Читать книгу Das Vertrauen der Erde in die Samen - Veronika Wlasaty - Страница 10
Kein Fortschritt ohne Visionen
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„Nichts auf der Welt ist mächtiger als eine Idee, deren Zeit gekommen ist.“ Victor Hugo
Visionen…
...sehen und denken noch nicht Sichtbares
...sind Ausdruck innerer Freiheit und Unabhängigkeit
...transformieren alte und manifestieren neue Realitäten
...inspirieren und beflügeln
...lassen Menschen über sich hinauswachsen
...öffnen Türen, wo wir keine vermuten
...eröffnen Potentiale, die jenseits unserer Vorstellungskraft liegen
...schließen Vernunft und Verstand nicht aus, erheben sich jedoch weit über diese hinaus.
...weisen einen möglichen Weg in eine lebenswertere Zukunft
Gute Visionen dienen dem Individuum und dem Gemeinwohl. Ich plädiere dafür, dass wir einander konkurrenzfrei, über Parteiinteressen und andere Begrenzungen hinaus bei der Entwicklung solcher Visionen unterstützen. Konkurrenzfreiheit, Verzicht auf Vergleich und dadurch auf Bewertung widerspricht dem gegenwärtigen, neoliberalen Zeitgeist, der auch unser Schulsystem prägt. Lernen und Leistung, die sich ausschließlich dem Wettbewerb und der Profitmaximierung verschreiben, kommen weitgehend ohne Vision aus und züchten „menschliche Bonsais“ heran – eine Metapher für das Beschneiden und Zurechtstutzen persönlicher Eigen-Art und des jedem Individuum innewohnenden, einzigartigen Potentials, das naturgemäß zur Entfaltung drängt, wo man es zulässt. Eine sozialisierende Institution wie Schule, die den Anspruch hat, auf das Leben vorzubereiten, sollte diese Entfaltung fördern. Noch fehlt mir in unserem Schulsystem allzu oft dieser Blick auf die Einzigartigkeit seiner Mitglieder, noch wird allzu vielen allzu oft vermittelt, nicht zu genügen. Eine Erwartung an die Schule ist, dass sie eine spätere Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermögliche. Die Auffassung, dass diese Teilhabe nur über eine gelingende Eingliederung in den leistungs- und wettbewerbsorientierten Arbeitsprozess erreichbar ist, bedarf meines Erachtens einer kritischen Betrachtung. Konkurrenz bedeutet immer auch Leistungsdruck. Die Freude am Tun braucht weder noch. Wir alle hatten in unserem Leben schon des Öfteren dieses so genannte Flow-Erleben, das meist mit kindlichem Spiel assoziiert wird. Dieses Einswerden mit dem, was ich tue, das mich als Ganzes gefangen nimmt, das mich im Einklang sein lässt mit meinem innersten Wesenskern, entbehrt jedes Leistungsdenkens und steht dennoch nicht im Widerspruch dazu. Denn wann und wo ist unsere individuelle Schaffenskraft und Bereitschaft zu persönlicher Höchstleistung größer als in solch magischen Momenten, in denen wir mit unseren ureigensten Stärken und Interessen in Verbindung sind? Eine Schule und im weiteren eine Gesellschaft, die den ganzen Menschen im Blick haben will, muss für Bedingungen sorgen, die nicht den Druck, sondern den Leistungswillen oder besser noch die Freude am (Er-)Schaffen erhöhen. Die Aussage, dass jeder von uns etwas gut kann, darf nicht zur Floskel verkommen, sondern muss auch im Schulsystem gebührend Beachtung finden. Jeder Schüler muss auf seine Weise gut sein dürfen. Es geht nicht darum, einander zu übertreffen oder auszustechen, sondern darum, das zu werden und zu leben, worin unsere einzigartige Bestimmung liegt. Eine Schule, die dem Rechnung tragen möchte, wird ohne Visionen nicht auskommen.