Читать книгу Das purpurne Tuch - Wolfgang Wiesmann - Страница 15

XI Lippia

Оглавление

Die Überfahrt verlief schneller als erwartet und so ruderten sie schon nach ein paar Tagen den Rhein flussaufwärts, bis sie an die Mündung der Lippia stießen und Kurs auf das Feldlager Haltern nahmen. Dort hatte Aurelius Weisung, sich die fähigsten Männer auszusuchen, um sie mitzunehmen und als Signifer auszubilden.

Die Fahrt entlang endloser Wiesen und Wälder zog sich hin, aber die Abwechslung der Szenerie gestaltete sich als unterhaltsam. Die Lippeauen waren belebt von Kranichen und Wildgänsen. Auerochsen grasten auf höher gelegenen Weideflächen und einige Frauen waren unterwegs, um Fische aus Tümpeln aufzusammeln, die durch das letzte Hochwasser gestrandet waren. Es hatte im Jahre 9 n. Chr. viel geregnet und es regnete immer noch, kurz bevor ein neues Jahr beginnen sollte.

Durchnässt landeten die Reisenden an den Schiffshäusern unterhalb des Feldlagers. Aurelius verabschiedete sich von Siobhan. Er hatte all seine Überredungskünste und Schmeicheleien in die Waagschale geworfen, um Siobhan von seiner Gunst zu überzeugen, aber sie hatte nie einen Zweifel an ihrem Schwur empfunden.

Carmelita hatte mit allen anderen Männern an Bord versucht anzubandeln, aber sie musste wohl doch erst ein Bad im salzigen Wasser nehmen und die feurige Sonne bitten, ihre eitrigen Pusteln zu trocknen. Unsicher, wie es weitergehen sollte, sprach sie Siobhan an.

„Zu zweit sind wir besser dran. Ich hörte den Steuermann sagen, dass wir erst in drei Tagen weiterfahren und sonst kein Schiff ausläuft. Die Handelsleute sind schon früher von Bord gegangen, weil das Gebiet um Haltern gefährlich sei. Es könnte durchaus zu Angriffen germanischer Stämme kommen. Das Lager ist nach der Niederlage geschwächt und die Stimmung gespannt. Sollten wir nicht besser gemeinsam diese drei Tage überstehen?“

Siobhan hatte die Zeit mit Aurelius genossen und war nun sehr entspannt. Natürlich hatte Carmelita recht. Sie brauchten einen geschützten Unterschlupf, nicht zuletzt wegen ihrer beiden Schätze. Vom Purpur war nur noch wenig übrig und es lag noch ein langer beschwerlicher Weg vor ihnen. Siobhans Ziel war Rom und Carmelita wollte an das Meer hinter den großen Bergen von Bavaria und Austria.

Warum sich länger streiten? Im Grunde war nichts passiert. Carmelita hatte ihre Lektion gelernt und gemeinsam würden sie die Wartezeit schon schaffen.

„Lass uns zu Aurelius gehen“, schlug Siobhan vor. „Er soll uns ein Quartier im Lager besorgen, eins, das nicht bei den Baracken der Soldaten liegt, eins an der Via Principalis, wo es die Männer nicht wagen, uns am Tage zu behelligen. Und nachts schlafen wir bei den anderen Frauen.“

Aller Streit schien vergessen und so stiegen die beiden Frauen den schlammigen Weg hoch zum Lager und erhielten dort sofort Einlass, wohl auch wegen ihrer purpurnen Gewänder.

Das purpurne Tuch

Подняться наверх