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Оглавление1 Die Ouvertüre (1,1-8)
Dieserer Abschnitt ist die Kurzfassung des ganzen Buches, die Ouvertüre, wo alle Themen schon einmal anklingen: Jesus enthüllt, was Gott ihm über die Zukunft gesagt hat. Er gibt das weiter an den Seher Johannes, und der sorgt dafür, dass wir auch davon erfahren. Die Christen sollen nicht überrascht sein, wenn die Welt in ihren Grundfesten erschüttert wird. Wir sollen nicht ratlos und fassungslos daneben stehen. Wir sollen verstehen: Ja, es macht Sinn, auch wenn es erschreckend und furchterregend ist.
Warum diese atemberaubende Erschütterung der Welt?
Die Welt ist ja in einer immer schnelleren Umwälzung, und nicht erst seit heute. Als vor 13/4 Jahrhunderten die ersten Eisenbahnen fuhren, haben die Menschen gedacht: Jetzt ist das Ende der Welt nahe. Wir finden das heute lustig, aber für die Menschen damals war es eine totale Umwälzung. Dieses fauchende Monster auf Schienen ließ die kleinen Räume, in denen man lebte, eng zusammenrücken. In kurzer Zeit konnte man ganz woanders sein. Das war mindestens so epochal wie die Erfindung von Computern und Internet. Tatsächlich geht schon seit 2000 Jahren ein enormer Entwicklungsschub durch die Menschheit. Das Gesicht der Erde ist in kurzer Zeit so verändert worden, wie das vorher noch nie passiert ist.
Und es ist ja nicht nur die Entwicklung der Technik. Das ganze patriarchalische Gesellschaftsgefüge kommt ins Wanken, in dem Menschen die letzten paar Jahrtausende gelebt haben. Ganz praktisch heißt das z.B.: arabischer Frühling mit all seinen Folgen im Guten wie im Schrecklichen. Aber das betrifft nicht nur ferne Länder. Auch bei uns lebten die Menschen früher in Stämmen, Großfamilien oder Mehrgenerationenhaushalten. Was das Familienoberhaupt entschied, das galt. Und so waren auch die Staatsordnungen: oben ein starker Mann, die anderen mussten gehorchen.
Wir erleben im Augenblick das Ende dieses Modells, aber es ist ein langes und umkämpftes Ende. Das ist eine Spätfolge davon, dass Jesus zu seinen Jüngern gesagt hat: Unter euch soll sich keiner Vater nennen. Ihr habt nur den Vater im Himmel, untereinander seid ihr Brüder (und Schwestern). Deshalb sollen wir nicht in Verwirrung geraten, wenn diese ganzen traditionellen Ordnungen und Werte ins Wanken kommen. Es muss so sein, und der Weg führt nicht zurück in irgendeine gute alte Zeit, sondern nur nach vorn auf den kommenden Jesus Christus und seine Zukunft hin.
Das alles ist die Folge davon, dass Jesus auferstanden ist und nun herrscht über alle Könige der Erde.
Jetzt werden Menschen mutiger, sie gehen auf die Straße und demonstrieren, man kann das nicht mehr einfach zusammenschießen, auch wenn es immer wieder versucht wird. Menschen werden auch geschätzter und deshalb gebildeter und lassen sich nicht mehr so einfach manipulieren. Könige und Herrscher mögen immer noch das Sagen haben, aber Jesus zieht ihnen langsam den Boden unter den Stiefeln weg.
Jesus hat sich ein Volk auf der Erde berufen, Israel und die Christenheit: ein Volk von Königen und Priestern. Könige verwalten traditionellerweise die Macht, Priester das Denken. Wenn jetzt ein ganzes Volk, ganz normale Menschen, lernen, mit Macht und Wissen auf eine andere Art umzugehen: Auch das erschüttert die Grundfesten der Welt. Die Königs- und Priesterfunktionen werden demokratisiert. Erst mal nur beim Volk Gottes, und auch da geht es noch mehr schlecht als recht. Aber wenn es erst einmal bei einer Gruppe angefangen hat, dann werden sich andere das abgucken. Immer wieder haben unterprivilegierte Gruppen zuerst in ihren Kirchengemeinden gelernt, sich selbst zu organisieren, ihre Würde zurückzugewinnen und Verantwortung zu übernehmen: die antiken Sklaven genauso wie die amerikanischen Schwarzen neunzehn Jahrhunderte später.
Ein Weg voll Erschütterungen
Aber das alles geht nicht so glatt und einfach, wie es vielleicht klingt. Es passiert auch nicht überall zur gleichen Zeit. Es ist mit gewaltigen Erschütterungen verbunden, in der äußeren Welt und in den Herzen. In all diesen Veränderungen kommt Jesus, und er wird für alle immer klarer erkennbar werden, auch für die, »die ihn durchbohrt haben«, die Verantwortlichen für seinen Tod und all ihre Nachfolger im Geiste.
Die einen verstehen immer besser, was sie angerichtet haben, und die Opfer der Geschichte verstehen immer besser, was ihnen angetan worden ist. Die Siegel, mit denen diese Gewaltgeschichte unter Verschluss gehalten wird, brechen nach und nach auf. Und das ist eine gewaltige Erschütterung – so wie es eine gewaltige Erschütterung im Kleinen ist, wenn ein Mensch anfängt, von seinem Kriegstrauma zu sprechen oder von der Gewalt, die ihm als Kind angetan worden ist und die er bis jetzt in einer geheimen Kammer seines Herzens unter Verschluss gehalten hat. Denk dir das auf die ganze Welt übertragen, und du verstehst etwas Wesentliches vom Geheimnis der Offenbarung: Globale Traumatisierungen und globale Erschütterungen hängen zusammen.
Schließlich: Für all das wird Gott in der Offenbarung immer wieder gelobt. Man könnte ja auch sagen: Muss Gott denn daran rühren? Kann er nicht alles so lassen, wie es ist, und uns die Erschütterungen ersparen? Aber das würde bedeuten: Die Mächte des Todes behalten für immer die Herrschaft über die Welt. Wollen wir das wirklich, dass wir ihnen ohne Schutz auf unabsehbare Zeit ausgeliefert sind? Wollen wir, dass Gott nicht um seine Schöpfung kämpft? Das kann doch keiner wollen! Es sei denn, er lebt auf der Sonnenseite der Welt auf Kosten aller anderen, lässt es sich gut gehen und versteht gar nicht, was denn alle bloß haben, die den Zustand der Welt beklagen. Nein! Es ist gut, dass Gott eingreift, auch wenn sich das Böse mit seiner ganzen zerstörerischen Macht dagegen auflehnt. Auch wenn sich dann so viele kollektive Erinnerungen an Gewalt und Leid wieder melden.
Aber Gott ist der Schöpfer, und er hält an seiner Schöpfung fest und wird sich nie damit abfinden, dass sie von grausamen Mächten entstellt und in den Dreck getreten wird. Er ist das A und das O, der Anfang und das Ende. Er hat das erste Wort gesprochen, das Schöpfungswort, und er wird auch das letzte Wort haben im Drama seiner Schöpfung. Wir sollen davon wissen, damit wir unsere Rolle in dieser Geschichte Gottes gut ausfüllen können.