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Оглавление4. Das Modell von Thomas Gordon
Effektivere Zusammenarbeit
Auch der Psychologe Thomas Gordon (1918 – 2002) will den Erfolg zwischenmenschlicher Kommunikation fördern. Zwar richtet er sich an alle gesellschaftlichen Gruppen und Schichten, aber sein besonderes Interesse gilt Führungskräften. Ihnen will er die notwendigen Techniken vermitteln, um die Zusammenarbeit zu effektivieren. Gordon ist der Meinung, dass eine Führungskraft in einem sowohl Spezialist für zwischenmenschliche Beziehungen als auch Fachmann für die ihm übertragene Aufgabenstellung sein sollte.
Gordon basiert sein Konzept der erfolgreichen Führung auf der so genannten non-direktiven Gesprächsführung von Carl Rogers. Wesentlich für erfolgreiche Mitarbeitergespräche sind für Gordon
■ die Technik des Aktiven Zuhörens (siehe Kapitel B2 in diesem Buch),
■ das Senden von Ich-Botschaften sowie
■ die „Jeder gewinnt“-Methode.
4.1 Die Führungskraft als Problemlöser
Bedürfnisse von Mitarbeitern und Führungskräften
Mitarbeiter und Führungskräfte haben Bedürfnisse, die beachtet und befriedigt werden müssen. Es sind Bedürfnisse nach Selbstachtung, Sicherheit, Geborgenheit, sozialer Anerkennung, Unabhängigkeit und Vertrauen.
Bleiben diese Erwartungen und Bedürfnisse sowohl der Führungskraft als auch der Mitarbeiter unbefriedigt, dann resultieren daraus Empfindungen wie Unzufriedenheit, Aggressivität, Niedergeschlagenheit und Frustration. Das kann Konflikte auslösen. Die nachstehende Abbildung veranschaulicht den Soll- und den Ist-Zustand.
Drei Zonen möglicher Empfindungen
Der Ist-Zustand ist hierbei in drei Zonen aufgeteilt:
■ Zone 1 stellt jenen Bereich der Empfindungen eines Mitarbeiters dar, an dem erkennbar ist, dass er ein Problem hat, bzw. den Teil seiner Bedürfnisse, die unbefriedigt sind.
■ Zone 2 stellt die problemfreie bzw. konfliktfreie Zone dar. Es ist der Bereich der Empfindungen dargestellt, bei denen sowohl Mitarbeiter als auch Führungskräfte die Befriedigung ihrer Bedürfnisse erleben.
■ Zone 3 zeigt den Problembereich einer Führungskraft. Die Flächengröße zeigt, in welchem Ausmaß deren Bedürfnisse unbefriedigt blieben.
Problembereiche und konfliktfreie Zone
Zone 2 ausweiten
Nach Gordon müssen Sie als Führungskraft die konfliktfreie Zone ausweiten. Zu diesem Zweck sollten Sie die Bedürfnisse Ihrer Mitarbeiter erkunden bzw. erfragen. Erst dann können Sie entscheiden, was zu tun oder zu lassen ist, um die Anliegen bzw. Bedürfnisse der Mitarbeiter zu befriedigen.
Natürlich ist keine Führungskraft in der Lage, allen unbefriedigten Bedürfnissen (Problemen) der Mitarbeiter zu genügen, noch ist es möglich, sämtliche eigenen Probleme (und die Probleme des Unternehmens) zu lösen. Dies ist eher ein anzustrebender Idealzustand.
4.2 Senden von Ich-Botschaften
Betrachtet man Gespräche genauer, stellt man fest, dass viele Äußerungen ausgeprägte Du- oder Sie-Komponenten beinhalten. Deswegen heißen solche Botschaften auch Du-Botschaften. Beispiel für eine Du-Botschaft ist die Aussage „Sie nerven mich mit Ihrer Fragerei“. Hier steht das Du/Sie im Vordergrund.
Du-Botschaft
Wer Du-Botschaften äußert, läuft Gefahr, die Beziehung zu anderen Menschen zu schädigen. Enthalten Du-Botschaften eine negative Aussage, verursachen sie oft Schuldgefühle, werden als herabsetzender Tadel empfunden und provozieren reaktive Verhaltensweisen.
Leveling
Das Senden von Ich-Botschaften hingegen nennt man auch „Leveling“, weil der Gesprächspartner auf dem gleichen Level bleibt. Die Aussage könnte als Ich-Botschaft lauten: „Mit diesen Fragen möchte ich mich lieber morgen befassen. Heute schaffe ich es nicht mehr.“ Hier steht das Ich im Vordergrund.
Ich-Botschaft
Wer eine Ich-Botschaft sendet, versucht nicht, den anderen herabzusetzen, sondern beschreibt das zu kritisierende Verhalten und die Gefühle, die es auslöst, also die Wirkung. Dem Gegenüber bleibt es dabei überlassen, sein Verhalten zu ändern.
4.3 Das Lösen von Führungsproblemen
Gewinner und Verlierer
Die wenigsten Führungskräfte sind in der Lage, Konflikte zu lösen. Das kann mit ihren Kindheitserfahrungen zusammenhängen. Im Streit mit Geschwistern, Freunden, Eltern oder Lehrern wurden Konflikte mit Macht „gelöst“. Es gab immer einen Gewinner und einen Verlierer.
Infolgedessen kennen die meisten Menschen nur zwei Varianten der Konfliktbewältigung:
■ Variante I: „Ich gewinne, du verlierst“
■ Variante II: „Du gewinnst, ich verliere!“
Die dritte Variante, die „Jeder gewinnt“-Methode, ist unbekannt oder zumindest ungewohnt.
Im Folgenden werden die drei Methoden erläutert und zum besseren Verständnis mittels eines Beispiels verdeutlicht.
Beispiel
Beispiel: Konflikt zwischen Mitarbeiter A und B
Mitarbeiter A hat mit Mitarbeiter B einen Konflikt, weil er sich durch B ausgenutzt fühlt. Diesem geht es genauso. Er meint, durch A benachteiligt zu werden. Infolgedessen bleibt wichtige Arbeit liegen, für die sich keiner zuständig fühlt. Der Vorgesetzte muss deswegen eingreifen.
Variante I: „Ich gewinne, du verlierst“
Mitarbeiter als Verlierer
Bei dieser Variante will einer der Gesprächspartner Recht behalten und gegebenenfalls die eigenen Machtbedürfnisse befriedigen. Das ist der Fall, wenn Sie als Vorgesetzter Ihre „Macht“ ausspielen, das heißt, Kraft höherer Position Ihren Willen durchsetzen. Sie bestimmen autoritär, was getan oder gelassen werden soll. Wahrscheinlich grollen Ihre Mitarbeiter, da sie sich zu Befehlsempfängern abgestempelt fühlen. Das beeinträchtigt das Abteilungsklima. Als Folge dieser Art der Konfliktlösung gibt es am Ende einen Gewinner und einen Verlierer.
Denkbar ist auch, dass Sie beide Mitarbeiter zu einem klärenden Gespräch einladen. Beide Kollegen tragen ihre Meinung vor. Die Atmosphäre ist gespannt, der Ton wird laut. Sie werden nun ungeduldig und wollen das Gespräch nicht länger fortsetzen. Sie ordnen an: „Sie, Herr A, erledigen die Aufgaben 1, 2 und 3. Und Sie, Herr B, sind für 4, 5 und 6 zuständig. Ich möchte keine Klagen mehr hören! Gehen Sie wieder an die Arbeit!“
Infolge Ihres autoritären Verhaltens fühlen sich jetzt sogar beide Mitarbeiter als bloße Befehlsempfänger und Verlierer. Sie sind demotiviert und arbeiten gegebenenfalls gegen Sie als Chef. Die Lösung ist also nur eine Scheinlösung.
Variante II: „Du gewinnst, ich verliere“
Vorgesetzter als Verlierer
Bei dieser Variante gehen Sie als Führungskraft auf die Wünsche Ihrer Mitarbeiter ein. Sie geben nach, um Konflikten auszuweichen. Sie als Vorgesetzter sind hier der Verlierer, da Sie sich Ihren Mitarbeitern unterordnen. Diese nehmen Ihnen die Problemlösung aus der Hand. Eventuell empfinden Sie Groll, da Ihre Bedürfnisse unbeachtet blieben.
Der Preis, den Sie für Ihr Verhalten zahlen müssen, ist hoch: Gegebenenfalls werden Sie als führungsschwach eingestuft und künftig einfach übergangen. Der Kampf unter den Kollegen könnte sich zudem fortsetzen.
Lösen von Führungsproblemen nach den Varianten I und II
Variante III: „Jeder gewinnt“
Es gibt zwar keine definitiven Rezepte für eine erfolgreiche Konfliktlösung, aber einige Grundvoraussetzungen, die Ihnen helfen. Sie sind in der „Jeder gewinnt“-Methode beschrieben.
Diese Art der Konfliktbewältigung setzt jedoch voraus, dass Sie als Führungskraft Ihre Macht nicht missbrauchen, um Konflikte zu lösen – zumindest dann nicht, wenn Sie weiterhin mit dem betreffenden Mitarbeiter zusammenarbeiten wollen. Stattdessen sollten Sie etwa diese Haltung einnehmen:
Die „Jeder gewinnt“-Haltung
„Du und ich, wir haben einen Bedürfniskonflikt. Ich achte deine Bedürfnisse, aber ich darf auch meine nicht vernachlässigen. Ich will von meiner Macht dir gegenüber keinen Gebrauch machen, so dass ich gewinne und du verlierst. Aber ich kann auch nicht nachgeben und dich auf meine Kosten gewinnen lassen. So wollen wir in gegenseitigem Einverständnis gemeinsam nach einer Lösung suchen, die ebenso deine wie meine Bedürfnisse befriedigt, damit wir beide gewinnen.“
Fünf Schritte zur Problemlösung
Dieser Art der Problemlösung liegen fünf Schritte zugrunde:
1. Das Problem erkennen und eindeutig definieren. Formulieren Sie es so, dass es weder einen Vorwurf noch eine Wertung enthält. Rechnen Sie damit, dass es notwendig werden kann, das Problem im Laufe der Diskussion umzudefinieren. Eventuell führt die Meinung des Mitarbeiters bei Ihnen zu einer neuen Sichtweise. Erst wenn beide Seiten die Definition des Problems akzeptieren, sollten Sie sich dem zweiten Schritt zuwenden.
2. Alternative Lösungen entwickeln. Fragen Sie zuerst Ihren Mitarbeiter nach möglichen Lösungen, bevor Sie eigene Vorschläge machen. Aus den gesammelten Lösungsvorschlägen werden dann gemeinsam die vernünftigsten und praktikabelsten ausgesucht, um dann Schritt drei einzuleiten.
3. Die alternativen Lösungen gemeinsam bewerten. Die Lösungsvorschläge sind dahingehend zu überprüfen, ob sie durchführbar oder mit Problemen behaftet sind. Um eine akzeptable Lösung zu finden, sollten sich beide Seiten um Ehrlichkeit bemühen.
4. Die Entscheidung treffen und ausführen. Beide Seiten müssen sich mit der Lösung identifizieren. Nur dann werden sie die Ergebnisse des Gesprächs auch umsetzen. Zu klären ist auch der Lösungsweg. Legen Sie gemeinsam fest, wer was bis wann erledigt.
5. Bewertung der Lösung. Bleiben die Maßnahmen erfolglos, dann ist das Problem erneut zu diskutieren. Entscheidungen können revidiert werden – aber nur auf der Basis des gegenseitigen Einverständnisses. Keine der beiden Seiten darf eine Entscheidung einseitig abändern.
Wenn Sie Ihre Mitarbeiter an Entscheidungen beteiligen, steigert dies die Akzeptanz und Motivation. Die Beziehungen bleiben von Respekt und Sympathie geprägt.
Das Gelingen der „Jeder gewinnt“-Methode setzt die persönliche Autorität des Vorgesetzten voraus. Persönliche Autorität besteht aus verschiedenen Komponenten (siehe Abbildung).
Vier Seiten der Autorität
Da jeder Mensch andere Persönlichkeitsausprägungen hat, ist es schwierig, allgemeine Autoritätsmerkmale zu beschreiben.
Merkmale der Autorität
Folgende Aspekte haben sich als hilfreich erwiesen:
■ Der Vorgesetzte ruht in sich selbst. Er kennt seine Stärken und Schwächen und besitzt ein gesundes Selbstbewusstsein.
■ Er lässt die Mitarbeiter nicht zu Opfern seiner Willkür werden.
■ Er behandelt sie nicht als Untergebene, sondern als Partner, und akzeptiert auch abweichende Meinungen.
■ Um Konflikte zu meistern, versucht er, in Mitarbeitergesprächen Probleme durch aktives Zuhören zu erkennen.
Konfliktlösung des Praxisbeispiels nach Variante III
Gemeinsame Lösung
Sie als Vorgesetzter führen mit den beiden Kollegen ein gemeinsames Gespräch. Dabei erklären Sie nochmals die Aufgaben und Ziele der Abteilung. Sie fordern beide Kollegen auf, konkrete Vorschläge zur Problemlösung zu machen.
Die verschiedenen Vorschläge bewerten Sie gemeinsam. Die beste Idee wird ausgewählt. Im Zweifelsfall geben Sie als Vorgesetzter den Ausschlag. Eventuell werden die Aufgabengebiete der beiden Mitarbeiter einvernehmlich geändert bzw. neu verteilt.
Die faire Versuch einer Konfliktlösung bzw. die gründliche Aussprache im Klärungsprozess bringen es mit sich, dass beide Mitarbeiter die Lösung mittragen und sich ihr nicht widersetzen. Außerdem wissen beide Kollegen, dass eine Abweichung nicht geduldet wird, da Sie sich sonst gezwungen sehen, die Variante „Ich gewinne, du verlierst“ anzuwenden.
Literatur
Breuer, Karlpeter (Hg.): Thomas Gordon: Das Gordon-Modell, Anleitungen für ein harmonisches Leben. München: Heyne 1998.
Gordon, Thomas: Managerkonferenz. Effektives Führungstraining. 12. Aufl. München: Heyne 1995.
Gordon, Thomas: Die neue Beziehungskonferenz. Effektive Konfliktbewältigung in Familie und Beruf. München: Heyne 2002.
Gordon, Thomas und Carl D. Zaiss: Das Verkäuferseminar. Psychologie des effektiven Verkaufens. Frankfurt/M.: Campus 1995.