Читать книгу Vater und Klon - Wolf Buchinger - Страница 28
Ihr Plan geht auf und sehr bald sind sie im Paradies
Оглавление„Voilà Paul, bis hierhin hat alles maximal geklappt! Auch wir Franzosen können organisieren. Da staunst du? Und da vorne im Tal ist mein Geburtsort, hier bin ich aufgewachsen, hier kenne ich jeden Winkel, jeden Weg und jeden Steg, hier sind meine Gedanken, wenn es mir schlecht geht. Und genau das nutzen wir jetzt. Achtung festhalten! Falls sie es doch geschafft haben sollten, uns zu verfolgen, werden sie gleich verzweifelt alle technischen Möglichkeiten verfluchen, weil sie uns weder über Satellit noch live sehen können. Nicht erschrecken! Jetzt wird es dunkel, wir kommen in einen unterirdischen Tunnel, - früher wurde hier Salz abgebaut, - und auf den alten Gleisen fahren wir auf die andere Seite des Ausgangs. Dort habe ich meinen historischen 2CV geparkt, wir laden um und tuckern für den Rest der Woche durch meine Heimat, unerkennbar, denn die jagen einen neuen Offroader. Wir kleben zur Sicherheit jedem von uns einen Schnurrbart an und du wirst immer, wenn wir aussteigen, ein Beret Basque tragen, damit bist du zumindest äußerlich auch ein Franzose.“
„Macht eine Kopfbedeckung aus mir wirklich einen Franzosen?“
„Oh là là, ja, so ein Beret steht dir, die perfekte Tarnung. So, und jetzt die Koffer auf die Rücksitze und dann der Versuch, die alte Maschine zu starten, … einmal … zweimal … yippieh, mein Jugendgefährte läuft wieder. Hör mal, wie regelmäßig und gesund der Motor läuft. Und jetzt geht es ab in die Freiheit. Hier um die Ecke steht mein Elternhaus - nein, nicht das große mit den vielen angemalten Fenstern, nein, das nebendran, klein und bescheiden. Traurig sieht es aus. Seit meine Eltern gestorben sind, hat sich niemand mehr drum gekümmert. Ich habe es geerbt, aber mich gibt es offiziell ja nicht mehr. Ich wollte es der Partei schenken, doch die haben abgelehnt, weil sie von einem Kriminellen nichts annehmen dürfen. Entschuldige meine Tränen. Ich fahre schneller, um meinen Emotionen zu entkommen. Wie gefällt dir die pure Nostalgie in meiner Ente?“
„Schön für dich, laut für mich. Ich sitze wie in einem kaputten Korbsessel, der ewig hin- und herschaukelt. Gleich wird’s mir schlecht.“
„Ich habe verstanden. Wir fahren noch drei Kilometer, dort ist ein Touristengasthaus an der Nationalstraße, wo mich niemand kennt. Und dann zeige ich dir, was die elsässische Küche alles zu bieten hat.“
„Oh, das riecht wie bei meiner Großmutter! Sauerkraut, Speck und angebrannte Kartoffeln. Komm, wir suchen uns einen Platz in der Nähe der Küche. Gute Gerüche sind gratis. Du kannst bestellen, was typisch, gut und reichlich ist. Und bitte den passenden Wein dazu!“
„Wir sollten regional denken und starten mit einem Glas Gewürztraminer, dem klassischen Aperitif. - Und?“
„Sauer und künstlich, als hätte jemand Schmerztabletten darin aufgelöst.“
„Ich bestelle jetzt das Menü. Mademoiselle, s’il vous plaît.“
„Ich denke, ihr redet hier deutsch.“
“Ja, meistens, aber man weiß nie, ob die Bedienung aus Zentralfrankreich kommt.“
„Also, wir nehmen zweimal sechs Schnecken, Choucroute komplett und dann einen Münster. Und eine Flasche Riesling aus der Gegend.“
„Pardon Monsieur, Sie können getrost ihre angeklebten Moustaches abmachen. Hier brauchen Sie nichts zu befürchten!“
„Merde! Elisabeth?“
„Hallo Pierre, erkennst du mich nicht? Na? Ich habe sofort deinen 2CV erkannt. Darin haben wir doch nächtelang geknutscht, dass die Federn gequietscht haben. Und dann bist du, ohne es mir zu sagen, in den Süden abgehauen, große Karriere und so. Und was daraus geworden ist, haben wir hier in jedem Detail monatelang verfolgt. Ich habe manches Mal um dich geweint.“
„Marie-Laure?“
„Ja, Chérie!“
„Okay, ihr beiden könnt ja weiter draußen im Auto knutschen, ich habe Hunger.“
„Oui Monsieur, ich bringe Ihnen sofort eine Terrine mit hausgemachter Entenpastete. In der Zeit zeige ich Pierre noch ein paar Fotos von damals.“
„Im Schlafzimmer?“
„Nein, Sie können durch die Scheibe im Nebenzimmer zuschauen. Es sind nur die Erinnerungen, mehr darf nicht sein, der Gasthof gehört meinem Mann.“