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Life

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»Ruhen sie sich aus und vermeiden sie unnötige Anstrengungen. Für die nächsten Wochen verordne ich ihnen strickte Bettruhe«, bellt mehrere Tage später ein Arzt und verlässt mit harten Schritten das Krankenzimmer. Die letzten Tage erholte sich Eden von dem, auf sie ausgeübten Attentat. Tag für Tag warf ihr dieser Ryan Bruchstücke und Häppchen von ihrem Leben vor die Füße, mit denen sie keineswegs etwas anfangen konnte. Er erklärte ihr, dass sie beim FBI in San Francisco arbeitet und Undercover in einer der gefürchtetsten Gangs der Stadt, den Dead Rabbits, eingeschleust wurde, um Informationen einer anderen Gang zu erhalten. Aus unerklärlichen Gründen flog aber irgendwann ihre Tarnung auf. Den Unmut über den verräterischen Neuzugang bei den Dead Rabbits, drückten diese mit mehreren Kugeln aus. Fünf Schüsse wurden auf sie abgefeuert. Eine Kugel traf den Oberschenkel. Eine andere streifte nur knapp die Halsschlagader. Eine weitere drang in ihren Bauch. Eine zusätzliche steckte im Arm. Die letzte traf den Schädel. Eden sei beim einliefern in der Notaufnahme schon klinisch tot gewesen. Die Ärzte versuchten mehrere Wiederbelebungsversuche, aber selbst diese wären ergebnislos gewesen. Bis sie plötzlich aus heiterem Himmel in der Liege aufschrak und mit ihrer Waffe das Krankenhauspersonal bedrohte. Ihr wurde in einer mehrstündigen Operation eine Stahlplatte eingesetzt, um den zerstörten Teil des Schädels zu ersetzen.

Ryan ließ bei den Erzählungen keine Einzelheit aus, aber Eden fühlt sich fremd und fehl am Platz. Sie kann sich an nichts erinnern. Noch nicht einmal daran, dass sie das Personal bedroht haben soll. Sie weiß gar nichts mehr! Es kommt ihr alles so irreal vor. Selbst mit ihrem Namen Eden kann sie nichts anfangen. Er klingt in ihren Ohren genauso fremd, wie der ihres angeblichen Mannes Ryan. Sie kennt nichts und niemanden! Noch nicht einmal sich selbst.

Als sie das erste Mal in ihrem Zimmer in das Bad ging und sich im Spiegel betrachtete, stand sie ausdruckslos vor dieser glatten Fläche. Sie blickte in das Gesicht einer Frau, die nach Ryans Aussage, nächsten Monat dreiundvierzig wird. Minutenlang stand sie im Bad, betrachtete sich im Spiegel und zuckte irgendwann mit den Schultern. Sie konnte mit dieser unbekannten Frau nichts anfangen. Sie war ihr so fremd, wie der Besuch der fast täglich in ihr Zimmer schneite. Nach und nach erfuhr sie, dass sie mit Ryan seit fast zehn Jahren verheiratet ist, eine Schwester und einen Bruder hat. Als diese sie das erste Mal besuchten und ein älteres Ehepaar (ihre Eltern) neben ihnen stand, lehnte sie sich in das Kissen zurück und betrachtete die Personen nüchtern. Auch diese Gesichter kannte sie nicht. Weder die Menschen, noch die Namen (welche sie sich nicht merkte), kamen ihr bekannt vor. Ihre angebliche Mutter fing irgendwann zu weinen an. Es tat ihr merkwürdigerweise keineswegs weh. Sie sah die gute Frau weinen und empfand nichts. Absolut gar nichts. Ihr waren die Menschen fremd und sie war sich selbst fremd. Sie musste erst mal zu sich selbst finden, bevor sie sich mit anderen Personen beschäftigen konnte.

Aber heute würde sie neue Informationen erhalten. Ryan setzt große Hoffnung daran, dass Eden sich dann nach und nach erinnern könnte. Sie darf das Krankenhaus verlassen und nach Hause fahren. Nach Hause! Wo ist ihr zu Hause? Wie ist ihr zu Hause? Soll sie tatsächlich mit diesem unbekannten Mann an ihrer Seite, der vorgibt ihr Ehemann zu sein, in ein Haus fahren, das sie nicht kennt? Eine neue Welt! Eine unbekannte Welt! Eine beängstigende Welt!

Eden rafft sich aber auf, kramt ihre Sachen zusammen und verlässt mit Ryan das Krankenhaus. Vor der Eingangstür strahlt er sie vor Glück und Liebe an, drückt ihr einen Kuss auf die Lippen und eilt zum Wagen. Als er vorfährt, macht Eden schlagartig einen Schritt zurück.

»Was ist das?«, fragt sie geschockt, als sie den kackgrünen ´73er Suburban Kombi sieht. Ryan steigt aus, eilt zu ihr zurück und grinst wie ein Honigkuchenpferd. Allmählich geht ihr das auf die Nerven. So viel Dauergrinsen, wie Ryan an den Tag legt, hält ja kein gesunder Menschenverstand aus. Auch wenn ihr eigener Verstand noch nicht auf Hochtouren läuft, weiß sie, dass dieser Mann ihre Nerven gewaltig strapaziert.

»Das ist dein Auto, Schatz«, trällert er mit leuchtenden Augen.

»Meiner?«, quiekt Eden. Entsetzt starrt sie den Wagen an.

»Diese Schüssel ist mein Auto?«, japst sie. Mit zitterndem Finger zeigt sie auf das arme Stück Metall, was nun wirklich nichts für ihre Stimmung kann.

»Ja Schatz. Du wolltest diesen Wagen unbedingt haben. Es ist dein Traumauto und ich dachte mir, dass ich dich zur Feier des Tages damit abhole«, grinst Ryan. Er nimmt ihr die Taschen aus den Händen, hüpft freudig zum Auto zurück und öffnet die Heckklappe. Als diese mit einem Quietschen darauf reagiert, zieht Eden erschrocken den Kopf zurück. Eine Welle des Ekels bricht über sie zusammen.

Nur langsam und vorsichtig wagt sie sich wenige Schritte an das Vehikel. Angewidert starrt sie es an. Sie läuft ein paar Schritte rauf und runter und bleibt dann neben der Haube stehen. Mit einem flüchtigen Blick zu Ryan, der lächelnd die Fahrertür mit einem weiteren Quietschen öffnet, wirft sie die Augen zum Wagen zurück. Sie hebt einen Fuß und kickt zaghaft gegen den vorderen Reifen. Mit der Angst im Nacken, dass dieser daraufhin platzt, spannt sie sich an. Es passiert aber nichts. Der Wagen lässt diesen Tritt regungslos über sich ergehen.

»Das gute Stück hat dich noch nie im Stich gelassen und bisher immer trocken von A nach B gebracht«, versichert Ryan ihr die Zuverlässigkeit ihres Wagens, was sie lediglich mit einem nüchternen Nicken abtut.

»Schon klar!«, murmelt sie leise vor sich hin, klopft mit einer Faust vorsichtig gegen den vorderen Kotflügel. Scheinbar erwartet sie, dass dieser laut scheppernd auf dem Asphalt landet. Aber auch hier bleibt das Auto standhaft.

»Du bist echt süß, Schatz. Komm lass uns fahren. Ich möchte dich endlich wieder zu Hause haben«, jauchzt Ryan freudig und hüpft in den Wagen. Eden bleibt noch einige Momente skeptisch stehen, öffnet dann aber die Wagentür und steigt ein. Kaum sitzt sie auf den alten und verbrauchten Sitzen, rümpft sie die Nase.

»Wahnsinn, was stinkt hier so bestialisch??«, flucht sie. Im selben Augenblick hat sie einen Duftbaum am Rückspiegel ins Visier genommen.

»Lavendel?«, grunzt sie, greift nach dem Duftverteiler, reißt ihn brutal vom Spiegel und schleudert es aus dem offenen Fenster.

»Schatz, du liebst doch diesen Duft«, protestiert Ryan liebevoll.

»Jetzt nicht mehr«, grummelt Eden. Mit einer Hand wedelt sie vor ihrer Nase herum.

»Ich werde Wochen brauchen, um diesen Gestank aus dem Wagen zu kriegen. Ekelhaft!«, schimpft sie weiter und erntet von ihrem Mann einen verständnislosen Blick. Er lässt sich allerdings nicht mit in Edens Stimmung reißen, setzt sein Dauergrinsen auf und startet den Motor.

»Ab nach Hause!«, trällert er pfeifend.

Als der Wagen anspringt, schlägt Eden sich ängstlich beide Hände auf die Ohren.

»Was ist?«, fragt Ryan überrascht. Hektisch blickt Eden zwischen Motorhaube und Heck hin und her.

»Ich warte darauf, dass der Motor explodiert, oder der Auspuff in sämtliche Bestandteile zerspringt.« Richtig entzückt lacht Ryan flüchtig.

»Ach wie ich dich liebe«, säuselt er und drückt ihr einen Kuss auf die Lippen. Als er sich aufrecht hinsetzt und den Wagen rollen lässt, überkommt Eden das Gefühl, sich die Lippen abwischen zu müssen. Dieses ständige knutschen von Ryan, kann sie mittlerweile genauso wenig ertragen, wie seine fortwährend gute Laune, gepaart mit diesem Perl-Weiß Lächeln. Sie kann einfach nichts mit ihm anfangen und ihm keinerlei Sympathie zusprechen. Er ist ihr, im wahrsten Sinne des Wortes, zu wider.

Regungslos sitzt Eden während der Fahrt neben ihm. Hin und wieder wirft sie ihren Blick durch das Fenster, um das rege Treiben auf den Straßen zu betrachten. Sie sieht die vorbeifliegenden Firmenschilder, die Wohnhäuser, Schulen und andere Gebäude. Das erste Mal, seit sie im Krankenhaus aufgewacht ist, hat sie das Gefühl etwas zu kennen. Sie kennt diese Gegend. Sie kommt ihr bekannt vor. Hier war sie schon mal Das weiß sie.

»Ich kenne die Gegend«, murmelt sie leise vor sich hin. Sie überprüft nochmal ihre Gedanken, bis sie es zu hundert Prozent weiß.

»Ich kenne die Gegend! Ich war hier schon mal‼«, jauchzt sie freudig, dreht sich in Ryans Richtung und strahlt ihn vor lauter Glück an. Endlich hat ihr Gehirn ihr etwas Brauchbares gegeben. Ryan lächelt und schüttelt den Kopf.

»Nein Schatz, da irrst du dich. Du warst noch nie hier. In deinem ganzen Leben warst du noch nie in diesem Stadtteil«, zerreißt er Edens Hoffnung in der Luft. Hecktisch dreht sie sich um. Aufgeregt blickt sie zur Straße hinaus.

»Doch, doch, ich bin mir ganz sicher. Hier war ich schon mal. Das ist doch Soma, oder? Dieser Stadtteil heißt Soma. Das weiß ich!«

»Ja Schatz, das stimmt. Trotzdem warst du noch nie hier. Noch nicht einmal beruflich.«

»Das kann aber nicht sein‼ Ich…!« Den Rest verschluckt Eden freiwillig, als sie Ryans sicheres Lächeln und den schüttelnden Kopf sieht. Schweigende Sekunden vergehen, bis sie sich enttäuscht in den Sitz zurücklehnt.

»Ich habe mich wohl getäuscht«, flüstert sie leise und blickt auf ihre Hände herunter. Hände die ihrem Alter entsprechend schon einiges hinter sich haben. Dennoch sind sie gepflegt und makellos. Mit einem flüchtigen Blick auf Ryans Händen, stellt sie schnell fest, dass beide wohl den Luxus einer regelmäßigen Maniküre genießen. Beide Paare sehen sehr gepflegt aus.

Eine Stunde vergeht, bis der Wagen in der Sibley Road auf eine Auffahrt fährt. Steif lehnt sich Eden in den Sitz zurück. Sie blickt auf das Haus und glaubt in einem Albtraum zu stecken.

»Unser Haus?«, japst sie und versucht sich ihre Panik nicht anmerken zu lassen. Weißes Holzhaus, schwarze Dachziegeln, grüner Rasen, weißer Zaun, ein roter Briefkasten am Bürgersteig und Spitzengardinen an den Fenstern.

»Und du bist dir sicher, dass ich beim FBI arbeite?«, schluckt sie über dieses idyllische Bild des Heimes vor sich, wo sie wohl oder übel den Rest ihres Lebens verbringen wird.

»Aber natürlich, Schatz«, gluckst Ryan und hüpft erfreut aus dem Auto. Endlich hat er seine Frau wieder zu Hause.

»Oh Gott, bitte lass mich sterben. Wäre es doch bloß bei den misslungenen Wiederbelebungsversuchen geblieben. Das ist ja schlimmer als die Hölle«, japst Eden leise. Ihr gleicht das Bild des Hauses einem perfekten Horrorfilm. Wie kann man in so einem Puppenhaus wohnen und dann beim FBI arbeiten? Gibt es noch unterschiedlichere Welten, als dieses Horrorszenario? Wohl kaum! Wann werden Barbie und Ken aus der Tür treten und sie willkommen heißen? Wo ist der Golden Retriever, der sie zur Begrüßung von oben bis unten abschleckt? Wo sind der Junge und das drei Jahre ältere Mädchen, die dieses perfekte Familienbild komplettieren könnten? Das kann doch alles nicht wahr sein! Verflucht, wo ist sie hier nur gelandet?

»Komm«, pfeift Ryan belustigt über die steife Puppe, zieht Eden aus dem Wagen und öffnet nach einigen Schritten die Haustür. Auf dem Weg dorthin, wirft Eden ihren Blick zum Rasen. Verzweifelt sucht sie die Nagelschere mit der dieses perfekte saftige Grün geschnitten wird.

»Haben wir hinter dem Haus Rosenbeete?« Ryan dreht den Schlüssel im Schloss und nickt beiläufig.

»War klar!«, flucht Eden leise und könnte ihr vorheriges Ich vor Gericht bringen. Anklage wegen Nötigung und Körperverletzung. Sie würde sämtliche Hebel in Bewegung setzen, um diese Person (welche sie vor dem misslungenen Clou war) für immer hinter Gitter zu bringen. So etwas nennt man auch seelische Grausamkeit!

Ryan wirft schwungvoll die Tür auf. Schreckhaft macht Eden einen Schritt zurück, anstatt nach vorne. Panisch zieht sie eine Menge Luft ein und atmet sie zischend laut aus. Wie ein Luftballon, der ein kleines Loch hat, entweicht die Luft ihrer Lunge. Helles Laminat springt ihr mitten ins Gesicht. Links neben der Haustür befindet sich ein Sideboard, auf dem eine Lampe steht und eine kleine Schüssel, in die Ryan seinen Schlüssel fallen lässt. Dann nimmt der Horror seinen Lauf. Eine kleine Porzellanpuppe begrüßt Eden freudig. Mit künstlich gemalten blauen Augen, strahlt sie Eden an. Sie lächelt bis zu den Ohren. Ihre Kleidung frisst sich durch Edens Augäpfel, wie ein Parasit, der sich durch sämtliche Organe beißt, nur um den Menschen zu schaden. Dieses Ding von Puppe, ist mit rosa Spitze bekleidet und trägt einen ebenso rosafarbenen Strohhut, der mit einer dunkel rosafarbenen Schleife unter dem Kinn verknotet ist.

»Willkommen zu Hause‼«, jodelt Ryan. Eden nimmt es aber kaum auf. Sie will hier nur noch raus. Sie will gar nicht wissen was sie noch alles in diesem Haus erwarten wird. Sie will einfach nur noch weg! Da schläft sie lieber unter einer Brücke, als hier zu bleiben. Wenn man schon an der Haustür von so einer Grässlichkeit von Puppe begrüßt wird, kann es nicht mehr besser werden, sondern nur noch schlimmer!

Zitternd wagt sie die ersten Schritte. Ihr Herz beginnt zu rasen, als Ryan die Haustür hinter ihr verschließt. Jetzt ist sie gefangen! Gefangen in einem Horrorhaus! Ihrem Haus! Ein Albtraum‼

Widerwillig lässt sie sich nach und nach sämtliche Räume zeigen, bis Ryan in die Küche verschwindet. Langsam und mit einem leichten Anflug von Panik, steigt Eden die Treppe hinauf. Was wird sie dort oben erwarten? Noch mehr Idylle? Noch mehr Spitze?

Sie beruhigt sich aber schnell, als sie das Badezimmer sieht. Endlich keine Spitze oder ähnliches, was in ihr Panikattacken auslösen könnte. Es ist durchschnittlich eingerichtet. Nichts fällt einem großartig ins Auge. Also weiter zum nächsten Raum. Durchatmen, Tür öffnen und reingehen. Die Tür ist allerdings noch nicht einmal zur Hälfte geöffnet, da entweicht ihr ein greller Schrei. Ängstlich wankt sie einige Schritte zurück und prallt mit dem Rücken gegen das Treppengeländer. Wenn sie nicht blitzschnell das Gleichgewicht wiederfindet, wäre ein Sturz über das Geländer gesichert.

»Schatz? Was ist?« Besorgt eilt Ryan die Treppe hinauf und sieht seine Frau kreischend am Geländer stehen. Der Mund zum Schrei weit aufgerissen, die Augen panisch auf das Zimmer gerichtet.

»Eden‼ Was ist passiert??«,

»Da… da… da im Zimmer, da ist…!« Eden kann sich nicht beruhigen. Mit einem zitternden Finger zeigt sie in das Zimmer.

»Was ist da?«, bohrt Ryan nach, blickt in das Zimmer, dann zu ihr zurück.

»Da… da… da…!« Ein Maschinengewehr ist kaum schneller und treffsicherer als Edens Gestotter. Zur Sicherheit betritt ihr Mann das Zimmer, dreht sich dreimal um die eigene Achse und schaut seine Frau fragend an.

»Schatz? Was hast du gesehen? Hier ist nichts!«

»Siehst du das denn nicht???«, quiekt Eden und wagt sich nur langsam wenige Schritte vorwärts. Verkrampft bleibt sie am Türrahmen stehen und wirft ihre Augen in diese Räumlichkeit. Eine Folterkammer, oder der Arbeitsplatz eines SM Studios ist angenehmer und schöner anzusehen, als dieses Horrorkabinett. Zwei große Regalschränke die bis auf den letzten Zentimeter mit Porzellanpuppen vollgestopft sind. Diese grässlichen Kreaturen grinsen Eden belustigt an und erfreuen sich an ihrem ängstlichen Anblick. Sie überkommt das Gefühl, dass sie von diesen Monstern ausgelacht wird. Es sind doch nur harmlose Puppen und tun keiner Fliege was zu leide! Wie könnten solch entzückende Geschöpfe, jemandem solch eine Angst einjagen?

Ryan geht zu Eden zurück, schaut sie zuerst besorgt an, lächelt dann aber wieder sein freudiges Grinsen.

»Schatz, das sind doch nur deine Babys. Du verbringst Stunden mit ihnen.«

»WAS??«, kreischt Eden. Fassungslos starrt sie ihn an. Ihre Augen wandern hektisch zwischen ihm und den Puppen hin und her. Dann übermannt sie Angst und Panik. Sie reißt sich herum, rennt stolpernd die Treppe runter, reißt die Haustür auf und stürzt in den Vorgarten hinaus. Entkräftet sackt sie in die Knie. Verzweifelt versucht sie Luft zu holen.

»Das kann nicht sein! Das ist nicht wahr! Wie kann ich nur??«, keucht sie schwer. Sie spürt Tränen in sich aufsteigen. Das ist doch alles nur ein verdammter Albtraum. Das ist niemals ihr zu Hause. Niemals‼! Wer tut sich so etwas nur freiwillig an??

»Schatz?«, flüstert Ryan vorsichtig neben ihr. Sanft berührt er sie am Rücken. Ängstlich zuckt sie zusammen. Geschockt blickt sie zu ihm hoch.

»Ich glaube es ist besser, wenn du dich ausruhst. Es ist im Moment alles etwas zu viel für dich!«, redet er beruhigend auf sie ein.

Widerwillig lässt sich Eden in das Haus zurückführen und in das Schlafzimmer bringen. Dort bekommt sie den nächsten Schock, den sie sich aber nicht anmerken lässt. Sie will ihren Mann ja auch nicht überfordern. Es steht allerdings die Frage im Raum, wer derzeit mehr überfordert ist? Ryan, weil er eine Frau neben sich hat, die ihn nicht erkennt, oder Eden, die selbst keine Ahnung hat wer sie ist und in einem Horrorhaus lebt?

Krampfhaft ignoriert Eden die handgehäkelte Tagesdecke, die Ryan sorgfältig aufkrempelt und das Bett zum schlafen vorbereitet. Bereitwillig legt sich Eden auf die Matratze und schließt die Augen. Sie hofft, wenn sie wieder aufwacht, dass sie alles nur geträumt hat und sie irgendwo anders ist. Egal wo! Ihr ist alles lieber, nur nicht mehr hier in diesem Haus! Nicht hier, wo diese widerwärtigen Kreaturen von Puppen mit ihr unter einem Dach hausen. Wie kann eine erwachsene Frau nur auf solche Monster stehen und diese dann auch noch ihre Babys nennen? Wie krank ist diese Person eigentlich? Das kann doch unmöglich sein. Die sollte man in eine geschlossene Anstalt stecken. Dort ist sie bestens aufgehoben.

Als Eden nach fast zwei Stunden die Augen öffnet, schnauft sie enttäuscht. Sie ist in demselben Haus aufgewacht. Verdammt‼

Ergeben von ihrer aussichtslosen Situation, stampft sie aus dem Bett und quält sich in das Bad. Sie nimmt eine Dusche und betrachtet sich im großen Schlafzimmerspiegel. Sie tritt dicht heran und wandert mit ihren Augen über den nackten Körper. Fast dreiundvierzig? Danach sieht er kaum aus. Er ist schlank und sportlich, alles ist gut proportioniert. Ok, ein paar Falten im Gesicht verraten ihr Alter, aber wenn man den Kopf außer Acht lässt, könnte sie als Anfang dreißig gut durchgehen.

Eden hebt die Hände, gleitet damit über den Bauch und stellt etwas fest. Offensichtlich hat sie keine Kinder. Sie hat keine Schwangerschaftsstreifen oder gedehnte Haut, die sich irgendwann in die alte Position zurückzog und trotzdem diese kleinen Risse hinterließ. Jemandem wie dieser Person dort im Spiegel, würde sie auch freiwillig keine Kinder überlassen. Dafür ist diese Person definitiv zu krank‼ Jedenfalls nach ihrem derzeit geistigen Zustand. Keine Kinder, Fakt! Weiter geht's.

Sie greift sich an die Brüste und ist überrascht, dass sie sich recht straff anfühlen. Keine Kinder! Tatsache! 80 C, kommt hin! Gewaltig aber nicht aufdringlich, prallt ihr ihre Oberweite im Spiegel entgegen. Mit fremden Händen umgreift sie ihre Brüste, hebt sie etwas an und lässt sie los. Sie hat Panik, dass sie sich die beiden beim nächsten Versuch über die Schulter schmeißen kann, aber ihr Busen legt sich straff in die alte Position zurück. Aufgrund dessen lächelt sie stolz. Sehr schön.

Eden betrachtet sich weiter und ist über den Gesamteindruck positiv überrascht. Die fremde Figur gefällt ihr. Nur mit dem Gehirn muss noch einiges gemacht werden. Da sind auf jeden Fall zu viele Schrauben locker. Braune Augen, brünette Haare, zierliche aber einladende Lippen. Ok, akzeptiert. Erster Check bestanden!

Ryan betritt das Zimmer und blickt überrascht zu Eden. Sie überkommt allerdings das Bedürfnis, sich verschämt die ekelhaft gehäkelte Tagesdecke umzubinden. Auch wenn er angeblich ihr Mann ist, kommt sie sich im Augenblick doch wie auf dem Präsentierteller vor. Sie wird das Gefühl nicht los, dass dieser Mann ihr völlig fremd ist. Sie weiß nur das von ihm, was er ihr erzählt hat und ob das alles so stimmt, ist die zweite Frage. Er kann viel erzählen, wenn der Tag lang ist.

Ryan schaut Eden von oben bis unten an und lächelt freudestrahlend. Mit langsamen Schritten geht er auf sie zu. Eden spürt, wie sich ein Schalter in ihrem Kopf umlegt. Sie schaltet unbeabsichtigt auf Verteidigung und möchte am liebsten ein Bein heben und diesem Mann mitten ins Gesicht treten. Sie möchte nicht, dass er ihr zu nahe kommt. Abstand will sie. Abstand und Klarheit. Über sich, ihre Persönlichkeit und ihr bisheriges Leben. Das alles will sie jetzt auf der Stelle und nicht diesen komischen Mann von Ryan, der plötzlich hinter ihr steht und seinen Blick zum Spiegel richtet.

Er betrachtet sie beeindruckt, legt seine Hände auf ihre Hüfte und tritt dicht an sie heran. Erschrocken zuckt Eden zusammen. Sie will diese Berührung im Moment nicht. Auch wenn er angeblich ihr Mann sein soll, will sie seine Hände in diesem Augenblick nicht spüren.

»Du bist so schön«, säuselt Ryan flüsternd. Langsam dreht er Eden zu sich um und betrachtet sie fasziniert. Er hebt beide Hände und führt sie an ihr Gesicht, um sie zärtlich an sich zu ziehen.

»Du hast ja keine Ahnung, was für Angst ich um dich hatte. Ich dachte, dass ich dich verlieren würde. Ich wüsste gar nicht, was ich ohne dich machen sollte. Du bist doch mein Leben«, flüstert er. Eden spürt, dass er es ernst meint. Das es wirklich von Herzen kommt. Herrgott, wieso kann sie sich nicht einfach ergeben und sich der Situation stellen? Sie leidet an Amnesie und hat offensichtlich einen fürsorglichen, liebenden und starken Mann geheiratet, der vor Sorge um sie fast verzweifelt ist. Was ist so schlimm daran, die Rolle der Ehefrau anzunehmen? Ihr Gefühl, dass irgendetwas nicht stimmt? Dass sie glaubt, sich fehl am Platz zu fühlen? Dass ihr dieser Mann zu wider ist? Das kriegt man alles in den Griff. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, also sollte sie sich daran gewöhnen.

Eden atmet tief ein und kämpft mit sich. Dieser Mann vor ihr, liebt sie scheinbar mit allem was er empfindet. Warum sollte sie ihn also weiterhin von sich fernhalten? Er ist ihr Ehemann. Die beiden haben sich ewige Treue geschworen.

Innerlich ergibt sie sich ihren Gedanken, hebt ihre Arme und legt sie in Ryans Nacken. Zögernd nähert sie sich ihm und spürt plötzlich eine körperliche Blockade. Sie will ihn küssen und ihm nahe sein. Sie will ihm zeigen, dass sie wieder zu Hause ist, auch wenn ihr Gehirn noch nicht zu hundert Prozent geladen ist. Warum kann sie ihren Körper aber nicht weiter bewegen? Wieso starrt Ryan sie genauso an, wie eine ihrer ekelhaften Porzellanpuppen? Was soll das??

Eden kämpft weiter und bemerkt, dass ihre Blockade ziemlich schnell Risse bekommt und dann in sich zusammenfällt. Erleichtert nähert sie sich Ryan und küsst ihn zurückhaltend. Wie erwartet, geht er erfreut darauf ein.

Einige Zeit später hat Eden die Worte des Arztes im Kopf. Bettruhe hat er ihr verordnet. Bettruhe‼ Ruhe und nicht einen stöhnenden und keuchenden Mann über sich, der sich daran erfreut, dass er in seinem Ehebett endlich wieder mit seiner Ehefrau schlafen kann. Rücksicht scheint er keine zu kennen. Sie sollte keinem Stress ausgesetzt werden. Aber das hier, ist purer Stress für sie! Stress für ihren Körper, weil ihr vor Ekel immer wieder eine Gänsehaut über den Körper fegt. Stress für ihren Kopf, weil er sich gegen dieses langweilige pumpen bis ins letzte wehrt.

Ryan bekommt das alles aber gar nicht mit! Er ist zu sehr mit sich beschäftigt, als dass ihm auffällt, dass seine Frau unter ihm gedanklich gar nicht bei ihm ist. Ihr Körper ist da, aber ihre Gedanken sind woanders.

Während er wie ein Kochlöffel im Brei in ihr herumstochert, liegt sie wie eine steife Puppe unter ihm und starrt den Kleiderschrank neben sich an. Sie empfindet nichts dabei! Rein gar nichts! Es erregt sie nicht und sie hat nicht einen Funken Spaß an dem Sex mit ihrem Ehemann. Wie könnte sie auch? Sie wurde vor Wochen fast getötet, trägt eine Stahlplatte im Kopf und weiß weder etwas von sich, noch von ihrem Leben. Stahlplatte! Vorsichtig führt Eden eine Hand an die linke Kopfseite. Sie könnte ihre Haare verfluchen, dass diese noch nicht schneller gewachsen sind. Diese Stoppel passen ihr gar nicht. Die linke Kopfseite ist fast bis zur Hälfte abrasiert. Das steht keiner Frau. Sie muss unbedingt zum Friseur, um modisch irgendetwas mit der anderen Kopfseite zu machen, was die rasierte Hälfte wenigstens etwas ausgleicht, oder ansehnlich wirken lässt. So kann sie jedenfalls nicht auf die Straße! Da sieht jedes gerupfte Huhn besser aus, als sie.

Fast zitternd führt sie die Finger an ihre Haut und spürt die Narbe. Eine zehnmal zehn Zentimeter große Narbe ziert ihren Kopf. Als sie diese das erste Mal im Spiegel sah, erschrak sie fast zu Tode. Sie malte sich selber aus, dass dieser Teil der Haut, aufgeschnitten und wie ein Blatt umgeklappt wurde, um besser an den zerstörten Schädel heranzukommen. Die Ärzte erklärten ihr, dass das Gehirn selber keinen Schaden davon getragen hätte. Die Kugel hätte den Knochen lediglich gestreift. Dennoch wäre es so irreparabel gewesen, dass sie keine andere Möglichkeit sahen, als ihr eine Stahlplatte einzusetzen. Super, jetzt hat sie es auf dem Flughafen von San Francisco bei den Sicherheitsmaßnahmen erheblich schwerer. Nun gut, da muss sie durch. Sie kann froh sein, dass sie lebt.

»Ich liebe dich so unglaublich!«, hört Eden Ryan neben sich schwer atmen. Stimmt, da war ja was. Sie blickt zu ihm und verarbeitet den Anblick, wie er atmend und erschlafft neben ihr liegt. Ihm ist die Erschöpfung ins Gesicht gemeißelt. Schön, wenigstens hatte er Spaß.

Sie streichelt ihm am Kopf, tastet mit der anderen Hand an ihrem eigenen weiter entlang und denkt darüber nach, wie die beiden vor ihrem Unfall Sex hatten. Sie war mit Sicherheit aktiver, als jetzt! Aber wie genau lief es immer ab? Hat sie sich eventuell sogar die eine oder andere Puppe neben das Bett gestellt, damit sie noch mehr Freude an dieser ganzen Sache hatte?

Bei dem Gedanken fängt sie zu lachen an. Ryan findet an der Gesamtsituation nichts witzig und schaut sie dementsprechend fragend an. Sie sieht es und schüttelt flüchtig den Kopf. Das würde zu ihrem früheren Ich passen. Dass sie sich tatsächlich eine ihrer Puppen neben das Bett auf das Nachtschränkchen stellt, damit eine ihrer Babys ihrer Mami beim Sex zusehen kann. Wie krank war sie bloß vor dem Attentat?

Am nächsten Morgen steht Eden vor dem geöffneten Kleiderschrank und rümpft die Nase.

»Ryan‼«, brüllt sie lauthals und greift in den Schrank.

»Ich arbeite wirklich beim FBI? Kannst du mir mal sagen, mit was ich die Verbrecher erwischen soll?«, flucht sie und hält ihm ein luftiges Sommerkleid entgegen.

»Mit roten Rosen und grünen Blättern, oder was??«, schimpft sie über den Geschmack ihrer alten Persönlichkeit. Wie kann man nur solch konservative Kleidung tragen?? Wenn sie es sich anziehen würde, wäre es sicherlich bis zum Hals verschlossen, damit ja bloß niemand ihr Dekolleté sieht. Ein bisschen Haut muss man doch zeigen und mit ihrer Figur kann sie es ja offensichtlich auch noch. Weshalb hat sie dann aber so ein Outfit auf den Bügeln hängen?? Für so etwas gibt man tatsächlich Geld aus?

»Nein Schatz«, trällert Ryan und öffnet eine weitere Schranktür.

»Das ist deine berufliche Kleidung.« Eden tritt an seine Seite, blickt skeptisch um die Schranktür und spürt, wie ihr Herz vor Freude zu hüpfen beginnt. Sie grinst bis zu den Ohren und nickt wortlos.

»Das sieht doch tausend Mal besser aus und ist das erste Vernünftige, was ich hier in diesem Haus sehe«, lacht sie und lässt ihre Augen über sämtliche Hosenanzüge gleiten. Schwarze Anzüge und weiße Blusen. Ein paar schwarze Lederjacken, die ihren Geschmack perfekt treffen. Jetzt muss sie nur noch soweit gesund werden, damit sie diese Kleidung auch tragen kann. Sie wird mit Sicherheit nicht mit roten Rosen auf die Straße gehen. Da kann sie sich ja gleich selber eine Kugel in den Kopf jagen. Kugel! Kugel? Kugel und Waffe?

Schlagartig schwirrt nur noch ein einziger Gedanke durch Edens Kopf. Flüchtig blickt sie sich im Schlafzimmer um. Mit sicheren Schritten geht sie an den Nachttisch, an ihrer Seite des Ehebettes. Ehebett, welch grauenvoller Gedanke.

Hecktisch reißt sie die kleine Schublade auf. Sofort beginnt ihr Herz erneut vor Freude zu hüpfen. Sie hat Schwierigkeiten, dieses in ihrem Brustkorb halten zu können. Respektvoll, ehrfürchtig und zitternd führt sie ihre Hand in die Schublade. Sie spürt kalten Stahl. Erleichtert atmet sie aus, schließt ihre Augen und macht eine Handbewegung. Langsam öffnet sie die Augen und sieht eine 6" Rettinger STI Kaliber 9 mm in ihrer Hand. Eden hält die Waffe kräftiger, betrachtet sie und greift ohne zu zögern an den Schlitten. Sie zieht ihn zurück, lädt, entsichert und könnte vor Freude explodieren. Wenigstens beweist ihr altes Ich dahingehend einen guten Geschmack. Diese Waffe schmiegt sich an sie, als wenn sie Eden willkommen heißen will. Sie passt sich perfekt ihrer Hand an. Sie ist so kraftvoll, dass Eden ihre Wirksamkeit und Energie durch das kalte Material spüren kann. Zwar ist sie mit dem geschätzten 1-Kilogramm Gewicht recht schwer, aber das stört sie keineswegs. Sie merkt nur, dass eine Welle von unglaublichem Stolz über sie hinwegfegt. Wie ein Tornado der öfters in Florida sein Unwesen treibt.

»Ich mag es überhaupt nicht, dass du die Waffe zu Hause hast und das weißt du!«, drängt sich Ryan schimpfend in Edens überschwängliche Freude. Sie presst den Kiefer zusammen, weil ihr diese Unterbrechung keineswegs passt. Sie hebt lediglich ihre Hand.

»Du musst sie ja auch nicht anfassen. Ist schließlich meine Waffe«, giftet Eden und sieht dabei zu, wie Ryan die Gesichtsfarbe entweicht. Entsetzt starrt er auf die Waffe, die mit dem Lauf genau auf seinen Kopf gerichtet ist. Er schluckt schwer und blickt Eden erschrocken an.

»Was ist?«, zischt sie gespielt. Hektisch und ängstlich wandern Ryans Augen zwischen der Waffe und seiner Frau hin und her. Er kann offensichtlich diesen Augenblick weder fassen noch verarbeiten.

»Habe ich dir noch nie zuvor meine Waffe vor die Nase gehalten?«, feixt sie und sichert die Pistole mit einer kleinen Fingerbewegung. Wie gerne würde sie, anstatt ihren Daumen, den Zeigefinder bewegen? Nur ganz kurz. Dann wäre sie diese dauerhafte Grinse-Visage los.

Ryan schüttelt panisch den Kopf und sieht dabei zu, wie Eden die Waffe in die Schublade zurücklegt, sie noch flüchtig voller Stolz betrachtet und das Schränkchen schließt.

»Frühstück? Ich habe Hunger!«, reißt sie ihren Ehemann in eine normale Stimmung zurück und rupft sich einen Morgenmantel aus dem Kleiderschrank.

Nach dem gemeinsamen, aber nervenden harmonischen Frühstück, geht Eden in das Schlafzimmer zurück und sucht verzweifelt etwas, was sie anziehen kann. Ihr sind die ganzen Outfits ihres alten Ichs einfach zu wider. Geht sie etwa auch noch jeden Sonntag in die Kirche? Das wäre der Brüller!

Genervt greift sie nach einer hellblauen Bluse und rupft eine Kaki Hose heraus. Sie hält sich beides vor dem Spiegel an und rümpft die Nase. Mit einer Bewegung schmeißt sie es auf das Bett und kann kurz vor der vollständigen Drehung etwas an sich im Spiegel sehen. Sie dreht sich wieder zurück, schmeißt ihre Finger nach hinten und tastet blind herum. Eilig hüpft sie an den Spiegel, dreht und wendet sich. Sie glaubt sich zu täuschen.

»Ryan‼!«, brüllt sie lauthals und betrachtet dieses schwarze Etwas, das sie auf ihrem Körper sieht. Fragend steht ihr Mann wenige Augenblicke später im Zimmer.

»Was zur Hölle ist das??«, flucht sie und gleitet mit einer Hand über ihren Po. Als Arschgeweih prangt ihr dort eine Tätowierung entgegen, die sie kaum erkennen kann. Sie schärft den Blick, während sich Ryan ihr vorsichtig nähert.

»Das ist noch von deinem letzten Undercover-Einsatz. Es ist das Zeichen der Gang in der du eingeschleust wurdest. Den Dead Rabbits«, klärt er sie auf. Eden verrenkt sich in die unmöglichsten Richtungen, um die Tätowierung genauer sehen zu können.

»Ist das ein schwarzes Kaninchen?«, flucht sie und kann nicht glauben, dass sie tatsächlich eine Tätowierung auf dem Körper hat.

»Ja. Du warst schließlich fast zwei Jahre eine von ihnen. Du bist da nicht drum herum gekommen. Mir passt das genauso wenig wie dir, aber es ging nicht anders.«

»Warum zur Hölle war ich eigentlich bei denen?« Wütend kratzt Eden auf dem Kaninchen herum und wünscht sich auf der Stelle eine Stahlbürste, um dieses Vieh loszuwerden.

»Das kann ich dir leider nicht sagen. Du hast nie darüber gesprochen. Schließlich ist deine Arbeit immer geheim«, murmelt Ryan. Eden spürt, dass es ihm keineswegs passt, nur die eine Hälfte von dem Leben seiner Frau zu kennen. Ihr ist es eigentlich egal. Sie wünscht erst mal sich zu kennen, bevor sie sich Gedanken um ihre Mitmenschen, geschweige denn, um ihren Mann macht.

»Ich muss zur Arbeit. Kann ich dich alleine lassen?« Ryan tritt dicht an sie heran und drückt ihr einen Kuss auf die Lippen. Sie nickt nur und betrachtet das Kaninchen noch immer im Spiegel. Eigentlich ist es ja recht niedlich, richtig süß. Trotzdem ziemlich merkwürdig, dass so eine, scheinbar kriminelle Gang, so ein friedliches und entzückendes Tier als Gangzeichen ausgesucht hat.

Nachdem sie sich dann doch für eine Kleidung aus ihrem Schrank entschieden hat, wandert sie ziellos durch das Haus. Sie fühlt sich keineswegs heimisch. Sie betrachtet mehrere Fotos auf dem Kaminsims, auf dem sie und Ryan zu sehen sind. Hochzeitfotos! Typisch weißes Kleid mit Schleier. Ryan trägt einen schwarzen Anzug. Wie glücklich die beiden doch aussehen. Es war offensichtlich wirklich ein schöner Tag für beide und sie scheinen mit ihrer Entscheidung glücklich zu sein. Wenn Eden sich doch nur daran erinnern könnte.

»Kann ich aber nicht!«, murmelt sie, greift nach dem harmonischen Bild und klappt es um. Weg mit diesem versnobten und konservativen Anblick.

Sie wandert weiter und bleibt vor dem Zimmer mit ihren Babys stehen. Von der Tür aus, starrt sie die Porzellangesichter an. Sie kann es nicht verhindern, dass sich eine eiskalte Gänsehaut auf ihrem Körper ausbreitet. Wie kann eine erwachsene Frau, mit einem eigentlich vernünftigen Verstand, so einen Mist im Haus haben und das dann auch noch als ihre Babys ansehen? Was zum Teufel hat sie nur geraucht?

»Das geht nicht! Das geht gar nicht‼«, flucht Eden und stolpert die Treppe herunter. Wenige Momente später eilt sie mit einer Rolle Müllsäcke zurück. Nach und nach befördert sie die Puppen in den blauen Plastikbeutel. Mit jeder Puppe fühlt sie sich befreiter und atmet erleichtert aus, als der dritte Sack mit diesen Mistgeburten gefüllt ist. Ohne Rücksicht auf Verluste, schleift sie zwei Säcke hinter sich her. Sie schert sich keineswegs darum, dass die Säcke und somit auch die Puppen, jede Stufe der Treppe brutal zu spüren bekommen. Mit jedem Schritt, hört sie es klirren und knacken und erfreut sich an dem Geräusch.

Als wenn sie eine Leiche hinter sich herschleppen würde, hievt sie die Säcke zur Straße hinaus und bringt sie zur Mülltonne. Weg mit diesem Horror. Das hält ja kein gesunder Menschenverstand aus.

»Eden??«, prallt ihr plötzlich eine Stimme entgegen. Sie dreht sich um und sieht eine Frau auf dem Bürgersteig stehen. In der einen Hand eine Einkaufstüte mit Lebensmitteln (der herausragende Porree verrät dies eindeutig), in der anderen, mehrere Tüten von Designer Läden.

»Eden?? Bist du es wirklich??«, quiekt die Frau, schmeißt sämtliche Tüten zu Boden und eilt zu ihr. Eden steht wie angewurzelt an Ort und Stelle. Sie muss sich gewaltig beherrschen, ihren Kopf nicht im Rhythmus der Brüste auf und ab zu bewegen, die hüpfend und schwingend auf sie zuspringen. Meine Güte, mit diesem Bomberbusen könnte die gute Frau den nächsten Weltkrieg gewinnen. Jedes Land würde sofort kapitulieren.

Die fremde Frau schmeißt sich Eden ungebeten um den Hals. Vor lauter Freude quiekt sie wie eine Quietsche-Ente. Eden spürt allerdings nur, wie der Druck der Brüste ihre eigenen zerquetscht und ihr fast sämtliche Rippen bricht. Wahnsinn, wie kann man mit solchen Torpedos bloß leben? Wie hält die Frau das Gewicht nur aus?

Die Frau nimmt Eden etwas von sich weg und strahlt genauso schlimm wie Ryan. Eden betrachtet sie allerdings sparsam.

»Wer…?«, beginnt sie zu stottern und studiert diesen Schminkkasten, der sich in das Gesicht der Frau verirrt hat.

»Du weißt nicht wer ich bin?«, trällert die Frau und winkt dann mit Meterlang lackierten Fingernägeln ab.

»Ach das macht nichts, Schätzchen. Ryan sagte mir schon, dass du Amnesie hast und niemanden wiedererkennst«, jodelt sie weiter. Schätzchen? Schätzchen?? Was soll das?? Wurde Eden von dieser Person bisher wirklich immer mit diesem Kosenamen betitelt? Bitte Dead Rabbits, verpasst mir noch eine Kugel!, betet Eden wimmernd.

»Ich bin es, deine beste Freundin Jill!« Eden schaut die Frau noch immer nüchtern an und zuckt mit den Schultern. Verzweifelt sucht sie in ihrem Gehirn nach so einer Person. Sie findet aber nichts und empfindet dies als eine gelungene Wohltat. Man könnte es auch einen vollen Erfolg nennen.

»Komm lass uns ein Käffchen trinken. Ich habe dich so schrecklich vermisst. Und ich habe so unglaublich viele Fragen«, jauchzt diese Jill weiter, hakt sich bei Eden unter den Arm und schleift sie zum Haus. Käffchen? Hat die Frau auch noch einen anderen Wortschatz, oder besitzt jedes Wort von ihr ein ä und endet mit chen? Meine Güte, Eden würde ihr sogar freiwillig eine Sprachtherapie bezahlen, nur damit sie wie ein normaler Mensch redet.

Sie dreht sich aber um und zeigt auf die Müllsäcke.

»Aber ich…!«

»Papperlapapp Schätzchen! Egal was du gemacht hast, das kann warten.«

In der Küche angekommen, stopft diese Jill Eden auf einen Stuhl und beginnt Kaffee zu machen. Sie scheint öfter in diesem Haushalt zu sein, ihre Handlungen sind sicher und vertraut. Zielbewusst greift sie in einige Schränke und Schubladen und stellt schon nach wenigen Momenten, zwei dampfende Tassen Kaffee auf den Tisch. Sie nimmt Platz und strahlt Eden freudig an.

»Wie geht es dir denn Schätzchen? Ich habe dich ja schon so lange nicht mehr gesehen. Geht es dir gut? Wie war die OP? Hast du alles gut überstanden? Seit wann bist du wieder zu Hause? Wieso hat Ryan mir nichts davon erzählt?«, pfeffert diese Jill hektisch um sich. Hoffnungslos überfordert, starrt Eden sie an und versucht zu atmen.

»Äh, ich… ähm… ich…«, beginnt sie zu stottern und wird von Jill unterbrochen.

»Hach Gottchen, Schätzchen! Was haben die nur mit deinen schönen Haaren gemacht?« Mit einem flinken Griff, führt Jill ihre Hand an Edens Kopf und berührt die rasierte Haut. Gleich darauf fahren ihre Finger über die große Narbe.

»Hach, das sieht schrecklich aus, Schätzchen. Das tut mir so leid. Hoffen wir, dass deine Haare wieder schnell wachsen«, jodelt sie weiter und lässt Eden nicht eine Sekunde über eine Antwort ihrer gestellten Fragen nachdenken. Stattdessen beginnt sie wie ein Wasserfall zu reden. Eden schaltet irgendwann ihr Gehirn aus, starrt nur noch auf die knallrot angemalten Lippen und sieht, wie diese sich bewegen. Hören tut sie nicht ein Wort. Jill fuchtelt mit Händen und Füßen wild in der Luft herum und quasselt Stundenlang auf sie ein. Quiekend erzählt sie von sich und wie sehr sie Eden vermisst hat und wie schrecklich der Gedanke war, dass sie angeschossen wurde und eigentlich schon tot war. Es ist allerdings merkwürdig, dass sie Eden im Krankenhaus nie besucht hat. Aber wahrscheinlich hat Ryan sie davon abgehalten und darum gebeten, so lange zu warten bis sie wieder zu Hause ist. Zum Glück, denn wenn diese Quietsche-Ente an Edens Bett gestanden hätte, wäre sie freiwillig aus dem Fenster gesprungen.

Bis zum frühen Abend sitzt Jill am Küchentisch und redet ohne Unterlass. Edens Gehirn fühlt sich schon wie Babybrei an, aber sie hat Anstand und schmeißt dieses Playboy-Bunny nicht aus ihrem Haus.

Als sie irgendwann hört, dass ein Schlüssel in der Haustür gedreht wird, atmet sie erleichtert aus. Ryan, endlich. Er wird Eden sicher vor dieser Schreckschraube retten. Diese komische Frau geht ihm mit Sicherheit genauso auf die Nerven, wie ihr.

Ryan betritt die Küche und strahlt bis zu den Ohren. Übermütig begrüßt er die zweite Frau am Tisch mit einem jauchzenden »Jill!« und fällt ihr in die Arme. Eden fällt stöhnend der Kopf auf die Hände. Dieser Albtraum hat noch immer kein Ende.

Erst spät in der Nacht, verlässt Jill das Haus. Erschöpft kippt Eden ins Bett. Sollte sie nicht Ruhe haben, um sich zu erholen? Wie denn? Wie soll sie bei solch komischen Menschen auch nur einen Funken Erholung bekommen? Das geht ja gar nicht. Das ist absolut unmöglich. Ebenso, dass Ryan die Nacht erneut ungebeten regelrecht über sie herfällt. Sie bat ihn, schlafen zu dürfen, aber er überhörte es spielerisch und ging sich seine ehelichen Pflichten holen.

Am Morgen behält sie mit Absicht solange ihre Augen geschlossen, bis sie sich sicher sein kann, dass Ryan das Haus verlassen hat. Duschen, Zähne putzen, etwas rausputzen und dann will sie raus auf die Straße. Spazierengehen und die Gegend erkunden. Vielleicht sieht sie bei einem Spaziergang ja einiges, was sie kennt. Eventuell kehrt dadurch die eine oder andere Erinnerung zurück.

Eden öffnet den Schrank und rümpft erneut die Nase. Wahrscheinlich wäre eine komplett neue Garderobe besser, als ein Spaziergang. Was soll sie heute denn anziehen? Blümchenkleider? Blaue Blusen mit roten Bärchen? T-Shirts mit Katzenmotiven? Oh Gott, wie krank war sie nur?

Erschöpft, weil ihr die Kleidung sämtliche Kraft raubt, setzt sie sich langsam auf das Bett und atmet tief durch. Kein Spaziergang! Einkaufen, definitiv einkaufen!

Sie rafft sich wieder auf, holt aus dem Puppenzimmer die Rolle mit Müllsäcken und schmeißt den halben Kleiderschrank weg. Bluse um Bluse verschwindet vom Bügel, bis der Schrank soweit leer ist, dass nur noch vier Teile hängen bleiben, mit denen sie tatsächlich leben kann.

In dem Moment als sie sich bückt, um die Säcke aufzuheben, fällt ihr Blick in den unteren Teil des Schrankes. Sie erspäht eine große blaue Kiste und zieht eine Augenbraue hoch. Neugierig rutscht sie auf allen vieren dorthin, rupft die Kiste aus der Dunkelheit und öffnet den Deckel.

»Was zum…?« stockt sie. Sie greift hinein und starrt mit großen Augen einen lila Doppel-Dildo an.

»Was…??« Ihr Blick wandert in die Kiste zurück. Sie glaubt ihren Verstand zu verlieren. Fast mit zitternden Händen holt sie mehrere Sex-Toys heraus. Penispumpen, Penisringe, Klitoris Stimulationen, Handschellen, Peitsche, Nippelsauger und Klemmen.

Als sie einen tiefblauen Anal-Plug in den Händen hält, schleudert sie diesen mit einem kreischenden »AAAHHH!«, quer durch das Schlafzimmer. Am ganzen Körper zitternd, zieht sie ein Kabel aus der Kiste und hat an einem Ende einen bestialisch großen Vibrator hängen. Am anderen baumelt ein kleiner Schalter. Fast ängstlich drückt sie den -An- Knopf. Verzweifelt versucht sie bei Verstand zu bleiben, als der Vibrator mit einem monotonen Geräusch zu vibrieren beginnt. Sie merkt nicht, wie sich ihr Kopf der technischen Bewegung anpasst und in rhythmischen Kreisen mit dreht.

»Oh mein Gott‼«, haucht sie fassungslos. Entsetzt über ihr vorheriges Leben, schleudert sie die Kiste in die Dunkelheit zurück. Es scheppert und klimpert, als sie gegen irgendetwas stößt.

»Was kommt jetzt?«, stöhnt sie kopflos, schiebt die Kiste zur Seite und kriecht tiefer in den Kleiderschrank. Als sie wieder herauskommt, hat sie eine lange Metallstange in der Hand. Auf der oberen Seite ist eine Kette befestigt, die, beim straff ziehen, in einem Dreieck nach oben zeigt. Rechts und links hängen auf der unteren Seite ebenfalls Ketten herunter, an denen Handschellen befestigt sind. Mit riesigen Augen starrt sie das Teil an. Ein grauenvoller Gedanke keimt in ihr auf. Sie reißt den Kopf hoch und sucht die Zimmerdecke ab.

»Och nö‼ Komm schon, das ist nicht dein Ernst‼«, stöhnt sie entsetzt, als sie an einem Fleck der Decke einen großen Haken montiert sieht. Auch wenn ihr Kopf noch nicht so arbeitet, wie sie will, kann sie Eins und Eins zusammenzählen. Sie will sich gar nicht vorstellen, wie Ryan sie, oder besser gesagt, ihren Körper an diese Stange geschnallt hat und diese an der Zimmerdecke eingehängt hat. Dafür ist dann wohl auch die Peitsche gedacht.

»Ihr seid so armselig‼«, stöhnt Eden entkräftet und schleudert die Stange mit einem lauten Scheppern in den Schrank zurück. Da hat ihr altes Ich nach außen hin eine konservative und brave Bürgerin gemimt, aber sobald die Schlafzimmertür zufiel, gingen sie und Ryan einen ganz anderen Weg. Ist ja schön und gut, aber warum leben die beiden das nicht offen aus? Müssen sie sich wirklich dafür schämen? Sie sind doch erwachsene Menschen! Warum sich verstecken? Wenn sie Kinder hätten, würde sie das verstecken der Spielsachen ja nachvollziehen können, aber so?

Eden kann ihre alte Vergangenheit nicht nachvollziehen und verstaut dieses Thema in die dunkelste Ecke ihres Gehirns, das es aufweisen kann. Sie will jetzt nur noch hier raus und ihren Kleiderschrank auffüllen.

In der Garage angekommen, stellen sich ihre Nackenhaare auf, als sie den kackgrünen Kombi sieht. Das ist doch wirklich nur ein schlechter Albtraum. Am liebsten würde sie zu Fuß gehen, aber dann hätte sie einen zweistündigen Fußmarsch vor sich. Dieser Albtraum ist also noch schlimmer.

Schweren Herzens ergibt sie sich ihrer aussichtslosen Situation, steigt in den Wagen und lässt ihn ängstlich an. Keine Explosion oder Knall, sehr gut.

Langsam rollt sie aus der Garage, bleibt stehen und wirft einen Blick in den Rückspiegel, um zu beobachten, wie sich das Tor vollständig schließt. Sie holt schnappend Luft und glaubt ihren Augen nicht zu trauen. Hektisch reißt sie die Wagentür auf, stolpert aus dem Auto und stürzt in die Garage zurück. In der Dunkelheit tastet sie nach einem Lichtschalter und betätigt ihn. Schlagartig entweicht ihr ein stöhnendes Japsen. Ihr Puls steigt, ihr Herz beginnt freudige Luftsprünge zu machen. Wie ein Kleinkind beginnt sie auf der Stelle zu hüpfen und klatscht quiekend in ihre Hände.

»Ja, ja, ja, ja, ja‼«, quietscht sie und tritt näher an die schwarze Night Rod. Ein Motorrad, das kaum schöner, edler und kraftstrotzender sein kann, präsentiert sich Edens Augen. Vor lauter Freude werden diese sogar feucht.

»Du warst ja doch nicht so scheiße‼«, lobt sie ihr altes Ich und tritt näher an das Motorrad. Noch nie hat sie so eine tolle Harley gesehen und hätte auch nicht gedacht, dass sie so ein Schmuckstück in ihrer eigenen Garage stehen hat.

Mit bebendem Herzen geht Eden langsam auf das Motorrad zu, hebt eine Hand und führt diese ehrfürchtig zitternd an die Maschine. Kaum berühren ihre Finger das Leder des Sitzes, atmet sie schwer aus und versucht ihren Herzschlag zu kontrollieren. Sie gibt unterlegen, aber gerne, nach wenigen Sekunden auf und inhaliert einfach nur den Anblick, der ihr geboten wird. Dann fällt ihr ein, weshalb sie sich auf den Weg gemacht hat. Sie atmet enttäuscht ein, weil sie definitiv neue Kleidung braucht. Da kommt sie nicht drum herum.

»Du bleibst brav hier. Nicht abhauen«, schimpft sie liebevoll mit der Harley, setzt sich schweren Herzens wenige Augenblicke später, in die alte Kombischüssel und kämpft mit sich, diesen Wagen nicht gleich zum Schrotthändler zu bringen. Zu mehr ist es eh nicht mehr zu gebrauchen. Sie würde sogar noch oben drauflegen, nur damit sie das Stück Metall vernichtet weiß.

Restart

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