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2.2.1 Darstellung der Aktionsforschung

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Die Aktionsforschung versteht sich als eine problemlösende Forschungsstrategie, die die Akteur*innen und Forscher*innen gleichermaßen einbezieht. (Pieper, R. 1972)17 Von Anfang bis zum Ende eines Prozesses sollen Forscher*innen und Akteure Probleme feststellen und Lösungsansätze ausarbeiten, die entlang des realen Erlebens geschehen bzw. evident werden. Durch die zyklische Form des realen Prozesses (welche nicht zu verwechseln ist mit dem von der Grounded Theory angeratenen ideellen, zyklischen Durchlaufen abduktiver Logikkreisläufe) sollen Ergebnisse oder Lösungsansätze im konkreten Umfeld getestet bzw. ausprobiert werden.

»The research needed for social practice can best be characterized as research for social management or social engineering. It is a type of action-research, a comparative research on the conditions and effects of various forms of social action, and research leading to social action. Research that produces nothing but books will not suffice.«18 (Lewin, K. 1946: 202-203)

Bezüglich des Zyklischen benennt schon Moser im Jahr 1977 als Minimalkriterium, dass

»[...] ein Datenfeedback stattfinde[t]n soll, ein problematisierender Diskurs mit den Betroffenen.« (Moser, H. 1977a: 58)

Nach Moser ist die Aktionsforschung darauf ausgerichtet, auch die sozialwissenschaftlichen Erkenntnisse der Forschenden dem Feedback der Akteure zu unterziehen. (Moser, H. 1977a: 59) Und tatsächlich ist dem Ansatz wohlwollend entgegenzubringen, dass die Sozialwissenschaft ein merkwürdiges Verständnis von sich selbst hätte, wenn sie an ihrem Echo in der (sozialen) Realität kein Interesse hätte. Doch der Imperativ der Aktionsforschung geht noch weiter:

»Aktionsforschung […] erfordert die zielbezogene Diskussion konkreter Forschungsmethoden, wobei insbesondere mitzureflektieren ist, auf welche Weise die sozialen Beziehungen durch die betreffende Methode mitbestimmt bzw. verändert wird [sic!].« (Moser, H. 1977a: 60)

Sogar die Methodenwahl der Forschenden kann gemeinsam kritisch evaluiert werden, bis hin zu deren Abwahl und der Neuausrichtung der Forschung. (Moser, H. 1977a: 61)

Seit Lewin und über Moser hinweg hat sich die Aktionsforschung stetig weiterentwickelt und sie ist heute als Methode (als Werkzeug) in bestimmten Forschungszusammenhängen stabil verankert. Die große Zahl an Dissertationsschriften, Forschungsarbeiten im Bereich Erziehung und Bildung (z. B. Altrichter, H. 1998) und Arbeiten im Bereich der Psychologie, die die Aktionsforschung zugrunde legen, zeigen nicht nur ihre Aktualität, sondern auch ihre Wertschätzung als Methode.

Ich schätze den kritischen Ansatz der Aktionsforschung wegen der durch sie angeordneten großen Nähe zwischen Forschenden und den Menschen, zu denen geforscht wird, und dies nicht nur deshalb, weil damit die künstlichen (Macht)Grenzen zwischen Beurteilenden und Beurteilten aufgehoben werden, sondern auch, weil die in der Methode angelegte inhärente Überprüfung wissenschaftlicher Ergebnisse die Sozialwissenschaft insgesamt bereichern dürfte.

Dennoch kam die Aktionsforschung als Methode für diese Arbeit nicht in Frage, und zwar weil mein Forschungsvorhaben den von Moser benannten »Minimalkonsens«19 für die Aktionsforschung in zwei Bereichen nicht erfüllte. Erstens bin ich kein gleichberechtigtes Teil der von mir untersuchten Bewegungen und musste mich auch nicht zu einem Teil machen. Dies wäre zweitens auch ganz sinnlos gewesen, denn in den untersuchten Gruppen bestand kein (gemeinsames) Problem, das wir hätten lösen können oder wollen. Die Untersuchten schilderten auch kein solches Problem, zu deren Lösung sie meine Mithilfe erfragt hätten.

Der Ausgangspunkt der Untersuchung lag nicht in einem Problem, sondern in der Suche nach den Ursachen eines »Nichtproblems«, nämlich der Suche nach den Gründen des Erfolges der Community-Radios, repräsentiert in ihrer großen Anzahl, ihrer großen Zuhörer*innenzahl und ihrer enormen sozialen Wirkung. Das zu lösende Problem bestand und besteht nicht in Argentinien. Es besteht in Deutschland und Europa.

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