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Die Dantonisten

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Der engere Kreis der Dantonisten um die Hauptfigur besteht aus Camille, Hérault, Lacroix und Philippeau. Sie werden vom Gegner St. Just in einem Atemzug genannt (I,6; S. 28 f.) und sehen sich selbst als Gruppe, wie Lacroix Danton gegenüber klarmacht: »Dein Name! du bist ein Gemäßigter, ich bin einer, Camille, Philippeau, Hérault« (I,5; S. 23). Im vierten Akt müssen sie gemeinsam auf ihre Hinrichtung warten. So erscheinen sie durchaus als eine einheitliche Gruppe, auch wenn im Einzelnen differenziert werden kann.

Camille Begeisterung für die griechische AntikeDesmoulins, der jüngste der genannten fünf, stammt wie Danton aus recht bescheidenen Verhältnissen. Wie kein Zweiter der Gruppe ist er fasziniert von den Idealen der griechischen Antike – ein scharfer Gegensatz zu Robespierre. Schönheit und Freiheit sind für ihn die Werte, für die es zu kämpfen lohnt. Anders als Danton sagt Camille Ja zum Leben. Das transparente Kleid einer attraktiven Frau wird zur Metapher für die politische Verfassung: »Die Staatsform muss ein durchsichtiges Gewand sein, das sich dicht an den Leib des Volkes schmiegt. […] Wir werden den Leuten, welche über die nackten Schultern der allerliebsten Sünderin Frankreich den Nonnenschleier werfen wollen, auf die Finger schlagen« (I,1; S. 7). Mit Blick auf die Kunst fordert er konsequenten Realismus: »Setzt die Leute aus dem Theater auf die Gasse: ach, die erbärmliche Wirklichkeit!« (II,3; S. 38). Noch im Angesicht der Guillotine drückt er dem Kutscher eine Münze in die Hand und zitiert damit die Mythologie der Alten: »Da alter Charon, dein Karren ist ein guter Präsentierteller« (IV,7; S. 81). Die private Szene II,3 bei ihm zu Hause zeigt sowohl die enge Freundschaft zu Danton als auch die zärtliche Liebe zu Lucile.

Hérault (Ehemaliger) Aristokratkommt aus dem Adel und galt als ausnehmend schön. Nach Danton wird er als Erster im Drama gezeigt, beim müßigen Kartenspiel; er wird noch vor den anderen Dantonisten verhaftet. Trotz dieser Merkmale, die ihn anscheinend von den übrigen Dantonisten distanzieren, ist er der Gruppe doch auch emotional eng verbunden, wenn er etwa im Gefängnis Camilles Arm nimmt (IV,5; S. 80). Er ist es auch, der Danton kurz vor der Enthauptung umarmen will: »Ach Danton, ich bringe nicht einmal einen Spaß mehr heraus« (IV,7; S. 82).

Lacroix Lebemslustiger Analytikerist scharfer Analyst. Kühl, realistisch und weitsichtig, vermag er schon zu Beginn der Dramenhandlung die politischen und sozialen Umstände einzuschätzen: »Die Sache ist einfach man hat die Atheisten und Ultrarevolutionärs aufs Schafott geschickt; aber dem Volk ist nicht geholfen es läuft noch barfuß in den Gassen und will sich aus Aristokratenleder Schule machen. Der Guillotinenthermometer darf nicht fallen, noch einige Grade und der Wohlfahrtsausschuss kann sich sein Bett auf dem Revolutionsplatz suchen« (I,4; S. 18). Kurz nach der Verhaftung wirft er Danton berechtigt seine Untätigkeit vor: »Und du hast nichts gesagt?« (III,1; S. 53). Lacroix steht besonders für den ausschweifenden Lebensstil, den Robespierre geißelt. Im ersten Akt etwa sucht er, begleitet von zwei Prostituierten, Danton auf und beschreibt diese ironisch: »Zwei barmherzige Schwestern, jede dient in einem Spital d. h. in ihrem eignen Körper« (I,5; S. 22).

Philippeau Glaube an Gottist der Einzige der Dantonisten, der sich ausgesprochen religiös äußert. Von der Ruhe, die Danton so stark ersehnt und die er im Nichts sucht, sagt Philippeau: »Die ist in Gott« (III,7; S. 67). Sein ernsthafter Glaube an die Transzendenz wird im Gefängnis deutlich: »[…] man braucht gerade nicht hoch über der Erde zu stehen um von all dem wirren Schwanken und Flimmern nichts mehr zu sehen und die Augen von einigen großen, göttlichen Linien erfüllt zu haben. Es gibt ein Ohr, für welches, das Ineinanderschreien und der Zeter, die uns betäuben, ein Strom von Harmonien sind« (IV,5; S. 79). Auch Philippeau ist also durchaus deutlich von den anderen Dantonisten unterschieden – gleichwohl bilden sie während der ganzen Dramenhandlung eine geschlossene Gruppe. Ein konkretes politisches Programm allerdings sucht man vergeblich.

Zwei der Deputierten gehören nur im weiteren Sinne zu dieser von Büchner so fest gefügten Gruppe: Legendre fällt im Jakobinerklub (I,3) als etwasUngeschickter Taktiker ungeschickter Taktiker auf, was ihm anschließend von Lacroix auch deutlich gemacht wird: »Was hast du gemacht Legendre, weißt du auch, wem du mit deinen Büsten den Kopf herunterwirfst?« (I,4; S. 18). Sein Antrag im Nationalkonvent, der Danton retten sollte, scheitert ebenfalls (II,7). Legendre entging der Hinrichtung, was das Drama aber nicht ausdrücklich zeigt, im Unterschied zu Fabre, der tatsächlich mit den Dantonisten guillotiniert wurde, was das Drama wiederum verschweigt. Paris zeigt ebenso wie der namenlose Gefangene in IV,5 Dantons Talent zur Freundschaft.

Dantons Tod von Georg Büchner: Reclam Lektüreschlüssel XL

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