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Ich mag das Wort »Gleichmut«

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613 Gebote kennt die Thora.

613 Gebote und Verbote, die das tägliche Leben regeln und gottgefällig machen sollen.

Hört sich nach ziemlich viel an, aber verglichen mit der Fülle unserer staatlichen Gesetze, des Kirchenrechts oder des Katechismus ist das gar nicht so viel, sondern sogar eher wenig. Trotzdem, da gibt es eine ganze Menge Zeug zu beachten …

Man könnte doch auch sagen: Zehn Gebote reichen.

Stimmt.

Die sind kompakt, man kann sie sich (vielleicht) merken, und sie regeln erst einmal das Nötigste.

Aber anscheinend haben sie Gott und / oder den Menschen doch nicht gereicht …

… und es kamen noch ein paar dazu.

Aber es sieht so aus, als hätten die 613 auch nicht so richtig gereicht, liest man die Evangelien von den Streitigkeiten um die Sabbatheilungen oder auch vom barmherzigen Samariter, bei dem der Priester und Levit dem Verprügelten nicht helfen, aber gebotsmäßig alles richtig machen, oder von der Ehebrecherin, die überlebte, obwohl es nach dem Gesetz völlig in Ordnung gewesen wäre, sie zu steinigen. Klar, Regeln sind wichtig.

Aber es scheint so, als seien wir manchmal schon ziemliche Gebotsjunkies, als sei das Bedürfnis nach absoluter Sicherheit und Richtigkeit tief in uns verankert.

Einer dieser Junkies begegnet uns im Markusevangelium (Mk 12,28b–34), als er zu Jesus kommt und ihn nach dem wichtigsten Gebot fragt.

Hallo?

Natürlich sind alle Gebote gleich wichtig!

Vielleicht auch nicht …

Nicht mal zehn bleiben übrig, sondern nur drei …

Liebe Gott und den anderen und dich!

Klingt einfach?

Ist es aber nicht.

Ist viel schwerer,

weil ich hier plötzlich auf all meine Beziehungen und meine Umwelt und meine Innenwelt achten muss. Vorher war alles so schön einfach und so schön einfach richtig oder falsch. Jetzt ist alles so schwammig und unklar …

… und fordert Mut.

Mut, mich den anderen, Gott und mir selbst zu stellen.

Ich mag ja das Wort »Gleichmut«.

Zu versuchen, immer gleich mutig zu sein.

Was wäre, wenn ich heute versuchen würde,

der/dem anderen gegenüber, Gott gegenüber und mir selbst gegenüber gleich mutig und gleich liebend und gleich verzeihend zu sein?

Nicht um im Endeffekt alles gleich zu machen, sondern um alle gleich ernst zu nehmen.

Notwendige Unruhe: Über Kirche, Sexualität und Freiheit

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