Читать книгу Sommer Bibliothek 11 besondere Krimis - Alfred Bekker, Frank Rehfeld, Karl Plepelits - Страница 45

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New York City, Bronx...

Ein kalter Tag.

Ein böser Tag.

Ein Tag, den keiner, der ihn erlebt hatte, je vergessen würde.

Auch die zwei Cops nicht, die an diesem Tag im Einsatz waren.

„Wo müssen wir genau hin, Barney?", meinte der Cop am Steuer und blinzelte in die Nacht hinein.

Sein Partner zuckte die Schultern.

„Mich darfst du nicht fragen. Ich kenn mich hier nicht aus.“

„Na großartig!“

„Keine Ahnung, Ed!", knurrte er zwischen den Zähnen hindurch. Er hatte das Pump Action-Gewehr auf den Schoß genommen und überprüfte nun die Ladung. „Ist wirklich 'ne miese Gegend hier. Und an den Häusern scheint es nicht mal Nummern zu geben..."

„Meinst du, dass du das Riesengeschütz dort brauchst?", fragte Ed, der sich immer noch sehr anstrengte, draußen etwas erkennen zu können. Die Straßenbeleuchtung funktionierte nicht. Es war nur zu hoffen, dass sie sich nicht verfahren hatten.

„Ich bin in dieser Gegend lieber etwas besser bewaffnet.“

Barney verzog das Gesicht und gähnte. Eigentlich hätte er Feierabend gehabt, aber dann war diese Sache dazwischengekommen...

Verdammter Mist!, fluchte er innerlich.

„Ich wünschte, ich wäre zu Hause.“

„Wenn du das sagst...“

„Wieso?“

„Na, du beklagst dich doch immer über deine Alte!“

„Wir haben uns getrennt.“

„Du meinst: Sie ist abgehauen.“

„So kann man es auch sehen.“

„Und das erzählst du mir erst jetzt?“

„Na und?“

„Ich könnte jetzt auf dem Weg nach Hause sein und mich aufs Bett freuen. Stattdessen werde ich meinen Hals dabei riskieren müssen, um irgendeinen Spinner dingfest zu machen...“

„Und das nur, weil wir gerade am nächsten dran gewesen sind.“

„So ist das Schicksal! Zur falschen Zeit am falschen Ort...“

„Vorsicht, Ed!", schrie Billy dann, und sein Partner trat in die Eisen. Eine Gestalt stand auf der Straße und winkte erst im letzten Moment. Sie war nicht allein, da waren noch andere Leute.

Billy machte die Tür auf und stieg aus, das Gewehr hielt er in der Rechten.

„Gott sei Dank, Polizei! Kommen Sie schnell!", rief die Frau.

„Haben Sie uns gerufen?", fragte Barney.

„Eine Tote! Schnell!“

„Ob Sie uns gerufen haben, wollte ich wissen!“

„Ja, das war ich.“

Große Pupillen hat sie, dachte Barney. Wahrscheinlich drogensüchtig. Und ob sie im Moment überhaupt zurechnungsfähig war, musste man wohl in Zweifel ziehen.

„Ja, ich war das. Unser Hausmeister ist da oben!"

„Was hat das mit dem Hausmeister zu tun!“

„Gehen Sie doch einfach nach oben! Schnell!“

„Ja, ja...“

„Wenn Sie nicht schnell machen, ist es zu spät!“

„Immer mit der Ruhe, Lady!“

Sie deutete auf das mehrgeschossige Haus zur Rechten. In mehreren Stockwerken brannte Licht. "Schnell! Wahrscheinlich ist es schon zu spät!"

So etwas hört man gerne!, dachte Billy sarkastisch.

Und dabei waren sie nur ein paar Straßen entfernt gewesen, als sie verständigt wurden.

Keine fünf Minuten hatten sie bis hier her gebraucht, trotz der Lichtverhältnisse und der Tatsache, dass man hier von Hausnummern nichts zu halten schien.

Billy sah die Frau prüfend an. Im Schein der Wagenlampen sah er ihr Gesicht. Billy hätte sie unter normalen Umständen für fünfundvierzig geschätzt.

Ihre Zähne waren schlecht, ihr Teint auch.

Billy atmete tief durch.

Wahrscheinlich ist sie zehn Jahre jünger als sie aussieht!, dachte er. Wäre nichts Ungewöhnliches für diese Gegend.... Eine Cracksüchtige mit einem Crack-Gesicht. Wie ein Zombie. Nur, dass das kein Film war, sondern die Realität.

Und noch ein anderer Gedanke kam ihm. Ein Gedanke, der sich wie eine kalte, glitschige Hand anfühlte, die ihm jemand auf die Schulter legte.

Billy schluckte.

Wenn hier jemand die Polizei ruft, dann sicher nicht ohne triftigen Grund!

Ed schloss indessen den Polizeiwagen ab. Schließlich sollte hinterher nicht die halbe Ausrüstung fehlen. Er hielt das Handy in der Hand und lauschte angestrengt.

„Hast du den Captain, Ed?"

„Captain Delany ist unterwegs. Mit Verstärkung."

„Sollen wir warten? Wenn du mich fragst, ist der Kerl sowieso längst über alle Berge. Und ich habe ehrlich gesagt keine Lust, hier..."

„Wir sollen ihn schnappen", sagte Ed ernst. "Um jeden Preis."

Jetzt meldete sich wieder die Frau zu Wort. "Der Perverse muss noch im Haus sein!“

Billy hob die Augenbrauen.

„Hören Sie! Nach allem, was hier in der Gegend passiert ist, nach all den toten Nutten und diesen Perversen..."

„Schon gut", schnitt Billy ihr grob das Wort ab.

„Ist er bewaffnet?", fragte Ed unterdessen die Frau.

„Ich weiß nicht. Aber..."

Ed kniff die Augen zusammen, seine Brauen beschrieben dabei eine geschwungene Linie, die Skepsis ausdrückte.

„Aber was?", fragte er.

Die Frau flüsterte nur.

Aus ihren Augen leuchtete das blanke Entsetzen.

„Er muss es sein..."

„Was?"

„Das Monstrum!"

Dermaßen vage Aussagen liebe ich! Barney verzog das Gesicht.

Er machte seine Taschenlampe an, die er am Revers seiner Jacke hängen hatte. Der Lichtkegel ließ die Nase der Frau rötlich leuchten.

Alkohol!

Aber Billy fröstelte trotzdem.

„Wenn er aus dem Haus gekommen wäre, hätten wir das gesehen!", meinte einer der anderen Leute, ein Mann in den Sechzigern, der sein linkes Bein nachzog.

„Ist wirklich niemand aus dem Haus gekommen?“, fragte Barney.

„Jedenfalls kein Mann“, sagte jemand.

„Alles klar“, sagte Barney.

„Er muss also noch dort sein“, meinte Ed.

„Ja“, nickte Barney.

„Worauf warten wir noch?“

Barney schob sich die Mütze in den Nacken. Er sah kurz zu seinem Partner hinüber.

„Also los", knurrte er.

In seiner Magengegend spürte er einen Krampf.

Der Aufzug war defekt und die Treppe ziemlich schmal.

Auf manchen der Stufen war der Belag durchgelaufen. Ein undefinierbarer Geruch hing in der Luft. Wenn hier jemand als Hausmeister tätig war, dann hatte er seine Pflichten wohl nicht sonderlich ernst genommen.

Barney nahm immer zwei bis drei Stufen auf einmal, sodass Ed, der außerdem noch einen Kopf kleiner war, Mühe hatte, mit seinem Partner Schritt zu halten.

Keine Minute verging, dann hatten sie ihr Ziel erreicht.

Die Frau war auch mit hochgekommen.

Um sich das entgehen zu lassen, war sie einfach zu neugierig.

Barney fasste die Pump Action fester, während Ed mit dem Griff seines Polizeirevolvers an die Tür klopfte.

„Hier ist die Polizei! Machen Sie sofort die Tür auf!"

Aus der Wohnung war ein Geräusch zu hören. Es klang wie ein lautes Atmen oder Ächzen. Ein fast tierischer Laut. Eine volle Sekunde verstrich, ohne dass etwas geschah. Die beiden Cops sahen sich gegenseitig an. Barney nickte, und Ed trat die Tür ein. Es war eine wuchtige Bewegung, viel heftiger, als sie nötig gewesen wäre, um das morsche Holz splittern zu lassen.

Die Tür flog auf und Barney hob das Gewehr.

Der Blick war frei auf ein mieses Ein-Zimmer-Apartment, das lange nicht mehr neu tapeziert worden war. An einer Stelle begann Schimmel sich die Decke entlang zu fressen.

Die Einrichtung war karg. Ein Sofa, ein Tisch, ein Stuhl. Außerdem ein Kleiderschrank und eine Matratze.

Ausgestreckt auf dem Fußboden lag eine Leiche.

Weiblich.

Und kahl geschoren.

Um den Hals ein Würgemal.

Wie von einer Drahtschlinge, wie man später feststellen würde.

„Hier ist sonst niemand“, stellte Billy fest.

„Er muss über die Feuerleiter geflohen sein“, meinte Ed.

Barney ging zur Fensterfront. Er blickte in einen Hinterhof im Halbdunkel. Vom Täter war nichts zu sehen.

Hinter der Sofa-Garnitur fanden sie den Hausmeister. Er erwachte gerade aus seiner Bewusstlosigkeit. Mit einer Platzwunde am Kopf.

„Haben sie ihn gesehen?“, fragte Ed. „Den Täter, meine ich.“

„Nein. Konnte ich nicht. Bin gleich niedergeschlagen worden, als ich hier eintraf. Jemand hat um Hilfe geschrien...“

„Ganz ruhig, Mister...“

Er sah auf die Frauenleiche.

„Oh Gott.“

„Kennen Sie sie?“

„Ja, natürlich!“

„Der Täter muss noch in der Wohnung gewesen sein, als Sie eintrafen.“

„Sie sind schwer von Begriff, Officer? Ich habe eins auf die Rübe gekriegt!“

„Das wird sich alles gleich klären, Sir. Verstärkung ist unterwegs.“


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