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OSKAR HANDOW

Der 11. August 2010 ist ein sonniger und warmer Tag. Ich fahre frühmorgens zusammen mit Jens Geist, dem leitenden Trainingswissenschaftler des Olympiastützpunktes Bayern, von München ins Allgäu. Dort sollen wir um neun Uhr Werner Schuster treffen, der an sportpsychologischer Unterstützung interessiert ist.

Während meines Psychologiestudiums habe ich Sportpsychologen kennengelernt und dieses Tätigkeitsfeld für mich entdeckt. So machte ich mich 1999 in diesem Bereich selbstständig – lernte aber schnell, dass man von der Sportpsychologie allein nicht leben kann. Insofern ist mein Haupttätigkeitsfeld bis heute die Personalauswahl und -entwicklung für Firmen und Konzerne. Die Arbeit mit Sportlern ist aber immer eine Leidenschaft geblieben und füllt etwa 20 Prozent meiner Arbeitszeit. Zum Zeitpunkt der Anfrage von Werner hatte ich bereits mit Sportlern von gut zwei Dutzend verschiedenen Sportarten gearbeitet. Darunter auch Biathlon und Ski alpin, sodass mir auch der Deutsche Skiverband und seine Strukturen schon bekannt waren. Aufgewachsen mit dem jährlichen Ritual der Vierschanzentournee zum Jahreswechsel, freute ich mich besonders auf dieses Kennenlernen.

Werner sitzt schon am vereinbarten Treffpunkt, der Terrasse eines Klubhauses einer Golfanlage, als wir ankommen. Er begrüßt uns offen und herzlich. Von Anfang an ist er sehr direkt und fühlt mir auf den Zahn. Ich erlebe einen offensiven, charismatischen und sehr fordernden Gesprächspartner, der klare Vorstellungen einer möglichen Zusammenarbeit hat (und natürlich auch entsprechendes Vorwissen und Vorerfahrungen). Es sollte der Beginn der längsten und fruchtbarsten Zusammenarbeit mit einem Bundestrainer in meinen bisherigen gut 20 Jahren als Sportpsychologe sein – auch wenn das damals noch nicht absehbar war.

Zu Beginn musste ich mir wiederholt die mangelnde Feldkompetenz in der komplexen Sportart Skispringen vorwerfen lassen. Analogien aus anderen Sportarten kamen eher schlecht an. Aber im Laufe der Zeit gelang es mir, einen Beitrag zum Gesamtsystem zu leisten. Dieser ist in der Sportpsychologie nie messbar – aber es ist ein Mosaikstein des Gesamtbildes. Für manche Athleten ein kleiner Baustein, für andere vielleicht sogar das zentrale Element der Leistungserbringung. Für die Trainer, die oftmals Themen mit sich allein ausmachen müssen, kann es gerade in schwierigen Situationen eine hilfreiche Unterstützung sein.

Im Laufe der Jahre durfte ich immer mehr über Werner und seine Herkunft, seine Familie und seine Werte und Ansichten erfahren. Ein Einzelkind, das frei und behütet zugleich aufwachsen durfte. Mit einem gesunden Selbstbewusstsein, ohne dabei überheblich zu sein. Neugierig und interessiert – dabei aber auch immer skeptisch (und manchmal auch spöttisch). Und Sportler durch und durch.

Die Psychologie ist die Wissenschaft, die sich mit dem Erleben und Verhalten von Menschen beschäftigt. Dieses Erleben und Verhalten ist stark geprägt von unserer Sozialisation und der daraus resultierenden Persönlichkeit. Insofern ist es von großer Bedeutung, mehr über die Person und deren individuelle Lerngeschichte zu erfahren. Umso passender können dann Ideen und Maßnahmen generiert werden.

Wenn man Werners Biografie liest, erschließt sich vielleicht im Nachgang die eine oder andere Vorgehensweise noch besser, die man am Bildschirm miterleben konnte. Auf jeden Fall aber lässt er uns hier in sehr persönlicher Weise an seiner Prägung teilhaben. Dies erlebe ich als beileibe nicht selbstverständlich. Vor allem zeigt es aber auch einen sehr reflektierten Umgang mit der eigenen Lebensgeschichte und deren Auswirkungen auf das eigene Denken und Handeln.

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