Читать книгу Vater und Klon - Wolf Buchinger - Страница 26
Nun kommen sich auch Paul und Edouard sehr nahe
Оглавление„Ja, du hast Recht, Paul. Zuerst habe ich emotional nur wegen der großen Ehre zugesagt, doch nach ein paar Minuten nachdenken bin ich überzeugt, dass ich viel für Raoul tun könnte. Er könnte die Rolle meines Sohnes annehmen, den ich gerne gehabt hätte, aber nie bekommen werde. Weißt du, in welchem Bildungsgrad er, tja, ich muss wohl sagen ‘geboren‘ wird?“
„Elisabeth würde sagen ‚gezeugt‘, es ist kein Austragen im Mutterbauch, es ist eine unvorstellbar große Menge von chemischen Prozessen, die ihn entstehen lässt. Goethe hätte seine Freude, jetzt gibt es seinen Mephisto in Form einer Wissenschaftlerin, keine Magie, keine unvorstellbaren Vorgänge, keine speziellen Beziehungen zu Gott oder dem Teufel oder irgendwelchen obskuren Mächten, alles ist logisch nachvollziehbar. Realität pur. Ich wollte es auch nicht glauben, dass so etwas möglich ist. Wenn du aber ihr Imperium und die technischen Vorgänge einmal gesehen hast, dazu ihren riesigen Zoo an geklonten Tieren bis hin zu Primaten, dann kommen deine Zweifel ins Wanken und werden zur Hoffnung, dass nun Menschen produziert werden können, die physisch gesünder sind als alle, die je zuvor natürlich gezeugt wurden. Ich sehe die Gefahren des Missbrauchs, doch glaube ich erst einmal an das Gute im Menschen. Und seltsamerweise sehe ich nun wieder eine vernünftige Aufgabe für die Kirchen aller Schattierungen. Wenn sie die Ablehnung dieser Menschwerdung einmal abgelegt haben werden, wird ihre neue, hohe Aufgabe sein, die Klonierung in christliche Bahnen zu leiten und positiv zu gestalten. Und dann trete ich wieder in die Kirche ein. Aber ich glaube, dass ich das nicht mehr erleben werde, es dauert bei denen ja alles unendlich lang.“
„Hast du Hinweise gefunden, in welch mentalem Zustand er auf die Welt kommt?“
„Leider nein. Selbst Elisabeth kann es nicht sagen, weil bei Tieren zwar das genetische Verhalten weitergegeben wird, aber bei ihnen keine Intelligenz transferiert werden kann, weil sie so wenig davon haben. Wir müssen auf Raoul warten, nur er kann die Antwort geben. Ich hoffe natürlich, dass er genau so denkt und fühlt wie ich. Ich gebe nicht so viel Geld aus, nur um meinen Körper nochmals zu sehen. Ja, ich erwarte die gleiche mentale Stufe wie ich sie habe, vielleicht auch etwas höher, weil er ja keine sozialen und gesellschaftlichen Einflüsse zu bewältigen hatte. Im Idealfall wird es ein Raoul ohne die Abschürfungen von sieben Jahrzehnten, quasi ein geistiger Jüngling. Das wäre schön. Dann könnten wir erziehen und formen bis hin zum Ideal eines Menschen.“
„… das wir dann erst einmal definieren müssen.“
„Au weia, da haben wir noch etwas vor uns, eine göttliche Aufgabe sozusagen.“
„Ja, wir werden nicht nur Gott spielen, wir müssen ihn ersetzen und haben die riesige Chance, seine Fehler nicht noch einmal zu begehen.“
„Warten wir, bis wir Raouls Zustand kennen oder arbeiten wir vorweg?“
„Hm, ich schlage vor, dass wir erst einmal nachdenken und dann bei Gelegenheit die groben Züge festlegen.“
Wenn sie denn nicht schon festgelegt sind.
Wie ich die Chinesen einschätze, kümmern sie sich vor allem um den reibungslosen Ablauf der Klonierung, damit sie selbst sicher sein können, dass es mit ihnen persönlich auch klappt.
Sie werden Raoul nicht bei sich einsperren, sie müssen ihn uns überlassen, damit wir auf der Welttournee die Überlegenheit der chinesischen Technologie demonstrieren können. Und dann wäre Raoul immer ganz nahe bei uns. Wie Vater und Sohn - und der Pate ist auch gleich mit von der Partie.
Und wenn er problemlos auf die Welt kommen würde, was ich hoffe und erwarte, werden sie die Klonierung instrumentalisieren, etwa so wie den Bau eines modernen Flugzeuges. Man kann exakt berechnen, welcher Teil wohin muss, wie er produziert werden muss, was er kostet und wie er schlussendlich auf das Tausendstel eines Millimeters zusammengesetzt wird und Jahrzehnte mit klaren Wartungsarbeiten fehlerfrei und ohne Komplikationen funktioniert.
Die Massenproduktion von perfekten Menschen kann damit beginnen. Elisabeth wird die erste Göttin sein. Und Raoul der letzte Mensch ohne gelbe Haut.
… vielleicht färben sie ihn ein. Hihi.
„Wir sollten jetzt schlafen gehen, das Feuer ist auch schon müde und flackert nur noch kurz mit unseren Gedanken auf. Wir haben jetzt eine ganze Woche durchgeplant, von morgens bis abends ein Interview nach dem anderen gegeben. Das wird stinklangweilig für dich - und du darfst ja auch keine Fehler machen, musst nur immer dasselbe sagen. Aber das machst du sicher gut. Und danach habe ich da so eine Idee.“