt aus dem Boden. Das muss ein mächtiger Strang sein. Oder sogar mehrere, die an einem Ort zusammenfließen.«

Grog nickte andächtig. »Klug von ihr. Sie hat sich ein Energiezentrum als neue Heimat ausgesucht.«

»Bestimmt ne alte Kultstätte! Eine dieser Steinwälle oder Hügelgräber, die es hier überall gibt. Megalithenzeug und sowas«, mutmaßte Pirx.

»Die Frage ist, wie wir da jetzt reinkommen«, brachte Grog das Problem auf den Punkt.

Ein Thema, auf das Pirx keine Antwort hatte. Noch nicht. Aber jetzt, da sie Bandorchu erneut auf der Spur waren, würden sie einen Weg durch die magische Barriere finden. Kostete es, was es wollte!

Elfenzeit 6: Zeiterbe

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