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MÖGLICHE AUSWEGE

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Einen guten und wichtigen Schritt in die richtige Richtung stellt der Synodale Weg dar, der als Reaktion auf die Ergebnisse der MHG-Studie ins Leben gerufen wurde und dessen Gast-Mitreisende ich bin. Er ist eine der wenigen – und vielleicht letzten – Chancen, grundlegende Veränderungen in der den Machtmissbrauch tragenden DNA der Kirche (vgl. Bischof Heiner Wilmer: „Der Missbrauch von Macht steckt in der DNA der Kirche.“) herbeizuführen. Gerade die fundierten und wegweisenden Texte des Forums ‚Macht und Gewaltenteilung‘ entwerfen eine Kirche, wie sie sein könnte, ja sein sollte. Allerdings sind die Beschlüsse des Synodalen Weges bekanntlich nicht bindend, weshalb es letzten Endes in den Händen der Bischöfe liegt, ob, wie und in welchem Umfang sie die Beschlüsse in den jeweiligen Bistümern umsetzen. Werden sich die Bischöfe also weiterhin an ihre Macht und an verletzende, ungerechte und missbrauchsbegünstigende Strukturen klammern und somit die Botschaft, die sie eigentlich verkünden sollen, weiter verdunkeln? Oder sind sie bereit, sich selbst zu entmachten und an der Gestaltung einer demokratischeren, (geschlechter-)gerechteren, sichereren, evangeliumsgemäßeren und zukunftsfähigeren Kirchenform mitzuwirken? Diese Fragen können allein die Bischöfe beantworten.

So liegt es auch in den Händen von uns Gläubigen, ob wir dieses Machtspiel weiter mittragen und somit am Leben halten oder ob wir den Vertretern des klerikalistischen Systems Kirche schlichtweg die Macht entziehen: Indem wir uns daran erinnern, dass wir alle Würdenträger*innen sind.

Und auch der Theologie kommt in diesem notwendigen Veränderungsprozess eine tragende Rolle zu, denn es bedarf einer gegenwartssensibleren und missbrauchsunanfälligeren Theologie des Amtes: weg von einer gefährlichen Überhöhung, hin zu einer reflektierten Erdung. In diesem Zusammenhang betont der Wiener Pastoraltheologe Johann Pock: „Die Theologie des Amtes braucht eine Ausfaltung und Aktualisierung. Diese muss wegführen vom reinen Blick auf ‚Weiheämter‘ hin zu den Dienstämtern in ihrer Pluralität: Ämter von Frauen und Männern; Ämter mit Weihe, Beauftragung, Sendung; Ämter mit zölibatärer oder anderer Lebensform. Der Ausgangspunkt hat bei der gemeinsamen Taufberufung zu liegen, nicht bei der ‚besonderen‘ Berufung zum Priestertum“ (Pock, 183). Im Zuge dessen wäre es zudem an der Zeit, entklerikalisiertere und inklusivere Liturgieformen zu entwickeln.

Last but definitely not least wäre da die in der gemeinsamen Taufberufung schon angeklungene und nicht zu unterschätzende Rolle des gesamten Gottesvolkes. Denn um Macht innehaben und ausüben zu können, bedarf es auch eines Gegenübers, das dieses ‚Spiel‘ mitmacht und das sich dieser hochproblematischen Machtform freiwillig unterwirft. So liegt es auch in den Händen von uns Gläubigen, ob wir dieses Machtspiel weiter mittragen und somit am Leben halten oder ob wir den Vertretern des klerikalistischen Systems Kirche schlichtweg die Macht entziehen: Indem wir uns daran erinnern, dass wir alle Würdenträger*innen sind. Indem wir uns nicht mehr gehorsam fügen, sondern freimütig Widerstand leisten, uns selbst ermächtigen und gemeinsam für eine bessere Kirche kämpfen – im Wissen darum, dass Gott auf der Seite der Erniedrigten und Ohnmächtigen steht und nicht davor zurückschreckt, „die Mächtigen vom Thron“ (Lk 1,52) zu stürzen.

Lebendige Seelsorge 1/2022

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