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KAPITEL 1

SICH SEINER WURZELN BEWUSST SEIN

Kreuzungen im Leben: über Prägungen und Werte

Freiheit mit viel Schnee – Meine Eltern – Heimat Mahdtalegg – Stams, was sonst – Internatserfahrungen eines Einzelkindes – Liss – Erste Erfolge – Matura, und jetzt? Auf dem Lkw des Bundesheeres – Muss ich jetzt echt studieren – Die Erfolge bleiben aus – Student Schuster und das neue Umfeld – Den V-Stil verschlafen und mit einer Verletzung bestraft – Von der Ersatzbank in den Weltcup – Übergang ins wirkliche Leben

Es war einer dieser Wintertage in den Achtzigern im touristisch gut gefüllten, aber für mich beschaulichen heimatlichen Kleinwalsertal. Gut ein halber Meter Schnee war über Nacht gefallen, und ich musste in die Schule. Die Straße war noch nicht vollständig geräumt, aber ich war besessen von dem Gedanken, wieder mit dem Fahrrad zur Bushaltestelle zu fahren. Das war weder logisch noch vernünftig, aber spannend allemal.

Ich hatte ein Klapprad, schwarz lackiert und aufgerüstet mit Stollenreifen – BMX Marke Eigenbau. Das sollte doch allwettertauglich sein und mich diese 500 Meter zur Bushaltestelle bringen – dem halben Meter Schnee zum Trotz. Meine Mutter hatte kurz versucht, mich davon abzuhalten, dann ließ sie mich fahren. Ich durfte immer meine eigenen Erfahrungen machen, und dafür bin ich dankbar!

Es wollte nicht so recht vorwärtsgehen im tiefen Schnee. Kaum war ich außer Sichtweite unseres Hauses, musste ich absteigen und schieben. Eine Blöße wollte ich mir nicht geben. Niemand sollte mitkriegen, dass es beschwerlich war. Spaß hat es trotzdem gemacht. Ich hatte mir in den Kopf gesetzt, jeden Tag mit dem Fahrrad zur Schule zu fahren, und da lässt man sich von frischem Neuschnee nicht die Schneid abkaufen.

Meine Familie hatte und hat eine kleine Vermietung von Privatzimmern und Ferienwohnungen. Einen Parkplatz mit fünf Stellplätzen. Schneeräumung war Familiensache. Die glich oft einer Sisyphusarbeit. Das Haus meiner Eltern steht an einer Hanglage, und zum Glück konnten wir den üppig vorhandenen Schnee in das Feld des Nachbarn, eines Landwirtes, entsorgen. Dort entwickelten sich ordentliche Plattformen, man muss schon fast sagen, natürliche Rampen, von denen man spektakuläre Sprünge in den Tiefschnee machen konnte. Manchmal stellte ich ein Sparschwein auf, und die Touristen am vorbeiführenden Wanderweg blieben stehen und konnten Sprünge bei mir »bestellen«. Auf Wunsch gab es einen Salto oder einen Bauchfleck zu sehen, und dafür warfen sie eine Mark in das Sparschwein.

Erste Sprünge im Kleinwalsertal

Ich liebte den Schnee. In meiner Kindheit gab es ihn noch üppig, und er kam verlässlich spätestens im Dezember, und auf über 1000 Meter Seehöhe ging er auch nicht weg vor April. Nach der Schule waren wir den ganzen Winter auf den Skipisten unterwegs. Als mir das Skifahren zu langweilig wurde, entwickelten sich aus dem Hüpfen vor Touristenpublikum ernst zu nehmende Sprünge. Mein Vater, ein Mann der Tat, baute mithilfe seines großzügigen Partners, eines Hoteliers, eine richtige Skisprungschanze.

In kürzester Zeit hatte sich diese Freizeitbeschäftigung herumgesprochen, und wir waren eine Gruppe von mehr als 15 Kindern, die dankenswerterweise von meinem Vater, früher selber Skispringer, alle mitbetreut wurden. Wir nahmen an Wettkämpfen in Österreich, Deutschland und der Schweiz teil und waren binnen kürzester Zeit eine gefürchtete Truppe. Aufgrund der optimalen »Zutaten« Schnee, Schanze, Lift, fachgerechte Betreuung und freudvoll agierende Kinder entwickelte sich der SV Casino Kleinwalsertal in Windeseile zu einem Vorzeigeverein. Und das Schöne daran war: Wir haben diese Nachmittage nicht als Training wahrgenommen. Alles lief spielerisch ab. Dank der großzügigen Art meines Vaters und des Hoteliers, denn alle Kinder fuhren unentgeltlich am Lift und die Betreuung war inkludiert, verbrachten wir Tag für Tag, Wochenende für Wochenende, Winter für Winter am Mahdtalegg.

Mein Vater Willy (links) mit der stolzen Truppe des SV Casino Kleinwalsertal

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