Читать книгу Todesfeier - Victoria Gothink - Страница 10
Kasimir Mindehith
ОглавлениеWie stellen Sie sich einen Mörder vor? In welches Gesicht würden Sie gerne schauen wollen? Welches Gesicht erscheint in Ihren schön- schaurigen Albträumen? Haben Sie es vor Augen? Vielleicht ein Gesicht, das Sie mit seinem grauenhaften Grinsen und blutunterlaufenden Augen anstarrt?
Vergessen Sie dieses Gesicht!
Wenn Sie mich kennen würden, dann würde Ihnen dieses Gesicht in den Träumen erscheinen. Meine gelben Augen und mein mit Narben übersätes Gesicht würden Sie nie wieder aus ihren Gehirnwindungen bekommen. Wenn ich in Ihrer Nähe wäre, würden Sie schreiend davonlaufen und zu dieser Stelle nie wieder zurückkehren.
Denn, obwohl diese Gesellschaft Mörder zu Nationalhelden werden lässt, hat sie immer noch eine Riesenangst vor ihnen.
Ich habe die Erde um acht Menschen erleichtert. Das hat niemanden gestört. Warum auch? Waren diese Menschen interessant oder intelligent? Vielleicht. Ich weiß es nicht. Für gewöhnlich halten Mörder keine Bewerbungsgespräche, bevor sie jemanden umbringen. Was wäre also gewesen, wenn sie die oben genannten Eigenschaften besäßen hätten? Hätte ich sie dann nicht töten sollen? Dadurch hätte ich nur weniger Spaß gehabt. Das hätte unser Weltenlenker doch auch nicht gewollt, oder? Bestimmt nicht. Ich weiß, ich argumentiere wie ein Mörder, der keine Seele in sich trägt. Aber das ist schon lange kein nennenswerter Preis in unserer Welt mehr, für den wir noch etwas bekommen würden. Mit einer guten Seele können Sie den Allmächtigen beeindrucken, doch auf dieser Erde ist das Dunkle und Abgründige der Boss.
Vor ein paar Jahren war ich in einem Museum. Es ging um die Jahre 2000- 2100. Ich wär ja fast aus den Latschen gekippt. Oder einen Grund gehabt wieder zu Morden. Zu der Zeit gab es noch Gefängnisse! Die haben tatsächlich Menschen, die so etwas Wunderbares wie einen Mord begangen haben, hinter Schloss und Riegel verfrachtet! Kann man sich das vorstellen? Als ich das gesehen habe, war mir speiübel und ich konnte die Welt nicht mehr verstehen. Wie konnte man so etwas Furchtbares machen? Ich bin immer noch fassungslos, wenn ich daran denke. Einen Moment bitte. Ich muss mich erst mal wieder fangen...
Ca. vier Stunden später.
So ich glaube, ich habe mich wieder einigermaßen unter Kontrolle. Aber das ist ja wohl das Schlimmste, das ich in meinem ganzen Leben gesehen habe.
Hätte ich meine kostbare Zeit in diesem Gemäuer verbracht, ich hätte Selbstmord begangen. Einen Mord, den ich eigentlich nicht über mich gebracht hätte. Die Menschen, die ich umgebracht habe, kannte ich nicht. Somit war der Mord im wahrsten Sinne des Wortes kurz und schmerzlos. Jedenfalls für mich. Aber ich kenne mich- und ich mag mich. Warum sollte ich mich dann umbringen? Aber in so einem Gefängnis hätte ich das glatt gemacht. Vielleicht hätte ich vorher noch ein paar Mithäftlinge umgebracht. Dann hätte ich vorher noch meinen Spaß gehabt. Sonst hätte sich der Selbstmord nicht gelohnt, oder? Bestimmt nicht. Wer auf einen anderen Gedanken gekommen ist, der ist in meinen Augen komplett irre.
Aber nun gut. Das ist immer Ansichtssache. Aber so einen schönen Mord darf man sich nicht unter den Nägeln wegreißen lassen. Man sollte ihn sich auf der Zunge zergehen lassen, wenn es geht. Ich habe eine junge Frau nach dem Mord ein bisschen ausgesaugt. Ganz leckeres Blut hatte sie. Findet man ganz bestimmt nicht an jeder Straßenecke. Da sollte man schon mal ein paar Monate recherchieren, wer diese Person ist und welchen Lebenswandel sie betreibt. Da sind schon ein paar ganz Leckere dabei. Das habe ich leider Teufels nur einmal gemacht.
Sie war auch die einzige Ermordete, die ich vorher irgendwie kannte. Natürlich nicht persönlich. Das wär ja schlimm gewesen. Dann hätte ich sie nicht mehr umbringen können. Vielleicht.
Aber sonst halte ich nicht viel von Morden an gut gekannten Menschen. Das ist ja grausam. Ich bin zwar ein Mörder, habe aber auch meine Prinzipien. Die sollte man nie übers Grab werfen.