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Anastasius Delibes
ОглавлениеVor ca. 500 Jahren hatte ein Arzt seine Arbeit und die seiner Kollegen erleichtert. Er hatte die „Obduktion ohne Berührung“ erfunden. Eigentlich hatte er noch viel mehr erfunden, was mit dieser Erfindung möglich wurde. Dieser besagte Arzt hatte nämlich einen Chip in das Gehirn eines Patienten eingepflanzt. Auf dessen Chip wurden alle Tätigkeiten gespeichert, die er machte. Außerdem wurden auch Krankheiten gespeichert. Dadurch konnte der Arzt sehen, was der Patient bis dato für Wehwehchen hatte. Von da an wurde jedem Menschen, der geboren wurde ein solcher Chip in das Gehirn eingepflanzt. Am Ende eines jeden Lebens wurde der Chip einfach aus dem Gehirn entnommen und schon hatte man alle Informationen, die man brauchte- auch die Todesursache.
Ich wusste nichts von diesem Chip in meinem Gehirn. Doch vor fast drei Jahren bin ich gestorben. Es hört sich verdammt komisch an. Ist es wahrscheinlich auch. Nach einer Prügelei in der Schule wurde ich ins Krankenhaus eingeliefert. Aufgrund der inneren Verletzungen bin ich dann auch gestorben. Man nahm mir den Chip aus dem Gehirn und setzte ihn dann allerdings wieder ein. Das hatte bis dato noch niemand gemacht. Ich war also der Erste! Als man mir den Chip entnommen hatte, war ich bereits tot. Als man mir den Chip wieder einsetzte, war die Todesursache anscheinend gelöscht worden. Somit galt ich als lebendig. Ich öffnete meine Augen und hatte ein neues Leben geschenkt bekommen. Ich habe keine Ahnung, wem ich dieses zweite Leben verdanke, aber ich bin sehr froh, dass ich es bekommen habe.
Es ist auf jeden Fall so, dass ich das berühmte gleißend helle Licht vor Augen hatte. Es fühlte sich sehr gut an. So warm und schön. Dieses Gefühl hatte ich auf der Erde noch nie. Danach fiel ich, wie mir vorkam ungefähr zehn Dutzend Ewigkeiten, in einem dunklen Raum in die Tiefe. Ich kam voller Wucht auf dem kalten, harten Boden auf. Ich schaute hoch und blickte geradewegs in große rote Augen. Ich erschrak. Wäre ich nicht schon tot gewesen, wäre ich in dem Moment an einem Herzinfarkt gestorben. Diese Augen waren so riesig, dass ich dachte, von ihnen erdrückt zu werden. Ich habe mich in dem Moment gefühlt wie jemand in einem fremden Land, der plötzlich jemanden aus der Heimat trifft, um dann festzustellen, dass er seinen Erzfeind wieder getroffen hat. Am liebsten hätte ich zugeschlagen, sodass dieses Etwas, das nur aus Augen zu bestehen schien, weit von mir wegschleudern konnte, damit ich erstmal nachdenken konnte, was ich als nächstes tun sollte. Doch ich war wie entseelt. So als hätte ich meine Seele verloren und müsste mich nun nur noch auf meinen Verstand verlassen. Doch auf den konnte ich mich auch nicht mehr verlassen. Ich hatte in dem Moment gar nichts mehr. Noch nicht einmal meine Seele.
Doch die bekam ich schnell wieder- so schien mir. In dem Moment setzte mir jemand den Chip wieder in mein Gehirn und ich musste auch nicht mehr nachdenken, was ich als nächstes tun sollte. Ich wurde gerettet.
Es hört sich nun so an, als sei der Chip meine Seele. Das stimmt auf gar keinen Fall. Wie soll das auch gehen? In dem Moment stand ich unter Schock und in dem Moment setzte mir jemand den Chip wieder ein. So ganz versteh ich das selbst nicht. Ich kann nicht verstehen, dass die Wiedergeburt nur deshalb von Statten gehen konnte, weil jemand die Todesursache gelöscht hatte. Ich besteh doch nicht nur aus dem Chip! So dachte ich. Hab mich wohl getäuscht. Die inneren Verletzungen wurden dann später noch repariert und fertig war der lebende Tote. Die Mediziner konnten es selbst nicht ganz fassen. Sie sprachen von einem „Wunder“. Wenn man keine Ahnung hat, nennt man es einfach Wunder und fertig ist die Schlagzeile. In den darauf folgenden Wochen waren die Zeitungen im D.I. voll mit dem „Wunder“. Dabei glaubte in diesem Jahrtausend niemand mehr an Wunder. So kann sich das ändern.
Aus einem fünfundzwanzig jährigen, jungen toten Mann wurde über Nacht ein Wunder. Bin ich der Einzige, der das als komisch empfindet? Ich hoffe nicht. Besonders nach der Geschichte die ich soeben erzählt habe. Aber manchen Reportern kann man wohl alles erzählen. Manche von denen scheinen auch nicht ganz helle zu sein.
Ich habe z.B. ein Interview für die große anerkannte Wochenzeitung „Fovea“ gemacht. Dies ist der Artikel:
Zum besseren Verständnis:
R= Reporter
A= Anastasius