Читать книгу Datenschutzrecht im Smart Metering unter Berücksichtigung der Blockchain-Technologie - Viktoria Lehner - Страница 9

C. Schnittstellen von Energie- und Datenschutzrecht

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Die Regelungsbereiche des Energiewirtschafts- und Datenschutzrechts sind untrennbar miteinander verbunden.38 Vor allem die Einführung intelligenter Messsysteme hat eine fundamentale Änderung der datenschutzrechtlichen Probleme und Risiken zur Folge.39

Am Themenfeld ‚Smart Metering‘ zeigt sich plakativ der Koordinationsbedarf zwischen Regulierungs- und Datenschutzrecht.40 In den §§ 49ff. MsbG wurde ein sektorspezifisches Datenschutzrecht für den Bereich des intelligenten energiewirtschaftlichen Messwesens geschaffen, um einer Zersplitterung der Rechtsmaterie vorzubeugen und deren Grundrechtsrelevanz zu berücksichtigen.41 Das MsbG wurde allerdings zu einem Zeitpunkt erlassen, zu dem sich das europäische Datenschutzrecht erheblich im Umbruch befand. Am 25.5.2018 hat die Datenschutz-Grundverordnung42 (DS-GVO) nach zweijähriger Übergangszeit gemäß Art. 94 Abs. 1, 99 Abs. 2 UAbs. 1 DS-GVO Geltung erhalten und ist nach Art. 99 Abs. 2 UAbs. 2 DS-GVO i.V.m. Art. 288 Abs. 2 AEUV in all ihren Teilen verbindlich sowie unmittelbar in jedem Mitgliedstaat anwendbar.43 Sie schützt die Grundrechte und Grundfreiheiten natürlicher Personen, insbesondere deren Recht auf den Schutz personenbezogener Daten nach Art. 1 Abs. 2 DS-GVO.

Trotz des grundsätzlichen Anwendungsvorrangs der DS-GVO als Verordnung hat der nationale Gesetzgeber durch sog. Öffnungsklauseln in vielen Konstellationen die Möglichkeit, spezifischere nationale Regelungen zu schaffen, zu erhalten oder auch Betroffenenrechte zu beschränken, beispielsweise nach Maßgabe von Art. 6 Abs. 2, Abs. 3 oder Art. 23 DS-GVO.

Der deutsche Gesetzgeber hat von dem ihm eingeräumten Handlungsspielraum in Teilen bereits Gebrauch gemacht. Mit dem Datenschutzanpassungs- und Umsetzungsgesetz44 (DSAnpUG-EU) wurde unter anderem das vollkommen neu gefasste Bundesdatenschutzgesetz (BDSG n.F.) erlassen. Die datenschutzrechtlichen Betroffenenrechte wurden in §§ 32–37 BDSG n.F. spezifischer ausgestaltet.45 Das BDSG n.F. ist dabei weiterhin ein Auffanggesetz, das bereichsspezifische nationale Datenschutzregelungen zulässt und gegenüber diesen subsidiär ist.46

Mit dem ‚Zweiten Gesetz zur Anpassung des Datenschutzrechts an die Verordnung (EU) 2016/679 und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680‘ (Zweites Datenschutz-Anpassungs- und -Umsetzungsgesetz EU – 2. DSAnpUG-EU), das am 25.11.2019 im Bundesgesetzblatt verkündet wurde47, wurde der deutsche Kanon der bereichsspezifischen Datenschutznormen weiter an die DS-GVO angepasst. Dieses umfangreiche Artikelgesetz sieht bereichsspezifische Änderungen an datenschutzrechtlich relevanten Normen in insgesamt 155 Fachgesetzen vor. Unter anderem wurde in Art. 90 des 2. DSAnpUG-EU eine – größtenteils redaktionelle – Anpassung der datenschutzrechtlichen Vorgaben des MsbG vorgenommen.48

Durch die Geltung der DS-GVO und die jeweils ergänzend heranzuziehenden nationalen Regelungen wurde das Datenschutzrecht in ein komplexes Mehrebenensystem umgewandelt, das sich durch bislang noch weitgehend ungelöste Abgrenzungsfragen auszeichnet. Auch das Verhältnis der §§ 49ff. MsbG zur DS-GVO bedarf noch einer grundlegenden methodischen Klärung49, obwohl das MsbG seit Herbst 2016 in Kraft ist und der Smart-Meter-Rollout bereits in Teilen gestartet ist. Auf den insgesamt 146 Seiten des Regierungsentwurfs zum Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende vom 17.2.201650 findet die DS-GVO keine Erwähnung. Es wird lediglich konstatiert, dass der Entwurf mit dem geltenden EU-Recht und Völkerrecht vereinbar sei.51

38 So auch Bräuchle, Datenschutzprinzipien in IKT-basierten kritischen Infrastrukturen, S. 34. 39 Wolff, in: Gundel/Lange, Digitalisierung der Energiewirtschaft, S. 95 (98). 40 Vgl. Schneider, in: Körber/Kühling, Regulierung, S. 113 (134). 41 BT-Drs.18/7555, S. 3; Karsten/Leonhardt, RDV 2016, 22. 42 Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rats vom 27.4.2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung), ABl. L 119, S. 1. 43 Die DS-GVO wurde zuletzt angepasst durch das Corrigendum 8088/18 des Europarats v. 19.4.2018, ABl. L 127 v. 23.5.2018; die Berichtigung der deutschen Sprachfassung erfolgt ab S. 47 des Anhangs zu diesem Corrigendum. 44 Gesetz zur Anpassung des Datenschutzrechts an die Verordnung (EU) 2016/679 und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 (Datenschutz-Anpassungs- und -Umsetzungsgesetz EU – DSAnpUG-EU) v. 30.6.2017, BGBl. 2017 I, S. 2097. 45 Vgl. Dix, in: Simitis/Hornung/Spiecker gen. Döhmann, DSGVO, Art. 23 Rn. 28. 46 Vgl. § 1 Abs. 2 BDSG n.F.; BT-Drs. 18/11325, S. 79. 47 BGBl. 2019 I, S. 1626. 48 Vgl. BMI, Referentenentwurf zum 2. DSAnpUG-EU v. 21.6.2018, S. 368–373; BT-Drs. 19/4674, S. 321–325; BGBl. 2019 I, S. 1679–1681. 49 Keppeler, EnWZ 2016, 99; Bretthauer, ZD 2016, 267; Bretthauer, EnWZ 2017, 56; Diedrich, in: Steinbach/Weise, MsbG, § 52 Rn. 2; Bartsch/Rieke, EnWZ 2017, 435 (441). 50 BT-Drs. 18/7555. 51 BT-Drs. 18/7555, S. 65.

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