Читать книгу Unternehmer Deines Business Ecosystems - Uwe Klaus Hotz - Страница 11

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WARUM SPRINGEN WIR VON KRISE ZU KRISE?

System nicht mehr geeignet.

Taylor ist tot - Nachfolger fehlt.

„Any customer can have a car painted any color that he wants, as long as it is black. “

Henry FORD

Die Autoindustrie perfektionierte ein neues industrielles System

Als Henry Ford sein berühmtes T-Modell als erstes Auto der Massenproduktion auf den Markt brachte, ahnte er nicht, welche Folgen der Taylorismus haben würde. Die arbeitsteilige Herstellung wirtschaftlicher Güter, Massenproduktion, Ingenieure an den Zeichenbrettern, hart arbeitende Werker an Fließbändern, Großunternehmen, Massenentlassungen in der Krise, Streben um immer mehr Effizienz, Entmenschlichung von Arbeit, kleinteilige Spezialisierung von Unternehmen, Kostendruck, Globalisierung. Ford und Taylor waren zumindest teilweise Brüder im Geiste, denn sie einte der Erfolg eines viel kritisierten Konzepts.

Es wurde eine hundertjährige, einmalige Geschichte der immer weiteren Trennung

Nirgendwo konnte man diese Trennung besser beobachten als in der Autoindustrie. Trennung von Hand- und Kopfarbeit. Trennung von Entwicklung und Herstellung. Trennung in Hersteller und Zulieferer. Trennung von automatisierter Produktion und Manufaktur. Trennung von Hardware und Software. Nach jeder Trennung wurden die einzelnen Teile weiter optimiert. Mit jeder Optimierung entstand ein Fahrzeug das noch mehr Menschen haben wollten. Mit jedem Verkaufsrückgang trennten Hersteller in mehr unterschiedliche Modelle. Sie trennten in Fahrzeugsegmente, in Premium und Massenhersteller. Sie trennten die Mitarbeiter in High Performer und Low Performer. Sie trennten in Festangestellte und Leiharbeiter. Die Festangestellten trennten sie in befristete und unbefristete. Als nicht mehr weiter getrennt werden konnte, war das System ausgereizt, weitgehend am Ende. Dann war man im Jahr 2020. Willkommen in der Zukunft?

Die Geschichte des von TAYLOR beschriebenen Wirtschaftssystems hat vielen Menschen Wohlstand und Sicherheit in ungeahntem Ausmaß beschert. Es hat an anderer Stelle Millionen Menschen aus der Armut geholt, aber auch millionenfach ausweglose Armut festgeschrieben. Es hat uns als Gesellschaften aufblühen lassen und gleichzeitig gespalten. Der Unternehmer als Inhaber der Produktionsanlagen beutet den Arbeiter aus. So sah das klassische negative Wirtschaftsbild der frühen Jahre aus. Mit zunehmender Automatisierung und dem Wegfall der schweren körperlichen Arbeit brachten die Fabriken in denen Autos hergestellt wurden, jedoch wahre Heilsversprechen für ihre Mitarbeiter. Jeder konnte es zu einem gewissen Wohlstand bringen. Die Autohersteller verkörperten den beruflichen Traum vieler Absolventen. ‚Zum Benz geht man, aber man geht nicht mehr weg.‘

Taylorismus

Definition

➢ Prozesssteuerung von Arbeitsabläufen durch arbeitsvorbereitendes Management (Scientific Management), Einsatz mit Beginn des 20. Jahrhunderts

Vorteile

• ‚Größtmögliche Prosperitätdes Arbeitgebers und der Arbeitnehmer

Voraussetzungen

• Analyse & Verbesserung der Arbeitsabläufe durch Zeit- u. Bewegungsstudien

• Auswahl und Schulung der passenden Arbeiter nach Eignungsprinzipien

• Systematisierte Trennung von Hand- und Kopfarbeit

• Leitung der Arbeit in Form von detaillierter Anleitung durch den Arbeitgeber

• Vorgabe eines erreichbaren täglichen Arbeitspensums

Charakteristika

Trennung von vorbereitender geistiger Arbeit und manuellen Arbeitsabläufen durch

• Zergliederung komplexer Arbeit in kurze, identisch wiederholbare Abschnitte

• Leistungsvorgaben für die Arbeitsabschnitte

• Kommunikation ‚von oben nach unten‘

• Wissensverdichtung im Management, Wissensverarmung bei den Arbeitern

• Wissenschaftlich nicht verifizierbarer Glaubenssatz des ‚one best way‘

• Qualitätskontrolle

Auswirkungen

• Gegenbewegung mit dem Ziel die Entmenschlichung der Arbeit zu stoppen

• Humanisierung und Demokratisierung der Arbeitswelt ab ca. 1960

• Vorwiegend negative Zuschreibung des Begriffs ab ca. 1970

• Einführung der akzeptierten REFA Methodenlehre

Situation und Ausblick

• In der Produktion hat der Taylorismus weitgehend ausgedient

• In der Administration sind tayloristische Strukturen bis heute weit verbreitet

• Neotaylorismus ist in der Dienstleistung vielfach präsent, beispielsweise in der Pflege, Systemgastronomie und Callcentern

• Risiko eines digitalen Taylorismus durch fortschreitende Digitalisierung

Die duale Ausbildung in Deutschland verband in idealer Weise die schulischen und unternehmerischen Möglichkeiten. Wir konnten unsere wirtschaftliche Spitzenposition halten und beständig weiter ausbauen.

Angetrieben wurde diese Entwicklung von den ersten beiden industriellen Zyklen: Der 1. Industrielle Zyklus begann, als mechanische Maschinen der menschlichen Arbeitskraft überlegen wurden. Begonnen hatte er bereits mit der Dampfmaschine um das Jahr 1769 und wurde befeuert von der fossilen Energie. Der 2. industrielle Zyklus wurde angetrieben von der Elektrizität. Er überlagert den fossilen Zyklus bis heute. Die elektrische Energie wurde der fossilen Energie überlegen. Sie hat das Öl und die Kohle bis heute nicht verdrängt. Nicht nur stand Strom sofort und an vielen Stellen gleichzeitig und ohne Transport zur Verfügung. Er war auch kleinteilig genug, um bis auf einzelne Elektronen herunter die Steuerung komplexer Schaltkreise zu ermöglichen. In ihrer Blüte ermöglichte die Elektrifizierung die Technologie des Computers und machte ihn zum Massenphänomen. Wichtigstes Kennzeichen des 2. industriellen Zyklus war, dass die Technik so komplex wurde, dass die Spezialisierung immer weiter vorangetrieben werden musste. Niemand konnte mehr alles verstehen. Also trennten Unternehmen und Hochschulen fleißig weiter. Aus der Elektrotechnik wurden um die 20 Vertiefungsrichtungen. Computer Programme nannte man fortan Software und trennte sie nach Programmiersprachen. Programmierer trennte man in Systementwickler, Anwendungsentwickler, Gaming-, App- und Datenbankprogrammierer. Und so weiter.

Das immer weiter zerlegte, in Einzelteilen perfektionierte System wurde anfällig

Viele Menschen als Öl im Getriebe, wenige Menschen im Steuerzentrum der Wirtschaft. Wenige große Akteure drehen das Rad im globalen System. Ein großer Player als Spielball weniger Egoisten, Betrüger oder Haie reicht schon, und wir haben eine globale Finanzkrise. Das Steuerzentrum kollabiert leichter, da es anfälliger geworden ist. Lehmann Brothers war nur ein erstes Beispiel. Auch eine Pandemie kann die Weltwirtschaft an den Abgrund bringen. Schon hört man vom Gesundheitsminister, Pandemien könnten öfter kommen. Die Politik versucht mit teuren Konjunkturprogrammen die Scherben aufzuräumen. Krisenmodus wird zum Normalmodus. Nach der Finanzkrise oder Pandemie wird wieder gespart, bis zur nächsten Krise. Wie auch immer die heißen mag. Dann schnell wieder Krisenmodus fahren, denn die Bürger belohnen gute Krisenmanager mit guten Umfragewerten. Ideal ist die Pandemie vor einer Wahl, falls man Krise beherrscht. Also wird man wiedergewählt. Perfekt. Wieder hinlegen und sparen. Bis zur nächsten Krise, denn wir wissen ja: sie kommt bestimmt.

Ahnst Du, das wird nicht mehr lange funktionieren? Ich denke, definitiv nicht. Der Grund: Wir neigen dazu, erprobte Vorgehensweisen zu überschätzen. Wir überschätzen den Wert unserer Erfahrung. Erprobtes Vorgehen funktioniert nur, wenn der Kontext sich nicht ändert. Doch:

Der Kontext ändert sich in rasanter Geschwindigkeit

Der Kontext heißt: ein neues industrielles Zeitalter bricht an. Das 1. und 2. industrielle Zeitalter gehen nahezu gleichzeitig zu Ende, und das 3. industrielle Zeitalter blüht auf: das Zeitalter der Daten.

Im Zeitalter der Daten haben sich die globalen Machtachsen komplett verschoben. Die neuen globalen Supermächte der Daten heißen USA und China. Sie haben zwei völlig unterschiedliche politische Systeme. Beide kämpfen um die globale Vormachtstellung. Amerikaner und Chinesen stehen nach Befürchtung vieler Experten vor einem kalten Krieg. Dieser wird auch überwiegend im Cyberraum stattfinden. Populismus wird durch Verbreitung von bewussten Falschinformationen angefeuert. Sogar Wahlen werden mit Datenströmen beeinflusst. Wir stehen nicht nur geografisch in der Mitte zwischen beiden Kontrahenten. Über Netzknoten in Deutschland laufen globale Datenströme, die im Begehren der Supermächte stehen. Es ändert sich wer, wie, womit, wo um die wirtschaftliche Vormachtstellung kämpft.

Daher nützen uns die Erfahrungsmuster der letzten hundert Jahre rein gar nichts. Der Taylorismus war das System seiner Zeit. Die ist endgültig vorbei. Globale Massenproduktion über tief verschachtelte Wertschöpfungsketten an deren Ende verarmte Wanderarbeiter stehen, wird schon bald der Vergangenheit angehören.

Wir fangen gerade völlig neu an zu lernen, wie Wirtschaft funktioniert. Man könnte es ‚Pandemic forced learning‘ nennen: Innerhalb von nur drei Monaten haben Unternehmen und Verbraucher rund um den Globus gelernt, was man braucht - und was nicht. Lokale Produktion wichtiger Medikamentengrundstoffe ist ein Muss. Eine Dienstreise für vier Tage First-Class nach Shanghai? Unnötig. Mit der Bahn quer durch Deutschland für ein Meeting? Verschwendung. Eine vierwöchige Kreuzfahrt in Südostasien? Riskanter Luxus. All das braucht plötzlich kaum ein Mensch mehr.

Die Auswirkungen dieses Lerneffekts stärken Digitalisierung, schwächen nicht nachhaltiges Wirtschaften, zerstören aber auch Existenzen. Die existenzielle Frage für Selbstständige und Unternehmer ist:

Wie kann ich wirtschaften, um abwehrfähig gegen Krisen zu sein?

Um sie zu beantworten sollten wir uns anschauen, welche Veränderungen sich im Detail anbahnen. Einige hilfreiche Fragen, die möglicherweise entlang der kommenden Kapitel beantwortet werden können, sind vorab in einer Checkliste zusammengefasst:

Checkliste der für mich relevanten Veränderungen

Welches größte geschäftliche Ziel möchte ich in 15 Jahren erreicht haben?
Was sollte in 10 Jahren passiert sein, damit ich dies erreichen kann?
Welche vermuteten Veränderungen bringt das Datenzeitalter in 5 Jahren?
Welche davon sind für mich im Kontext meiner Arbeit relevant?
Welche Auswirkungen sind durch die relevanten Veränderungen zu erwarten?
Wie schnell muss ich mit den Auswirkungen rechnen?
Von welchen Auswirkungen kann ich möglicherweise profitieren?
Welches sind meine größten zu erwartenden Vorteile?
Wie müssen meine Maßnahmen aussehen, um diese Vorteile zu erreichen?
Welche kann ich am ehesten umsetzen, welche sollte ich zurückstellen ?
Unter welchen Auswirkungen werde ich möglicherweise leiden?
Welches sind meine größten erwarteten Nachteile?
Wie müssen meine Maßnahmen aussehen, um diese Nachteile zu vermeiden?
Welche kann ich am ehesten umsetzen, welche sollte ich zurückstellen ?
Wie sieht der Plan für 3 Jahre aus, um die Veränderungen in 5 Jahren bestmöglich zu nutzen?
Was davon packe ich zuerst an?
Wer kann mir dabei helfen und selbst profitieren?
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