Читать книгу Elfenzeit 4: Eislava - Verena Themsen, Uschi Zietsch - Страница 14
6.
Gefährliche Neugier
ОглавлениеSie mag mich … sie genießt meine Nähe …
Wie ein endloser Kreisgesang hallte es in Ainfars Kopf. Was so viele Elfen am Hof sich ersehnten, er hatte es erreicht, wenn auch auf anderem Wege als er früher gehofft hatte, wenn er ihr für kurze Momente nahe war. Sie, die hohe Herrscherin des Schattenlandes, deren Anblick jeden alles vergessen ließ außer dem Wunsch, ihr zu dienen und ihr Wohlwollen zu erlangen … sie liebte ihn.
Nicht auf die Art, wie sie einen Mann lieben würde, aber es war besser als alles, was Ainfar sich als Mann jemals hätte wünschen dürfen.
Er räkelte sich in ihrer schlanken Hand, während sie sich mit ihrem Tischnachbarn unterhielt. Es schien, als sei sie ähnlich süchtig nach dem Wohlgefühl seines dichten seidigen Fells geworden wie er nach ihrer Berührung. Ein Kribbeln erfüllte ihn, als ihr Finger über seinen Rücken hinunter strich, und er schnurrte wohlig.
Bandorchu lachte.
»Fühlst du dich wohl, mein kleiner Liebling, ja? Dein ganzer Körper bebt …« Man hörte ihr an, dass es ihr gefiel, und so verstärkte Ainfar das Geräusch noch etwas. Zugleich sah er mit seinen schwarzen Knopfaugen zu ihr hoch und wackelte ein wenig mit der Stupsnase. Erneut lachte sie auf.
»Er ist wirklich allerliebst. Man könnte fast meinen, er wüsste genau, was mir gefällt, und würde alles tun, um mich zu erfreuen.«
Wie wahr das doch ist, dachte er. Was tu ich nicht alles für einen Blick deiner strahlenden Augen, meine Herrscherin, für dein helles Lachen, deine zärtliche Berührung … würde ich nur einmal, nur ein einziges Mal diese Berührungen auch erwidern dürfen, dich mit meinen Händen liebkosen wie du es bei mir tust, dich die Lust erleben lassen, die du in mir erregst, ohne dass ich es jemals ausleben darf … Ah. Ich würde mein Leben dafür geben. – Und das würde es mich vermutlich auch kosten.
Mit einem inneren Seufzen ließ er seinen Kopf wieder auf die Hand der Königin sinken, schloss die Augen und gab sich der Glückseligkeit des Augenblicks hin.
Neben dem Stimmengemurmel hörte er ein Flüstern über sich. Vermutlich erhielt Bandorchu eine Mitteilung, die nicht jeder hören sollte. Ainfar spitzte die Ohren, rührte sich jedoch nicht.
Im nächsten Moment spürte er, wie Bandorchu erstarrte. Ihre Finger verharrten in seinem Fell, und sie krümmten sich leicht unter einer plötzlichen Anspannung. Schmerzhaft gruben die Kanten ihrer scharfen Nägel sich in seine Haut, und er konnte ein schmerzliches Fiepen nicht unterdrücken. Er öffnete die Augen und starrte zu ihr hoch. Die Schlangenköpfige, die Ainfar schon damals im Garten gesehen hatte – vor Tagen, vor Leben, vor Äonen des Genusses … was ist inzwischen außerhalb dieser Mauern geschehen? –, zog sich zurück. Bandorchus Gesicht war reglos, wie ein Kristall, erstarrt in ihrer absoluten und reinen Schönheit. Lediglich ihre Augen durchbrachen das Bild der Eisstatue, denn sie funkelten und glitzerten in dunklem Feuer.
»Er ist zurück«, flüsterte sie, und gierige Erregung durchpulste jedes ihrer Worte. »Endlich!«
Ainfar bewegte sich ein wenig, versuchte, sich aus ihrem schmerzhaften Griff zu lösen. Sie schien es zu bemerken und sah zu ihm hinunter. Schlagartig verschwand die Starre wieder, und ihre Züge wurden weich. Zugleich entspannte sich ihre Hand, und der stechende Schmerz in seiner Seite schwand. Vorsichtig hob sie die Hand, in der er ruhte, bis auf die Höhe ihres Gesichtes. Ainfar fand sich Auge in Auge mit der Herrscherin, und unter der Intensität ihres Blicks erlebte er ein Wechselbad der Gefühle, durchlebte panische Angst und endlose Sehnsucht zugleich.
»Entschuldige, kleiner Ariàn«, sagte sie mit süßer Unschuld in der Stimme, die so gar nicht zu dem grünen Feuer ihrer Augen passen wollte. »Du musst verstehen, ich bin so aufgeregt … ich bekomme etwas, worauf ich schon lange gewartet habe. Aber was rede ich, du bist nur ein dummes Tier …«
Ich verstehe es, Herrin!, wollte er hinausbrüllen. Ich verstehe es! Würde ich nur einen Hauch von Euch erhalten, einen Kuss, einen Augenblick allein mit Euch, in meiner wahren Gestalt … die Vorfreude würde mich nicht anders sein lassen als Euch jetzt …
Doch seinem Mund entwich nur ein weiteres leises Fiepen, und er rieb stattdessen seine Nase an ihrer Hand.
»Aber vielleicht verstehst du mich doch«, sagte sie nachdenklich. »Vielleicht geht mehr in deinem kleinen Köpfchen vor, als ich annehme. Manchmal wüsste ich gern, woran du so denkst, mein kleiner Ariàn, mein Silberling …«
Eisiger Schreck durchfuhr den Tiermann. Auf einmal wurde ihm wieder bewusst, in welcher Lage er sich befand.
Was, wenn sie in meine Gedanken eindringt? Wenn sie erkennt, was ich wirklich bin?
Der Blick ihrer hellen Augen schien ihn bis auf den Grund seiner Seele zu durchdringen. Doch dann lächelte sie.
»Aber egal ob du mich verstehst oder nicht – es ändert nichts daran, dass ich mich für eine Weile von dir trennen muss. Melemida! Nimm unseren kleinen Liebling und pass auf ihn auf.«
Bandorchu erhob sich, und die Dryade trat zu ihr. Im nächsten Moment fühlte Ainfar sich hochgehoben und landete auf den knorrigen Zweigen. Bandorchus Fingerspitzen strichen noch einmal sanft über sein Rückenfell, dann wandte sie sich zum gehen.
»Bis später, Ariàn. Benimm dich anständig.«
Ainfar hockte auf den Armen eines Kristallleuchters, der von innen heraus strahlte und Bandorchus Empfangszimmer durch aufgespannte Prismenfeenflügel hindurch in vielfarbiges, zittriges Schimmern tauchte. Sein Bauch fühlte sich an, als läge ein kalter Eisbrocken darin.
Er ist bei ihr. Sie hat sich geschmückt, hat sich bereit gemacht, um ihn zu empfangen, allein.
Witternd sog er mit seiner kleinen Nase die Luft ein, als könne er die eisige Aura riechen, die der Getreue verbreitete. Dessen Rückkehr war es gewesen, die Bandorchu gemeldet worden war, und die ihn, Ainfar, aus ihrer Nähe verbannte.
In ihren eigenen Räumen empfängt sie ihn. Und sie wird ihm das schenken, wonach sich jeder Elf in diesem Schloss verzehrt. Vielleicht schon jetzt …
Er starrte zu der Tür, die in ihre Gemächer führte. Doch er sah nicht die zu kunstvollen Ornamenten verschmolzenen weißen Knochenbögen, aus denen sie bestand. Was er sah, spielte sich nur vor seinem inneren Auge ab.
Er sah die Königin in ihrem hauchdünnen weißen Gewand, das an den passenden Stellen dem Blick für atemberaubende Momente Durchgang gewährte, um Ahnungen zu erzeugen, nur um ihn im nächsten Augenblick schillernd zurückzuweisen. Er sah sie sich bewegen, sich langsam so setzen, dass kurzzeitig der Stoff an der Seite aufsprang und ihre makellose schneeweiße Haut sehen ließ, die über das Leder des Sitzes glitt, ehe Bandorchu in aufreizender Art die Beine überschlug. Er sah ihren Augenaufschlag, der das klare Grün offenbarte, das wie kaltes Feuer war. Wie sie mit den Händen den Stoff ihres Gewandes glatt strich und damit die Ahnungen ihres Körpers zu Gewissheiten werden ließ, wie sie sich vorbeugte, den Mund leicht geöffnet, die gewölbten Lippen ein stummes Versprechen … all die kleinen Gesten, die er schon so oft an ihr gesehen hatte, wenn sie sie einsetzte, um sich ihre Untertanen willfähriger zu machen.
Doch hier würde es nicht nur bei Gesten bleiben. Er hatte sie gehört, mehr als einmal, wenn er da war. Ihr Stöhnen, ihr lustvolles Keuchen. Er hatte sich vorgestellt, wie diese eiskalten Finger über ihren warmen Körper glitten, ihre Brüste umstrichen und die Brustwarzen sich aufrichten ließen, wie ihre Härchen sich aufstellten wo immer er sie berührte, und ihr Körper sich wand … wie seine Hände tiefer glitten, er ihre Lippen mit seinen verschloss, sein Blick sich mit ihrem verschränkte, während er sie an sich riss und sie seine Erregung spüren ließ …
Ainfar ächzte innerlich vor Eifersucht.
Warum gerade er? Was gibt ihm solche Macht über sie? Was hat er, das ihr Begehren weckt? Erregt sie das Bewusstsein seiner Macht? Benutzt sie die Vereinigung mit ihm, um ihn zu kontrollieren? Beherrscht er sie, oder sie ihn?
Es war ein verwirrendes Spiel zwischen diesen beiden mächtigen Wesen.
Und beide stellen sie Rätsel dar, jeder auf seine Art. Bandorchu – sie wirkt inzwischen, als wäre dies ihr wahres Zuhause. Und der Getreue, aus dem Nichts gekommen, vom Kau mitgebracht aus der Welt der Sterblichen, als dieser das erste Mal ein von Bandorchu geschaffenes Tor durchschritt … Wer ist er? Was ist er?
Es war eine Frage, die sich hinter vorgehaltener Hand jeder in der Zitadelle stellte.
Obwohl er sich in der Art seiner Bewegungen den Elfen angepasst hatte, konnte jeder spüren, dass der Getreue keiner von ihnen war. Es war nicht nur Kälte, die er ausstrahlte – es war die Kälte seiner Aura, mit einer Intensität, die jeden schaudern ließ, der für diese Dinge empfindlich war. Tief in die Dunkelheit seines schwarzen Kapuzenumhangs gehüllt verstärkte er diesen Eindruck und hütete seine Geheimnisse. Selbst die Blicke der Flügelsphinxen hatten den Stoff nicht durchdringen und seine wahre Gestalt ergründen können.
Das Leder ihrer Flügel zierte nun die Türen seiner Gemächer und ihre Augenbälle beleuchteten sie, während sie selbst klagend und blind über die Ebene streiften.
Manchmal konnte man Augen dort erahnen, wo unter der Kapuze das Gesicht des Getreuen sein sollte. Doch der Tiermann hatte den Eindruck, dass es eher sein Blick war, den man spürte. Und seine heisere Stimme, die Ainfar seit der Begegnung im Gang stets zusammenzucken ließ, wann immer sie erklang, bot ebenso wenig Hinweis auf seine Herkunft.
Er war ein Rätsel.
Und was, wenn ich das Rätsel löse?
Ein wagemutiger Gedanke kam ihm. Vielleicht konnte er sich besser vor dem Getreuen schützen, wenn er wusste, was er war. Und vielleicht würde es ihm sogar die Möglichkeit geben, Macht über ihn zu gewinnen. Zumindest musste es ein wertvolles Wissen sein, wenn er es so sehr hütete.
Ainfars Blick wanderte über die Ornamente der Wände hinauf, dorthin, wo durch schmale, unter den Musterungen kaum erkennbare Schlitze Luft von außen eindrang, ohne dem Licht Eintritt zu gewähren. Schlitze, durch die kaum etwas hindurch kam, außer dem Staub der Ebene … und vielleicht ein kleines Silberhörnchen.
Ainfar verfluchte seine Neugier. Dennoch kehrte er nicht um.
Der Schlitz, durch den er sich gedrückt hatte, hatte ihn in einen unregelmäßig geformten Gang geführt, der sich durch die Mauer der Zitadelle wand. Es war ein vertrautes Gefühl gewesen, dort hindurch zu huschen – fast als wäre es ein Silberhörnchen-Bau. Doch der Gang hatte ihn nicht dorthin geführt, wohin er wollte. Stattdessen fand er sich plötzlich in grellem Licht wieder, und im nächsten Moment jagte ein dunkler Schatten über ihn hinweg.
Das Außen!
Kurz hatte er sich zurück in den Schacht geduckt, hatte die Pfoten über die Augen gelegt, um nicht sehen zu müssen, was dort draußen war. Doch dann hatte die Neugier gesiegt.
Gut, dieser Schacht endet an der Außenmauer, dachte er. Dann muss von hier ein anderer Schacht in ihr Zimmer führen. Und dort, wenn Bandorchu und der Getreue ihr Vorgeplänkel beendet haben, wird er seine schützende Hülle ablegen, und dann …
Zu Ainfars Glück war auch die Außenwand der Zitadelle voller verschnörkelter Verzierungen, die einerseits einen Sinn für Ästhetik, andererseits einen Ausdruck von Grausamkeit und Hass offenbarten. Jedes Detail, das man betrachtete, schien andere Bilder von Schmerz und Wahnsinn zu zeigen, und so zog es Ainfar vor, einfach nur darüber hinweg zu huschen auf der Suche nach einem neuen Einstieg, durch den er den wehenden Schatten entkommen konnte. Er fand ihn in einem Ornament, das aussah wie das unter Qualen schreiende Gesicht einer wunderschönen Elfe. Durch den Mund konnte er erneut ins Mauerwerk der Zitadelle schlüpfen.
Am Ende des Gangs fand er sich in Melemidas Raum wieder. Enttäuscht hastete er zurück. Auch der nächste und der übernächste Gang erwiesen sich als falsche Wege, keiner von ihnen führte ans Ziel. Zudem befürchtete er, dass er den ursprünglichen Weg nicht mehr wiederfinden würde, denn die Oberfläche der Zitadelle war für ein Wesen seiner Größe ein unüberschaubares Labyrinth. Würde jemand misstrauisch werden, wenn er nicht mehr an seinem Platz in Bandorchus Vorraum war? Würde man irgendetwas vermuten, wenn er plötzlich an einem völlig anderen Ort auftauchte? Die Möglichkeiten, die ihm die neu gefundenen Verbindungswege boten, würde er nur ungern verlieren. Vielleicht würde er auf diesem Weg hinter einige der Geheimnisse Bandorchus kommen … und das war doch sein Ziel, oder?
Im Moment allerdings trieb ihn nur seine Neugier bezüglich des Getreuen.
Er tauchte in den Schatten des nächsten Luftschlauchs, schob sich durch die engen Windungen, die das Eindringen von Licht und Staub verhindern sollten. Als er sich mit einer Drehung aus der engsten Stelle befreite, hörte er leise Stimmen. Sein Herz jubelte, doch im nächsten Moment verspürte er Enttäuschung, als er Bandorchus Worte hörte.
»Wann wirst du wiederkommen?«
Er hörte ein Rascheln von Stoff.
»Bald.« War das die Stimme des Getreuen? Wenn er sie auch nur gedämpft hörte, kam es ihm doch so vor, als läge nicht die übliche Heiserkeit darin.
Ainfar huschte weiter den Gang entlang, bis er Schlitze erreichte, die denen ähnelten, durch die er im Vorzimmer hinaus geschlüpft war. Vorsichtig lugte er in das Zimmer und schnaufte dann enttäuscht. Zwischen ihm und dem Bett, bei dem die beiden sich ihren Stimmen nach befanden, stand ein Sichtschirm mit floralen Ornamenten, die sich stetig umgruppierten, ohne jedoch mehr als Schemen dahinter erahnen zu lassen. Ainfar drückte den Kopf durch die Schlitze und sah sich um. Ein Absatz verlief ein wenig unterhalb von ihm. Er schob sich in den Raum und ließ sich hinunterfallen. Auf dem Weg erzeugten seine Krallen ein Kratzen auf dem Stein, das in seinen Ohren wie Donner dröhnte. Bei der Landung raste sein Herz vor Aufregung, und er kauerte sich zunächst nur auf dem Absatz zusammen.
»Ich werde den nächsten Knoten aufsuchen«, fuhr die Stimme gerade fort. »Ich weiß noch nicht, wie viel Zeit es kosten wird, und ich muss sicher sein, dass es der Richtige ist. Wir können uns in diesem Spiel keine Fehler erlauben.«
»Und du wirst keine machen.« Ihre Stimme klang zugleich lasziv und unterschwellig bedrohlich.
Sie hatten ihn nicht bemerkt.
Bisher.
Er zog die Krallen ein, so gut es ging und folgte tief geduckt dem Absatz.
Nur ein kleines Stückchen, dann kann ich um den Schirm herum sehen. Nur ein kleines Stückchen …
»Ich werde keine machen.« Es war kein reines Versprechen des Getreuen, sondern drückte selbstsichere Gewissheit aus. »Wir werden unser Ziel erreichen. Du wirst die Welt der Sterblichen betreten, und ich werde sie dir zu Füßen legen.«
Ainfar erstarrte, wo er war.
Die Welt der Sterblichen betreten?
Er bemerkte erst, dass er weit genug dem Absatz gefolgt war, als er aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahrnahm. Hinter dem Sichtschutz stand Bandorchus Himmelbett aus weißer Seide und matt schimmerndem Kristall. Sie lag auf der Seite, das Seidenlaken um ihren Körper und ein Bein geschlungen, während das andere leicht angezogen darüber lag. Sie beobachtete die dunkle Gestalt, die sich vor ihrem Bett hinunterbeugte, mit dem Rücken zu Ainfar.
Der Getreue!
Ainfar musste um Augenblicke zu spät gekommen sein. Der Getreue hatte bereits seine Kutte übergeworfen – Wenn er sie überhaupt abgelegt hat! –, und ehe er einen Blick auf mehr als zerzaustes schwarzes Haar und die Ahnung blasser Haut erhaschen konnte, griff dieser mit seinen behandschuhten Händen nach hinten und schlug die Kapuze hoch.
Bandorchu machte indessen eine nachlässige Geste, die nicht zu dem harten Blick ihrer Augen passen wollte.
»Sterbliche. Sieh zu, dass wir nicht selbst wie sie enden. Das Tor ist wichtig – aber es ist mindestens ebenso wichtig, den Verfall aufzuhalten, und in dieser Hinsicht hast du bisher keine großen Erfolge aufzuweisen.« Sie setzte sich auf und hob die Arme, um ihre Haare nach hinten zu streifen. Das Laken glitt an ihrem Körper hinab, und der Anblick ihrer makellos milchweißen Haut, der weichen Rundungen ihrer Brüste und der wie kleine rosa Knospen darauf sitzenden Brustwarzen lies Ainfars Atem stocken. Seine Gedanken verwirrten sich, und er konnte kaum noch wahrnehmen, was weiter gesprochen wurde.
»Ich kann mich nicht um zu viele Dinge gleichzeitig kümmern, und so lange ich mit Helfern wie Cor und dem Kau oder diesem Stümper Alebin arbeiten muss, wird es immer wieder Rückschläge geben. – Aber wir werden sehen. Vielleicht finde ich ja unter den Sterblichen Verbündete, die mich erfolgreicher unterstützen. So lange muss ich mich wohl mit dem begnügen, was mir zur Verfügung steht, und wir müssen mit den Erfolgen zufrieden sein, die wir haben. Und solange sie in der Sache des Quells glauben, uns voraus zu sein, wiegen sie sich in Sicherheit.« Er lachte leise. »Sie waren dabei, als ich den ersten Knoten für uns versiegelt habe, und dennoch haben sie offensichtlich keinen einzigen weiteren Gedanken darauf verschwendet, was das bedeuten könnte. Sie jagen nur dem Quell hinterher … und es kann uns nicht stören, wenn sie ihn vor uns finden sollten. So oder so fällt am Ende alles uns in die Hände.«
Langsam drang das Gehörte zu Ainfars Bewusstsein durch, und der Schock durchfuhr ihn bis ins Innerste. Seine Gedanken, beim Anblick von Bandorchus Körper zäh geworden wie Tannenharz, rasten nun so schnell wie sein Herzschlag.
Alebin … im Dienst Bandorchus … noch immer! Alebin, mein Bruder, der Meidling, wegen dem ich hier bin … wer hätte geahnt, dass er mit der gleichen Absicht zurückgeblieben ist, mit der ich mitgegangen bin? Und Regiatus und Fanmór sind so ahnungslos, wie ich es war. Tore … und die Herrschaft über die Welt der Sterblichen … sie plant tatsächlich, schon in absehbarer Zeit das Schattenland zu verlassen!
Ihm wurde schwindlig, und damit begann sein Verderben. Der Absatz unter ihm war schmal, und eine seiner Pfoten rutschte ab. Erschrocken versuchte er, seinen Absturz zu verhindern, indem er seine Krallen ausfuhr. Doch der Fels war glatt und bot keinerlei Halt. Mit einem hässlichen Kratzen von Krallen auf Stein kam er ins Rutschen.
Der Getreue fuhr herum, und sein Blick glitt suchend durch den Raum.
»Was ist das?«, zischte er. Im nächsten Moment spürte Ainfar, wie der Blick des Mannes sich auf ihm festsog und dessen kalte Aura nach ihm griff. Seine Glieder wurden steif, Lunge und Herz schmerzten von der Anstrengung, sich gegen die Starre zu wehren.
»Ungeziefer«, stellte der Getreue verächtlich fest. Aus dem Augenwinkel sah Ainfar, wie er eine Hand hob.
In diesem Moment gaben seine Muskeln nach, und er stürzte ungebremst dem tief unter ihm liegenden Boden entgegen.