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Vorbereitung zur Klassenfahrt

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Unsere Klassenfahrt stand nun unmittelbar bevor. Eine der letzten Unterrichtsstunden hielt Herr Hermes, der Co- Pilot unserer Fahrt, wie wir ihn ab jetzt nannten!

Geschichte stand auf dem Programm und zu allem Überfluß auch noch die griechischen Götter! Ich muß wohl nicht erwähnen, daß viele von uns dieses Thema für völlig überflüssig hielten und sich entsprechend aufführten.

Babsi las einen schonungslosen Liebesroman, von dem sie uns in den Pausen immer mit geröteten Wangen erzählte.

Rüdiger informierte sich in mehr oder weniger einschlägig bekannten Massenblättern, immer peinlich genau darauf achtend, die Zeitung gerade zu halten, damit kein Blut herausfließen konnte,

Alexandra versuchte sich in der hohen Kunst des Strickens! Sie schwor Stein und Eisen einen Pullover herzustellen! Den Abmessungen zu Folge tippten wir aber eher auf einen Wintermantel.

Martin gab sich mit Inbrunst seiner Lieblingsbeschäftigung hin, dem Vernichten von Eßbarem! Was er so im Verlauf nur einer Schulstunde in sich hineinstopfte, schien eher angetan, ein Schwein zu mästen, als einen heranwachsenden Jüngling zu sättigen. Seine Mutter, die ihm die Brote zu Hause vorbereitete, mußte sicherlich jeden Tag eine Stunde früher aufstehen, um das gewaltige Pensum zu schaffen!

Uwe fertigte in beispiellosem Einsatz seine vergessene Hausarbeit in Mathe an, das in der letzten Stunde auf dem Programm stand. Von Zeit zu Zeit sah er dann aufmerksam und interessiert zu Herrn Hermes empor, der ihm auffällig oft aufmunternd zunickte! Er nahm wohl an, Uwe schrieb alles mit, was er erzählte! Zum Glück ahnte Herr Hermes aber nichts von Uwes tatsächlichem Tun!

Hartmut und ich spielten Schiffe versenken. Das Match stand noch remis.

Der Gipfelpunkt aber war mal wieder Wolfgang, unser notorischer Zuspätkommer, der es fertigbrachte, in der zweiten Reihe tief und fest zu schlafen! Von Zeit zu Zeit erhielt er einen leichten Knuff von seinem Nachbarn Klaus, den das laute Schnarchen manchmal schon etwas störte. Der Baum, den Wolfgang im Traum zersägen wollte, mußte schon mehr als einen Meter im Durchmesser dick sein!

Herr Hermes, bis dahin nichts merkend von alledem, erzählte gerade von seinem Namensvetter, Hermes, dem Götterboten, als er das schlafende Wunder bemerkte!

„Wie hieß doch unser griechischer Götterbote, Wolfgang?“

Der so angesprochene regte sich nicht im Geringsten!

„Wolfgang“, donnerte es vom Lehrertisch!

Aber selbst diese in höchster Tonlage vorgetragene Aufforderung, riß ihn nicht aus den Schlaf! Lediglich ein leichtes Lächeln umspielte seine schlafenden Lippen! Ansonsten waren keinerlei Anzeichen zu erkennen, daß er sich innerhalb kürzester Zeit wieder unter die Lebenden einreihen würde!

Das war nun auch Herrn Hermes etwas zu viel, seinen fesselnden Geschichtsunterricht zu verschlafen.

Langsam näherte er sich dem Schlafenden, baute sich breitbeinig mit seiner gesamten Körperfülle, die aus einigen überflüssigen Pfunden bestand, vor dem Schlafenden auf und brüllte aus Leibeskräften:

„Wolfgang!“

Im Laufe der Jahre hatte ich etliche Sportübertragungen im Fernsehen verfolgt und mich an der Geschmeidigkeit der Hochspringer erfreut, wie sie sich über die Latte schlängelten! Den Schwung dazu holten sie sich durch einen entsprechenden Anlauf!

Über diesen Anlauf verfügte Wolfgang in diesem Augenblick zwar nicht, aber ich glaube, wenn es einen Weltrekord für Springen aus dem Stand gegeben hätte, er wäre in diesen Sekunden ausgelöscht worden.

Mir blieb es bis heute ein Rätsel, wie er diese ungeheuren Körpermassen mit einem Ruck zur Hochstrecke brachte! Herr Hermes konnte gerade noch seinen Kopf in Sicherheit bringen, als Wolfgang auch schon wieder mit einer Punktlandung auf seinem Stuhl landete. Diese Landung führte allerdings zum endgültigen Bruch seines ohnehin schon leicht beschädigten Stuhles. Ziemlich dumm blickte er nun vom Fußboden Herrn Hermes in die Augen!

„Na wie hieß er nun unser Bote“, beharrte der kleinlich auf seine Frage?

„Postbote“, kam die prompte Antwort, die uns zu Beifallskundgebungen hinriß!

Herr Hermes blieb ganz ruhig, während sich Wolfgang hilfesuchend, mit weit ausgefahrenen Segelohren bemühte, die richtige Antwort aufzuschnappen! Dabei gelang es ihm fast den Kopf so weit nach hinten zu drehen, daß ich erschrocken auf seine Fußspitzen guckte, um mich zu vergewissern, wo vorne bei ihm war!

„Sieh mich an Wolfgang“, sprach Herr Hermes!

„Ich warte noch immer auf eine richtige Antwort!“

Seine Stimme erhielt einen leicht bedrohlichen Unterton.

Wolfgang aber blieb stumm, womit mal wieder bewiesen war, dass auch große Ohren nicht mehr hörten als kleine!

Von allen Seiten versuchte man ihm zu helfen, aber entweder er wollte nicht oder er schlief noch halb.

„Wie heiße ich“, fragte unser Geschichtslehrer als Gütevorschlag!

„Herr Hermes“, antwortete Wolfgang strahlend, auch einmal etwas wissend!

„Großartig mein Junge, und was habe ich mit dem Götterboten gemeinsam?“

Diese Frage fand auch ich viel zu schwer für Wolfgang, wie man seinem schlagartig veränderten Gesichtsauszug entnehmen konnte.

Man hörte bis in die erste Reihe die flüsternde Stimme seines Nachbarn aber der arme Wolfgang musste in der Tat mal wieder versäumt haben seine Handteller großen Ohren zu waschen. Ich konnte es ihm nachfühlen, nahm dieses Unterfangen doch sicherlich jeden Morgen einige zusätzlich Minuten in Anspruch, ganz abgesehen von dem immensen Wasserverbrauch!

Jetzt schien er einen Brocken aufgeschnappt zu haben, denn urplötzlich veränderte sich sein Gesichtsausdruck wieder zum Positiven

„Kermit“, kam als Resultat seiner etwas behinderten Ohren!

Für Augenblicke herrschte lähmendes Schweigen, bevor es, wie auf Handzeichen, aus uns herausbrach!

Wir klopften uns gegenseitig vor Lachen auf die Oberschenkel, verbogen uns zu artistischen Glanzleistungen bis weit nach hinten, um im nächsten Augenblick, ruckartig, alles wieder nach vorne zu bringen.

Mir liefen die Tränen über die Wangen und ich bekam kaum Luft. Der gesamte Körper wurde von Lachkrämpfen geschüttelt.

Die Stimme von Herrn Hermes beendete diese Spektakel.

„Ruhe!“

Nach und nach verstummte das Gelächter, flackerte aber immer wieder auf, wenn irgendwo ein Glucksen oder Räuspern zu vernehmen war. Schließlich wurde es aber still!

Herr Hermes stand nun vor dem inzwischen wieder aufgestandenen Wolfgang:

„Dass du dumm bist kann ich dir verzeihen. Dass du im Unterricht schläfst, spricht nicht für deinen Lehrer! Dass du deine Ohren nicht wäscht spricht nicht für deine Eltern, aber dass du griechische Götter mit der Muppetshow verwechselst und einen Frosch für Hermes den Götterboten hältst, ist für mich der Gipfelpunkt der Frechheit und bringt dir eine glatte runde Sechs in Geschichte ein“, und nach einer kurzen Pause zum Überlegen fügte er hinzu:

„Setzen!“

Das war allerdings unüberlegt von Herrn Hermes, den bei diesem IQU unseres Wolfgangs musste er wissen, das der tat wie ihm geheißen!

Plumps saß er wieder auf dem Boden.

Das nun folgende Gelächter übertraf das vorangegangene noch um ein Vielfaches!

Außerdem eine denkwürdige Minute, denn es wurde ein neuer Spitzname für Wolfgang gefunden!

„Kermit!“

Zugegeben sein Äußeres entsprach eher dem eines Elefanten als dem eines Frosches, aber schließlich musste eine so dämliche Antwort in irgendeiner Weise erhalten bleiben!

Der Spitzname fand schließlich auch bei Wolfgang die entsprechende Zustimmung, die so weit führte, dass er auf den Namen Kermit reagierte!

Den Rest der angefangenen Geschichtsstunde wurde schließlich der Klassenfahrt geopfert, was zu einer augenblicklichen Zunahme des Interesses und zu allen Einstellungen von Nebenbeschäftigungen führte!

Alles deutete darauf hin, dass uns Petrus, zum Beginn unserer Klassenfahrt, einen Traumtag schenken wollte! Keine einzige Wolke am Himmel, blau so weit man sehen konnte. Die Luft mild und nahezu windstill. Die Vögel zwitscherten um die Wette. Die Grillen zirpten ihr Lied, als ginge es darum, den Gesang der Vögel zu übertönen.

Unsere Kleinstadt befand sich noch im Morgenschlaf.

Irgendwo in der Ferne krähte ein Hahn. Zunächst leise und zurückhaltend und dann immer lauter, schriller und fordernder. Es klang so als verspürten seine Hennen noch keine Lust zum Aufstehen und zum Eierlegen!

Ein kleiner brauner Hund, mit ungepflegtem Fell, Marke Promenadenmischung, jagte an mir vorbei. Ich sah ihm hinterher und bemerkte, dass er ein kleines Kätzchen verfolgte. Der Abstand verringerte sich zusehends!

Ich bückte mich nach einem Stein, als das schlaue flinke Kätzchen urplötzlich und unvermutet mit einem kaum für möglich gehaltenem Seitstep, die Richtung änderte und elegant über einen Zaun sprang!

Der kleine, etwas verwahrloste Hund, offensichtlich als Katzenjäger noch lernfähig, versuchte auf die gleiche Art und Weise über den Zaun hinwegzusetzen! Dabei verschätzte er sich in der Höhe des Zaunes und überschätzte sein geringeres Sprungvermögen erheblich!

Aus der vollen Geschwindigkeit heraus sprang er mit „Schmackes“ in den Zaun hinein, was dazu führte, daß er sich mit einem Salto rückwärts, in einfacher Ausführung, überschlug und statt jenseits des Zaunes, wieder auf der Straße, vor dem Zaun landete!

Wer jetzt aber dachte, das sei es gewesen, der kennt sich wohl mit Hunden genauso wenig aus wie ich!

Der kleine Köter, sofort wieder auf den Beinen, raste, offensichtlich frisch aufgetankt, aus dem Stand, in die entgegengesetzte Richtung, drehte nach fünfzig Metern bei und walzte mit Urgewalt auf den Zaun zu! Diesmal wußte er ja genau wo es lang ging und an welcher Stelle er abspringen mußte!

Elegant hob er ab, segelte in Richtung Zaun, wesentlich höher als zuvor, und, Pech für den Kleinen! Die Höhe stimmte erneut nicht! So endete auch dieser Versuch im, statt über dem Zaun! Da er bei diesem Flug aber deutlich eine höhere Geschwindigkeit erreicht hatte, endete er diesmal zu meinem Erstaunen mit einem doppelten Salto rückwärts und anschließender halber Schraube! Allerdings erneut Pech beim Abschluß! Durch den ungeheuren Schwierigkeitsgrad konnte er den Sprung nicht bis zum Ende bringen und landete äußerst unsanft auf dem Rücken, mit den kurzen Dackelbeinen nach oben!

Ihn schien diese Bruchlandung aber nicht weiter zu belasten, denn in „Null Komma Nichts“, stand er wieder auf den Pfoten, schüttelte sich kurz, lief zwei Schritte auf den Zaun zu, ich erwartete schon den dritten Versuch, verharrte kurz und machte seinen Unmut schließlich mit lautem Gekläffe Luft!

Dann trottete er geschlagen davon, überlegte noch einmal kurz, kehrte langsam und gelassen zum Tatort zurück, bellte ein letztes Mal kurz militärisch auf, was so viel heißen sollte wie, komm du noch mal in mein Jagdrevier, und verschwand dann schließlich wütend, mit zwischen den Hinterpfoten eingezogenem Schwanz.

Ich lächelte still vor mich hin und wollte weitergehen, als ich erkannte, dass ich nicht der einzige Beobachter dieser Szene geblieben war.

Babsi näherte sich laut lachend im Laufschritt.

Süß sah sie wieder aus!

Ihre ohnehin kurz geschnittenen Haare mußten erneut unter das Messer gekommen sein, denn sie präsentierte sich mit einem astreinen Pagenschnitt, der ihrem ohnehin spitzbübischen Gesichtchen ein mehr an Frechheit verlieh.

Ihre von der frischen Morgenluft und dem kurzen Sprint zart geröteten Wangen, leuchteten mir strahlend entgegen. An ihren kleinen niedlichen Ohren baumelten silberverzierte, mit Ornamenten bestückte lange elegante Ringe. Ihre schmale süße Himmelfahrtsnase bebte leicht vom Laufen und ihre kühn geschwungenen, zartrosa geschminkten Lippen waren weit geöffnet.

Zur Begrüßung streckte sie mir die Zunge raus und ich wollte danach schnappen, was mir allerdings nicht gelang. Der anschließende kurze Begrüßungskuss gehörte zu unserer Gruppe und zeigte nur unsere freundschaftliche Verbundenheit!

„Hatte das Hündchen nun Frühlingsgefühle oder fehlte das richtige Frühstück“, fragte sie leicht außer Atem?

„Ich hielt es eher für eine Joggingübung“, entgegnete ich, auf ihren Stil eingehend!

„Dann allerdings hätte er sich an einer kleinen Rosenhecke etwas besser vorbereiten sollen“, konterte sie erneut.

„Vielleicht war gerade das der Grund seiner ungeheuren Sprungkraft, weil bei dieser Übung an der Rosenhecke sein männlicher Stolz etwas verkratzt wurde!“

Wir gingen lachend weiter.

Kavalier, wie es nun mal meinem Charakter entsprach, bot ich ihr an, ihren Koffer zu tragen. Das hätte ich aber nicht tun sollen, denn sie entsprach meinem Wunsch!

Ein Rätsel für mich, wie dieses schlanke, zierliche Persönchen mit diesem schweren Koffer, teilweise im Laufschritt, bis hierher gekommen war!

Ich biß die Zähne zusammen, hievte den Koffer in die Höhe und marschierte los.

Einen Stich wollte ich ihr aber dennoch verpassen:

„Deinen Fernseher musstest du ja nicht unbedingt mitnehmen!“

Sie lachte laut und herzlich und zeigte mir dabei zwei Reihen perlweißer Zähne.

Was besaß sie doch für einen atemberaubenden Mund, dachte ich! Nur zum Ansehen eigentlich viel zu schade!

Dabei fiel mir der Schwur mit Ute ein und auf einmal fand ich ihn nicht mehr so aufregend.

„Du kannst beruhigt sein. Meinen Fernseher musste ich wieder auspacken, da der Koffer sich nicht schließen ließ“, und nach ein paar Sekunden ergänzte sie den Satz:

„Das Gewicht kommt von meiner kugelsicheren Bleiweste! Der Teutoburger Wald soll ein heißes Pflaster sein!“

Für einen Augenblick muss ich wohl mal wieder saudumm und unverständlich daher geschaut haben, denn sie setzte noch einen darauf:

„Na so schlimm ist es nun auch wieder nicht! Die Weste ist nur anteilig und den ursprünglich daran befestigten Keuschheitsgürtel habe ich von einem Schmied entfernen lassen!“

Peng, ein Volltreffer für mich schüchternen Bub!

Ich fühlte die Röte im Gesicht. Ich kämpfte dagegen schon seit Jahren an, konnte aber den Maschinisten in meinem Körper, der dafür Verantwortung zeigte, einfach nicht ausfindig machen. Ich fühlte, wie auch die Ohren heiß und rot anliefen!

Auch Babsi bemerkte es, aber eher belustigt.

Sie stellte sich mir in den Weg, strich mit ihrer kühlen Hand über mein Haar und die rot glühende Wange. Obwohl sie meinen Rücken dabei nicht berührte, schien es mir als wenn jemand abwechselnd warmes und kaltes Wasser darüber goss!

Zu allem Überfluss hauchte sie mir auch noch einen flüchtigen Kuss auf die zitternden Lippen, was auch nicht zu einer wesentlichen Besserung meines Gemütszustandes führte!

Im Gegenteil!

Zum Glück hatte ich in Anbetracht der schweren Koffer keine Hand frei, aber meine anschließende Frage war wohl das Blödeste was ein Junge ein Mädchen fragen konnte:

„Willst du etwas von mir?“

Augenblicklich verflog ihre Heiterkeit:

„Bilde dir bloß keine Schwachheiten ein! So schön bist du nun auch wieder nicht und bei deiner Ute möchte ich schon gar nicht im Revier wildern!“

Peng, der nächste Knaller und der traf etwas tiefer!

Ich zog es vor dazu keinen Kommentar zu geben obwohl mir mein Innerstes riet, Ute zu verteidigen!

Stattdessen ließ ich ihren Koffer einfach mitten auf dem Fußweg stehen und ging ohne ihn weiter. Dieser Einfall erfüllt mich noch heute mit Stolz, obwohl ich bei Babsi damit in einen großen Fettnapf getreten sein mußte! Sie ergriff ihren Koffer, vorerst ohne jeden Kommentar, und brachte es sogar fertig bis zu unserem Treffpunkt neben mir herzulaufen, ohne ein Wort mit mir zu sprechen!

Ich fühlte, dass sie an Rache dachte, machte mir aber im Augenblick keinerlei Gedanken über eventuelle Ausmaße eines solchen Ereignisses.

Auf jeden Fall stellte sie einmal, als erst Maßnahme, den freundschaftlichen Begrüßungskuss ab sofort ein, das heißt, sie drehte dabei den Kopf zur Seite!

Aber davon später mehr!

Mit lautem Hallo wurden wir begrüßt, zwar nicht als Letzte, aber sehr viele fehlten nicht mehr. Unter den Anwesenden befanden sich auch unsere Lehrkräfte.

Herr Hermes, betont sommerlich und jugendlich gekleidet, mit einer weißen Jeans und einer dazugehörigen Jeansjacke und darunter einem T-Shirt mit der Aufschrift „Spaß ist wenn man trotzdem lacht“. Ich fand diesen Spruch recht treffend, denn schließlich sollte es für alle Beteiligten ein Spaß werden, mit Vorteilen für uns als Schüler und Schülerinnen! Seine Füße steckten in ebenfalls weißen Turnschuhen eines weltbekannten Sportartikelherstellers, mit drei Streifen!

Nicht nur ich sah Herrn Hermes so zum ersten Mal! In der Regel versteckte er sich unter einem hell- oder dunkelblauen Anzug mit Nadelstreifen und seine Brust zierte mit schöner Regelmäßigkeit eine Krawatte. Dies im Übrigen auch bei hochsommerlichen Temperaturen.

Heute belehrte er uns eines Besseren und mir zumindestens imponierte das.

Auch unser Fräulein Doktor machte, bei ihr allerdings erwartet, auf sportlich.

Sie trug ein zartgrünes Kostüm, das eine hauchdünne rosa Spitzenbluse verdeckte. Ihre sportlich braunen Beine zierten flache, zum Kostüm passende grüne Sportschuhe.

Sie sah schlicht und ergreifend zum Anbeißen aus.

Nachdem wir unsere Lehrkräfte artig mit Handschlag begrüßt hatten, lockerte sich das Ganze in kleine Grüppchen auf.

Wir warteten auf die letzten Nachkömmlinge und nachdem auch der Bus wartend vor uns hielt, fehlte nur noch „Einer“, der wie schon gesagt, immer zu spät kommt, unser Wolfgang!

Als wir schon planten ihn zu Hause abzuholen, bog er um die Ecke!

Ein Bild des Grauens!

Die Haare baumelten wild im Gesicht, die Ohren rot und weit, wie Landefahrgestelle bei Flugzeugen, ausgefahren, die Zunge flatterte am Kinn umher, das Hemd nur mit den untersten drei Knöpfen geschlossen, die Hose wahrscheinlich erst beim Laufen angezogen und den Koffer unter dem Arm, unverschlossen, was auch nicht gelungen wäre, denn an allen Seiten baumelten noch Hemden und Hosen und Strümpfe und Handtücher heraus.

„Ich habe verschlafen“, rief er schon aus einigen Metern Entfernung und dies bedurfte keiner weiteren Erklärung!

„Was bei dir ja äußerst selten vorkommt“, konterte Lerche dennoch!

Man konnte ihm aber einfach nicht böse sein, wie er so vor uns stand, ein Bild zum Jammern.

„Zieh dich erst einmal richtig an“, forderte ihn Lerche auf, was er dann auch artig tat. Dabei stellten sich auch alle seine Lebensgeister wieder ein, wie man an seinem breiten Grinsen erkannte. Er hätte uns wirklich gefehlt!

Nach und nach wurden alle Koffer und Taschen im Bus verstaut und es konnte losgehen!

Unsere Klassenfahrt begann.

Es ging vorbei an üppig blühenden Bäumen, an schmucken, im schönsten Zustand befindlichen Gärten, an bunten, hübsch restaurierten alten Fachwerkhäusern, an hohen, schlanken Kirchtürmen und an sanften, in sattem Grün stehenden Hängen.

Die Sonne, die zum Beginn unserer Fahrt unbarmherzig vom Himmel strahlte, zwischenzeitlich dann hinter ein paar kleinen Quellwölkchen verschwand, hatte sich nun wieder freigekämpft, anfänglichen Morgentau abgetrocknet und viele Blumen zum Öffnen ihrer Kelche überredet. Die seiden glänzenden Grashalme reckten sich ihr mit Inbrunst entgegen.

Mit zunehmender Fahrtdauer gefiel uns dieser unbarmherzige Sonnenschein aber gar nicht mehr, denn im Inneren unseres zwar modernen und komfortablen Reisebusses, machten sich nun hochsommerliche Temperaturen breit. Vom Einschalten der Klimaanlage nahm der Fahrer aber dennoch Abstand oder sie funktionierte nur ungenügend, und so brutzelten wir in der Sonne dahin.

Der Stimmung tat das allerdings keinen Abbruch, die nach wie vor als euphorisch zu bezeichnen war, aber in erster Linie wohl wegen der bevorstehenden schulfreien Tage!

An der Sitzordnung im Bus gab es, zumindest für die Hinfahrt nichts zu rütteln, denn sie wurde durch uns bereits im Vorfeld festgelegt! Dabei erfreuten sich vor allem die hinteren Reihen größter Beliebtheit, da die Lehrkräfte in der Regel ganz vorne saßen.

Der einzige hart umkämpfte Platz blieb bis zum Schluss der neben Babsi, da naturgemäß alle Jungen der Klasse dort sitzen wollten. Am Schluss sprach Lerche hier ein Machtwort und entschied völlig uneigennützig zugunsten von Klaus, den sie für den größten Kavalier hielt!

Ich teilte diese Meinung in keiner Weise, da ich Klaus für den Prototyp eines Strebers hielt und solche Typen schlicht „Arschkriecher“ nannte! Außerdem neidete ich ihm ein solch hübsches Mädchen, was weder durch meinen Schwur mit Ute, noch durch unsere morgendliche Begegnung eine Änderung erfuhr!

Ich sprach darüber mit meinem Freund und Nachbarn Hartmut:

„Ich kann den Kerl nicht leiden“, sagte ich zu ihm!

„Weil er neben Babsi sitzen darf?“

„Nicht nur, aber auch!“

„Was ist der andere Grund?“

„Sein intensives Gespräch mit ihr!“

„Ich glaube, da besteht die geringste Gefahr. Der weiß doch bisher nur aus Büchern, dass es zweierlei Geschlecht gibt!“

„Aber er weiß es“, beharrte ich auf meinem Standpunkt, ohne zu ahnen, welche Perspektiven sich hier noch öffnen sollten!

„Ja sicher aber nur in der Theorie!“

„Stille Wasser sind tief!“

„Er ist doch nicht still! Schau mal hin. Er erzählt mal wieder mit Händen und Füßen. Wahrscheinlich weiht er sie gerade in die Geheimnisse der höheren Mathematik ein!“

„Das würde ich ihm zutrauen!“

Wir lachten Beide erleichtert auf und betrachteten dies ungleiche Paar.

„Ich glaube Hartmut, ich habe eine Idee!“

„Nein, nicht schon wieder, du hattest doch erst letzte Woche eine“, versuchte er mich zu ärgern.

„Sei nicht albern“, antwortete ich und griff in meine Hosentasche.

Wie bei jedem richtigen Jungen kam da eine Rolle Bindfaden und ein kleines Messer zum Vorschein!

„Was hast du um Himmels willen vor“, fragte Hartmut entsetzt?

„Du wirst jetzt ganz leger unserem Frl. Doktor einen Besuch abstatten und sie in ein kurzes Gespräch verwickeln! In der Zwischenzeit tue ich das gleiche mit Klaus, allerdings ohne dass er es merkt und lege ihm eine Kette an! Wenn ich dir ein Zeichen gebe, schlenderst du zurück und meldest ihm ganz unauffällig, dass sein Typ bei Lerche verlangt wird! Den Rest verfolgen wir dann gemeinsam!“

Ich weihte Wolfgang, der direkt hinter Klaus saß, kurz ein, da ich mich zwischenzeitlich ein wenig zwischen seinen Füßen aufhalten musste!

Klaus befand sich in einem derart tiefschlürfenden Gespräch, dass er nicht bemerkte, wie ich ihm vorsichtig eine Schlinge um seinen Fuß legte und das andere Ende an seinem Sitz festverzurrte! Um einen optimalen Erfolg zu erreichen ließ ich zwischen Schlinge und Befestigung, ca. drei Meter Bindfaden lose am Boden liegen! Wenn alles nach Plan verlief, musste er an der übernächsten Reihe abrupt zum Stehen kommen. An einen Sturz wagte ich gar nicht zu hoffen. Aber es kam mal wieder völlig anders!

In meinen Überlegungen dachte ich nämlich nicht daran, dass er ja ein Streber vor dem Herrn, vom Feinsten war!

Als er nun erfuhr, dass Frl. Doktor ihn sehen wollte, sprang er auf wie eine Rakete und startete durch!

Wie berechnet erreichte er nur die übernächste Reihe, an der sich meine Fangleine spannte! Voller Stolz stellte ich fest, ein Qualitätserzeugnis gekauft zu haben!

Der Strick spannte sich, riss aber nicht!

Selbst ein Sepp Maier flog in seinen besten Zeiten nie schöner!

Es ging alles so schnell, dass Klaus sogar vergaß, das Landefahrgestell, sprich die Arme, rechtzeitig auszufahren!

Er landete sprichwörtlich auf seiner Schnauze!

Grausam wie sich Schüler über die Mißgeschicke der Schwächeren freuen können! Wir schüttelten uns jedenfalls vor Lachen.

Der Einzig, dem nicht nach Lachen zumute war, hieß Klaus und aufgeschreckt durch den Lärm, unser Frl. Doktor!

Sie stand drohend im Mittelgang:

„Wer war das?“

Uli, der unglücklicherweise genau auf dem Platz saß, wo Lerche jetzt in voller Größe und live stand, warf vorwitzig ein:

„Wieso war? Ist er tot?“

Der schlagende Beweis folgte auf der Stelle, ganz entgegen ihrem üblichen Stil! Eine schallende Ohrfeige, die eigentlich ich verdient gehabt hätte!

„Ich frage noch einmal ganz ruhig. Wer war das?“

Der Unterton in ihrer Stimme klang nicht vertrauenseinflösend, deshalb zog ich es vor weiter zu schweigen!

Klaus, inzwischen wieder aufgestanden, die Schlinge am Fuß mußte jemand im tumultartigen Zustand entfernt haben, wollte gerade den vermeintlichen Übeltäter bekanntgeben, als Martin, der dies wohl auch aus alten Gewohnheiten des Petzers Klaus ahnte, ihn vehement an sein ohnehin schon lädiertes Schienbein trat!

Der so geschundene verstand sofort und erklärte mit blutender Nase:

„Ist schon gut Fräulein Doktor. Ich glaube das kam durch meine Dummheit!“

Alle Achtung, dachte ich! Handelte es sich hier um den Weg der Besserung oder überspielte er nur die Angst vor einer Klassenkeile?

Lerche erhob trotzdem drohend den Finger:

„Für den Rest der Klassenfahrt ist das Maß bereits voll! Wir können diese Fahrt auch jederzeit abbrechen, wenn ihr das wollt!“

Ich beobachtete sie dabei und sah ihre vor Aufregung leicht geröteten Wangen. Ihr kleiner aber praller Busen bewegte sich in kurzen Intervallen unter der für meinen Geschmack etwas zu engen Bluse, während ihre schlanken Finger die demolierte Nase von Klaus streichelten.

„Nun sieh dir das an“, sagte ich empört zu Hartmut, während sich auf meiner Stirn vor Aufregung Schweißperlen bildeten, „nun streichelt sie diesen Affen auch noch!“

„Seltsam“, antwortete Hartmut, „ihn streichelt sie und dein Blut gerät in Wallungen!“

„Rede keinen Stuss.“

„Ich rede keinen Stuss! Soll ich dir auch ein Bein festbinden, damit du in den Genuss von ihren Streicheleinheiten kommst?“

„Du redest, als ob man dein Gehirn amputiert hat!“

„Vorsichtig! Von wem bitte war die Idee: Ich habe gleich gesagt, zwei Ideen in einer Woche übersteigt deine physische Kraft um ein Vielfaches!“

„Ich danke dir für deine aufrichtige Anteilnahme“, entgegnete ich sehr wütend!

Hartmut befand sich jetzt aber voll im Aufwind:

„Muß Liebe schön sein! Weiß eigentlich deine Ute von diese abartigen Liebe?“

“Erstens ist daran nichts abartiges, wenn man für seine Lehrerin schwärmt und zweitens, laß bitte Ute aus dem Spiel!“

„Unter normalen Umständen würde ich dir beipflichten, dass Schwärmerei nicht abartig ist! Wenn ich aber deinen Blick verfolge, der nur auf ihren erogenen Zonen ruht, dann denke ich neu darüber nach!“

„Du magst ja Recht haben, aber dann musst du auch zugeben, dass man beim Anblick dieser Figur ins Rotieren kommt!“

„In der Tat! Wenn man dann auch noch das geradezu klassische Fahrgestell in Augenschein nimmt, auf dem das Modell Nürburgring montiert wurde, o la la!“

„Wieso Nürburgring“, fragte ich mal wieder etwas begriffsstutzig?

„Na so kurvig, du Trottel!“

Als sie sich nun wieder hüfteschwingend auf ihren Platz zurückzog, folgten ihr 20 Augenpaare! So viele Jungen zählte unsere Klasse!

Hartmut riß mich aus meinen schönen Träumen:

„Teilen gehörte noch nie zu deinen Stärken!“

„Ich kann ohnehin nicht teilen was ich nicht besitze“, entgegnete ich.

„Ihm wird wieder vernünftig“, sprach Hartmut und widmete sich dem großen Panoramafenster im Bus, womit er gleichzeitig deutlich machte, daß dieses Gespräch für ihn damit als beendet zu betrachten war!

Mir blieb nichts weiter übrig, als mich in meinen Schmollwinkel zurückzuziehen und von Ute und ihrem herzerfrischenden Äußerem zu träumen!

Aber auch dies füllte die Zeit bis zu unserer Ankunft nicht aus und da mir nichts besseres einfiel, packte ich Mutters Brote aus, die bereits unter der intensiven Sonneneinwirkung, vieles von ihrer Schmackhaftigkeit eingebüßt hatten, und verspeiste sie widerwillig.

Getränke wurden Reih um gereicht und jeder labte sich daran, so gut er eben konnte.

Bei zunehmender Wärme erschöpfte sich unser flüssiger Proviant schneller, als es der Körper verarbeiten konnte. Einige von uns wagten daher nicht mehr zu husten, so arg drückte die Blase!

Wolfgang, unser Vorzeigezuspätkommer, im Übrigen ebenfalls mit einer Kinderblase ausgerüstet, galt für uns als Richtschnur für übervolle Blasen!

Wenn sich seine Segelohren rot, wie das Tuch eines Toreros, verfärbten, galt Gefahrenstufe eins! Wenn er die Lippen zusätzlich zusammenkniff und beide Arme zwischen die Beine klemmt, herrschte Alarmstufe zwei! Wenn er in gebeugter Haltung aufstand und auf der Stelle trampelte, dann war es so weit! Von da ab durften keine fünf Minuten mehr vergehen und seine Blase würde platzen!

So gesehen sprachen wir dann im Augenblick von Gefahrenstufe zwei!

Wobei Wolfgang mit seiner Kinderblase aber nicht als Maßstab gelten konnte!

Er musste schon pinkeln wenn er nur das Bild einer Flasche sah!

Hartmut gar vertrat die Meinung, Wolfgang müsse ohne Blase das Licht der Welt erblickt haben, denn was er oben hineinkippt, kommt 5 Minuten später unten wieder an! Die Verzögerung von 5 Minuten kommt nur durch seine immensen Körperabmessungen zu Stande.

Endlich nach schier einer Ewigkeit, bog der Bus von dem schnurgeraden Asphaltteppich auf einen, hinter hohen Bäumen versteckten Parkplatz, inmitten einer hügligen Landschaft ein, und kam nach ein paar Metern zum Stehen.

Wolfgang, morgens immer der Letzte, diesmal unbestritten der Erste, hüpfte mit seinen langen Beinen, behende wie ein Känguruh, mitten hinein in die dichten Büsche. Ich rief ihm noch hinterher:

„Vergiss nicht die Hose zu öffnen!“

Aber er befand sich schon außerhalb meiner Sichtweite.

Der Baum, den er beglückte musste sich wohl wie nach einem Wolkenbruch gefühlt haben.

Als ich gerade wieder in den Bus einsteigen wollte, tauchte unvermittelt Klaus neben mir auf.

„Ich wollte dir deinen Bindfaden wiedergeben. Vielleicht benötigst du ihn ja für zukünftige zweifelhaften Späße!“

Von jedem Anderen in der Klasse hätte ich ihn dankbar zurückgenommen, aber nicht von ihm:

„Das ist zwar nett und aufmerksam von dir, aber ich muß dich leider enttäuschen! Das ist nicht meine Schnur!“

Dabei griff ich in die Tasche und brachte eine völlig neue Rolle, Original verpackt zum Vorschein! Ich präsentierte ihm wohlweislich nicht die angefangene Rolle!

Um seine leicht geschwollenen Mundwinkel zuckte es verdächtig und man sah ihm die Enttäuschung förmlich an, dass dieser Schuss in das Blaue eine Fahrkarte geworden war. Ich dagegen genoß meinen Triumph in aller Breite und fügte sogar noch ein I- Tüpfelchen hinzu:

„Entweder du findest das Kamel dem der Bindfaden gehört oder du behältst den Strick und läßt dich von Babsi wieder an deinen Platz anketten“, und beim Einsteigen ergänzte ich den Satz, „Rindviecher laufen auch nicht frei im Stall herum!“

Dann stieg ich ruhig und selbstsicher ein, nicht ohne ihm noch ein strahlendes Lächeln entgegen zu schleudern.

Ich wußte, das konnte er nicht mehr wechseln. Man hörte selbst in der hintersten Reihe sein Zähneknirschen.

In Mathe mochte er mir klar überlegen sein, aber nicht in der Schlagfertigkeit.

Mit stolz geschwollener Brust kehrte ich auf meinen Platz zurück. Dabei be merkte ich erst, daß unser Zwiegespräch von einigen anderen auch aufmerksam verfolgt wurde, die jetzt frech feixend, Klaus entgegenblickten.

Ich sah zu Babsi hinüber, die zusammengeknickt auf ihrem Platz hockte.

Unsere Blicke trafen sich. Ihre Augen jagten mir eine Gänsehaut über den Rücken, so kalt, eisig und angriffslustig funkelten sie.

„Wenn Blicke töten könnten“, hörte ich die Stimme meines Freundes neben mir.

Ich hielt aber ihren Blick stand und fand daran wirklich Aufregendes!

Schön sah sie aus, so erregt. Ihre Nasenflügel bebten leicht und ihre Wangen bewegten sich rhythmisch, bedingt durch das wütende Zähneaufeinander beißen. Ihre Lippen öffneten sich zu einem Spalt und ich sah die zwei Reihen, wie im Bilderbuch aufgereihte, perlweiße Zähne. In diesem Augenblick bereute ich erneut meine dämliche Bemerkung von heute morgen! Aber dafür war es nun zu spät!

Sie holte tief Luft, schluckte ein oder zweimal, tat so als wolle sie etwas sagen, aber hielt den Mund. Stattdessen kränkte sie mich auf ihre Art und wußte dabei ganz genau, daß mich dies in meinem Innersten traf und unauslöschlich dort verwurzelte.

Sie schlang ihr dünnes braungebranntes Ärmchen um den Hals, des inzwischen zurückgekehrten Klaus, zog ihn zu sich herab und küßte ihn auf seinen ebenfalls arg ramponierten Mund. Mit zu Sehschlitzen zusammengekniffenen Augen beobachtete sie mich dabei. Das hätte mich eigentlich beruhigen sollen, zeigte es doch ihr Desinteresse an Klaus! Sie glich nun mehr einer absprungbereiten Katze.

Ich zersprang fast vor Wut. Meine Hände fühlten sich feucht an und die Knochen traten aus den krankhaft zu Fäusten geballten Fingern hervor.

Ich kochte innerlich!

Als ich mich gerade erheben wollte, spürte ich die kühle, warnende Hand meines Freundes auf meiner geballten Faust.

Unser Fräulein Doktor

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