Читать книгу »Wir kriegen euch alle!« Braune Spur durchs Frankenland - Werner Rosenzweig - Страница 18
12
ОглавлениеDas Türkische Generalkonsulat in Nürnberg hatte vor fünfundzwanzig Minuten seine Pforten geöffnet. Erst drei Besucher hatten an diesem nasskalten Donnerstagvormittag das Gebäude betreten. Parteiverkehr: Mo. – Fr. 08:30 bis 12:00 Uhr stand auf einem Messingschild neben der schmalen Eingangstür zu lesen. Passanten mit aufgespannten Regenschirmen hasteten auf dem Gehweg vor dem Gebäude mit der hellen Steinfassade vorbei und eilten zu ihren Arbeitsplätzen. Auf der Regensburger Straße staute sich der tägliche Berufsverkehr. Der feine Nieselregen glitzerte im Schein der Pkw-Scheinwerfer und die Scheibenwischer der Fahrzeuge huschten über die Windschutzscheiben und gaben die angespannten Gesichter ihrer Fahrer frei, die genervt und entrückt auf die dampfenden Auspuffrohre ihrer Vorderleute starrten. Stop and go, wie jeden Wochentag um diese Zeit. Vor dem Eingang des Konsulats steckten neun wackelige, hüfthohe Metallrohre im Asphalt und dem gepflasterten Gehweg. Sie waren mit durchhängenden, angerosteten Ketten verbunden und sollten so etwas wie eine Absperrung andeuten. Nur rechter Hand, dort wo zwei riesige Plakatwände aufgestellt waren, war das Konsulat ohne Barriere zugänglich. Enjoy More stand auf einer der Werbetafeln zu lesen, auf der eine überdimensionale, blaue Zigarettenschachtel von Pall Mall abgebildet war. Zwischen der Regensburger Straße und der Kettenabsperrung, mitten auf dem Geh- und Fahrradweg, hatte vor zehn Minuten ein Fürther mit Anorak und dunkler Sonnenbrille seinen alten VW Golf, Baujahr 1999 geparkt, war ausgestiegen und weggegangen. Typisch Fürther Autofahrer! Die machen immer, was sie wollten, Autofahren können sie sowieso nicht, diese Deppen. Nachlässig war er auch noch, dieser Fürther Blasarsch. Nicht einmal die Pkw-Türen hatte er richtig geschlossen. Selbst ein Blinder mit Krückstock sah, dass beide Türen auf der Beifahrerseite nicht richtig in ihre Schlösser eingerastet waren. Na ja, wer würde schon so eine alte, grüne Rostlaube klauen? Die beiden Feuerlöscher, die auf dem Rücksitz lagen, waren wohl das Wertvollste an dem ganzen Gefährt. Vierzehn betagte Herrschaften kamen um die Ecke gedackelt und schlurften schnurgerade auf den VW Golf zu, der sich ihnen auf dem Fußgängerweg in den Weg stellte. Sie waren auf dem Weg zur Schloßstraße 1. »Saupreißn«, schimpfte ein Hüne in Lederhose und bayerischem Trachtenjanker und wedelte mit seinem weiß-blauen Rautenmusterschirm, »so was gibt’s z’Minga net. Mei, der alte Kübl wär bei uns scho längst abgschleppt worn.«
Auch Rudi Rohrmoser belferte wie ein tollwütiger Wolpertinger: »Solch alte Kübl gibts in Minga gar nimmer, aber mia san jenseits des Weißwurstäquators, Hirni, quasi in der nördlichen Entwicklungszone unseres bayerischen Freistaates, da derfst du dich net wundern. Schau, selbst die Türn san net abgschlossn.«
Neugierig trat Toni Hirnthaler an den grünen Pkw heran und legte seine Pratze auf den Türgriff der Beifahrertür. »Brauchts an Feuerlöscher?«, rief er in die Runde.