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Vorwort.

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Inhaltsverzeichnis

Als ich bei der Vorbereitung des von mir auf dem evangelisch-sozialen Kongresse in Frankfurt a. M. am 17. Mai 1894 gehaltenen Vortrages über die Gewerkschaften daran ging, mich näher mit dem Gegenstande und der darüber bestehenden Litteratur zu beschäftigen, fand ich eine auffallende Thatsache. Man kann sicher unserer Zeit nicht den Vorwurf machen, daß zu wenig Bücher geschrieben würden. Sollte man da glauben, daß über eine Erscheinung, wie die Gewerkschaftsbewegung, deren weittragende Bedeutung von ihren Freunden wie von ihren Gegnern übereinstimmend anerkannt wird, nicht ein einziges Buch besteht, aus dem man sich zusammenhängend über sie unterrichten könnte! Man möge mich nicht mißverstehen. Ich will gewiß nicht das Verdienst der Werke von Brentano, Lexis, Sartorius von Waltershausen, Berghoff-Ising, Schmöle, des Ehepaares Webb u. a., deren Arbeiten dauernden Wert behalten, herabsetzen, aber sie alle haben sich auf ein bestimmtes eng begrenztes Einzelgebiet beschränkt, und ich trete ihnen deshalb nicht zu nahe, wenn ich es als eine auffallende Lücke unserer volkswirtschaftlichen Litteratur bezeichne, daß sie kein zusammenhängendes Werk über die Gewerkschaftsbewegung aufweist.

Ein solches ist aber neben jenen Arbeiten ein unabweisbares Bedürfnis, dessen Befriedigung um so dringender wird, je mehr die Ueberzeugung sich Bahn bricht, daß gerade bei uns in Deutschland die Sozialdemokratie nur deshalb ihre jetzige Bedeutung hat erlangen können, weil es an einer anderweiten Organisation der Arbeiterklasse zur Vertretung ihrer berechtigten Interessen fehlte, und deshalb auch diejenigen Arbeiterkreise, die den politischen Zielen jener Partei, wie ihren ethischen und volkswirtschaftlichen Grundlagen ablehnend oder wenigstens gleichgültig gegenüberstehen, sich notgedrungen ihr zuwenden müssen, weil nun einmal die Arbeiterinteressenvertretung eine soziale Naturnotwendigkeit ist, der auf irgend einem Wege Rechnung getragen werden muß.

Die bezeichnete Lücke auszufüllen ist der Zweck meines Buches. Ich habe versucht, so vollständig, wie es mir möglich war, alles Thatsachenmaterial zusammenzustellen, das sich auf die wirtschaftliche Interessenorganisation der Arbeiter bezieht, ohne Beschränkung auf einzelne Länder oder Formen. Ich bin auch der Ansicht, daß eine solche Arbeit nicht nur den Nutzen einer äußeren Zusammenfassung bietet, insbesondere den Personen, die sich mit der Bewegung beschäftigen wollen, die Mühe erspart, sich durch die Speziallitteratur hindurch zu arbeiten, sondern einen höheren Wert hat, denn, wie in allen jenen Einzelerscheinungen nur ein allgemeiner Gedanke der sozialen Kulturentwickelung zum Ausdrucke kommt, der aber in den verschiedenen Ländern eine durch die Eigenart der Verhältnisse bedingte verschiedene Ausprägung erhalten hat, so kann dieses einheitliche Moment auch nur durch eine einheitliche Behandlung zum vollen Verständnisse gelangen.

Aber die Aufgabe, die ich zu lösen hatte, bestand doch nicht etwa, wie es nach dem bisher Gesagten scheinen könnte, lediglich darin, das in den vorhandenen Einzelwerken enthaltene Material zusammenzustellen, vielmehr ist das Gebiet, das bis jetzt eine litterarische Bearbeitung erfahren hatte, nur ein Teil, und nicht einmal ein sehr großer Teil des Gesamtgebietes. Es ist zunächst räumlich begrenzt, denn es beschränkt sich auf die fünf Länder: England, Frankreich, Nordamerika, Deutschland und die Schweiz. Hinsichtlich der übrigen Länder giebt es nichts als zerstreute Aufsätze in einzelnen Zeitschriften. Aber zu dieser räumlichen Begrenzung kommt, wenigstens hinsichtlich des Landes, das uns am meisten interessiert, nämlich Deutschlands, noch eine inhaltliche hinzu, denn das einzige in Betracht kommende Werk von Schmöle über die sozialdemokratischen Gewerkschaften stellt sich gar nicht die Aufgabe, die ganze deutsche Gewerkschaftsbewegung zu umfassen, sondern greift nur eine einzelne Gruppe heraus, die freilich die stärkste, aber nicht entfernt die einzige ist, neben der vielmehr noch verschiedene beachtenswerte andere Organisationen bestehen, für die es an einer litterarischen Bearbeitung völlig oder fast völlig fehlt.

Zu diesen Organisationen gehören zunächst die Hirsch-Duncker'schen Gewerkvereine. Aber wenn in der Oeffentlichkeit meistens sie und die sozialistischen Gewerkschaften als die einzigen gewerkschaftlichen Bildungen angesehen werden, so ist das durchaus unrichtig. Nicht allein ist in neuester Zeit mit Erfolg der Versuch gemacht, christliche Gewerkvereine ins Leben zu rufen, sondern es giebt auch eine ganze Anzahl von Vereinigungen aller Art, die man freilich nicht zu den Gewerkschaften im engsten Sinne zählen kann, die aber nicht allein unter den Begriff der wirtschaftlichen Interessenorganisation der Arbeiter fallen, sondern die man sogar im weiteren Sinne zu den gewerkschaftlichen Bildungen rechnen muß. Wie in der Natur, so giebt es auch im sozialen Leben Uebergangsstufen, Formen, bei denen die karakteristischen Eigenschaften der betreffenden Gattung freilich noch nicht zu voller Entwicklung gelangt sind, aber doch bereits mehr oder weniger scharf hervortreten. Das gilt auch auf unserem Gebiete. Neben Vereinigungen, die sich ausdrücklich als Gewerkvereine oder Gewerkschaften bezeichnen, giebt es andere, die dies nicht thun, die aber dennoch unverkennbare Berührungspunkte mit ihnen haben. Sie sind als Vorstufen zu betrachten, als embryonale Formen, die sich aller Wahrscheinlichkeit nach mit der Zeit zu vollen Gewerkschaften entwickeln werden. Zu ihnen gehören neben den evangelischen und katholischen Arbeitervereinen vor allem eine Reihe kaufmännischer Organisationen, die in bunter Mannigfaltigkeit den gewerkschaftlichen Karakter in den verschiedensten Stufen der Ausbildung zeigen. Endlich haben auch vielfach staatliche und private Beamte das Bedürfnis einer gemeinsamen Vertretung ihrer Interessen empfunden und ihm durch Vereinigung Rechnung getragen. Nun werden freilich die Beamten im Sinne des Sprachgebrauches nicht zu den Arbeitern gezählt; aber sie befinden sich nicht allein in abhängiger Stellung, sondern diese unterscheidet sich auch meist nicht wesentlich von derjenigen des Arbeiters, insbesondere ist sie regelmäßig weder eine dauernd gesicherte, noch hinsichtlich der Leistungen und Gegenleistungen fest bestimmte, so daß für die Verteidigung der Interessen der Mitglieder gegenüber deren Arbeitgebern volle Veranlassung geboten ist.

Alle diese Organisationen, die, wie gesagt, als unentwickelte gewerkschaftliche Formen zu betrachten sind, haben ein Recht auf unsere Beachtung und müssen ihren Platz finden in einem Buche, welches sich die Aufgabe stellt, einen Ueberblick über die gesamte Gewerkschaftsbewegung zu geben. Aber damit ist eine große Schwierigkeit verbunden, nämlich diejenige der Abgrenzung und Auswahl. Sind jene Vereinigungen, wie ich ausführte, nicht völlig ausgereifte Gewerkvereine, enthalten sie vielmehr deren karakteristische Elemente nur in mehr oder weniger hohem Grade, so entsteht die Frage: welche Stufe der Entwickelung, welches Maß von gewerkschaftlichen Momenten ist zu erfordern, um danach eine bestimmte Vereinigung aufzunehmen oder unberücksichtigt zu lassen? Offenbar ist es nicht möglich, dies grundsätzlich zu bestimmen, sondern es muß dabei ein gewisses subjektives Ermessen walten, hinsichtlich dessen ich durchaus nicht den Anspruch erhebe, es überall zutreffend ausgeübt zu haben. Ich bin völlig darauf gefaßt, daß mir in dieser Beziehung Fehler nachgewiesen, daß mir Vereinigungen bezeichnet werden, die ich nicht berücksichtigt habe, während sie mindestens dasselbe Recht auf Beachtung gehabt hätten, wie andere. Ich werde solche Ergänzungen gern entgegennehmen und, sofern sich einmal das Bedürfnis einer zweiten Auflage geltend machen sollte, sie gewissenhaft verwerten.

Giebt es über die Hirsch-Duncker'schen Gewerkvereine wenigstens einige kleinere Schriften, so fehlt es dagegen hinsichtlich der übrigen im Vorstehenden bezeichneten Organisationen völlig an allgemein zugänglicher Litteratur. Ich war deshalb nicht allein für die Materialbeschaffung auf private Bemühungen angewiesen, sondern vor Allem konnte ich auch hinsichtlich der Existenz solcher Vereinigungen, abgesehen von zufälligen Notizen in den Zeitungen, nur auf diesem Wege etwas erfahren. Ich muß deshalb, obgleich ich mich an die am besten orientierten Stellen um Auskunft gewandt und diese fast ausnahmslos in liebenswürdigster Weise erhalten habe, trotzdem die Möglichkeit zugeben, daß mir die eine oder die andere Organisation entgangen sein könnte.

Aber noch in einer anderen Beziehung fiel mir die Aufgabe zu, völlig jungfräulichen Boden zu beackern. Fehlte es bisher nicht allein für einzelne Länder, sondern auch, namentlich in Deutschland, für große Gruppen innerhalb der Arbeiterbewegung an jeder litterarischen Bearbeitung, so gilt das Gleiche hinsichtlich der internationalen Organisation. Es liegt auf der Hand, daß die gewerkschaftliche Entwickelung nicht in die Grenzpfähle der einzelnen Staaten eingeengt werden kann, wird doch gegen jede noch so berechtigte Arbeiterforderung von den Vertretern der Unternehmer stets in erster Linie der Einwand erhoben, daß durch ihre Befriedigung der einheimischen Industrie die Konkurrenz auf dem Weltmarkte unmöglich gemacht werde. Wenn dies nicht in einzelnen, vielleicht auf dem betreffenden Gebiete unvollkommen entwickelten Ländern, sondern überall in gleichem Maße geschieht, wenn man sich in Deutschland auf Oesterreich, Frankreich, England, Amerika und dort wieder auf Deutschland beruft, so erinnert das allerdings lebhaft an die Heine'sche Erzählung von den beiden edlen Polen, von denen keiner wollte, daß der andere für ihn zahle und die deshalb beide schließlich nicht dazu kamen, ihre Zeche zu berichtigen. Aber immerhin ist nicht zu bestreiten, daß die Produktionsbedingungen in den Kulturländern einem natürlichen Ausgleichungsbedürfnisse unterworfen sind und daß die Industrie eines Landes geschädigt werden müßte, wenn die Ungleichheit ihrer Belastung im Vergleiche mit derjenigen der übrigen Länder ein gewisses Maß überschreiten würde. Aus diesem Grunde ist die gewerkschaftliche Bewegung, will anders sie dauernden Erfolg haben, grundsätzlich auf internationale Entwickelung hingewiesen.

Hier ist nun die bisherige Litteratur nicht allein völlig unzureichend, sondern es ist einfach keine vorhanden. Ja, mehr als das. Die Thatsachen der internationalen Organisation sind selbst in den eingeweihtesten Kreisen fast völlig unbekannt geblieben. Das scheint eine kühne Behauptung, aber ich darf doch ganz gewiß die Generalkommission der Gewerkschaften und den Vorstand des sozialdemokratischen Parteiarchivs zu diesen Kreisen zählen, und von beiden habe ich trotz des bereitwilligsten Entgegenkommens, für das ich hiermit öffentlich meinen Dank ausspreche, nicht allein keine derartige Litteratur erhalten, sondern es wurde mir vielmehr erklärt, daß eine internationale Organisation, abgesehen von den Buchdruckern, eigentlich noch gar nicht existiere und es kaum der Mühe verlohne, sich mit den vereinzelt gemachten erfolglosen Versuchen zu beschäftigen. Wenn es mir desungeachtet gelungen ist, eine, wie ich glaube, ziemlich vollständige Uebersicht der vorhandenen internationalen Beziehungen in den einzelnen Industriezweigen zu beschaffen, die in ihrer Gesamtheit doch recht beachtenswert sind und einen zwar langsamen, aber stetigen Fortschritt des Organisationsgedankens auch im internationalen Rahmen beweisen, so darf ich also hier den Ruhm eines Entdeckers unbekannter Gebiete für mich in Anspruch nehmen.

Soviel über die Arbeiterorganisationen. Aber je länger ich mich mit ihnen beschäftigte, um so mehr wurde mir klar, daß ich mich nicht auf sie beschränken durfte, wenigstens wenn ich nicht meine Aufgabe lediglich in der Zusammentragung von Thatsachen sehen, sondern in ihnen einen höhern Gedanken verfolgen und zum Ausdrucke bringen wollte. Dieser Gedanke, der sich ganz von selbst aufdrängt, sobald man nur die Thatsachen unbefangen auf sich wirken läßt, ist der, daß die Organisation als solche, die Zusammenfassung vieler Einzelner, die in gleichartigen Verhältnissen leben, nicht auf willkürlicher Neigung beruht, sondern einem inneren Bedürfnisse der Entwickelung unserer wirtschaftlichen Verhältnisse entspringt. Es wäre ja auch wunderbar, wenn es anders sein sollte. In früheren Jahrhunderten, als die Beziehungen der Staatsbürger untereinander unendlich viel einfacher und übersichtlicher waren, bestanden Organisationen, die jedem den seiner Stellung im Wirtschaftsleben entsprechenden Platz zuwiesen. Sollte heute, wo diese Beziehungen von Tag zu Tag mannigfaltiger und verworrener werden, das Bedürfnis nach Organisation geringer sein? Das ist kaum denkbar. Wenn man in unserem Jahrhundert die von früher überkommenen Formen zerschlagen hat, so war das berechtigt, weil diese Formen ihrem Zwecke nicht mehr entsprachen, aber nicht deshalb, weil der Zweck selbst, der sie ins Leben gerufen hatte, nicht mehr bestanden hätte. Indem man sie zerschlug, ohne sie zu ersetzen, schuf man eine Lücke, und das innere Bedürfnis, diese Lücke auszufüllen, ist die Triebkraft der modernen Organisationsbewegung. Individualismus und Sozialismus, Stellung des Einzelnen auf sich selbst und Zusammenfassung vieler oder aller Einzelnen zu organischen Gesamtheiten, das ist der große Gegensatz, zwischen dem sich unsere wirtschaftliche Entwickelung in Pendelschwingungen bewegt. Haben wir die Perioden sowohl der Zunftverfassung wie des Manchestertums überwunden, so liegt es nahe, gerade in der gewerkschaftlichen Organisation als einer Mittelstufe zwischen dem reinen Individualismus und dem extremen Sozialismus diejenige Form zu sehen, die unserer heutigen Entwickelung am besten angepaßt ist und mittelst deren es gelingen wird, einen harmonischen Ausgleich zu erzielen. Aber ist das richtig, so liegt auf der Hand, daß die Bewegung sich nicht auf die Arbeiter beschränken kann. Auch die Unternehmer haben durch Beseitigung der Zunftverfassung ihre frühere Organisation verloren, ohne daß doch das Erfordernis einer solchen beseitigt wäre. Es ist ja möglich, daß das Bedürfnis der Zusammenfassung zu Verbänden, die das gemeinsame Interesse verfolgen, bei ihnen nicht so stark ist, wie bei den Arbeitern, weil der einzelne Unternehmer schon für sich allein widerstandsfähiger ist, und daraus mag es sich erklären, daß im allgemeinen die Arbeiter den Organisationsgedanken lebhafter aufgegriffen haben, aber gerade nachdem diese vorangegangen sind, bleibt den Unternehmern nichts übrig, als denselben Weg einzuschlagen.

Wollte ich also den Organisationsgedanken zur Geltung bringen, wollte ich zeigen, daß die Vertretung der Interessen der Arbeit als volkswirtschaftlichen Faktors gegenüber denjenigen des Kapitals und der Konsumtion, kurz, daß die „Organisation der Arbeit“, wie man es vielfach genannt hat, eine Naturnotwendigkeit ist, die sich in den Thatsachen widerspiegelt, so mußte ich auch die Vereinigungen der Unternehmer berücksichtigen.

Aber hier bot sich eine große Schwierigkeit, wenngleich rein äußerer Art, nämlich die Rücksicht auf den Umfang des Buches. Hätte ich die Organisation der Unternehmer in derselben Ausführlichkeit behandeln wollen, wie diejenige der Arbeiter, so würde der Stoff in dem Maße angewachsen sein, daß er in einem Bande nicht hätte bewältigt werden können; damit aber würde ich den Zweck, auf den mein Buch nach seiner ganzen Anlage zugeschnitten ist, nämlich die Verbreitung in größeren Kreisen, aufgegeben haben. Es entstand nun die Frage, wie das zu vermeiden sei. Auf die Darstellung der Unternehmervereinigungen ganz zu verzichten, war nicht möglich. Wie schon bemerkt, liegt der leitende Gedanke meines Buches, die Quintessenz dessen, was ich durch dasselbe beweisen will, in dem Satze, daß der einzige Weg, um zu einer durchgreifenden und dauernden Gesundung unserer wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse zu gelangen, in der Organisation der Arbeit, d. h. der beiden an ihr beteiligten Faktoren, der Arbeiter und der Unternehmer, zu sehen ist. Aber die Organisation ist ja nicht Selbstzweck, sondern, wie bemerkt, das Mittel, zu gesunden sozialen Zuständen zu gelangen. Für diese ist nun der weitaus wichtigste Faktor das Verhältnis zwischen den beiden Klassen der Bevölkerung, die sich heute fast wie zwei feindliche Heere gegenüberstehen, nämlich zwischen Arbeitern und Arbeitgebern. Wenn es deshalb möglich ist, die Organisation der Unternehmer nur insoweit zu behandeln, wie sie für dieses Verhältnis von Bedeutung ist, so mag freilich ein gewisser systematischer Fehler übrig bleiben, aber er ist dann von vorwiegend formeller Bedeutung, er beeinträchtigt nicht den Hauptzweck des Buches und darf als Preis der damit erzielten Umfangsbeschränkung in Kauf genommen werden.

In der That ist diese Scheidung leichter durchführbar, als es zunächst scheinen könnte. Der Unternehmer hat ein wirtschaftliches Interesse nach zwei ganz verschiedenen Richtungen, nämlich einerseits hinsichtlich der Herstellung und andererseits hinsichtlich des Absatzes. Bei dem letzteren tritt er in einen Interessengegensatz zu den Konsumenten, aber nicht zu den Arbeitern als solchen; zu ihnen besteht vielmehr eine Beziehung des Unternehmers lediglich im Rahmen der Produktion, insofern die Erfüllung der Forderungen, die im Interesse des Arbeiters liegen, in der Regel die Produktionskosten erhöht. Es ergiebt sich hieraus, daß diejenigen Unternehmerorganisationen, die sich mit der Regelung des Absatzes befassen, ganz von selbst aus dem hier gezogenen Rahmen entfallen.

Aber damit ist die uns obliegende Ausscheidung noch nicht erschöpft, vielmehr muß sie auch das Gebiet der Produktion ergreifen. Hier ist sie schwieriger, weil der Unternehmer mit einer ganzen Anzahl von Personen in ein Verhältnis des Interessengegensatzes tritt, und zwar sind dies alle diejenigen, deren Leistungen erforderlich sind, um die Produktion in ihren verschiedenen Stadien zu ermöglichen. Dazu gehören also außer den Arbeitern vor allem die Lieferanten der Roh- und Hülfsstoffe. Endlich kommen sowohl hinsichtlich des Absatzes, wie hinsichtlich der Herstellung für die Interessen des Unternehmers sehr wesentlich die Einrichtungen des Staates in Betracht, insbesondere auf dem Gebiete der Zoll- und Tarifpolitik. Die vielfachen „Vereine zum Schutze der wirtschaftlichen Interessen“, ebenso wie die Kartelle und Syndikate befassen sich nun in der That mit den Beziehungen der Unternehmer nach allen diesen Richtungen, also gegenüber den Konsumenten, den Lieferanten der Roh- und Hülfsstoffe und den staatlichen Behörden. Wenn wir deshalb für unseren Zweck uns auf diejenigen Unternehmerorganisationen beschränken, welche die Beziehungen zu den Arbeitern berühren, so scheiden wir dadurch nicht nur das Gebiet des Absatzes aus, sondern auch einen Teil desjenigen der Produktion, aber immerhin ist der Schnitt, den wir machen, ein völlig scharfer und begrifflich bestimmter, der erkennen läßt, was rechts oder links liegt.

Ich werde in dem Buche selbst nochmals auf diesen Punkt zurückkommen müssen[1], glaubte aber doch schon hier, wo es sich darum handelt, die verfolgte Aufgabe zu bezeichnen und den Leser über dasjenige, was er zu erwarten hat, zu unterrichten, mich darüber aussprechen zu sollen, zumal dadurch die Wahl des Titels berührt wird. Ich habe in diesem den Ausdruck „Arbeitgeber“ und nicht „Unternehmer“ gebraucht, weil in ihm das Verhältnis gerade zu den Arbeitern bezeichnet wird. Allerdings war es schwierig, hier die richtige Abgrenzung zu finden, da naturgemäß viele Vereinigungen sich nicht auf die Verfolgung der Interessen ihrer Mitglieder nach einer einzelnen Richtung beschränken. Lediglich die in neuerer Zeit zahlreich ins Leben gerufenen „Antistreikvereine“, die sich in einzelnen Gewerben zu Zentralverbänden für ganz Deutschland zusammengeschlossen haben, während andere alle Arbeitgeber eines bestimmten Bezirkes ohne Unterschied des Gewerbes umfassen, verfolgen als einziges Ziel die Regelung des Verhältnisses zu den Arbeitern, bei den meisten dagegen bildet diese Aufgabe nur die mehr oder minder in den Vordergrund tretende Seite ihrer Thätigkeit. Vereine, die sich ein weiteres Ziel gesteckt haben, habe ich überall da berücksichtigt, wo die Wahrung der Interessen gegenüber den Arbeitern in dem Statute zum Ausdruck kommt.

Es war meine Absicht, alle Unternehmerorganisationen, die sich mit den Beziehungen zu der Arbeiterschaft überhaupt befassen, zu erwähnen und das Wesentlichste über sie mitzuteilen. Aber an keiner anderen Stelle meines Buches ist das Gelieferte so weit hinter dem Gewollten zurückgeblieben, wie hier, insbesondere ist es mir nicht entfernt möglich gewesen, die angestrebte Vollständigkeit zu erreichen. Auch hier fehlte es bisher an aller und jeder Litteratur. Ja wohl, über die Kartelle und Syndikate giebt es solche in völlig ausreichendem Maße, und um so ruhiger konnte ich deshalb deren Ausscheidung verantworten, aber die Kampforganisationen der Unternehmer gegenüber den Arbeitern haben weder in Deutschland noch in anderen Ländern bisher irgendwelche litterarische Behandlung gefunden.

War ich deshalb zur Beschaffung des Materials ausschließlich auf den Weg privater Ermittelung verwiesen, so machte sich um so mehr eine weitere Schwierigkeit geltend. Die in Rede stehenden Vereinigungen wünschen nämlich zum Teil nicht, daß über ihre Einrichtungen etwas in die Oeffentlichkeit dringt. Brentano, den ich um seine Unterstützung bat, schreibt mir: „Gerade die Unternehmervereine sind heutzutage die wahren geheimen Gesellschaften.“ So habe ich denn auf meine Anfragen zum großen Teil entweder eine ablehnende oder gar keine Antwort erhalten.

Ich habe die gegen die Systematik meines Buches zu erhebenden Einwendungen offen dargelegt und dessen mangelnde Vollständigkeit anstandslos eingeräumt, aber ich konnte mich nicht entschließen, wegen dieser Unvollkommenheit den zweiten Teil ganz zu unterdrücken. Ist auch der Abschnitt über die Organisation der Arbeitgeber gewissermaßen ein Torso geblieben, so glaubte ich ihn doch als den ersten Versuch einer solchen Arbeit der Oeffentlichkeit nicht vorenthalten zu sollen. Dazu kommt, daß die Unvollständigkeit hier nicht von solcher Bedeutung ist, wie es scheinen könnte. Den Zweck einer Zusammenstellung, wie sie mein Buch bieten soll, wird man nicht sowohl darin zu sehen haben, den Leser über alle irgendwo bestehenden Vereinigungen dieser Art zu unterrichten, als vielmehr darin, die bisher unternommenen Versuche einer Organisation der Arbeitgeber mit Rücksicht auf die hierbei gemachten Erfahrungen und hervorgetretenen Tendenzen zu zeigen. Dieser Zweck aber ist erreicht, wenn in den zusammengestellten Thatsachen alle typischen und sonst interessanten Züge zum Ausdrucke gelangt sind, und daß dies geschehen ist, glaube ich annehmen zu dürfen.

Das bisher Gesagte gilt im wesentlichen auch hinsichtlich des dritten Hauptabschnittes, nämlich der gemeinsamen Organisation von Arbeitern und Unternehmern. Auch hier fehlte es bisher, abgesehen von dem Buche von Alfred Swaine über den ostschweizerischen Stickereiverband, dem Buche von Boissard über die französischen syndicats mixtes und einigen Arbeiten über die Tarifgemeinschaft der Buchdrucker an jeder Litteratur, so daß ich nur das bieten konnte, was mir durch private Erkundigung zugänglich geworden ist. Ich muß deshalb auch hier die Verantwortung für die Vollständigkeit meiner Zusammenstellung ablehnen.

Nach alledem sehe ich die Berechtigung meines Buches in folgenden Punkten. Dasselbe bietet zum erstenmale:

1. eine Zusammenstellung der gesamten gewerkschaftlichen Entwickelung;
2. eine Darstellung hinsichtlich derjenigen Länder, für die es bisher eine allgemeine zugängliche Litteratur nicht gab;
3. eine Behandlung der in Deutschland bestehenden gewerkschaftlichen Ansätze, soweit sie außer den sozialistischen Gewerkschaften und den Hirsch-Duncker'schen Gewerkvereinen vorhanden sind;
4. eine Uebersicht der bisherigen internationalen Organisation;
5. Material über die Vereinigungen der Arbeitgeber, soweit sie das Verhältnis zu den Arbeitern berühren;
6. eine Zusammenstellung der bisher unternommenen Versuche einer gemeinsamen Organisation von Arbeitern und Arbeitgebern. —

Habe ich mich bisher mit dem Inhalte meines Buches beschäftigt, so darf ich mir zum Schlusse noch einige Worte über die formelle Seite, insbesondere die Art der Behandlung gestatten. Wenn ich mir die Aufgabe stellte, die wirtschaftlichen Interessenorganisationen der Arbeiter und der Arbeitgeber in allen Kulturländern in einem einzigen Buche zu umfassen, so war damit von selbst die Notwendigkeit einer weitgehenden Beschränkung gegeben. Das ganze ungeheure Gebiet mit der Ausführlichkeit zu behandeln, wie es die vorhandene Speziallitteratur thut, würde zunächst die Kraft eines Einzelnen weit überstiegen haben. Aber selbst abgesehen hiervon, würde eine solche Arbeit kaum eine innere Berechtigung gehabt haben, denn, soweit bereits befriedigende Bearbeitungen der Einzelgebiete vorliegen, ist für ein neues Buch von gleichem Zuschnitte kein Bedürfnis vorhanden. Endlich aber würde ein solches Werk von vielen Bänden gerade den Zweck nicht erreicht haben, auf den es mir vor allem ankam, nämlich nicht ein Buch für Bibliotheken zu schreiben, das nur wenige Personen in die Hand bekommen, sondern das Verständnis für die große soziale Organisationsbewegung der Gegenwart in möglichst weite Kreise zu tragen. Hierzu bedarf es eines Buches, das freilich einerseits den ganzen Stoff umfaßt und von einheitlichen Gesichtspunkten aus behandelt, das aber andererseits unbeschadet der Vollständigkeit sich möglichster Knappheit befleißigt und dadurch eine Begrenzung nach Umfang und Preis erzielt, wie sie für den bezeichneten Zweck weiter Verbreitung unerläßliche Bedingung ist.

War ich aber hiernach ohnehin nicht in der Lage, mit den vorhandenen Werken der Speziallitteratur in Konkurrenz zu treten, indem vielmehr derjenige, der sich eingehender mit einem Spezialgebiete beschäftigen will, auf jene verwiesen werden muß, so würde es eine thörichte Eitelkeit gewesen sein, wenn ich hier die Absicht gehabt hätte, Originalstudien zu bieten und auf die Urquellen zurückzugehen. Ich habe deshalb vielmehr überall da, wo bereits Bearbeitungen des betreffenden Gebietes vorhanden waren, diese meiner Darstellung zu Grunde gelegt und nur, soweit sie nicht bis auf die Jetztzeit reichten, die erforderlichen Ergänzungen auf anderem Wege beschafft.

Unter den Werken, die für ein eingehenderes Studium in Betracht kommen, stehen in erster Linie die einschlägigen Artikel des von Conrad, Elster, Lexis und Loening herausgegebenen „Handwörterbuches der Staatswissenschaften“, in denen auch ausführliche Litteraturnachweise gegeben sind. Die wertvollste Materialsammlung für die fortlaufende Entwickelung bietet das von H. Braun begründete „Sozialpolitische Zentralblatt“, das seit 1. April 1895 unter dem Titel „Soziale Praxis“ erscheint und jetzt von C. Francke herausgegeben wird. Leider sind meist die Originalquellen, aus denen die Angaben entnommen sind, nicht bezeichnet. Ich erwähne beide Werke in diesem Zusammenhange, da ich vielfach aus ihnen geschöpft habe und es doch nicht gut durchführbar erschien, mich an jeder einzelnen Stelle ausdrücklich auf sie zu beziehen. Im übrigen habe ich die von mir benutzten Quellen und die wichtigere Litteratur bei den einzelnen Abschnitten angegeben.

Es war zuerst meine Absicht, mich nicht auf eine Sammlung des Thatsachenmaterials zu beschränken, sondern daneben in einem zweiten Bande die prinzipielle Seite der Organisation, insbesondere deren wirtschaftliche und sozialpolitische Bedeutung zu erörtern.

Es waren auch hier äußere Gründe, die mich zwangen, hiervon abzusehen, und zwar einerseits die bereits hervorgehobene Rücksicht, den Umfang des Buches nicht zu sehr zu vergrößern, andererseits der Wunsch, die Veröffentlichung des fertig gestellten ersten Bandes nicht länger hinauszuschieben. Aber ich hoffe, in nicht allzulanger Zeit das jetzt Unterlassene nachzuholen und in einer ferneren Arbeit nicht allein den Nachweis zu erbringen, daß die Organisation von Arbeitern und Unternehmern als den beiden Faktoren der Arbeit eine unabweisbare Notwendigkeit ist, um deren Interesse gegenüber denjenigen des Kapitals und der Konsumtion wahrzunehmen und zu einer Ordnung in den verworrenen Verhältnissen des heutigen Erwerbslebens zu gelangen, sondern auch zu den hiermit zusammenhängenden Einzelfragen über die beste Form, insbesondere gemeinsame oder getrennte, freiwillige oder zwangsweise Organisation der beiden Berufsklassen, über die Beziehungen zwischen den gewerkschaftlichen und den politischen Aufgaben und das dadurch bedingte Verhältnis der Gewerkschaften zur Sozialdemokratie und endlich über die Berechtigung der einzelnen gewerkschaftlichen Forderungen, insbesondere die Erhöhung des Arbeitslohnes und die Verkürzung der Arbeitsdauer Stellung zu nehmen. In diesem Zusammenhange wird es mir auch möglich sein, etwas nachzuholen, was eigentlich der jetzigen Arbeit hätte vorausgehen müssen, insofern die Auswahl der behandelten Organisationen dadurch bedingt ist, nämlich den Begriff von „Gewerkschaft“ oder „Gewerkverein“ und dessen karakteristische Momente genau zu bestimmen. Ich bemerke dabei, daß ich die beiden genannten Ausdrücke in meinem Buche als gleichbedeutend behandele und abwechselnd gebrauche, ohne durch die Wahl des einen oder des anderen zu dem in Deutschland zwischen den Hirsch-Duncker'schen Gewerkvereinen und den sozialistischen Gewerkschaften bestehenden Gegensatze und insbesondere zu der Frage, welche von beiden Arten den englischen trade unions am nächsten steht, Stellung zu nehmen. Im allgemeinen ist das Wort „Gewerkschaft“ wegen der handlicheren Ableitungsformen für den Gebrauch bequemer.

Die bereits vorliegende und die vorstehend bezeichnete fernere Arbeit werden in gewisser Weise nur zwei Bände eines Buches bilden, indem sie nicht allein denselben Gegenstand lediglich nach zwei Seiten hin behandeln, sondern auch denselben Grundgedanken zur Darstellung bringen, nämlich die Notwendigkeit der sozialen Organisation, für die der Nachweis auf doppeltem Wege geführt wird, nämlich einerseits induktiv an der Hand der Thatsachen der bisherigen Entwickelung, andererseits deduktiv als Ausfluß anerkannter oder doch als sicher vorhanden nachzuweisender volkswirtschaftlicher und psychologischer Gesetze. Deßungeachtet sind beide Arbeiten formell selbständige Bücher, da sie beide für sich ihr Gebiet erschöpfen und keine von beiden die andere zur Voraussetzung hat.

Ich habe übrigens diese Scheidung in zwei Bände nicht in der Weise durchgeführt, daß ich mich in dem vorliegenden streng auf die Darstellung von Thatsachen beschränkt und jede Kritik vermieden hätte. Zweifellos wäre das rein systematisch das Richtige gewesen, aber Systematik ist eben nicht Selbstzweck und wird, wo sie als solcher behandelt wird, zur Pedanterie. Ist ganz gewiß das Durcharbeiten eines so massenhaften Materials, wie ich es zusammentragen mußte, für den Leser in hohem Grade ermüdend, so schien es mir geeignet, die Monotonie der Darstellung gelegentlich dadurch etwas zu unterbrechen, daß ich an einzelnen Stellen kurze kritische Bemerkungen mir gestattete. Dadurch wird freilich der sonst nach Kräften gewahrte durchaus objektive Karakter meines Buches etwas beeinträchtigt, und ein Leser, der nicht auf meinem Standpunkte steht, wird gewiß an diesen Aeußerungen zuweilen Anstoß nehmen. Immerhin darf ich hoffen, daß solche Leser, die gewohnt sind, auch gegnerische Meinungen anzuhören, mir darum nicht zürnen werden. —

Zum Schlusse will ich nicht verfehlen, den üblichen Appell an die Nachsicht meiner Kritiker zu richten. Welche Schwierigkeiten die Verarbeitung eines so ungeheuren Materials bietet, wie es mir vorlag, kann nur derjenige völlig beurteilen, der sich schon mit ähnlichen Arbeiten befaßt hat; besteht doch gerade die Aufgabe darin, diese Schwierigkeit gar nicht merken zu lassen, sondern bei dem Leser das Gefühl hervorzurufen, als ob das, was ihm auf wenigen Seiten über einen Gegenstand gesagt wird und den knappen Auszug aus vielen Bänden und umfangreichen Protokollen, Berichten, Statuten u. s. w. darstellt, Alles enthalte, was darüber zu wissen nötig und möglich sei. Das Exzerpieren ist an sich eine mechanische und gerade deshalb wenig befriedigende Arbeit, aber die Aufgabe, die dabei gelöst werden muß, nämlich zwischen Wichtigem und weniger Wichtigem zu unterscheiden, so viel zu bieten, wie zur Orientierung erforderlich ist, aber auch nicht mehr, ist doch weniger leicht, als es scheinen könnte, insbesondere erfordert sie einen litterarischen Takt, ein Feingefühl, dessen Bedeutung man nur am eigenen Leibe erfährt, wenn man an hundert und tausend Stellen vor der Frage steht, ob man eine Angabe aufnehmen oder fortlassen, sie ausführlicher oder knapper fassen soll.

Aber es ist nicht nur die Verarbeitung eines so großen Materials, was Mühe verursacht, sondern schon dessen Zusammenbringung ist mit Schwierigkeiten verknüpft, die sich der Fernstehende nicht träumen läßt, und die doppelt groß sind für Jemanden, der einerseits nicht am Sitze einer größeren Bibliothek wohnt und anderseits solche Studien nicht als Beruf betreibt, sondern in einem Amte steht, das notwendig den Hauptteil seiner Arbeitskraft in Anspruch nimmt, und der deshalb nur seine unregelmäßigen Mußestunden zur Verwendung hat. Perioden von Wochen und Monaten, in denen die Berufsgeschäfte die gesamte Thätigkeit in Anspruch nehmen, zwingen zu Unterbrechungen, die nicht allein dadurch, daß das stete Wiedereinfädeln des zerrissenen Fadens doppelte Mühe und Zeit beansprucht, eine sehr erhebliche Erschwerung mit sich bringen, sondern vor allem die Einheitlichkeit der Arbeit beeinträchtigen.

Sollte es mir gelungen sein, den geneigten Leser von der Größe aller dieser Schwierigkeiten zu überzeugen, so wird er es vielleicht milder beurteilen, wenn er die Aufgabe nicht überall als glücklich gelöst anerkennt, insbesondere einige Partien zu lang, andere zu kurz behandelt findet. Ich bilde mir nicht entfernt ein, hier überall das Richtige getroffen zu haben, ja ich sehe das Verdienst meiner Arbeit überhaupt weniger in dem, was sie selbst unmittelbar bietet, als in der Anregung, die ich mir von ihr für weite Kreise verspreche, sich mit den von mir behandelten Dingen eingehender, als es bisher geschehen ist, zu beschäftigen.

Für solche ferneren Arbeiten, die auf dem gleichen Boden weiterbauen, wird mein Buch, so hoffe ich, im Stande sein, eine brauchbare Unterlage zu bieten.

Braunschweig, 15. September 1899. W. Kulemann.

Fußnoten:

[1] Vgl. S. 516 ff.

Die Gewerkschaftsbewegung

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