Читать книгу Briefe an Ludwig Tieck 4 - Various - Страница 8
Schütze, Stephan
ОглавлениеGeb. am 1. Nov. 1771 zu Olvenstädt bei Magdeburg, gestorben in Weimar am 19. März 1839.
Gedichte (1810.) – Eine neue Sammlung Gedichte ernsten und scherzhaften Inhalts (1830.) – Der unsichtbare Prinz, 3 Bde. (1812.) – Humoristische Reisebeschreibungen. – Versuch einer Theorie des Komischen (1818.) – Von 1814 bis 1836 redigirte er das beliebte Taschenbuch, welches den seltsamen Titel: „Der Liebe und Freundschaft“ führte, aber sehr hübsche Beiträge, unter anderen auch die meisten seiner eigenen Erzählungen enthielt.
Schütze lebte in Weimar, unseres Wissens ohne Amt, obgleich er „Hofrath“ hieß. Seine häusliche Einrichtung war so sauber, still und behaglich, wie das nur in kinderloser Ehe möglich ist. Freundlich entgegenkommend und umgänglich hatte er dennoch den Schelm im Nacken, vertheilte rechts und links kleine Hiebe, verschonte sogar den Altmeister nicht, dem er gleichwohl in Ehrfurcht anhing. Durch all’ sein Reden, Gebahren und Thun zog sich ein ironisch-humoristischer Spott, der aber von übler Absicht rein sich zuletzt immer wieder auf die Theorie des Komischen im Leben richtete, und den Umgang mit ihm erheiternd belebte. Hätte man ihn nicht als guten Ehemann gekannt, so würde man bisweilen versucht gewesen sein, ihn für einen recht eingerosteten Hagestolz zu halten. So z.B. gehörte es zu den Junggesellen-artigen Lustbarkeiten, die er vorzog, daß er, mitten im Winter, bei schlechtestem Wetter, sich einen geschlossenen Lohnwagen miethete, in diesem bis Erfurt fuhr – etwa um Bekannte dort zu besuchen?.. mit nichten! Um in einem Gasthofe einzukehren, auf seinem Zimmer gut zu diniren und nach vollbrachter That gen Weimar heimzukehren. Fand er einen ihm zusagenden Begleiter, so nahm er diesen mit. Wo nicht, ei dann fuhr er allein, speisete allein, trank allein, kehrte allein zurück. – Lauter Versuche zur Theorie des Komischen!
Weimar, d. 7t. Sept. 1838.
Als ich vor vier Jahren das letztemal in Dresden war, hoffte ich Sie, Hochverehrter, wieder einmal zu sprechen, aber ich fand Sie nicht gegenwärtig. Daß ich seit der Zeit oft in Gedanken, mit Ihnen mich beschäftigt habe, werden Sie wohl ohne ausdrückliche Versicherung glauben. Jetzt soll mein Taschenbuch mir Gelegenheit geben, mit Ihnen in Berührung zu kommen, und ich bin deshalb so frei gewesen, der Willmannschen Verlagshandlung den Auftrag zu ertheilen, es Ihnen zu senden. Ich bilde mir nämlich ein, daß eine Erzählung von mir darin: Die beiden Candidaten nicht ohne Interesse für Sie sein möchte. Ob ich gleich alles auf Natur und Erfahrung gebaut habe, so ist doch besonders die Hauptfigur darin: der Herr von Grauenstein reine Erfindung. Es giebt in den entlegenen Provinzen unter dem Adel närrische Kauze dieser Art, und ich glaube gewiß, daß Sie auch mehrere dergleichen gekannt haben. Ich habe ihn zugleich als Repräsentanten des materiellen Princips benutzt und bei Abwägung des geistlichen und leiblichen in Beziehung auf einen Ausschlag ein klein wenig an Goethe gedacht, der, im Leben wenigstens, einer recht tüchtigen bürgerlichen Erscheinung gern den Vorzug gab, und auf Augenblicke sich von ihr bestechen ließ, auch mündlich öfters in Grundsätzen sich dafür aussprach. Es versteht sich, daß ihm dabei das Geistige nicht entging, aber es folgte nicht selten erst um ein Paar Schritte später. – Dies alles ist indeß nur Nebenbemerkung. Die Erzählung geht frei für sich ihren Gang fort, und sie hat in der Darstellung auf eine solche Beziehung keine Rücksicht genommen. – In der Sprache bin ich dem Grundsatze der Natürlichkeit und Einfachheit treu geblieben, mit der Ueberzeugung, daß sie um so mehr dem Stoff sich nähert, je mehr sie sich immer den Gegenständen selbst anschmiegt, woraus denn die Abwechselung in den Tonarten und Stimmungen sich von selbst ergeben muß, ohne daß man nöthig hat, wie viele neuere Schriftsteller thun, zur lebhaften Erregung der Theilnahme über alles hinaus ein Feuerwerk in verschiedenen Farben abzubrennen. Ich denke, daß ich hiermit nur Ihren eigenen Weg verfolge.
Mündlich ließe sich noch mehr, und wohl recht viel darüber sprechen; da mir aber das Glück einer solchen Unterhaltung mit Ihnen versagt ist, und eine schriftliche Mittheilung doch nur dürftig bleibt, so schließe ich lieber diese Zeilen, indem ich mich dem sehnlichen Wunsche und der Hoffnung überlasse, von Ihnen bald vielleicht manches Belehrende und Ermunternde vernehmen zu dürfen.
Auf jeden Fall mich somit Ihrem geneigten Andenken empfehlend verbleibe ich mit alttreuer Hochachtung
Ihr
ergebenster
St. Schütze.