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Im Supermarkt erfuhren Reiner und Jennifer, dass Linda Kröwert krankgeschrieben war. Sicher hatte sie der Tod der Freundin aus der Bahn geworfen. Also fuhren sie zu der jungen Frau nach Hause. Sie wohnte noch bei ihren Eltern im Johannesgraben. Ihre Mutter öffnete und brachte sie zu Linda ins Kellergeschoss, wo sie eine eigene kleine Wohnung hatte. Die junge Frau lag in einem großen pinkfarbenen Bett und schlief. Jedenfalls hatte sie die Augen geschlossen, aber als die drei eintraten, fuhr sie hoch.

„Mutter, was soll das?“, fauchte sie. „Ich habe dir schon tausendmal gesagt, du sollst hier nicht einfach reinkommen. Was sind das für Leute? Sag mal, geht’s noch?“

„Beruhigen Sie sich“, sagte Reiner laut. „Ich bin Kommissar Nickich, das ist meine Kollegin, Kommissarin Fonnach, wir kommen wegen Natalie.“

„Ach so“, knurrte Linda, schickte ihre Mutter weg und setzte sich mit dem Rücken gegen die hohe Lehne des Bettes.

Sie zog die Knie an und schlang die Arme darum. Dann nickte sie mit dem Kopf in Richtung der Couch, um den Kommissaren einen Platz anzubieten.

„Sie sind krank?“, begann Reiner.

„Was denken Sie denn? Ich gehe doch nicht zur Arbeit! Es war am Samstag schon die Hölle! Da hatte ich Spätschicht und erfuhr hinter der Kasse davon, dass Natalie tot ist.“

„Oh, das ist böse, wer hat Ihnen denn davon erzählt?“

„Laura, Julianos Schwester.“

Reiner und Jennifer schauten sich an. Das war sicher die junge Frau, die aus der Wohnung gekommen war, als sie bei dem Italiener waren. Jennifer atmete auf, war ihr doch der Gedanke gekommen, dass es seine Freundin gewesen sein könnte. Das hatte ihr irgendwie nicht gefallen, zumal die Frau sehr gut aussah und perfekt zu Juliano passte.

„Woher wusste sie davon?“

„Von Juliano. Der ist Lehrer hier in Nastätten.“

„Ich weiß“, entgegnete Reiner, „ich bin immer wieder überrascht, wie schnell so eine Tat die Runde macht und woher die Leute ihre Informationen haben.“

„Tja, Nastätten ist eben keine anonyme Großstadt.“

„Das stimmt. Erzählen Sie ein bisschen über Natalie!“

„Sie war ein Engel. Immer gut drauf, lustig, lieb und sie hat jeden Spaß mitgemacht.“

„Zum Beispiel?“

„Ich weiß gar nicht, ob ich Ihnen das sagen darf …“

„Sie dürfen mir alles sagen, ich bin die Polizei. Sollten Sie mir etwas verschweigen, was den Fall betreffen könnte, werde ich ungemütlich.“

„Es gibt da einen Mann, der denkt, der kann alle Frauen haben, vor allem die jungen. Der ist schon mega alt und es ist uncool, dass er immer die besonders jungen Frauen anbaggert. Er denkt, er ist sonst wie toll. Wir haben ihn ein bisschen verarscht, weil er auch an Natalie interessiert war.“

„Name?“

„Andreas Öckertz.“

„Wohnt in?“

„Irgendwo hier in Nastätten.“

„Wie haben Sie ihn verarscht?“

„Er hat uns in eine Bar eingeladen und wir haben nur die teuersten Sachen getrunken. Wir haben gesagt, er kann uns nur zu dritt haben. Natalie hat ihn dann in dem Glauben gelassen, dass sie ihn mag. Als er pinkeln war, sind wir einfach abgehauen.“

„Sowas ist fies. Denken Sie, er könnte sich für den Korb gerächt haben?“

„Erst dachte ich: Wegen sowas bringt man doch keinen um. Aber jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher. Was ist denn, wenn er uns auch bestrafen will? Schließlich waren Marita und ich auch dabei.“

Jennifer sagte: „Ja, wegen so etwas bringt man niemanden um. Das denke ich auch. Da schreibt man etwas Böses in den sozialen Netzwerken und gut ist es. Wie war denn die Beziehung von Natalie zu Frederick Meineltz?“

„Ach, die waren total süß zusammen, aber das war noch ganz frisch. Hat man Natalie … ich meine …“

„Nein, sie wurde nicht vergewaltigt. Der Täter oder die Täterin muss ein anderes Motiv haben.“

„Täterin? Ich war es nicht. Natalie war meine Freundin! Und Marita würde auch niemandem etwas tun.“

„Davon war nie die Rede, Frau Kröwert“, brummte Reiner und legte ihr seine Karte auf den kleinen runden Glastisch.

Sie verabschiedeten sich und verließen das Haus. Mit neuer Energie machten sie sich auf den Weg ins Büro, um die Adresse von Andreas Öckertz herauszufinden.

Jennifer tippte den Bericht in den Computer, Reiner recherchierte.

„Oh, wir haben den Herrn in den Akten. Körperverletzung. Belästigung. Wie nett.“

„Ich bin gleich fertig, dann nehmen wir ihn uns vor.“

Weißt du, wo der wohnt? Im selben Mietshaus wie Bea Klümpert. Sicher kennt sie ihn.“

„Besuchen wir SIE doch mal.“

„Sie mag mich nicht.“

„Das ist dir sonst auch egal.“

Reiner grinste. Jennifer hatte recht. Aber Bea hatte immer einen bösen Blick, wenn sie ihn sah. Er hatte wohl irgendetwas zu ihr gesagt, was sie in den falschen Hals bekommen hatte. Vielleicht würde er Undine fragen, was das gewesen war.

Plötzlich hatte er eine Idee und griff zum Telefon.

„Hallo Undine. Ich wollte mal deine Stimme hören.“

Es wurde gesprochen und Jennifer, die zugehört hat­te, konnte sich Undines spöttischen Tonfall ausmalen.

„Ja, du hast wie immer recht. Ich habe Hintergedanken. Ich bräuchte deine detektivischen Fähigkeiten. Kannst du etwas über einen Andreas Öckertz in Erfahrung bringen?“

Reiner hörte zu.

„Ja, der bei Bea im Haus wohnt. Es könnte sein, dass er mit unserem Fall zu tun hat.“

Jetzt lachte er.

„Ich weiß, dass ich dir gesagt hatte, du sollst dich aus allem heraushalten, aber kannst du mal freundlichst eine Ausnahme machen?“

Dann wurde er wieder ernst.

„Danke, bis später. Ich vermisse dich.“

Den letzten Satz hatte er nur geflüstert, aber als er hochsah, grinste ihn Jennifer amüsiert an.

„Na und?“, knurrte er aggressiv.

„Ich habe ja gar nichts gesagt.“

Reiner kniff die Augen zusammen, aber dann lachte er. Er wusste, dass diese Undine einige ungewöhnliche Dinge mit ihm angestellt hatte. Früher hätte er sich gewehrt, aber heute war ihm herzlich egal, was andere Menschen dachten.

Ihr Weg führte sie nun nach Wiesbaden in ein riesiges Bürogebäude, denn sie wollten heute unbedingt noch mit Marita Mecken reden. Jennifer hatte vorher angerufen, denn sie wollten auf keinen Fall umsonst nach Wiesbaden fahren.

Unterwegs aßen sie in der Wambacher Mühle zu Mittag und Reiner hätte am liebsten einen verspäteten Mittagsschlaf gemacht. Mit vollen Magen in der Wärme im Auto zu sitzen war nicht gemütlich.

Im Wiesbaden angekommen wurden sie in einen klimatisierten Konferenzraum geführt und einen Moment später kam eine junge Frau mit einem Tablett hinein. Sie lud Gläser und Wasserflaschen auf dem Tisch ab und stellte sich als Marita Mecken vor.

„Mein Chef weiß Bescheid und darum können wir hier reden. Ich könnte schon wieder heulen. Meine arme Natalie. Wer tut so etwas?“

„Frau Mecken“, begann Jennifer, „wann haben Sie Natalie zuletzt gesehen?“

„Ich denke, es war Dienstag. Ja, ich bin mir sicher. Wir waren Eis essen, weil ich am Nachmittag zuhause war. Linda musste arbeiten, Frederick hatte auch zu tun, sonst wären sie mitgekommen.“

„Wie schätzen Sie die Beziehung zwischen Natalie und Frederick ein?“

„Wenn Sie jetzt denken, dass Freddi ihr etwas angetan hat, dann muss ich Sie enttäuschen. Er ist der netteste Mensch, den man sich vorstellen kann, dazu klug und höflich. Sie haben …“

Jetzt liefen Marita, die sich zusammenreißen wollte, doch die Tränen herunter. Ihre Schultern zuckten und Jennifer legte eine Hand auf den Arm der jungen Frau.

„Es tut uns sehr leid, aber wir geben alles, um den Mörder zu finden. Wenn es Freddi nicht war, wer könnte denn ein Motiv haben, Natalie zu töten?“

„Niemand! Kein Mensch hat einen Grund einen anderen zu töten. Das ist so krank! Vielleicht …“

Sie stockte.

Reiner hakte nach und bekam genau die Antwort, die er erwartet hatte.

„Es war womöglich dieser perverse Andy. Andreas Öckertz. Der ist so widerlich und stellt jungen Frauen nach, dabei ist der uralt. Wir … wir haben ihn …“

„Ich weiß, Sie haben ihn verarscht, das hat uns Linda schon erzählt. Warum sollte er sich rächen wollen?“

„Der ist anzüglich, wenn er den Mund aufmacht. Ich glaube, er hätte uns alle drei … na, Sie wissen schon. Mir war von Anfang an unwohl bei der Idee, ihn auszunehmen.“

„Ich verstehe, hatte Natalie Angst vor ihm?“

Marita schüttelte den Kopf.

Reiner fuhr fort: „Und wie war das mit ihrem Italienisch-Lehrer?“

„Juliano? Sie hat nur die Sprache gelernt. Schließlich war sie mit Frederick zusammen. Obwohl, der ist schon ein toller Mann. Aber auch viel zu alt. Denken Sie, die hatten was miteinander?“

Marita hatte große Augen bekommen und man sah, dass es in ihrem Kopf ratterte. Jennifer wurde unbehaglich bei dem Gedanken, dass ihre nette neue Bekanntschaft womöglich ein falsches Spiel spielte.

Aber würde das nicht auch heißen, dass Natalie nicht die super Person gewesen war, die man ihnen beschrieben hatte?

Ärger in Nastätten

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