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4. Individuelle Religiosität: Der Fall des Aelius Aristides

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Zweite Sophistik

Die Ausübung von Religion in der Antike geschah oft im Kollektiv, im Rahmen städtischer Kulte oder eines Kultvereines. Doch einige Quellen künden auch von individueller Religiosität. Gegen Ende des 2. Jahrhunderts n. Chr. verfasste der berühmte Rhetor Aelius Aristides einen Text, der zumeist unter dem Titel „Hieroi Logoi“ (Heilige Berichte) bekannt ist. Buchtitel in unserem Sinne gab es in der Antike nicht. In den „Heiligen Berichten“ schilderte Aelius Aristides nahezu tagebuchartig seine schwere Magenkrankheit und die Art, wie er damit umging; er erzählte über seinen Appetit, tägliches Baden sowie über seine Träume und Visionen, in denen vor allem der Heilgott Asklepios erschien. Da die Schrift in unserer Überlieferung nach knapp hundert Seiten abbricht, bleiben über den weiteren Verlauf der Krankheit nur Spekulationen. Aelius Aristides lebte in einer Zeit, in der die griechischen und römischen Traditionen schon längst mehr oder weniger amalgamiert waren, und er schrieb, wie es sich für einen Bewohner des Ostteils des Reiches gehörte, stolz in griechischer Sprache. Viele griechische Autoren der römischen Kaiserzeit, besonders der Zeit zwischen der Mitte des ersten und der Mitte des 3. Jahrhunderts n. Chr., werden heute unter dem Etikett der „Zweiten Sophistik“ zusammengefasst. Kennzeichnend für diese literarische Strömung war die Betonung von Rhetorik und Bildung, wobei man sich vor allem für die glänzende Vergangenheit des 5. und 4. Jahrhunderts v. Chr. interessierte; dass die eigenen Heimatstädte seit mehreren Jahrhunderten Bestandteil des Römischen Reiches waren, ignorierte man bei Bedarf. Aelius Aristides widmete sich auch Rom; in seiner bekanntesten Schrift, der „Romrede“, pries er die Bedeutung der Stadt, die Größe des Reiches und die pax Romana. Im Winter 143/144 erkrankte er bei einer Reise vom östlichen Kleinasien nach Rom. Aufgrund heftiger Magenleiden hielt er sich 144 in einem Asklepiosheiligtum bei Smyrna auf, 145 in einem Heiligtum desselben Gottes in Pergamon. Die „Heiligen Berichte“ sind von beträchtlicher Länge und erlauben einen Einblick in den individuellen Umgang mit Religion. Auch wenn der gewiefte Redner Aelius Aristides sich literarisch inszenierte, ist es zumindest von Bedeutung, was er über seine Beziehung zu Asklepios schrieb: Aelius Aristides bewegte sich also innerhalb dessen, was man über Religion sagen konnte.

Asklepios

Gleich zu Beginn seines Buches erklärt Aelius Aristides, er habe sich Asklepios wie einem Arzt überlassen. Auch wenn die Ärzte anderes anordnen, hält sich Aelius Aristides stets an die Botschaften, die er im Traum von Asklepios empfängt. Mehrfach wird ihm aufgetragen, im Winter bei eisigem Wind im Freien zu baden. Und jedes Mal hat diese Therapie, welche den Zeitgenossen Schauder über den Rücken jagt, Erfolg: Statt einer tödlichen Lungenentzündung zu erliegen, fühlt sich Aelius Aristides erquickt. In seinen Träumen lässt sich eine starke Selbstdarstellung erkennen, wobei hier nicht der Ort für eine psychologische Deutung sein soll:

Religion in der Antike

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