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Modest Vita
ОглавлениеMein Name ist Modest Vita, bin 21 Jahre alt und Musiker. Und damit meine ich wirklich einen richtigen Musiker. Also einer, der nicht nur singt, sondern auch mindestens ein Instrument beherrscht. In meinem Fall sind es Gitarre und Schlagzeug.
Ich kann es nicht ausstehen, wenn Menschen sich Musiker nennen und noch nicht einmal ein Instrument spielen können. Aber das ist denen ihre Sache.
Mein Traum ist es eine großartige Karriere als Musiker zu erreichen.
Aber erstmal zu meinem komischen Namen. Er bedeutet soviel wie „bescheidenes Leben“ Und das kann man in meinem Fall wirklich sagen. Wenn man mit sechs weiteren Geschwistern aufwächst, kann man keinen Luxus erwarten. Aber man kann bescheiden ja auch anders definieren. Nämlich so, dass man nicht viel schönes erlebt hat in seinem Leben. Ich bin zwar noch nicht alt, manch einer würde mich als „blutjung“ bezeichnen, aber trotzdem kann man eine Menge erlebt haben. Auch in jungen Jahren. Leider.
Nun, ich wurde als zweites von insgesamt sieben Kindern in ärmlichen Verhältnissen geboren. Das ist nicht das Schlimmste, falls Sie sich wundern oder selbst in einer großen Familie aufgewachsen sind oder in einer großen Familie aufwachsen. In einer großen Familie aufzuwachsen ist ganz bestimmt nicht der Ausdruck eines „bescheidenen Lebens“. Alles was danach kam, gehört ganz bestimmt in die besagte Kategorie.
Ich war noch keine zwei Jahre auf diesem Planeten, da wurde eine eigenartige Mischung aus zwei Krankheiten an mir diagnostiziert. Diese beiden „Krankheiten“ sind in Anführungsstrichen Krankheiten, weil eine von den beiden keine richtige Krankheit ist, sondern eher ein Symptom: das Adam-Stokes-Syndrom und Blutsturz.
Aufgrund dessen lebe ich in ständiger Angst zu sterben. Besonders abends gehe ich mit der blanken Panik ins Bett, ich könnte am nächsten Morgen nicht aufwachen, aufgrund eines Blutsturzes in der Lunge, an dem ich dann in der Nacht erstickt bin oder ähnlichem.
Als ich vier Jahre alt war, starb mein Vater. Meine Mutter hat uns immer im Glauben gelassen, er sei bei einem Verkehrsunfall gestorben. Doch als ich achtzehn wurde, hat sie mir endlich die Wahrheit gesagt: Er hat sich umgebracht, weil er nicht mit dem Gedanken leben konnte, dass eins seiner Kinder vor ihm sterben könnte. Dieses Geburtstagsgeschenk war doppelt toll: Zum einen an seinem Ehrentag zu hören, dass sich der eigene Vater umgebracht hat und zum anderen, dass man auch noch der Grund für diese Tat war. Ich muss nicht extra erwähnen, wie ich mich jetzt, noch Jahre später, fühle nur wenn ich daran denke.
Danach war mein Leben auch keine Erfrischung an einem heißen Sommertag. Es war eher der Beginn allen Übels, wie man so schön sagt.
Meine Mutter fiel in ein tiefes Loch. Dieses tiefe Loch hieß mal Zeno, Mac, Achaz, Doron oder Jago. Sie sollten alle die Väter meiner jüngeren Geschwister werden. Und noch eine Gemeinsamkeit haben sie: Sie haben mich und meine Geschwister erstmal ignoriert und sind dann abgehauen. Länger als ein halbes Jahr nach den jeweiligen Geburten meiner Geschwister haben sie es nicht ausgehalten. Obwohl meine Mutter sie jeden Tag verflucht ( und dies auch schon gemacht hatte, als sie noch mit ihnen zusammen war ), hat sie komischerweise ihre Kinder nach ihnen benannt. Passend zum Vater ein Kind mit dessen Namen.
Nun mussten wir mit sieben Kindern von einem geringen Gehalt meiner Mutter leben. Sie war mal Kellnerin, mal jobbte sie in einem Fast-Food- Restaurant, mal ging sie als Babysitterin zu anderen Leuten, um denen ihre Bälger zu hüten. Als hätte sie selbst keine. Na ja, hatte sie auch nicht wirklich. Ich, als Ältester, passte auf meine Geschwister auf. Wenn sie dann nach der Arbeit nach Hause kam, war es fast so, als hätte sie keine Kinder. Sie ignorierte uns, weil sie ihre Ruhe haben wollte. So ging das die nächsten fünf Jahre.
Ich war mittlerweile dreizehn Jahre alt und ein typischer Teenie. So wie Heranwachsende zu der Zeit waren: Ich schaute im D.I. nach Horrorfilmen Ausschau, war ein großer Fan von dem Massenmörder S.T.Range, stand auf die Horrorrock- Band „Kithara“ und traf mich oft mit meinen Freunden. In der Schule gehörte ich zu den Schlechtesten. Kurz gesagt: Ich benahm mich normal für mein Alter, konnte mich nicht zu sehr mit Verantwortung brüsten und musste die Konsequenzen tragen- ich musste die Klasse wiederholen. Diese Erfahrung hat mich total verändert. Ich war vorher brutal und fand das normal. Es ist auch normal. Doch ich änderte mich. Diesen ganzen Wahnsinn konnte ich nicht mehr ertragen. Ich wollte mit Gewalt nichts mehr zu tun haben, wurde sensibel und rücksichtsvoll. Dafür kassierte ich von meinen Mitschülern prompt die Quittung: Ich wurde ausgegrenzt und fertig gemacht. Ich wusste selbst nicht, warum und wie ich diese Veränderung durchmachte, doch sie hinterließ ihre Spuren. Ich wurde so sensibel und verletzbar, dass ich depressiv wurde und in Therapie gehen musste. Jetzt bin ich halbwegs wieder in Ordnung, doch ich werde wohl mein ganzes Leben mit Depressionen zu kämpfen haben. Der Auslöser meiner Depressionen war der frühe Tod meines Vaters (für den ich ja verantwortlich war) und die „unglückliche familiäre Situation“, wie sie mein Therapeut gerne nennt. Und meine lieben Mitschüler, so würde ich mal so ins schwarz- weiß- karierte tippen...
Und wäre das nicht schon genug gewesen in meinem jungen Leben, starb meine Mutter letztes Jahr. Man vermutet am „Broken- Heart- Syndrom“. Sie hat es nach all den Jahren nicht verkraftet, dass ihr Mann so früh von uns gegangen ist. Und ich habe es nicht verkraftet, dass sie von uns gingen...
Ich wollte eigentlich nicht mein ganzes Leben erzählen. Habe dies auch nicht getan. Aber ich bin manchmal echt 'ne kleine Labertasche. Man sollte von mir nur einen kleinen Einblick bekommen. Den Rest erfahrt Ihr noch, wenn ich endlich Musiker bin. Falls das irgendwann in meinen bescheidenen Leben passieren sollte.