Читать книгу In der Ferne scheint das Glück - Veronika Danzer - Страница 3
Prolog: Verborgen im Regenwald
ОглавлениеJennifer konnte hier überall sein.
Als ich mich auf die Suche nach ihr machte und zum ersten Mal den Sandweg hinauflief, konnte ich es kaum erwarten, sie zu finden. Ich wollte endlich wissen, wie dieses Pferd, von dem ich schon so viel gehört hatte, aussah. Ein Freund hatte mir immer wieder von Jennifer erzählt. Sie lebte seit sieben Jahren im Regenwald. Wild, frei und allein.
Mein Herz hüpfte mit jedem Schritt. Ich war umgeben von einem grünen Dickicht und mächtigen zugerankten Bäumen. Exotische Vögel schrien wie in einem riesigen Tropenhaus. Nur dieses hatte kein Dach. Die Sonne knallte herab und bei jeder Bewegung brach mir der Schweiß aus.
Aufmerksam erkundete ich das unübersichtliche Gelände am vor mir liegenden Hang, bewegte mich langsam auf ausgetretenen Pfaden fort, hielt dabei immer wieder inne und suchte die Umgebung ab.
Ich entdeckte Jennifer schließlich auf einem Feld. Sie bediente sich seelenruhig am Grünzeug und hatte mich noch nicht bemerkt.
In etwa fünfzig Metern Entfernung blieb ich stehen. Ich hätte jubeln können vor Freude, doch ich hatte Angst, sie zu verschrecken. Ihre Mähne und ihr rotbraunes Fell waren zerzaust, aber sie wirkte gesund und stark.
Dann warf sie mir plötzlich einen kurzen Blick zu und flüchtete. Hinterherzulaufen wäre sinnlos gewesen.
Im Schatten setzte ich mich an den mächtigen Stamm eines Kapokbaumes und lauschte, erschöpft von der Suche. Das Meer rauschte von fern, Vögel zwitscherten durcheinander.
Ich wartete gespannt.
Auf einmal glaubte ich, ganz schwach Schritte auf dem Laub zu hören. Da war sie wieder: Jennifer lief hin und her, als wollte sie mich umkreisen, und kam behutsam Meter für Meter näher.
Als ich sicher war, dass sie es sehen konnte, holte ich eine Mango aus der Tasche und wickelte sie aus der Tüte aus. Ihre Ohren stellten sich auf. Neugierig hielt sie inne und starrte auf die Frucht in meiner ausgestreckten Hand.
Ein zögerlicher Schritt nach vorn, dann tänzelte sie wieder zur Seite. Skeptisch und unentschlossen hielt sie sicheren Abstand zwischen uns, obwohl ich auf dem Boden saß. Ihr Körper war viel mächtiger als meiner, eher wäre sie eine Bedrohung für mich gewesen.
Ich beobachtete sie geduldig. Einen Versuch war es wert: Nach einigen Minuten erhob ich mich langsam und bedächtig. Doch kaum hatte ich zwei Schritte auf sie zugemacht, galoppierte sie davon und ich sah die fuchsfarbene Stute zwischen den Bäumen verschwinden.
Was hatte sie so scheu werden lassen? Ich wusste es nicht. Doch egal, ich hatte sie tatsächlich gefunden.
Erschöpft lief ich den Pfad entlang zurück zur verlassenen Straße. Es war ein unglaublich starker Impuls in mir: Ich wollte dieses Pferd, das keinen Menschen in seine Nähe ließ, unbedingt haben.