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23. Januar 1991

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Krieg. – Seit einer Woche grausige Unterhaltung, elektronische Spielhalle, rund um die Uhr über CNN. Im Schatten dieses Krieges zerbricht Gorbatschows Politik und Position, wie es scheint, unaufhaltsam. Schewardnadses Rücktritt war nur der Anfang, die Auflösung des Präsidialrats scheint die Fortsetzung beschleunigt zu haben. Ausgerechnet Schatalin formulierte gestern ein Ultimatum an Gorbatschow: entweder Rücktritt oder Bruch mit der KPdSU, Auflösung der Sowjetunion, ökonomischer Liberalismus. Juri Afanasjews Sprache »extremistisch«: Gorbatschow für ihn plötzlich ein Mann des Lagers, der Diktatur.

Ich arbeitete derweil fieberhaft an Band 1 der Gramsci-Ausgabe, kam zu nichts anderem. Gestern, zum 100. Geburtstag Gramscis, lieferten wir die letzten Überarbeitungen ab, besprachen die noch offenen Fragen, stellten die Weichen für den Druck am Wochenende. Aber der Krieg und Gorbatschows Krise beherrschten alle Zwischenzeiten.

Krieg. – Hauptüberschrift der heutigen FAZ: »Der Luftkrieg gegen den Irak ›ermutigend und insgesamt planmäßig‹«. Das verstehen sie unter Nachrichten. Das Wörtchen »insgesamt« steht fürs Scheitern der Blitzkriegshoffnungen. Israel konnte nicht geschützt, die Raketenwaffe des Irak nicht ausgeschaltet werden. Eine ungeheuer anschwellende Massenbewegung drängt andere arabische Staaten zum Kriegseintritt auf Seiten des Irak. – 20 Prozent der bekannten Ölreserven des Globus im Irak und in Kuweit. – Trotz Ungewissheit des Krieges steht der »Sieger« für die FAZ fest: die Hochtechnologie. An anderer Stelle wird deutlich, dass das nur ein Deckname ist für die Rüstungsindustrie. Beim Hersteller der »Patriot«-Raketen, mit denen man einige irakische Raketen hat abschießen können, der Raytheon Company, »sind inzwischen die Fertigungskapazitäten rund um die Uhr ausgelastet«. Aufwind fürs Rüstungskapital (Wehrtechnik), »nicht nur moralisch, auch wirtschaftlich«: an der Börse »die größte ›Rüstungshausse‹ seit dem Zweiten Weltkrieg«. Nachfrageschub aus dem In- und Ausland.

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