Читать книгу »Wir kriegen euch alle!« Braune Spur durchs Frankenland - Werner Rosenzweig - Страница 15

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Norbert Amon quälte ein schlechtes Gewissen. Er war nicht mehr davon überzeugt, dass es richtig war, Müselüm Yilmaz von der Beziehung zwischen Walter und der Akgül berichtet zu haben. Er fühlte sich wie ein Verräter. Schließlich war der Walter doch immer noch sein bester Freund, auch wenn er zwischenzeitlich mehr Zeit mit seiner türkischen Freundin verbrachte als mit ihm. Aber er war einfach wütend, als er selbst von der Geschichte erfuhr. Zufällig. Er hatte das Gespräch zwischen der schwatzhaften Daggi Weber von nebenan und seiner Mutter belauscht, als die Daggi davon erzählte, dass sie den Walter knutschenderweise in Coburg gesehen hatte. Mit der Akgül Özkan. Der Türkin.

»So was macht mei Norbert net«, hatte seine Mutter stolz geantwortet. So ein Blödsinn. Natürlich würde er der Akgül jederzeit gerne an ihre strammen Titten greifen, wenn er die Chance dazu hätte. Aber er hatte bei Frauen eben kein Glück. Er war nun mal kein Adonis, mit seiner Körpergröße von nur einem Meter siebzig, seinen vierundachtzig Kilogramm Lebendgewicht, den Rettungsringen um seine Taille und seiner pockennarbigen Gesichtshaut. Eigentlich hatte er noch nie eine feste Beziehung mit einem Mädchen gehabt. Das kurze Techtelmechtel mit der spindeldürren Hannelore Adam konnte man nicht als Beziehung bezeichnen. Eher als gescheiterten Fehlversuch. Selbst die hatte ihm den Laufpass gegeben. Na ja, daran war er auch nicht ganz schuldlos. Er erinnerte sich noch genau. Ein halbes Jahr war es jetzt her, als sie sich nachts nach einer Party, leicht vom süßen Alkohol betutelt, gemeinsam auf den Nachhauseweg machten. Er spielte den Charmeur und hatte ihr angeboten, sie zu begleiten. »Brauchst ka Angst zu ham, ich bring dich schon heim«, hatte er ihr gesagt und sie dabei schmachtend angesehen. Sie lächelte ihn dankbar an. Als sie an der Lohmühlhalle vorbeikamen, nahm er all seinen Mut zusammen und drängte Hannelore mit seinem Körpergewicht zielstrebig in das gegenüberliegende Wäldchen. Sie ließ es geschehen. Als er sie dann stürmisch küsste, hatte sie noch immer nichts dagegen. Er wollte mehr. Ermutigt griff er ihr blitzschnell mit beiden Händen unter ihren Pullover und schob ihr den BH fast bis unters Kinn. Dann griff er zu. Besser gesagt, er wollte zugreifen. Doch da war nichts, außer zwei nicht erwähnenswerten, leichten Schwellungen, auf denen je eine Brustwarze saß. Statt der erhofften, straffen Schnaufhügel legte er einen Wust an Stofftaschentüchern frei, welche sanft auf den Waldboden fielen. Anstelle sexueller Wallungen bekam er dann einen kräftig geführten Boxhieb auf die Nase, und Hannelore lief schreiend und schluchzend davon. Er war so verdattert, dass er zunächst überhaupt nicht reagierte. Er stand einfach nur da und in seinem Gehirn hämmerten die Geräusche, welche Hannelores klappernde Absätze auf dem Straßenasphalt verursachten, als sie in der Dunkelheit verschwand. Seine Schwellung im Schritt war auch längst verflogen. Dann hob er die am Boden liegenden Taschentücher auf und zeigte sie am nächsten Tag seinen Saufbrüdern vom Stammtisch Sauf mer nu ans. Norberts Erlebnis machte die Runde unter den Heranwachsenden und Jugendlichen in Röttenbach. Leider ließ es sich in der Folgezeit nicht ganz vermeiden, dass er und Hannelore sich ab und zu im Dorf über den Weg liefen. Hätten ihre Blicke töten können, wäre er jedes Mal einen extrem qualvollen Tod gestorben.

Norberts Gedanken glitten in die Gegenwart zurück. Vor fünf Minuten hatte ihn Doris Kunstmann angerufen. Er hatte sich am Telefon gewunden wie ein Aal, aber sie bestand darauf, dass er ihre Fragen beantwortete. Er war eben kein guter Lügner.

»Wir kriegen euch alle!« Braune Spur durchs Frankenland

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