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2. Sein Auftreten – sein Charakter

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Über das Aussehen von Sokrates sind wir erstaunlich gut unterrichtet. Es gibt nicht nur verschiedene literarische Beschreibungen, sondern auch Plastiken, die diese Beschreibungen bestätigen. Der Grund liegt vielleicht darin, dass sein Aussehen bereits im Urteil der Zeitgenossen aus dem Rahmen fiel. Er wird als hässlich beschrieben: eine breite, flache, aufgestülpte Nase, hervortretende Augen, fleischige Lippen und ein dicker Bauch. Bemerkenswert ist es jedoch, dass sich weder Platon noch Xenophon mit der einfachen Beschreibung seiner Hässlichkeit zufriedengaben, sondern bemüht waren, diese als einen besonderen Vorzug umzudeuten. Bei Xenophon geschieht das dadurch, dass der Begriff schön funktionalistisch interpretiert wird. Schön ist etwas dadurch, dass es einen Zweck erfüllt. Unter dieser Perspektive ergibt sich, dass Sokrates besonders schön ist: Mit weit geöffneten Nasenlöchern kann man besser riechen, mit Augen, die auch zur Seite blicken können, besser sehen, mit einem weichen fleischigen Mund besser küssen. Das ist in Xenophons Gastmahl (Xenophon 1993, 61) nicht ganz ernst gemeint, doch die Verbindung des Schönen mit dem Zweckmäßigen wird auch von Platon betont (Platon: Hippias Major 295 c).

Platon deutet die Hässlichkeit von Sokrates ebenfalls positiv um. Bei ihm geschieht das durch eine Kontrastierung des Äußeren mit dem Inneren eines Menschen. In seiner großen Preisrede auf Sokrates führt Alkibiades aus:

„Also den Sokrates zu loben, ihr Männer, will ich so versuchen, durch Bilder, er wird nun wohl vielleicht glauben, spöttischerweise, aber gerade zur Wahrheit soll mir das Bild dienen und gar nicht zum Spott. Ich behaupte nämlich, er sei äußerst ähnlich jenen Silenen in den Werkstätten der Bildhauer, welche die Künstler mit Pfeifen oder Flöten darstellen, in denen man aber, wenn man die eine Hälfte wegnimmt, Bildsäulen von Göttern erblickt; und so behaupte ich, daß er vorzüglich dem Satyr Marsyas gleiche“ (Platon: Symposion 215 a–f).

Um diesen Vergleich zu verstehen, ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei Silenen und Satyrn – beide Worte werden synonym gebraucht – um dämonische Mischwesen mit Merkmalen von Mensch und Pferd (darin den Kentauren ähnlich) handelt. „Sie sind im Ganzen menschlich, der Pferdecharakter beschränkt sich auf Ohren, Schweif, häufig Beine oder wenigstens Hufe; dazu Behaarung des Körpers, starker Haar- und Bartwuchs, Stülpnase, großer Mund, runde Augen, Phallos“ (Pauly V, 191).

Der Satyr Marsyas gilt als Erfinder der Flöte und der Flötenkunst. Beides wurde in der Mitte des 5. Jahrhunderts zugunsten der Kithara verworfen. Marsyas, der sich auf einen Wettkampf mit Athene einließ und verlor, ereilte ein fürchterliches Schicksal – ihm wurde lebendig die Haut abgezogen. Ob Platon auch dieses Schicksal im Auge hatte, als er Alkibiades im Dialog Sokrates mit Marsyas vergleichen ließ, ist ungewiss. Wichtiger ist für ihn ein anderer Gedanke. Man muss Sokrates genauer kennenlernen, um die äußere hässliche Hülle durchstoßen und den ‚göttlichen‘ inneren Kern erblicken zu können. Den kontrastierenden Vergleich von außen und innen dehnt der platonische Alkibiades auch auf die sokratischen Reden aus:

„Und dies habe ich gleich zuerst noch übergangen, daß auch seine Reden jenen aufzuschließenden Silenen äußerst ähnlich sind. Denn wenn einer des Sokrates Reden anhören will, so werden sie ihm anfangs ganz lächerlich vorkommen, in solche Worte und Redensarten sind sie äußerlich eingehüllt, wie in das Fell eines frechen Satyrs. Denn von Lasteseln spricht er, von Schmieden und Schustern und Gerbern, und scheint immer auf dieselbe Art nur dasselbe zu sagen, so daß jeder unerfahrene und unverständige Mensch über seine Reden spotten muß. Wenn sie aber einer geöffnet sieht und inwendig hineintritt: So wird er zuerst finden, daß diese Reden allein inwendig Vernunft haben, und dann, daß sie ganz göttlich sind und die schönsten Götterbilder von Tugenden in sich enthalten und auf das meiste von dem oder vielmehr auf alles abzwecken, was dem, der gut und edel werden will, zu untersuchen gebührt.“ (Platon: Symposion 221d–222 a).

Einigkeit herrscht auch über bestimmte Charaktereigenschaften: Er ist abgehärtet, ausdauernd, tapfer, trinkfest und bedürfnislos. Er ist abgehärtet, weil er auch im Winter im Feld lange barfuß und nicht bekleidet sich im Freien aufhält (ebd. 220 b); er ist tapfer und hilfsbereit, weil er seine Freunde im Krieg aus lebensbedrohlichen Situationen rettet (ebd. 220 d); er ist bescheiden, weil er die ihm dafür zustehende Auszeichnung ablehnt (ebd. 220 e); er ist bedürfnislos, weil er sich mit einfacher Speise und einfacher Bekleidung zufriedengibt und den Luxus verachtet; er ist schließlich trinkfest, da er auch nach reichlichem Genuss von Alkohol nicht betrunken ist (ebd. 214 a).

Eine besondere Erwähnung verdient seine Einstellung zur Erotik. In Platons Symposion räumt er ein, er sei „geständig“, „nichts als Liebessachen zu verstehen“, und im xenophontischen Gastmahl sagt er, er wüsste keine Zeit anzugeben, in der er „nicht irgendjemand liebe“. Dass diese Liebe eine homoerotische Komponente hat, wird sowohl bei Platon als auch bei Xenophon ausgeführt. Sokrates entspricht hier der selbstverständlichen Gepflogenheit seiner Zeit. Am deutlichsten kommt das an einer Stelle im Charmides zum Ausdruck (vgl. 155 c/e).

Aber das Verhältnis zwischen zwei Männern, in der Regel zwischen einem älteren und einem jüngeren, zwischen dem Liebhaber und dem Geliebten, wurde in Athen nur dann befürwortet, wenn es sich nicht um ein ausschließlich sexuelles handelte. Vielmehr verband man mit Freundschaften dieser Art ein pädagogisch wertvolles, sittliches Verhältnis. Vorbild war etwa die Freundschaft zwischen Achill und Patroklos, wie sie in Homers Ilias beschrieben wird. Das Seelische ist die entscheidende, allein dauerhafte Basis dieser Beziehung. Und in Platons Symposion wird am Beispiel des vergeblichen Bemühens von Alkibiades um Sokrates gezeigt, dass dieser für sich selbst den Weg vom Körperlichen zum Seelischen bereits erfolgreich durchlaufen hat. So erweist er sich gegenüber allen erotischen Annäherungsversuchen von Alkibiades als standhaft. Das Motiv der Sublimierung klingt bereits im Charmides an, wenn Sokrates darauf hinweist, dass für die Begutachtung der körperlichen Schönheit eines Menschen es ausreicht, dass er sich entkleidet, dass aber für die Begutachtung seiner seelischen Schönheit es nötig ist, mit ihm zu reden.

Als ein besonderes Kennzeichen seines Auftretens ist eine Eigenschaft zu nennen, die vielleicht am besten mit dem Wort ‚gedankenversunken‘ wiederzugeben ist. Auf sie wird in Platons Symposion gleich zweimal hingewiesen. Zu Beginn des Dialogs wird erwähnt, dass Sokrates, der sich zusammen mit einem Freund auf dem Weg zum Gastmahl bei Agathon befindet, plötzlich, durch einen Einfall veranlasst, stehenbleibt und seinen Freund auffordert, allein voranzugehen. So erreicht er erst verspätet das Gastmahl, das zur Hälfte bereits vorüber ist. Von dieser Eigenart weiß auch Alkibiades zu berichten, die er ebenfalls während des Feldlagers von Potidaia beobachtete:

„Es war ihm etwas eingefallen, und er stand nachsinnend darüber von morgens an auf einer Stelle, und da es ihm nicht voranging, ließ er nicht nach, sondern blieb immer forschend stehen. Nun wurde es Mittag, und die Leute merkten es und erzählten verwundert einer dem andern, daß Sokrates vom Morgen an über etwas nachsinnend dastände. Endlich, als es Abend war und man gespeist hatte, trugen einige Ionier, denn damals war es Sommer, ihre Schlafdecken hinaus, teils um im Kühlen zu schlafen, teils um auf ihn achtzugeben, ob er auch die Nacht über da stehen bleiben würde. Und er blieb stehen, bis es Morgen ward und die Sonne aufging; dann verrichtete er noch sein Gebet an die Sonne und ging fort“ (Symposion 220 c/d).

In diesem Zusammenhang ist auch auf das Daimonion hinzuweisen, das Sokrates als eine innere Stimme charakterisiert und das schwerlich als von Platon oder Xenophon erfunden beurteilt werden darf. Hegel hat das Daimonion mit der Stimme des Gewissens in einen Zusammenhang gebracht, und manche Indizien sprechen auch dafür; z.B. dass das Daimonion immer nur abrät, dass es als eine Art schlechtes Gewissen Handlungen verbietet. Im platonischen Dialog Euthyphron und bei Xenophon wird das Daimonion ganz selbstverständlich als göttliches Zeichen gedeutet und dient besonders Xenophon als Beleg für Sokrates’ Frömmigkeit. Aufschlussreich ist schließlich Platons Apologie. Sokrates greift die Rede vom Daimonion auf, weil sie Teil der Anklage war. Das Daimonion hat ihn davon abgehalten, sich politisch zu betätigen. Sokrates erläutert den Sachverhalt so:

„Hiervon ist nun die Ursache, was ihr mich oft und vielfältig sagen gehört habt, daß mir etwas Göttliches und Daimonisches widerfährt, was auch Meletos in seiner Anklage spottend erwähnt hat. Mir aber ist dieses von meiner Kindheit an geschehen, eine Stimme nämlich, welche jedesmal, wenn sie sich hören läßt, mir von etwas abredet, was ich tun will, zugeredet aber hat sie mir nie. Das ist es, was sich mir widersetzt, die Staatsgeschäfte zu betreiben“ (31 c/d).

Aber der Rat des Daimonion ist nichts Irrationales, sondern hält der Überprüfung stand. So auch in diesem Fall; denn hätte sich Sokrates politisch betätigt,

„so wäre ich auch schon längst umgekommen und hätte weder euch etwas genutzt noch mir selbst. (…) Denn kein Mensch kann sich erhalten, der sich, sei es nun euch oder einer anderen Volksmenge, tapfer widersetzt und viel Ungerechtes und Gesetzwidriges im Staat zu verhindern sucht: sondern notwendig muß, wer in der Tat für die Gerechtigkeit streiten will, auch wenn er sich nur für kurze Zeit erhalten soll, ein zurückgezogenes Leben führen, nicht ein öffentliches“ (ebd. 31d-32 a).

Sokrates erwähnt das Daimonion noch an einer anderen Stelle der Apologie. Nach der Verurteilung weist er darauf hin, dass diese auch deshalb nichts Schlimmes bedeuten kann, weil das Daimonion ihm nicht davon abriet, sich dem Prozess zu stellen:

„Mir ist nämlich, ihr Richter (…) etwas Wunderbares vorgekommen. Mein gewohntes Vorzeichen nämlich war in der vorigen Zeit wohl gar sehr häufig, und oft in großen Kleinigkeiten widerstand es mir, wenn ich im Begriff war, etwas nicht auf die rechte Art zu tun. Jetzt aber ist mir doch, wie ihr ja selbst seht, dieses begegnet, was wohl mancher für das größte Übel halten könnte und was auch dafür angesehen wird; dennoch aber hat mir weder, als ich des Morgens von Hause ging, das Zeichen des Gottes widerstanden, noch auch als ich hier die Gerichtsstätte betrat, noch auch irgendwo in der Rede, wenn ich etwas sagen wollte. Wiewohl bei anderen Reden es mich oft mitten im Reden aufhielt“ (ebd.40a/b).

Eine Interpretation dieser Stellen macht deutlich, dass die Begriffe ‚Gewissen‘ und ‚göttliches Zeichen‘ zur Charakterisierung des Daimonion zu einseitig sind. Vielleicht lässt es sich am ehesten als eine Stimme interpretieren, die zur Vorsicht mahnt.

Mit dem Auftreten des historischen Sokrates ist unlösbar verbunden das Moment der Ironie. Der Begriff hat in der antiken Rhetorik einen festen Platz unter den Tropen. Von Ironie spricht man, wenn man einen Sachverhalt durch sein Gegenteil ausdrückt, z.B. ‚sparsam‘ für ‚verschwenderisch‘. Generell ist auch die sokratische Ironie durch Gegensatz gekennzeichnet. Bei ihr aber handelt es sich nicht um eine im Ganzen paradoxe Wortwahl, sondern um einen für ihn typischen, immer wiederkehrenden Sachverhalt. Sokrates, der Lehrer, tritt regelmäßig als Schüler auf. Nicht er will andere belehren, sondern von ihnen belehrt werden. Er ist der Unwissende, seine Philosophie tritt auf in der Gestalt des Nichtwissens. Umgekehrt bringt er seinen Gesprächspartner in die Position des Wissenden. Das schmeichelt den meisten und provoziert sie, ihr vermeintliches Wissen auszubreiten. Erst im konsequenten Nachfragen stellt sich heraus, dass sie selbst die Unwissenden sind.

Die sokratische Ironie gehört zur Methode der Gesprächsführung; doch sie ist zugleich ein Merkmal seiner Person. Sie bestimmt seinen Charakter. Aber in welcher Weise? Ist sie Ausdruck seiner tatsächlichen Unwissenheit, ist sie ein Impuls der Wahrheitssuche, oder handelt es sich um Arroganz, um einen Trick, mit dem man andere in Verlegenheit bringen kann? So jedenfalls ist sie von mehreren Gesprächspartnern interpretiert worden – nämlich als ein Versuch, den anderen zu Behauptungen zu provozieren, um diese dann widerlegen zu können, selbst aber nicht für Behauptungen und Überzeugungen einzustehen. Das wirft ihm z.B. Thrasymachos im ersten Buch der Politeia vor (Platon: Politeia 337 a).

In denselben Zusammenhang gehört die von Sokrates geltend gemachte Berufung auf das schlechte Gedächtnis. Sie hat den Sinn, andere von endlos langen, rhetorisch ausgeschmückten, aber argumentativ nichtssagenden Reden abzubringen und sie auf die Methode des Dialogs zu verpflichten. Auch hier handelt es sich um Ironie, die man in der Weise, wie sie Sokrates verwendet, als Technik der Selbstverkleinerung interpretieren kann. Aber bereits im Protagoras wird dieses Mittel von einem der Gesprächspartner durchschaut (Platon: Protagoras 336 d). In Wirklichkeit hat Sokrates ein sehr gutes Gedächtnis, wie nicht nur seine exzellente Kenntnis der griechischen Dichter belegt, sondern auch seine Rückgriffe auf weit zurückliegende Abschnitte des Gesprächs. Während der Hinweis auf das angeblich schlechte Gedächtnis tatsächlich als ein Trick angesehen werden darf, ist die Frage des Nichtwissens schwieriger zu beantworten. In vielen Gesprächen wird deutlich, dass Sokrates die Aporien bereits kennt, in die seine Gesprächspartner erst Schritt für Schritt geraten, und insofern ist seine Unwissenheit gespielt. In einem grundsätzlichen Sinn aber handelt es sich um den methodisch in den Dienst der Wahrheitssuche gestellten Ausdruck einer tatsächlichen Unwissenheit. Die Darstellung der sokratischen Ironie erfolgt nur durch Platon; daher ist die Frage nach der historischen Bedeutung dieser Eigenschaft nicht unbegründet. Aber wie auch die Antwort ausfällt, sicher ist, dass Platon selbst sich des Mittels der Ironie auf höchst kunstvolle Weise bediente.

Eine Beschreibung des Auftretens und des Charakters von Sokrates bliebe unvollständig, berücksichtigte man nicht seine Wirkung auf andere. Allerdings unterscheiden sich hier die Beschreibungen von Aristophanes, Xenophon und Platon erheblich. Während die Wirkung bei Aristophanes als destruktiv geschildert wird, so dass als Reaktion auf die moralische Destruktion von Sokrates die Zerstörung seiner ‚Denkerwerkstatt‘ durch den enttäuschten Schüler erfolgt, wird bei Xenophon Sokrates als der Weise geschildert, der ermahnt, ermuntert, belehrt. Seine Gesprächspartner erkennen seine Autorität an, lassen sich belehren und ermahnen und werden dort, wo sie sie in Frage stellen, von Sokrates schlagfertig widerlegt.

Bei Platon wird ein weiterer Aspekt seiner Wirkung hervorgehoben. Es handelt sich um den der existenziellen Erschütterung. So bemerkt Nikias im Dialog Laches:

„Du scheinst gar nicht zu wissen, daß, wer der Rede des Sokrates nahe genug kommt und sich mit ihm einläßt ins Gespräch, unvermeidlich, wenn er auch von etwas ganz anderem zuerst angefangen hat zu reden, von diesem so lange ohne Ruhe herumgeführt wird, bis er ihn da hat, daß er Rede stehen muß über sich selbst, auf welche Weise er jetzt lebt und auf welche er das vorige Leben gelebt hat; wenn ihn aber Sokrates da hat, daß er ihn dann gewiß nicht eher herausläßt, bis er dies alles gut und gründlich untersucht hat“ (187e–188 a).

Der sokratische Dialog ist Sachprüfung und Menschenprüfung in einem. Person und Sache lassen sich nicht trennen. Im Dialog Protagoras sagt Sokrates: „Denn ich will eigentlich nur den Satz prüfen, aber es ereignet sich dann wohl, daß dabei auch ich der Fragende, und der Antwortende geprüft werden“ (333 c). Im Menon vergleicht die Titelfigur Sokrates mit einem Zitterrochen (narke), der seine Gesprächspartner ‚narkotisiert‘:

„Auch jetzt kommt mir vor, daß du mich bezauberst und mir etwas antust und mich offenbar besprichst, daß ich voll Verwirrung bin, und du dünkst mich vollkommen, wenn ich auch etwas scherzen darf, in der Gestalt und auch sonst, jenem breiten Seefisch, dem Zitterrochen, zu gleichen. Denn auch dieser macht jeden, der ihm nahekommt und ihn berührt, erstarren. Und so, dünkt mich, hast du mir jetzt etwas Ähnliches angetan, daß ich erstarre. Denn in der Tat, an Seele und Leib bin ich erstarrt und weiß dir nichts zu antworten“ (Platon: Menon 80a/b).

Sokrates akzeptiert dieses Bild jedoch nur unter der Bedingung, dass auch ihm das Verwirrtsein zugestanden wird. Die am genauesten ausgeführte Stelle für die existenzielle Erschütterung findet sich im Symposion. Dort erläutert Alkibiades die Wirkung von Sokrates, den er zuvor mit dem Satyr Marsyas verglichen hatte:

„Denn weit heftiger als den vom Korybantentanz Ergriffenen pocht mir, wenn ich ihn höre, das Herz, und Tränen werden mir ausgepreßt von seinem Reden; auch sehe ich, daß es vielen andern ebenso ergeht. Wenn ich dagegen den Perikles hörte oder andere gute Redner, dachte ich wohl, daß sie gut sprächen, dergleichen begegnete mir aber nichts, noch geriet meine Seele in Unruhe darüber und in Unwillen, daß ich mich in einem knechtischen Zustande befände. Von diesem Marsyas aber bin ich oft so bewegt worden, daß ich glaube, es lohnte nicht zu leben, wenn ich so bliebe, wie ich wäre“ (Platon: Symposion 215 e).

Sokrates

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