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Weil Reiner die Vorstrafen von Andreas Öckertz im Sinn hatte, plante er eine Befragung auf die unangenehme Art. Jennifer war ihm in das Büro der Dachdeckerfirma gefolgt. Sie waren sehr früh aufgestanden, damit die Arbeiter nicht schon auf den Baustellen verschwunden waren. Andreas Öckertz sprach gerade mit dem Chef über den Tagesplan.

Reiner hielt seinen Dienstausweis hoch und fragte laut: „Guten Morgen, Herr Öckertz? Haben Sie einen Moment für uns?“

„Oh nein, was soll das denn? Sie tauchen hier auf meiner Arbeitsstelle auf und verhören mich?“

„Erstens ist es nötig und zweitens habe ich doch noch gar nichts gesagt. Außerdem ist das hier erstmal nur eine Befragung. Wenn es ein Verhör werden sollte, lasse ich Sie auf die Dienststelle bringen. Wo können wir reden?“

Der Chef hatte zwischen den dreien hin und her geschaut, winkte jetzt ab und bot ihnen sein Büro an. Er würde ins Lager gehen und so hätten sie Ruhe.

„Mann!“, fuhr Andreas gereizt fort. „Sie wollen mir wohl mein Leben versauen? Um was geht es denn?“

„Wo waren Sie Donnerstagabend?“

„Wissen Sie, wie lange das her ist?“

Der muskulöse, braungebrannte Mann Mitte dreißig, dessen blonde Haare zu einem Zopf gebunden waren, war wütend und ließ das die Kommissare deutlich spüren. Jennifer ahnte, dass er nur so laut wurde, um sich als knallharter Kerl zu zeigen. Aber wer so laut bellte, hatte wahrscheinlich niemanden gebissen.

„Herr Öckertz, Sie sehen, mein Kollege ist sehr ungehalten, denn wir hatten noch kein Frühstück. Es wäre besser, wenn Sie unsere Fragen nicht mit Gegenfragen beantworten würden, sondern klare Angaben machen. Also, wo waren Sie am Donnerstagabend?“

Der Mann sah plötzlich ganz brav aus, wie ein blonder Engel, und lächelte Jennifer an.

„Frau Kommissarin, es tut mir leid, aber da muss ich erst nachdenken. Ich wollte nicht so aufgebracht sein. Tut mir auch leid. Hm, am Donnerstag war ich zuhause. Meistens bin ich am Wochenende unterwegs, denn als Dachdecker muss ich früh raus. Ich habe sicher Fernsehen geguckt und habe dann geschlafen. Freitag war ich feiern. Worum geht es denn eigentlich?“

„Natalie Bresionner. Kennen Sie die junge Frau?“

Andreas lächelte wieder charmant und hatte wohl vollkommen ausgeblendet, dass Reiner auch mit im Raum war.

„Ach, Sie meinen die kleine Französin? Das Mädel ist nett und hübsch, aber viel zu jung für mich. Leider. Ich stehe da mehr auf erwachsene Frauen wie Sie eine sind. Solch eine hübsche Kommissarin habe ich aber auch noch nicht gesehen.

Jetzt reichte es Reiner und er bollerte: „Quatschen Sie meine Kollegin nicht voll, sondern sagen Sie mir lieber, ob es Zeugen für Ihre Angaben gibt!“

„Natürlich nicht. Ich bin ledig und damit kann ich mich mit so vielen Damen unterhalten, wie ich will.“

„Wann sind Sie nach Hause gekommen?“

„So gegen sieben.“

„Wann sind Sie ins Bett gegangen?“

„Keine Ahnung. Vielleicht halb elf.“

„Haben Sie einen Anruf bekommen oder Besuch?“

„Nein, ich kann Ihnen kein Alibi liefern, wofür auch immer.“

Jennifer fragte dazwischen: „Sie wissen es also noch nicht?“

„Was sollte ich wissen?“

„Dass Natalie tot ist.“

Jetzt sprang der Dachdecker die beiden Kommissare fast an.

„Und Sie denken sofort, dass ich das war? Sind Sie bescheuert? Warum sollte ich dieses kleine Biest umbringen?“

„Ich habe nichts davon gesagt, dass sie umgebracht wurde. Aber vielleicht waren Sie sauer, weil Ihnen Natalie mit ihren Freundinnen einen Streich gespielt hat?“

„Nein! Nein, ich lasse mir doch nichts anhängen, nur weil diese kleinen Biester mich einmal verarscht haben. Deswegen bringt man doch niemanden um! Vergessen Sie das mal schnell wieder. Als die Weiber weg waren, habe ich mich mit einer anderen getröstet. Ich gehe jetzt arbeiten. Sie spinnen doch!“

Reiner wollte ihn aufhalten und mit seinem Wissen konfrontieren, aber Jennifer legte ihm eine Hand auf den Arm.

„Lass ihn gehen, wir haben nichts gegen ihn in der Hand. So blöd der auch ist, wir können ihm nichts nachweisen und ein Motiv ist der Spaß der Mädchen nun wirklich nicht.“

Reiner seufzte.

„Du hast ja recht. Aber so einen Lackaffen möchte ich gerne mal verknacken. Der hat dich angemacht!“

„Es rührt mich, dass du für mich eintrittst, aber das ist nicht nötig, mit solchen Typen werde ich schon allein fertig. Komm, wir fahren zu den Krambachs und fragen die, ob sie Andreas kennen und ob sie ihn mal in der Nähe von Natalie gesehen haben.“

„Aber vorher frühstücken wir bei Undine. Halte mal beim Bäcker an!“

Schweigend machten sie sich auf den Weg. Reiner grollte noch immer, denn dieser Mann war ihm sehr unangenehm geworden. Solche Typen sehen gut aus, hatten Muskeln, aber kein Hirn und dachten, dass sie alles haben können. Von Gegenständen bis zu Frauen. Ihm war diese Art Männer ein Dorn im Auge.

Vor der Remise küsste ihn Undine, runzelte aber die Stirn. Sie machte frischen Kaffee, schüttete die duftenden Brötchen in den Korb und gab Jennifer ein Zeichen, mit in die Küche zu kommen.

„Was hat er denn?“

„Wir haben eben Andreas Öckertz befragt und weil der mich dumm an gemacht hat, wäre er beinahe geplatzt. Reiner ist eben ein Mann, der sowas nicht gut aushalten kann.“

„Dann müssen wir ihn jetzt auf andere Gedanken bringen.“

Sie deckten den Tisch fertig, riefen Jasmin zum Frühstück dazu und dann trat auch noch Lene durch das Tor.

„Guten Morgen, ihr seid aber früh auf“, rief sie fröhlich.

Sie setzten sich zu Tisch und frühstückten. Als Reiner sich danach noch eine zweite Tasse Kaffee genehmigte, schien er wieder guter Dinge zu sein. Undine zog ihn mit sich in den Garten, sie wollte Tomaten ernten. Reiner trottete hinterher, obwohl er jetzt gern ein Schläfchen auf der Hollywoodschaukel, die unter dem Zwetschgenbaum stand, gemacht hätte.

„Geht es dir wieder besser?“

„Ja“, brummte Reiner.

„Aber irgendetwas sitzt dir doch noch quer im Gemüt, oder?“

„Nein … ja … ich mache mir Sorgen um Jennifer.“

Undine war erstaunt.

„Warum das denn? Es geht ihr doch gut.“

„Sie hat total dicht gemacht, was Männer angeht und ich befürchte, solche Typen wie der eben machen es nicht besser. Sie muss erst wieder Vertrauen finden.“

„Das ist lieb von dir, aber ich denke, sie ist eine starke Frau und wird sich auch wieder verlieben. Lass ihr ein bisschen Zeit, um über die Sache hinwegzukommen. Und solche Typen, wie du sagst, wickelt sie um den Finger, aber nur, um ihnen die Hölle heißzumachen.“

„Denkst du? Na gut, dann schalte ich wieder einen Gang zurück.“

Undine schob ihm eine kleine Tomate in den Mund, grinste und schmiegte sich in seine Arme.

„Du bist mein Beschützer und der von allen anderen Frauen auch. Was für ein Glück, solch einen Mann zu haben.“

Reiner lachte, schluckte und küsste Undine auf die Stirn. Er fühlte sich erleichtert und so kehrten sie an den Tisch zurück, wo sich Jennifer mit Jasmin und Lene über ihre neue Wohnung unterhielt, die sie am Wochenende beziehen würde. Alle wollten mit anpacken und Jasmin hatte Herbert angerufen, damit er seinen Transporter bereitstellte.

Nach dem Frühstück fuhren sie zu den Krambachs, aber die kannten Andreas Öckertz nur vom Sehen. Er rückte also wieder ein Stück heraus aus dem Kreis der Verdächtigen.

„Aber leiden kann ich den nicht, deshalb streiche ich ihn nicht völlig von der Liste“, sagte Reiner am Ende des Tages.

Ärger in Nastätten

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