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Steffens, Henrik
VII

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Breslau, d. 3. Jan. 1818.

Lieber Tieck!

Ich kann Dir leider nur einen sehr kurzen Brief, und Du wirst mir in der That entschuldigen, daß ich überhaupt im Briefschreiben so träge bin. Ich habe diesen Winter ungeheuer viel zu thun. Ich liefere zur Ostermesse zwei Bände, den 3ten Theil meines mineralogischen Handbuchs und die Carricaturen, außerdem lese ich täglich 3 Stunden. Wenn ich des Morgens um 5 Uhr aufgestanden bin, muß ich ununterbrochen bis 4 Uhr Nachmittags arbeiten, nach dem Essen habe ich bis um 7 Uhr Stunden, und dann bin ich so erschöpft, daß in der That ein Brief eine große Anstrengung ist. Ich muß arbeiten, theils weil der Gegenstand der Carricaturen meine ganze Seele in Bewegung setzt, theils, weil ich Geld verdienen muß. – Jetzt bin ich ein paar Tage auf dem Lande gewesen bei einem Freund, komme eben zurück, habe noch eine Vorlesung und schicke die verlangten Bücher mit einem sehr guten Freund, den ich vorzüglich lieb habe, und der Deine Bekanntschaft zu machen wünscht. Es ist Major v. Kanitz, der schon Deiner Familie bekannt ist.

Was Reinegys betrifft, so ist das Buch aus einer hiesigen Leihbibliothek, und ich denke, daß Du mir es wohl nach Verlauf eines Monates wieder zuschicken kannst. Was ich noch von ihm weiß ist nur, daß ich mich erinnere, von Dr. Mackensen gehört zu haben, daß er mit Beireis in geheimer Verbindung war, und daß Mackensen im Leipziger gelehrten Anzeiger Beireis aufforderte, Aufschlüsse über ihm zu geben. Wenn ich das Blatt aufzutreiben vermag, werde ich Dir’s schicken. Auch erzählte er mir, daß Reinegys mit dem Schauspieler Reinicke verwandt wäre.

Die Schriften überschickt Kanngießer Dir und bittet Dich, sie als ein Geschenk anzunehmen. Er hat uns verlassen und ist jezt Professor in Greifswalde.

An Koreff kann ich leider nicht eher schreiben, als nach Hardenbergs Zurückkunft. Er ist jezt, wie Du weißt, in den Rheinprovinzen, ohne allen Zweifel um sich seiner Gesundheit wegen von allen Geschäften loszureißen.

Meiner Reise nach München wegen, lieber Tieck, kannst Du unbesorgt sein, denn es wird gewiß nichts daraus. – Indessen thust Du uns beiden – Schelling und mir – irre ich mich nicht, sehr unrecht. – Schelling ist in den letzten Jahren eben auf einer Stufe gelangt, die äußerlich schwankend, unsicher, ja widersprechend erscheinen müßte; aber redlich ist er im höchsten Grade, und eine tiefe vornehme Natur, fleißig, tiefforschend wie wenige, und wird uns mit dem, was er still sinnend geschauet hat, überraschen. Ich aber bin, bei scheinbarer äußerer Beweglichkeit, leider nur zu unveränderlich, ja ich wollte Gott danken, wenn ich leichter mich in fremde Individualität zu versezen vermöchte.

Lieber Tieck! wie herrlich würde es sein, wenn ich jezt wieder so schöne Tage mit Dir zu verleben vermöchte, wie im Frühling! – Noch immer erscheinen mir die wenigen Tage als die schönsten seit langen Jahren und mit den herrlichsten meines Lebens vergleichbar. – Daß Du mit meinem Buch sowohl zufrieden bist, freuet mich ungemein. Hoffentlich soll das Zweite Deinen Beifall auch erhalten. – Wenigstens denke ich recht oft an Dich, indem ich schreibe, und Du kannst es immer als einen weitläufigen Brief ansehen. Denn über alle Erscheinungen der Gegenwart weiß ich keinen, dessen Ansichten ich so unbedingt huldige, gar keinen, dessen Beifall mir wichtiger wäre.

Ich muß leider schließen. Grüße Deine Frau, die Gräfin Henriette, Dorothea und Agnes recht herzlich. Hanne grüßt.

Steffens.

Ein glückliches Neujahr.

Briefe an Ludwig Tieck 4

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