Читать книгу Restart - Valuta Tomas - Страница 8
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ОглавлениеAm nächsten Morgen, brezelt Eden sich etwas auf und betritt voller Stolz die Garage. Als sie die Night Rod dort wartend stehen sieht, grinst sie von einem Ohr zum anderen. Leichtfüßig schreitet sie auf die Maschine zu. Sie schwingt das eine Bein auf die andere Seite, senkt ihren Körper und nimmt auf dem weichen Leder Platz. Mit geschlossenen Augen genießt sie für einige Momente dieses Gefühl. Sie erfreut sich an dem Gedanken, dass sie nun kraftvolle und beeindruckende Pferdestärken zwischen den Beinen hat.
Eden umgreift den Lenker, drückt ehrfürchtig den Start-Knopf und hört nach einem kurzen surren, ein so tiefes und starkes Blubbern, dass sie das Gefühl bekommt, vor Freude und Stolz gleich durch die Decke zu springen. Unter ihr und zwischen ihren Beinen, blubbert es kraftstrotzend. Sie spürt, dass ihr Black Devil darauf wartet, endlich gefahren zu werden.
»Ja, mein Süßer. Wir sind ja schon unterwegs«, haucht Eden respektvoll, hievt die Maschine aus dem Ständer und klappt diesen ein.
»Auf auf und davon!«, flüstert sie leise, rollt ein paar Meter aus der Garage und dreht dann am Gas.
»Eden, huhu Eden«, hört sie plötzlich eine quiekende Stimme. Sie blickt in die Richtung. Schlagartig bekommt sie Herpes, als sie Jill grinsend und Hände wedelnd auf sich zulaufen sieht. Mit rollenden Augen dreht sie am Gas und fährt, ohne Rücksicht auf Jill zu nehmen, auf die Straße. Diese bleibt wie angewurzelt stehen. Entgeistert starrt sie ihr hinterher. Was ist? Hat Eden sie zuvor noch nie stehen gelassen? War sie immer und zu jeder Zeit etwa für sie da? Mag ja gut und gerne sein, aber diese Eden gibt es nicht mehr! Eine neue Eden wohnt nun in dieser Straße und diesem Haus. Eine Eden die Fleisch isst und Porzellanpuppen hasst.
Stunden um Stunden vergehen, in denen Eden ihre Black Devil genießt und die Umgebung von San Francisco wie ein Schwamm gierig aufsaugt. Sie will so viele Informationen wie nur irgendwie möglich erhalten, um endlich wieder arbeiten zu können. Sie will im gewissen Grad ihr altes Leben wieder zurückerlangen. Sie will endlich wissen wer sie ist und welche Aufgabe sie hier in diesem Leben hat.
Eden genießt den Fahrtwind und den Stadtsmog. Besser als diese idyllische grüne Horrorheimat, die sie zu Hause erwartet. Das hier ist das Leben! Das und nichts anderes! Kein grüner Rasen, mit weißem Gartenzaun und einheitlichen Briefkästen. Hier spielt das Leben und der Tod. Genau das ist es, was Eden sehen und spüren will. Egal was Ryan ihr versucht zu erzählen. Sie spürt, dass sie hierher gehört. Hier in Soma und dort.. dort in Downtown! Überall in Frisco gehört sie hin, aber nicht da wo jetzt ihr zu Hause ist. Sie muss da raus! Definitiv! Das wird sie auch, aber erst wenn sie bei vollem Verstand ist. Erst muss sie zu sich selbst finden und erst dann kann sie ihre Koffer packen. Egal wie sehr sie Ryan damit verletzen wird. Es geht hier schließlich um sie und nicht um ihn.
Physisch und psychisch vollkommen befriedigt, parkt Eden ihren Teufel am Straßenrand, lässt das Blubbern verstummen und atmet tief durch. Sie fummelt in ihrer Hosentasche herum und zieht eine Schachtel Zigaretten heraus. Sicherlich auch etwas Neues bei der neuen Eden. Zigaretten! Die alte hätte ihren Körper sicherlich nicht mit Nikotin missbraucht. Aber die Neue macht es und genießt den Moment, wie der erste Zug in ihrer Lunge verschwindet. Zwar muss sie stark husten, weil ihr Körper diesen Dreck nicht drin haben will, hat ihn aber nach ein paar Zügen unter Kontrolle. Sie dreht sich auf dem Sitz um und legt sich rücklings auf das Leder. Mit einem Arm unter dem Kopf, blickt sie in den Himmel. Sie genießt das Bild, wie ihre Augen die Hochhäuser um sie herum aufnehmen.
»Verdammt Marley, bleib hier du scheiß Köter‼«, hört sie plötzlich jemanden brüllen. Sie blickt zur Seite und sieht einen schwarz-weißen Pointer in ihre Richtung laufen. Hinter dem Hund eine farbige Frau, die ihm panisch hinterherrennt.
»Bleib hier‼«, brüllt sie wieder. Eden kommt ein schrecklicher Gedanke, als sie das halbe Kalb auf sich zuwalzen sieht. Mit einem Satz springt sie von der Harley und streckt eine Hand nach dem Hund aus.
»Stop‼«, keift sie das arme Tier an. Sie hat keine Lust, dass der Hund ihr auf der Maschine in den Schoß springt und mit seinen Krallen eventuell den Lack ruiniert.
Wie auf Befehl hört der Hund, bremst seinen schnellen Gang ab und dribbelt dann im schlaksigen Schritt weiter auf sie zu. Als er bei Eden ankommt, steckt er plötzlich seinen Kopf zwischen ihre Beine. Verwirrt blickt sie zu ihm herunter. Sie hebt den Kopf, als sie sehen kann, dass die farbige Frau plötzlich abrupt stehen bleibt. Mit großen Augen wird sie von ihr angestarrt. Ihr wirrer Blick wandert zwischen ihr und dem Hund hin und her. Dann scheint sie sich wieder gefangen zu haben, weil sie die Leine in ihrer Hand etwas kräftiger nimmt und auf sie zugeht.
»Bitte entschuldigen sie! Das tut mir wirklich leid‼«
»Was macht der da?«, pfeffert Eden wütend herum und blickt zu dem Pointer herunter. Er hat seinen Kopf noch immer zwischen ihren Beinen stecken. Dabei wedelt er so stark mit dem Schwanz, dass er jedem Army-Hubschrauber mit dieser rotierenden Bewegung Konkurrenz machen kann.
»Verstecken spielen«, antwortet die Frau kurz, zückt die Leine und zieht den Hund von Edens Beinen.
»Verstecken spielen? Dieses Kalb kann man doch gar nicht übersehen‼«, schimpft sie weiter. Um das Fell auf der Hose loszuwerden, klopft sie sich auf den Innenseiten ihrer Schenkel herum.
»Nein, aber er denkt, dass er nicht gesehen wird.«
»Sie sollten das Kalb besser erziehen. So etwas kann böse enden.«
»Das weiß ich selber, aber er lässt sich von mir nichts sagen. Er hat immer nur auf sein Frauchen gehört. Sie war seine ganze Welt.«
»Dann sollte die was dagegen machen. Bestellen sie ihr schöne Grüße von mir. Ich werde ihr die Rechnung der Reinigung schicken‼«, schimpft Eden und klopft nochmal auf der Hose herum.
»Gerne. Die Adresse lautet, San Francisco National Friedhof, Lincoln Boulevard eins. Neve Preston steht auf dem Grab. Schönen Tag noch‼«, schmeißt die farbige Frau Eden sichtlich wütend entgegen und dreht sich auf der Stelle um. Erschlagen blickt diese ihr hinterher und könnte sich selbst für ihren dummen Kommentar ohrfeigen. Wie konnte sie nur? Wie konnte sie nur so einen Spruch ablassen? Aber woher sollte sie das denn wissen? Sie konnte es doch gar nicht wissen! Woher denn auch??
Peinlich berührt und beschämt, dreht sich Eden zur Harley um und vergisst sofort die Rechnung der Reinigung. Natürlich vergisst sie diese. Sie vergisst sie aber auch, weil ihr im Bruchteil einer Sekunde etwas einfällt. Neve Preston? Neve Preston?? Schlagartig hat sie das Bild der jungen Frau vor den Augen, die sie letzte Nacht in Polizeiuniform auf dem Computerbildschirm angelächelt hat.
Hektisch dreht sich Eden um und eilt der Frau mit dem Hund hinterher. Diese verschwindet hinter dem Zaun eines Basketballplatzes und setzt sich auf eine Bank, an der ein ebenfalls farbiger Mann steht. Neben ihr sitzt eine Frau, deren Hand einen Kinderbuggy hält.
Abrupt bleibt Eden stehen, als ihr ein Gedanke kommt. Offensichtlich kennt die Frau diese Neve Preston. Sie könnte Informationen haben, mit denen sie weiterarbeiten könnte. Aber wie kann sie an diese herankommen? Sie kann jetzt schlecht zu dem Platz gehen und sie über die ehemalige Polizistin ausquetschen. Sie würde mit Sicherheit nichts erfahren. Das heißt also, dass sie sich gedulden muss. Erst wieder arbeiten und dann dieser merkwürdigen und eigentlich geschlossenen Akte nachgehen. Es interessiert sie einfach, welche Verbindung zwischen dieser Neve und Sam bestand. Sie hat so viele Fragen im Kopf, die sie aber nicht beantworten kann.
Eden muss unbedingt wieder arbeiten gehen, denn nur so, kommt sie an die Akte und kann ihren Wissensdurst stillen. Verdammte Stahlplatte!
Wütend über ihren körperlichen Zustand, führt sie eine Hand an den Kopf und ertastet zuerst die kurzen stoppeligen Haare und dann die Narbe. Das wäre jetzt auch eine gute Gelegenheit einen Friseur zu suchen. Jemand der diesen Haufen Mist etwas besser aussehen lässt.
»Guck mal Daddy«, reißt eine quiekende Stimme Eden aus ihren Gedanken. Sie blickt flüchtig zum Platz und sieht einen farbigen Jungen auf den Schultern eines farbigen Berserkers sitzen. Er trägt den Jungen zum Basketballkorb, woraufhin dieser einen Ball schwungvoll und treffsicher zum Korb wirft. Ohne den Ring zu berühren, flutscht der Ball dort hindurch. Er rutscht am Netz herunter, bis er der Schwerkraft folgt und patschend über den Asphalt hüpft.
»Das war super, Damon‼«, ruft der farbige Mann von der Bank zu dem Jungen. Die beiden Frauen neben ihm klatschen begeistert Beifall, bis die jüngere von beiden sich zum Kinderbuggy vorbeugt. Sie greift hinein und holt ein farbiges Kind raus. Eden schätzt das Kind auf zwei Jahre. Plus / Minus ein halbes Jahr.
Mit vorsichtigen Bewegungen hebt die Frau das Kind hoch und lächelt sie voller Stolz an.
Eden tritt unauffällig näher an den Zaun und lauscht der Stimme der Frau, die freudig mit dem Kind spricht. Zuerst versteht sie nur kleine Fetzen, bis die Sätze deutlicher werden.
»Es ist ein absolutes Wunder, dass die Kleine diesen Kugelhagel tatsächlich überlebt hat. Neves Körper war ja vollständig durchsiebt«, haucht sie offensichtlich Gedankenverloren. Sie blickt in das kleine Gesicht des farbigen Mädchens, das über ihrem Kopf schwebt und sie quiekend anlächelt. Das Kind schaut die Frau mit großen braunen Augen neugierig an und grinst bis zu den Ohren.
»Ja, sie hat da schon bewiesen, dass sie ganz nach ihrer Mutter kommt. Eine kleine Kämpfernatur, die nicht so leicht aufgibt, nur weil es mal ein klein wenig eng wird«, bestätigt die farbige Frau neben ihr die Aussage und blickt ebenfalls zu dem Kind.
»Das hast du echt super gemacht, kleine Precious!« Sie streckt eine Hand nach dem Kind aus, um ihr über den Kopf zu streicheln.
Wie erstarrt blickt Eden zu dem Kind. Ungewollt muss sie schwer schlucken. Das stand nicht in der Akte. Dass diese Neve schwanger war, als sie erschossen wurde. Achtzehn Kugel hat ihr Körper empfangen und aus diesem Gemetzel haben die Ärzte tatsächlich noch ein lebendes Kind herausgeholt?? Das grenzt an ein Wunder! Das ist doch kaum möglich! Wie hat das Kind das nur gemacht? Ist sie in der Gebärmutter zwischen den Kugeln hin und her geflitzt? Wie kann ein Kind so einen Kugelhagel nur überleben?
Eden schluckt und wirft ihren Blick zu den Frauen zurück. Ok, dieses Kind gehört dieser getöteten Neve, aber was haben die beiden Damen damit zu tun?? Offensichtlich kannten sie Neve und standen ihr recht nahe. Warum sollten sie sich sonst um ihr Kind kümmern? Vor allem, wie erklären sie dieser Precious später, wo ihre leibliche Mutter ist? Sie wird sie niemals kennenlernen. Sie wird sie niemals in die Arme nehmen können, um ihr zu sagen, dass sie sie lieb hat. Sie wird niemals den Duft ihrer Mutter einatmen können. Niemals wird sie von ihr abends ins Bett gebracht. Niemals wird sie ihr ihre Wunden versorgen können. Niemals werden Mutter und Tochter die schwere Zeit der Pubertät gemeinsam meistern müssen. Precious wird zwar offensichtlich mit viel Liebe und Hingabe großgezogen, aber es wird immer die leibliche Mutter fehlen. Etwas was niemals ersetzt werden kann. Wie kann man als Mensch auch nur so ein egoistisches Arschloch sein und eine hochschwangere Frau erschießen? Diese Neve hatte augenscheinlich einen Plan für ihr weiteres Leben. Sie wollte eine Familie gründen! Aber wollte sie auch der Kriminalität den Rücken kehren, um sich voll und ganz um ihr eigen Fleisch und Blut zu kümmern?
Erneut schluckt Eden schwer. Erst jetzt bemerkt sie, wie ihr eine Träne die Wange entlangläuft. Was zum…? Sie nimmt sie mit einem Finger weg, schaut auf die salzige Flüssigkeit und wischt es sich mit einer flüchtigen Bewegung an der Hose ab. Was soll das? Wieso entweichen ihr Tränen, wenn sie über eine kriminelle Frau nachdenkt? Vielleicht deshalb, weil dieses Kind für immer alleine sein wird? Egal wie viele Menschen sich um sie kümmern, sie wird immer alleine sein. Denn die Liebe einer Mutter, ist das was ein Kind voll und ganz erfüllt.
Mit einem Ruck reißt sich Eden herum, eilt zu ihrer Harley, startet sie hart und rast mit quietschenden Reifen vom Basketballplatz weg. Verdammt, diese Neve wurde mit einem Kind im Bauch erschossen und dieses wird ohne Mutter aufwachsen. Wie krank ist diese Welt eigentlich?
Ohne einen Frisör aufgesucht zu haben, verschließt sie sich den Rest des Tages in ihrem Horrorzimmer und saugt jede einzelne Information der Akten von Neve und Sam auf. Sie durchforstet das Internet und erfährt lediglich, dass es einer der typischen Bandenkriege war. Ein Rachefeldzug der Dead Rabbits an den Five Dogs! Schon wieder diese verdammten Kaninchen!
Bis tief in die Nacht arbeitet sich Eden durch sämtliche Informationen und stellt erstaunliche Sachen fest. Nach der Eingabe des Namens Samantha Rodriguez, spuckte ihr die Suchmaschine eine Autowerkstatt aus, die den Namen Rodriguez T.I.R. trägt. Ebenso eine Baufirma mit dem Namen Richmond & Rodriguez Immobilien. Was?? Warum bringt diese Samantha sich nach zehn Jahren Knast um, wenn sie auf freiem Fuß erfährt, dass sie zwei Firmen besitzt? Was zum Teufel hängt da nur dran? Was stimmt an dieser Geschichte nicht? Was ist da abgelaufen?
Eden erfährt, dass dieser Richmond nach Sams Tod beide Firmen aufgekauft hat, die Firmennamen aber beibehält. Ein kluger Schachzug. Denn nach dem amerikanischen Recht, wären beide Firmen an den Staat gegangen. Das wollte dieser Michael Richmond offensichtlich verhindern. Michael Richmond, noch ein Name der in dieser merkwürdigen Verbindung steht. Noch ein Name, den sie überprüfen wird, wenn sie wieder arbeiten geht. Und das muss definitiv schnell passieren. Sie hält diesen Nervenkitzel kaum noch aus. Diese Anspannung um das fehlende Wissen, erträgt sie kaum noch. Sie muss arbeiten, verdammt.