Читать книгу Sieben Tage Leidenschaft - Valerie Parker - Страница 6
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ОглавлениеJanina sitzt in ihrem grauen Kostüm mit weißer Bluse und einem Rock, der ihr bis zu den Knien reicht, hinter ihrem Schreibtisch. Ihre Beine, die sie in hautfarbene glänzende Halterlose gesteckt hat, zappeln unruhig unter dem Schreibtisch herum. Ihre Füße, die in schwarzen Pumps stecken, wollen nicht stillstehen. Ihre Haare hat sie in einem ordentlichen Knoten zusammengesteckt, und wie immer im Büro hat sie sich leicht geschminkt. Grauer heller Lidschatten, passend zu ihrem Kostüm. Wimperntusche und glänzenden Lipgloss.
Seit Janina heute aufgestanden ist, verspürt sie eine innere Unruhe.
Mit zitternden Händen legt sie den Vertrag, den ihr Chef gleich für das Meeting benötigt, in die Unterschriftenmappe. Sie schaut auf den Vertrag, sieht wieder diesen Namen. Marco Heller. Er stammt auch noch aus dem gleichen Ort, aus dem sie vor sechs Monaten geflüchtet ist, und von dem sie eigentlich dachte, diese Episode in ihrem Leben hinter sich gelassen zu haben.
Es kann kein Zufall sein. Sie weiß, dass sich der Marco aus der Hütte für Fitness interessiert. Warum kommt er ausgerechnet in die Firma, in der sie arbeitet? Warum ist er nicht woanders hingegangen?
Aber vielleicht macht sie sich ja umsonst so viele Gedanken und er ist es gar nicht, sondern es ist wirklich nur ein dummer Zufall.
Blöderweise beruhigt sie das überhaupt nicht, und sie ist total genervt. Seit sie aus dem Wald abgehauen ist, hat sie es nicht geschafft, ihre Gefühle wieder komplett hinter ihrer Eisschicht zu vergraben. Janina tut nur so nach außen, da ist sie wie immer, aber innerlich ist sie ein emotionales Wrack.
Seufzend lehnt sie sich in ihrem Stuhl zurück und klappt die Unterschriftenmappe zu. Ihre Hände sind schon wieder ganz schwitzig, und sie reibt sie an ihrem Rock trocken. Sie schaut auf die Uhr über der Tür. 09:50 Uhr. Gleich kommt er.
Stocksteif setzt sie sich auf. Ihr kleines Vorzimmer erdrückt sie.
Ihr Schreibtisch steht gegenüber der Eingangstür. In den Ecken neben der Tür hat sie zwei Pflanzen aufgestellt. Rechts und links an der Wand stehen Aktenschränke, wobei der Linke etwas niedriger ist, weil dort ein Fenster zu finden ist. Rechts neben ihrem Schreibtisch führt eine Tür in das Büro ihres Chefs. Hinter ihrem Schreibtisch steht noch ein Regal mit Ordnern. Der Boden ist mit grauem Teppichboden ausgelegt, und die Wände sind weiß gestrichen. Die Möbel sind in hellem Holz gehalten.
Janinas Telefon klingelt, und sie fährt erschrocken zusammen. Auf dem Display steht die Nummer vom Empfang. Sie hebt den Hörer ab.
Janinas Herz schlägt hart hinter ihrem Brustbein, ihr Mund ist ganz trocken. „Ja, Melinda, was gibt es?“, fragt sie die freundliche Empfangsdame mit reservierter Stimme.
„Ein Herr Marco Heller ist hier und sagt, dass er um 10:00 Uhr einen Termin bei Michael hat. Soll ich ihn hochschicken?“
Ein Schauder fährt Janinas Rücken hinab, sie hat Schwierigkeiten, zu antworten. Janina räuspert sich, was für sie ganz untypisch ist, und sie möchte überhaupt nicht wissen, was Melinda gerade über sie denkt. „Ja, das ist richtig, schick ihn bitte hoch.“ Zum Glück klingt ihre Stimme genauso reserviert wie vorher.
„Okay, mach ich.“
Janina legt den Hörer auf die Gabel und atmet kräftig durch, versucht, die Nervosität zu unterdrücken, und hofft immer noch, dass es ein anderer Marco ist.
Die Emotionen, die sie noch unterdrücken konnte, drohen überzulaufen, ihre Eisschicht zu durchbrechen, dabei hat sie sich so viel Mühe gegeben, diese wiederaufzubauen.
Als sie von der Hütte weggefahren war, glaubte sie ja noch, ihre Gefühle gut unter Verschluss gepackt zu haben, allerdings musste sie nach zehn Minuten am Straßenrand anhalten. Ein ungeheurer Schmerz durchfuhr sie, als ob sie etwas Wichtiges verloren hätte. Janina weinte eine halbe Stunde bitterlich, und es dauerte noch mal eine, bis sie sich so weit beruhigte, dass sie weiterfahren konnte.
Ab diesem Moment schwor sie sich, sich nicht mehr auf Männer, die sie aus dem Internet kennt, einzulassen und auch nicht mehr auf die Sexportale zu gehen. Sobald sie zu Hause war, setzte sie sich an ihren Laptop und löschte ihre Accounts. Ihre E-Mail-Adresse deaktivierte sie ebenfalls, damit sie nicht erst in Versuchung kam, irgendetwas von Marco zu lesen.
Janina brauchte lange, um über ihn hinwegzukommen. Immer wieder überkam sie der Verlustschmerz, und sie fing an zu heulen. Nach außen konnte sie sich ihren Verhältnissen entsprechend normal geben, aber innerlich war alles durcheinander. So lange brauchte sie, um alles halbwegs wieder geradezubiegen, aber die Eisschicht blieb bröckelig, angeschmolzen.
Selbst ihre Freundin Leni war erstaunt, zwischendurch eine Emotion in Janinas Augen aufblitzen zu sehen.
Jetzt ist es so, als ob die Eisschicht schmilzt und alle Emotionen hindurchfließen können.
Und wer ist schuld?
Natürlich dieser verdammte Marco!
Ein Klopfen an ihrer Bürotür reißt sie aus ihren Gedanken. Ihr Herz wummert schnell hinter ihrem Brustkorb, und sie hofft, dass ihre Stimme wie immer klingt. Janina versucht sogar, diese noch eisiger klingen zu lassen. „Herein!“ Während des Rufens steht sie auf und lässt ihre schwitzigen Hände über ihren Rock fahren.
Die Tür öffnet sich, und genau der Marco steht im Türrahmen, von dem sie gehofft hat, dass er es nicht ist. Ein Kribbeln durchfährt ihren ganzen Körper. Ihre Beine werden wie Wackelpudding, und dieses schmerzhafte Sehnen, das sie nie ganz unterdrücken konnte, wird noch stärker.
Janina schaut Marco ins Gesicht, direkt in seine strahlend blauen Augen und erkennt in diesen das Gleiche, was sie innerlich fühlt.
Das wollte sie nie, will sie immer noch nicht, denn die Rückfahrt von der Hütte hat ihr klargemacht, dass sie nicht mit diesen Gefühlen umzugehen weiß.
Was würde passieren, wenn sie sich komplett auf Marco einlassen würde und ihn dann verlieren sollte? So wie ihre Freundin aus dem Kindergarten?
Der Gedanke daran hilft ihr, sich wieder zu sammeln. Sie nimmt die Unterschriftenmappe und geht um den Schreibtisch herum. „Guten Morgen Herr Heller“, sagt sie reserviert. „Ich begrüße Sie in unserer Firma. Mein Name ist Janina Huhse. Ich hoffe, Sie hatten eine angenehme Anreise?“ Sie streckt Marco professionell ihre Hand entgegen.
Als er seine Hand in ihre legt, wünscht sie sich, sie hätte es nicht getan, denn sobald sich ihre Handflächen berühren, ist es so, als ob ein Stromstoß hindurchfahren würde. Janina zuckt zusammen.
Marco scheint es genauso zu ergehen, er zuckt ebenfalls kurz zusammen. Schnell will Janina ihre Hand wieder wegziehen, aber Marco hält sie fest. „Janina, ich freue mich sehr, dich wiederzusehen. Was für ein Zufall, wie geht es dir?“, sagt er mit rauer Stimme.
Janina ist irritiert, weil er ihre vorherige Ansprache komplett ignoriert. Sein Blick ist auf ihr Gesicht gerichtet, und diese Zärtlichkeit darin ist kaum auszuhalten. Hat er es immer noch nicht kapiert? Sie reißt ihre Hand aus seiner und schaut ihn eisig an. „Ich werde Herrn Meier Bescheid sagen, dass Sie da sind. Einen Moment, bitte.“ Janina versucht, frostig zu klingen, so gut es geht, und entlässt sich aus seinem Blick, indem sie sich zur Tür ihres Chefs umdreht. Innerlich aufgewühlt und mit zittrigen Händen klopft sie an. Sie wartet auf das „Herein“, öffnet und steckt den Kopf durch den Türspalt. „Michael, Herr Heller wäre jetzt da, soll ich ihn durchschicken?“ Janina schaut zu ihrem Chef hinüber, der hinter seinem Schreibtisch sitzt und vertieft auf seinen Bildschirm blickt.
Für seine fünfzig Jahre ist er noch sehr attraktiv, schwarze Haare mit grauen Schatten an den Seiten. Er hat ein attraktives kantiges Gesicht und eine sehr sportliche, muskulöse Figur, die selbst durch den blauen Anzug mit dem weißen Hemd gut zu sehen ist.
Er schaut auf und stutzt, als er Janina ansieht. „Ja bitte, lassen Sie ihn eintreten“, sagt er dann aber.
Janina nickt, öffnet die Tür und bittet Marco, einzutreten.
Das Büro hat dieselben Möbel wie ihres, nur anders verteilt, und in der Mitte steht ein Besprechungstisch mit sechs Stühlen aus dunklem Leder. Hinter seinem Schreibtisch erstreckt sich von einer zur anderen Wand eine große Fensterfront.
Janina geht zum Besprechungstisch und legt die Unterschriftenmappe ab.
Ihr Chef kümmert sich immer selbst um die Bewirtung seiner Gäste, da er einen Kühlschrank und Kaffeeautomaten in einer Ecke stehen hat. Sie verlässt das Büro. Beim Schließen der Tür hört sie gerade noch, wie Marco begrüßt wird.
Solange sich die beiden besprechen, nutzt sie die Chance, um auf die Toilette zu gehen. Sie geht scheinbar relaxt den Flur hinunter, trifft zum Glück aber niemanden und öffnet die Tür. Janina stellt sich vor die Waschbecken und schaut in den Spiegel.
Jetzt weiß sie, warum ihr Chef so gestutzt hat, als er sie ansah. Ihre Wangen sind ungewöhnlich gerötet, und ihre Augen wirken gehetzt. Und sie dachte, sie hätte alles unter Kontrolle. Verdammte Scheiße! Verdammter Marco!
Wütend geht sie auf die Toilette, um danach das Chaos in ihrem Gesicht mit kalten Tüchern wieder in Ordnung zu bringen.