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Die richtigen Fragen

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Zur Gefahrenabwehr müssen jetzt die entscheidenden Fragen gestellt werden. Die erste: Welchen Risiken sind unsere Lieferketten wir ausgesetzt? Die erstaunliche Antwort: Die meisten großen Unternehmen wissen es nicht. Sie haben realistisch nur wenig mehr Überblick als über ihre Zulieferer der ersten und vielleicht noch über einige großer Zulieferer der zweiten Ebene. Hier kann Digital Analytics für mehr Effizienz und Transparenz sorgen. Auch in der globalen Fertigung gewinnen erst nach und nach wichtige Technologien an Raum wie Analytik und künstliche Intelligenz, Industrie 4.0, Advanced Robotik oder digitale Plattformen. Erst sie ermöglichen die Bewertung von Szenarien und Kompromissen, beschleunigen die Reaktionsgeschwindigkeit und erhöhen die Wertschöpfung.

Hinzu kommt ein Kanon weiterer Fragen. Herrscht ein Gleichgewicht zwischen Belastbarkeit und Effizienz, zwischen Just-in-Time und »für den Fall der Fälle«? Müssen Lean- und Just-in-Time-Bestandsverwaltungssysteme beendet oder modifiziert werden, um das Ausfallrisiko zu minimieren? Lässt sich unsere Risikobereitschaft messen? Kommunizieren wir Kapitalgebern klar genug, wie sich Investitionen in eine höhere Widerstandsfähigkeit auszahlen? Globale Wertschöpfungsketten verschieben sich – welche neuen Chancen können sich daraus über Produkte und Regionen hinweg ergeben? Und können wir in die Offensive gehen, wenn unsere Konkurrenten straucheln?

Ein Beispiel als Ansporn: Ein weltweit führender Sportartikelhersteller zeigt, wie sehr ihm die Regionalisierung seiner Handels- und Produktionsnetzwerke, die Digitalisierung und seine Nähe zum Konsumenten unter Corona-Bedingungen genutzt hat. Besagtes Unternehmen hatte bereits zuvor in eine transparentere Lieferkette investiert. Davon profitierte sein Vertrieb in der Krise enorm, weil die Kanäle in China schnell und flexibel angepasst werden konnten. Im Detail: Dank der RFID-Etiketten auf allen Produkten konnte das Unternehmen lückenlos die Produktion in den vollständig ausgelagerten Fertigungsbetrieben an über 500 Standorten und in über 40 Ländern nachverfolgen und optimieren. Ein eigenes »Expressspur«-Fertigungssystem steigerte Geschwindigkeit und Flexibilität innerhalb ausgelagerter Fertigungsvorgänge. Mit vorausschauenden Nachfrageanalysen und einem integrierten digitalem Ökosystem konnte das Unternehmen schnell auf die Auswirkungen von Ladenschließungen reagieren. Zugleich wurden Lagerbeständen aus Shops zu digitalen Verkaufskanälen umgeleitet, in digitales Marketing investiert und drohender, überschüssiger Lagerbestand rechtzeitig identifiziert. Dieser Kraftakt führte dazu, dass der Umsatz des Sportartikelherstellers im 1. Quartal 2020 nur um fünf Prozent fiel – bei den wichtigsten Konkurrenten in China waren es 45 Prozent.

Über die Zukunftsfähigkeit einer Lieferkette entscheiden aber nicht nur technische Kriterien, sondern auch Organisationsstrukturen und Managementpraktiken. McKinsey befragte 56 globale Unternehmen, welche Faktoren mit dem EBITDA-Erfolg ihres Unternehmens korrelieren. Die ehrliche Antwort: Der viel diskutierte formale Aufbau der Supply-Chain-Organisation hat weitaus weniger Einfluss als weichere Faktoren wie End-to-End-Koordination, definierte Prozesse, klare Verantwortlichkeiten und funktionsübergreifende Zielgrößen. Und auf die Mitarbeiter kommt es an: auf deren berufliche Mobilität, deren Aufbau neuer Kompetenzen und ihr sozialer Zusammenhalt über Partikularinteressen, Abteilungen und Landesgrenzen hinweg.

Covid-19 war ein Schock, aber auch ein Wegweiser. Die Krise macht unmissverständlich klar, wovon Unternehmenserfolg heute abhängt. Von Resilienz und Wettbewerbsfähigkeit, von schnell zu realisierenden Innovationen, vom Grad der Automation und der Loyalität der Belegschaft. Nur wer jetzt alle digitalen Werkzeuge – sei es in der Produktion oder beim agilen Arbeiten – nutzt, kann auf die nächste böse Überraschung widerstandsfähig reagieren. Unabhängig davon, wo, wie und wann sie eintritt. Ein einziges schwerwiegendes Ereignis, das die Produktion für 100 Tage unterbricht – etwas, das tatsächlich im Durchschnitt alle fünf bis sieben Jahre passiert – könnte in einigen Branchen fast den Jahresgewinn kosten.

Wer diesem Wandel jetzt nicht Produktion, Lieferkette und auch Unternehmenskultur anpasst, der muss mit zunehmenden Schäden durch die Unterbrechung seiner Wertschöpfungskette rechnen. Oder nach Zahlen des McKinsey Global Institutes: In jedem Jahrzehnt verlieren solche Unternehmen mehr als 40 Prozent der Gewinne eines Jahres. Oder: Sie haben ein halbes Jahr umsonst gearbeitet.

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