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Volksliturgie

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Das Leben und Wirken Parschs war geprägt von der Grundhaltung, mit sanfter Zähigkeit vorzugehen. Das lässt sich an folgenden Beispielen ablesen. Was für uns heute nahezu selbstverständlich erscheint, war zu Lebzeiten von Parsch ein Wunschtraum: Der Gottesdienst wird von der gesamten Gemeinschaft gefeiert. Der Zustand, den Parsch vorfand, als er selbst als Seelsorger zu wirken begann, war ein anderer: Der Klerus zelebrierte die Messe in einer dem/der gewöhnlichen Gläubigen kaum mehr zugänglichen Form und Sprache und das Volk wohnte dem heiligen Spiel im besten Fall fromm bei. Das konnte Parsch – und mit ihm viele andere Vertreter der Liturgischen Bewegung – nicht hinnehmen, sodass er es sich zum Ziel machte, dem Volk seine Liturgie zurückzugeben, sie wieder zum Volks-Werk zu machen. Im Bewusstsein, dass es sich dabei um eine Tautologie handelt, überschrieb er sein zentrales Anliegen mit dem Begriff „Volksliturgie“. Der Weg zu diesem Ziel führte nach Parsch über mehrere Etappen. Es galt, dem Volk zu ermöglichen, am eucharistischen Gottesdienst wieder teilzuhaben. Konkret bedeutete dies, das Wort Gottes zu hören und in der Kommunion Christus zu empfangen. Das Lateinische und Fehlentwicklungen in der Kommunionpraxis hatten dies bisher erschwert. Zunächst seien die Menschen zum Verstehen der Liturgie hinzuführen, bevor sie im nächsten Schritt dann aktiv teilnehmen könnten. Rückenwind aus Rom für sein Anliegen wollte der Klosterneuburger Chorherr nicht nur im Schreiben von Pius X. Tra le sollecitudini (1903) erkennen, in dem uns zum ersten Mal die Wendung participatio actuosa begegnet. Auch ein weiterer Pius, nämlich Pius XII., widmete nun der Liturgie im Gesamten eine Enzyklika, Mediator Dei (1947). Bei aller kritischen Würdigung des Schreibens, das auch vor Auswüchsen der liturgischen Bewegung warnt, sieht sich Parsch in seinem Vorhaben grundsätzlich gestärkt. Für ihn gelte weiterhin, den Weg zu bahnen von Privatmessen des Priesters hin zur gemeinschaftlichen Feier der gesamten christlichen Gemeinde. Dabei, so Parsch in Volksliturgie, „wollen wir uns gewiß vor Übereifer bewahren und mit den Gegebenheiten abfinden, aber mit sanfter Zähigkeit wollen wir auch dieses Ziel unserer Bewegung verfolgen. Wir glauben nicht, daß dies dem Geist und Sinn des Papstschreibens widerspricht.“4 Mit sanfter Zähigkeit sei nicht nur deswegen vorzugehen, um mit der kirchlichen Hierarchie nicht in Konfrontation zu treten, sondern auch, weil sich Parsch bewusst war, dass das Volk erst langsam wieder hingeführt werden muss zu seiner ureigentlichen Aufgabe, Verantwortung im Gottesdienst zu übernehmen. Das darf nicht überstürzt geschehen, sondern muss beharrlich verfolgt werden, eben mit sanfter Zähigkeit.

Geist & Leben 2/2022

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