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Mein Weg – meine Verantwortung, eine Einleitung

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„Der Weg jedes Menschen ist ein Weg zu sich selber hin…“ (Demian, H. Hesse)

Im Zuge meiner professionellen Beschäftigung mit Schulentwicklung, zuletzt als Betreuungs- und Beratungslehrerin, ergab sich die Notwendigkeit einer Auseinandersetzung mit Themen, welche die schon lange Jahre stattfindende Schulreformdebatte mit sich brachte. Vieles von dem, was ich hier niedergeschrieben habe, trage ich schon eine ganze Weile mit mir herum. Manches stammt aus einer Zeit, in der noch keine Reform angedacht war – es sei denn in meinem Kopf, der sich immer weniger mit den vorfindbaren systemischen „Sachzwängen“ abfinden und arrangieren wollte. All das, was schon geraume Zeit darin herumspukte, hat in dieser Niederschrift ein Ventil gefunden. Zusammenhängendes und Bruchstückhaftes, alte, immer wiederkehrende Gedanken und neue Ideen miteinander zu verweben und in eine anschauliche, verständliche Form zu bringen, war dabei die schriftstellerische Herausforderung. Das vorliegende Buch, ursprünglich als persönliches Erkenntnis- und Lerntagebuch gedacht, wurde nicht in einem Guss geschrieben. Man möge mir Redundanz nachsehen und wiederholt aufscheinende Gedanken als mein persönliches, „geistiges Destillat“ ansehen, als Essenz, die herauszufiltern und hervorzuheben mir wichtig erschien, vergleichbar dem Refrain eines mehrstrophigen Liedes. Die Atmosphäre beim Komponieren dieses „Liedes“ war erfüllt mit wohltuenden und harmonischen, aber auch aufwühlenden und verstörenden Klängen. Im Zuge des Verfassens lichtete sich mein innerer Nebel, der mich lange Zeit in der Schullandschaft umherirren und nach einem Platz mit „guter Aussicht“ suchen ließ, meine Sicht wurde klarer. Und als alle Gedanken zu Text geworden waren, wusste ich, ich konnte nie mehr „die Alte“ sein, wenn ich mir selbst treu bleiben wollte. Aber noch war ich mitten im Geschehen ohne Vorstellung, wie es gut für mich weitergehen konnte. Als ich eines Tages, wie ich das gerne mache, mit dem Rad umherfuhr und mich am Ufer eines Teiches zur Rast niederließ, hatte ich plötzlich meine „gute Aussicht“ gefunden. Ich hatte eine Auszeit noch nie ernsthaft in Erwägung gezogen, jetzt kam sie wie ein Gedankenblitz und wurde zum Entschluss des Augenblicks, ohne Zögern getroffen. Tags darauf suchte ich um das erste Freijahr an, nach dessen Ablauf ich die Klarheit hatte, die ich benötigte, um schließlich nach Ablauf eines weiteren Jahres die Kündigung einzureichen. Was ich schon intuitiv geahnt hatte, war zur Gewissheit geworden. Mit einem Weitermachen wie zuvor, hätte ich all meine Überzeugungen verraten einschließlich mir selbst. Heute weiß ich, dass es weniger um ein Zurücklassen von etwas ungeliebtem Alten ging, als vielmehr um einen Aufbruch zu etwas Neuem, das auch noch ausprobiert werden wollte (unter anderem das Schreiben) – um den nächsten Schritt in meiner Biographie. Deshalb liegt es mir fern, zu meinen, es gäbe im Fall mangelnder Zufriedenheit mit dem Schulsystem keine andere Option als zu kündigen, und noch ferner, meinen Weg als den einzig (moralisch) „richtigen“ zu betrachten. (Es wäre bestimmt nicht förderlich, würden alle unzufriedenen und kritischen LehrerInnen, plötzlich kündigen.)

Lange habe ich mich gefragt, ob ich mich mit meiner „Komposition“ an die Öffentlichkeit wagen soll, auf das Risiko hin, bei anderen Dissonanz zu erzeugen. Die Vorstellung mich mit meinen Gedanken zu exponieren und als Utopistin zu gelten, bereitete mir zunächst Unbehagen. Die Erkenntnis, dass ich nichts zu verteidigen habe, weil ich nicht Recht habe – und auch nicht Unrecht, ermöglicht mir die Preisgabe meiner Wahrheit. Ich persönlich ziehe vor, diese nicht als Utopie, sondern als anregende Vision zu betrachten.

Das Vertrauen der Erde in die Samen

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