Читать книгу Das purpurne Tuch - Wolfgang Wiesmann - Страница 17

1 Grabungsstätte Römerlager Haltern

Оглавление

Dr. Hartmut Schliefken munterte die frustrierten Studenten auf, die seit Tagen im Sandbett der Ausgrabungsstätte hockten und keinen nennenswerten Fund getätigt hatten. Nun standen sie alle im Zelt, das als soziale Begegnungsstätte und Auffanglager für Fundstücke diente, und hofften, dass Schliefken sie nicht auch noch in den Pausen zum Gähnen veranlasste. Wenigstens gab es eine heiße Tasse Tee, an der man sich die Finger wärmen konnte. Schliefken nahm selbst einen Schluck als Zeichen seines solidarischen Teamgeistes.

„Die Archäologie ist eine menschliche Tugend. Sehen Sie es mal so: Was brauchen wir? Geduld und Beharrlichkeit. Das beweisen Sie gerade! Wären Sie hier, wenn Sie nicht an den Erfolg glaubten? Glauben hingegen ist keine Tugend, sondern ein Geschenk, das jeder auf seine Weise nutzen kann. Schauen Sie also ruhig auf Ihre Kollegen und sehen Sie, wie der Glaube Sie alle auf zeitlose Weise immer wieder neu fasziniert. So machen Sie die Archäologie zu der würdevollen Kunst, das menschliche Erbe zu entschlüsseln. Die Überlieferungen menschlicher Existenz werden uns auch das göttliche Erbe erklären. Nur der Glaube führt letztlich zur Erkenntnis. Vertrauen Sie Ihrem Glauben! Er ist der Weg zu wissenschaftlicher Exzellenz.“

Schliefken leitete seit Jahren die Ausgrabungen an verschiedenen Stellen entlang der Lippe. Aufmunternde Reden wie diese schüttelte er aus dem Ärmel. In den Augen seiner Studenten investierte er allerdings zu viel Glauben an den Erfolg, mit anderen Worten: Viele konnten seiner Philosophie nichts abringen. Schliefken saß auf seinem Posten als Privatdozent an der Uni Münster und ob die Ausgrabungen erfolgreich verliefen, dafür war er nicht verantwortlich.

„Wo ist denn Herr Bowereit? Ist er heute nicht erschienen?“ Bowereit schrieb an seiner Doktorarbeit und leitete kommissarisch die Ausgrabungen in Haltern.

„Er ist draußen, mit Kalle Steinhofen. Die glauben, etwas gefunden zu haben“, antwortete eine Studentin von kleinem Wuchs.

„Macht uns das nicht alle neugierig? Steinhofen, ist das nicht der ewige Student?“

„Im elften Semester“, bemerkte dieselbe Studentin abfällig grinsend.

„Der könnte schon mit seiner Masterarbeit fertig sein. Was für eine Zeitverschwendung. Es hat aufgehört zu nieseln. Wir können wieder raus. Herr Bowereit wird uns briefen.“

Angelina flüsterte mit ihrem Nebenmann: „Das war genau, was die kleine Schlampe hören wollte. Ich wette, die vögelt den Bowereit, und wenn der Dozent ist, verschafft er ihr einen Posten an der Uni.“

„Kann es sein, dass du überreizt bist? Lass die doch“, meinte der Student gelassen.

„Briefen!“, lästerte Angelina. „Das klingt aus Schliefkens Mund völlig bescheuert. Ich hab einfach keine Lust auf Lackaffen.“

„Hast du deine Tage?“

„Darf ich das als Antrag verstehen, meine beste Freundin zu werden? Mach dich vom Acker, Axel! Mit deinem platten Arsch kannst du bei mir eh nicht landen.“

Das purpurne Tuch

Подняться наверх