Читать книгу Der Gnädige Gott - Willem Boorsma - Страница 14
ОглавлениеGnade in 2.Mose
In 2.Mose finden wir das Wort „Gnade“ in den Versen 3:21; 11:3; 12:36; 22:27; 33:12, 13, 16, 17, 19; 34:6 und 9.
Wenn wir die Bibel in 2.Mose auf das Wort „Gnade“ hin untersuchen, zeichnen sich zwei Richtungen ab. Die erste Richtung zeigt uns das Wunder, dass Gott die Israeliten Gnade in den Augen der Ägypter finden lässt. Die zweite Richtung ist, dass Gott die Gnade seiner Gegenwart schenkt.
Daneben fand ich zwei weitere, interessante Themen: „Barmherzigkeit (Gnade) an Tausenden“ (2.Mose 20,6) und den Begriff „Gnadenstuhl“ in der Lutherübersetzung in 2.Mose 25. Auf diesen wunderschönen Begriff werde ich in 3.Mose noch einmal eingehen.
Die Aussagen des 2.Mose 22:27 habe ich bereits bei 1.Mose unter dem Titel „Gnadenlosigkeit“ behandelt.
Gnade in den Augen der Ägypter
In 2.Mose 3 verspricht Gott dem Mose folgendes (2.Mose 3:21-22): „Auch ich will diesem Volk Gunst verschaffen bei den Ägyptern, dass, wenn ihr auszieht, ihr nicht leer auszieht, sondern jede Frau soll sich von ihrer Nachbarin und Hausgenossin silbernes und goldenes Geschmeide und Kleider geben lassen. Die sollt ihr euren Söhnen und Töchtern anlegen und von den Ägyptern als Beute nehmen“.
Die Israeliten gehorchen Gott und baten die Ägypter um diese Dinge und erhielten diese auch. Gottes Verheißungen werden Realität. Dies ist ein sehr schönes Beispiel für Gehorsam und in der Folge des Gehorsams, die Einlösung der Verheißung Gottes.
Im Kapitel 11 macht Gott klar, dass nun der Zeitpunkt für den Auszug aus dem Land gekommen ist. Der Auftrag Gottes aus 2.Mose 3:22 wird den Israeliten in Erinnerung gebracht. Nun waren sie gehorsam, denn auch Gott tat das, was er verheißen hatte. In den Versen 2 und 3 lesen wir: „ So sage nun zu dem Volk, dass ein jeder sich von seinem Nachbarn und eine jede von ihrer Nachbarin silbernes und goldenes Geschmeide geben lasse. Und der HERR verschaffte dem Volk Gunst bei den Ägyptern, und Mose war ein sehr angesehener Mann in Ägyptenland vor den Großen des Pharaos und vor dem Volk.“
In Kapitel 12 lesen wir noch einmal, dass die Israeliten ihren Teil getan haben und das Gott seine Verheißungen an deren Gehorsam gebunden hat. In den Versen 35 und 36 lesen wir: „Und die Israeliten hatten getan, wie Mose gesagt hatte, und hatten sich von den Ägyptern silbernes und goldenes Geschmeide und Kleider geben lassen. Dazu hatte der HERR dem Volk Gunst verschafft bei den Ägyptern, dass sie ihnen willfährig waren, und so nahmen sie es von den Ägyptern zur Beute.“
In 2.Mose 1:17 sehen wir schon, dass sich die ägyptischen Hebammen weigern, die hebräischen Jungen nach der Geburt umzubringen, wie es der Pharao befohlen hatte. Mit diesem Befehl hatte der Pharao das Vertrauen seiner eigenen Landsleute verspielt. Mose hingegen genoss zu diesem Zeitpunkt hohes Ansehen bei den Ägyptern und den Dienern des Pharaos. Es scheint so, dass die Ägypter verstanden haben, dass Mose zum Wohle der Menschen handelte und dass die Plagen, die das Land ereilten, auf den unbeugsamen Stolz ihres Herrschers zurückzuführen waren und nicht auf böse Absichten Mose. Letztlich könnte man das Silber und das goldene Geschmeide, was die Israeliten bei ihrem Auszug aus Ägypten mitnahmen, als Äquivalent für ihre geleistete Fronarbeit ansehen.
Barmherzigkeit in der Gegenwart Gottes
Nachdem Israel aus Ägypten ausgezogen war, begleitete sie die Gegenwart Gottes. Am Tage in Form einer Wolkensäule und des Nachts in Form einer Feuersäule. Sie erreichen den Berg Sinai und erleben wie Gott die zehn Gebote spricht. Die Stimme Gottes lässt eine große Furcht über die Israeliten kommen und sie bitten Mose, zukünftig als Mittler zwischen Ihnen und Gott zu fungieren. In seiner Gnade willigt Gott diesem Wunsch ein, obwohl das Zwischenschalten eines Propheten als Sprachrohr lediglich Gottes zweite Wahl darstellt. Seine erste Wahl ist sicher die direkte Kommunikation mit jedem seiner Kinder. Nun verbringt Mose vierzig Tage in der Gegenwart Gottes. Während seiner Abwesenheit gießt sich das Volk ein goldenes Kalb und betet dieses an. Sie ziehen offensichtlich einen toten Götzen dem sprechenden Gott vor. Das ist erschütternd. Die zehn Gebote beginnen mit der Aufforderung “Ich bin der HERR, dein Gott, der dich aus Ägyptenland, aus der Knechtschaft geführt hat. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir“ (2.Mose 20.2-3). In der Folge der Missachtung dieses ersten Gebotes geht Gott auf Distanz zu seinem Volk. Mose kann Gott gerade noch von der Vernichtung Israels abhalten und nimmt damit noch einmal seine Rolle als Mittler zwischen dem Volk und Gott ein.
Im nächsten Kapitel sagt Gott in Vers 1-3: “ Geh, zieh von dannen, du und das Volk, das du aus Ägyptenland geführt hast, in das Land, von dem ich Abraham, Isaak und Jakob geschworen habe: Deinen Nachkommen will ich's geben. Und ich will vor dir her senden einen Engel und ausstoßen die Kanaaniter, Amoriter, Hetiter, Perisiter, Hiwiter und Jebusiter und will dich bringen in das Land, darin Milch und Honig fließt. Ich selbst will nicht mit dir hinaufziehen, denn du bist ein halsstarriges Volk; ich würde dich unterwegs vertilgen.“
In Vers 5 macht Gott noch einmal deutlich, dass ein einziger Augenblick seiner heiligen Gegenwart das Volks vernichten würde. Ohne die gnädige Vermittlung Jesu Christi gilt für uns übrigens das Gleiche. Sünde und Heiligkeit passen nicht zueinander. Mose lebt trotzdem lieber in der Gefahr, vernichtet zu werden, als ohne die Gegenwart Gottes zu existieren. Er richtet außerhalb des Lagers ein Zelt ein und nennt es „Zelt der Begegnung“. In diesem Zelt passiert etwas Berührendes. (Vers 11) „Der HERR aber redete mit Mose von Angesicht zu Angesicht, wie ein Mann mit seinem Freunde redet“. Das ist das, was Gott auch mit uns will.
In Johannes 15:15 sagt Jesus zu seinen Jüngern: “Ich sage hinfort nicht, dass ihr Knechte seid; denn ein Knecht weiß nicht, was sein Herr tut. Euch aber habe ich gesagt, dass ihr Freunde seid; denn alles, was ich von meinem Vater gehört habe, habe ich euch kundgetan.“ Jesus sprach also mit seinen Jüngern so, wie ein Mann mit seinem Freund redet. Wenn wir uns als Jünger Jesu sehen, will Gott das auch mit uns so tun.
In dieser Freundschaftsbeziehung mit Gott, wagt Mose zu sagen: „Siehe, du sprichst zu mir: Führe das Volk hinauf! und lässt mich nicht wissen, wen du mit mir senden willst, wo du doch gesagt hast: Ich kenne dich mit Namen, und du hast Gnade vor meinen Augen gefunden. Habe ich denn Gnade vor deinen Augen gefunden, so lass mich deinen Weg wissen, damit ich dich erkenne und Gnade vor deinen Augen finde. Und sieh doch, dass dies Volk dein Volk ist.” (2.Mose 33:12-13)
Gott versteht Mose und fragt: “Mein Angesicht soll vorangehen; ich will dich zur Ruhe leiten.” Mose antwortet: “Wenn nicht dein Angesicht vorangeht, so führe uns nicht von hier hinauf. Denn woran soll erkannt werden, dass ich und dein Volk vor deinen Augen Gnade gefunden haben, wenn nicht daran, dass du mit uns gehst, so dass ich und dein Volk erhoben werden vor allen Völkern, die auf dem Erdboden sind?” (Vers 14-16) Gottes Antwort dazu ist: “Auch das, was du jetzt gesagt hast, will ich tun; denn du hast Gnade vor meinen Augen gefunden, und ich kenne dich mit Namen.” (Vers 17)
Man könnte davon ausgehen, dass Mose mit der Reaktion Gottes mehr als zufrieden sein könnte. Mose hat „hoch gepokert“ und geht nun noch ein weiteres Wagnis ein. Er bittet Gott, ihn seine Herrlichkeit schauen zu lassen (Vers 18). Er bekommt nicht vollständig das, was er erbeten hat, aber Gott kommt ihm in seiner unermesslichen Gnade entgegen. In 2.Mose 34:9 hält Mose fest: „Habe ich, HERR, Gnade vor deinen Augen gefunden, so gehe der Herr in unserer Mitte, denn es ist ein halsstarriges Volk; und vergib uns unsere Missetat und Sünde und lass uns dein Erbbesitz sein“.
Gefährliche Frage
Beim Lesen von Vers 18 fragt man sich, was Mose motiviert. Mose hatte bei der ersten Begegnung mit Gott im brennenden Dornbusch so eine Angst vor Gott, dass er seinen Mantel vor sein Gesicht hielt und es nicht wagte, Gott anzuschauen.(2.Mose 3:6) Nun, rund ein Jahr später, hat Mose das Verlangen, Gottes Angesicht sehen zu wollen. Was hatte sich in diesem einen Jahr verändert?
Mose hatte alle Wunder erlebt, die Gott in Ägypten und am Roten Meer gewirkt hatte und hatte mehr Hunger nach Gott bekommen. Das gab ihm den Mut, Gott von Angesicht zu Angesicht begegnen zu wollen. Leider ist dies für uns lebende Wesen in diesem Leben nicht möglich. Gott gestattet es Mose, ihn von hinten sehen zu dürfen, nachdem er an Mose vorübergegangen ist. Welch ein gnädiger Charakter Gottes, dass er sich darauf einlässt und das Leben Mose dabei nicht gefährdet! Ist das in unserem Leben nicht auch manchmal so, dass wir rückblickend denken „Das war Gott“. Man könnte auch sagen „Da habe ich Glück gehabt“. Oder „Da saß ein Engel auf meiner Schulter“ oder etwas Ähnliches. Ich glaube, dass es Gott war, den wir von hinten gesehen haben, nachdem er an uns vorübergegangen ist. Vielleicht sollten wir diese Erfahrungen deutlicher in dieser Welt als unser Zeugnis für Gottes Handeln weitergeben und dies erzählen.
Regie der Gnade
Wir sehen in 2.Mose 33:19, dass Gott sagte „Ich will vor deinem Angesicht all meine Güte vorübergehen lassen und will vor dir kundtun den Namen des HERRN: Wem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig, und wessen ich mich erbarme (racham), dessen erbarme ich mich“.
Das hebräische Wort „racham“ bedeutet so viel wie „etwas liebhaben“, „barmherzig sein“ oder „sich erbarmen“. In der englischen King James Version finden wir hier die Worte „grace“ und „mercy“. Diese Aussage macht deutlich, dass es Gott ist, der darüber entscheidet, wem er sich zuwendet. Im Bereich der Gnade behält Gott die Regie. Egal, was wir darüber denken. Das klingt hart und mutet uns als Willkür an. Jona macht Gott Vorwürfe (Jona 4.2) „Ich wusste, dass du gnädig, barmherzig, langmütig und von großer Güte bist und lässt dich des Übels gereuen“.
Jona ärgert sich über die Gnade Gottes, die die Bewohner von Ninive nach seiner Meinung als Mensch, nicht verdient hatten. Welchen Maßstab wird Jonas wohl anlegen, wenn er selber mal in die Lage kommt, Gnade zu benötigen?
Wenn wir nun denken, dass das allein die Überlieferungen des Alten Testamentes sind, dann sollten wir uns klar machen, dass Paulus diese Worte aus 2.Mose 33,19 im Neuen Testament (Römer 9,15) übernimmt. Die hartnäckigsten Vertreter der Gnadenlosigkeit im Neuen Testament sind die Pharisäer. Dauernd streiten sie mit Jesus über dessen Verständnis von Gnade und Gerechtigkeit. Sogar nach ihrer Bekehrung waren diese gesetzlich geprägten Menschen oft noch nicht frei von Ihrem hergebrachten Verständnis von Gnade. Das führte in der jungen Kirche schnell zu Problemen. Darauf komme ich später noch einmal zurück, wenn wir die Apostelgeschichte behandeln.
Barmherzigkeit an Tausenden
Als Gott an Mose vorübergeht (2.Mose 34, 6-7) ruft Mose aus: „HERR, HERR, Gott, barmherzig und gnädig und geduldig und von großer Gnade und Treue, der da Tausenden Gnade bewahrt und vergibt Missetat, Übertretungen und Sünde, aber ungestraft lässt er niemanden, sondern sucht die Missetat der Väter heim an Kindern und Kindeskindern bis ins dritte und vierte Glied!“
Der Prophet Jeremia greift die von Mose benannten Eigenschaften auf und sagt: „der du Gnade erweist vielen Tausenden und die Schuld der Väter kommen lässt auf das Haupt ihrer Kinder, du großer starker Gott-HERR Zebaoth ist dein Name“. (Jeremia 32.18)
Auch wir dürfen uns, wenn wir zu Gott kommen und beten, an diese Gnade erinnern und auf diese Weise unseren Glauben stärken.
In den zehn Geboten heißt es: „aber Barmherzigkeit erweist an vielen Tausenden, die mich lieben und meine Gebote halten“ (2.Mose 20.6 auch 5.Mose 5:10 und 7.9).
Das hebräische Wort heißt hier „checed, welches uns schon in 1.Mose 19.19 begegnet ist. Die King James Version benutzt hier das Wort „mercy“, was in der deutschen Übersetzung meistens mit „Barmherzigkeit“ übersetzt wird. Gott warnt die Israeliten vor den Folgen des Anbetens anderer Götter. Um Gnade zu erlangen, musst Du keine Hochleistung erbringen oder Mega-opfer leisten. Ausschlaggebend ist es, Gott zu lieben.