Читать книгу I#mNotAWitch - Yuna Stern - Страница 9

Kapitel 7

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Am nächsten Morgen musste ich mich dazu überwinden, aus dem Bett zu steigen. Ich hörte Stimmen aus dem Erdgeschoss, viele laute Schritte, viel Gelächter. Die anderen schienen bereits wach zu sein.

Seufzend richtete ich mich auf und rieb über meine verquollenen Augen. Die letzte Nacht war grauenvoll gewesen.

Ich nahm meine Badeartikel, die ich wegen der Gäste in mein Zimmer geräumt hatte, und schlich langsam zum Badezimmer.

Dort putzte ich mir die Zähne, duschte lange und ausgiebig, während das kochendheiße Wasser die Schmerzen aus meinem Körper vertrieb. Anschließend schlüpfte ich in meinen Bademantel und eilte zurück in mein Zimmer.

Nachdem ich mir ein graues Sweatshirt und eine Jeans übergezogen hatte, kämmte und föhnte ich meine hüftlangen, roten Haare, blinzelte in den Spiegel, und merkte, dass man mir immer noch ansehen konnte, dass ich die ganze letzte Nacht geweint und unruhig geschlafen hatte. Im Wechsel. Ich kramte meinen Concealer heraus und betupfte meine dunklen Augenringe damit, dann nahm ich etwas schwarze Mascara, um mir die Wimpern zu tuschen. So. Geschafft. Jetzt sah ich ein wenig frischer und ausgeschlafener aus.

Als ich die Treppe hinunterstieg, fiel mir Savannah auf, die mit mehreren Tabletts beladen vom Wohnzimmer zur Küche eilte. Sie warf mir genervte Blicke zu, nachdem sie mich auch bemerkt hatte. „Kannst nicht einmal in deinem Leben helfen, was, Quinn?“, ärgerte sie sich. „Schläfst stattdessen bis zwölf Uhr mittags! Es ist zwölf Uhr! Du bist ganz schön verwöhnt!“

Ich zuckte mit den Achseln und erwiderte nichts. Ich wollte nicht auch noch einen Streit mit ihr anfangen. Nicht am frühen Morgen. Oder Mittag oder was auch immer.

Im Wohnzimmer begegnete mir Samuel, der mich mit einem knappen Nicken grüßte und sich dann wieder der Zeitung widmete, die er gerade durchblätterte. Neben ihm saß Bailey, die seit neuestem eine Schwäche für ihn zu haben schien, und warf ihm gelegentlich schmachtende Blicke zu. Doch Samuel war blind für so etwas. Er blätterte weiter um, kaute schmatzend auf seinem Kaugummi, als würde ihn die Welt um ihn herum kein bisschen interessieren.

Ich setzte mich ebenfalls auf die Couch und lächelte Bailey zu. Sie sah besser aus als früher. Sie hatte ihre Zahnspange abbekommen und auch ihre Pickel waren bis auf einige Narben gänzlich verschwunden. Außerdem schimmerten ihre braunen Haare im Sonnenlicht, das durch das offene Fenster in den Raum strömte, und dufteten auch noch nach Pfirsich.

Sie tat mir leid. Bailey war immer schüchtern gewesen, nicht so ein Draufgänger wie ihr älterer Bruder. Tyler beanspruchte die Aufmerksamkeit seiner Eltern alleine für sich, während Bailey das brave Kind war, das nicht besonders beachtet wurde.

„Wie geht es dir, Bailey?“, fragte ich. „Du siehst wirklich hübsch aus. Hast du etwas mit deinen Haaren gemacht? Sie sehen so schön voll und gesund aus.“

Ihr Gesicht verfärbte sich tomatenrot, dann stotterte sie: „Nein, danke. Das muss nur mein Shampoo sein.“

Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen. Dann sagte ich zu Samuel: „Kannst du mir mal bitte die Zeitung reichen? Ich möchte etwas nachsehen.“

Samuel hob überrascht den Kopf. Es gab nur wenige Momente, in denen ich ihn direkt ansprach. Er zuckte mit den Schultern und reichte mir die Zeitung. Doch statt Bailey endlich einen Blick zu schenken, stand er auf, ließ seine Gelenke knacken und ging aus dem Wohnzimmer.

Bailey neben mir seufzte leise.

Ich schüttelte unmerklich den Kopf, legte die Zeitung zurück auf den Couchtisch und lehnte mich gegen ein weiches Kissen, das einladend hinter meinem Rücken lag.

„Was habt ihr gestern eigentlich mit den Frauen gemacht?“, fragte ich Bailey.

Sie strich sich die Haare aus der Stirn und antwortete: „Die Frauen sind nicht aufgewacht. Dafür hat deine Mutter gesorgt. Außerdem hat sie ihre Wunden verbunden und ihnen ein Elixier gegeben, damit die letzten vierundzwanzig Stunden aus ihrem Gedächtnis verbannt wurden. Anschließend haben mein Vater und – ähm – Samuel die Frauen in eurem Auto weggefahren. Ich weiß nicht, wohin sie sie gebracht haben. Doch es war alles ganz schön beeindruckend. Deine Mutter hat da wirklich ein Talent dafür.“

„Ja.“ Ich lächelte schwach. Aber meine Mutter hatte auch ihr ganzes Leben damit verbracht, solche Dinge zu studieren. Da wunderte es mich nicht, wenn sie so schnell ein paar Heilmittel aus ihrem Ärmel zaubern konnte.

„Jetzt sind unsere Eltern losgefahren, um die Elliots vom Flughafen abzuholen. Weißt du, ich kann es gar nicht mehr erwarten.“

Nein, nicht noch eine Familie, stöhnte ich innerlich.

„Was meinst du?“, fragte ich verwirrt.

Erneut verfärbten sich ihre Wangen rosa. „Na ja, Halloween. Du weißt schon, die nächste Feier. In nur wenigen Tagen ist es soweit. Meine Mutter hat mir erzählt, dass es diesmal viel wichtiger sein wird als all die Jahre zuvor. Seit hundert Jahren, hat sie gesagt, haben ihre Familien auf diesen Tag gewartet.“

„Ja“, wiederholte ich geistesabwesend. Ich interessierte mich nicht für die Lügen der Erwachsenen. Jedes Mal suchten sie einen neuen Grund, um ihre kranken Feste und ihre längst verschollenen Kräfte zu feiern. Für mich ergab das alles keinen Sinn und war völlig unnötig. Ich glaubte ihnen nicht, wenn sie von wichtigen Ereignissen sprachen. Für sie war es erheiternd genug, sich um eine Feuerstelle zu versammeln, Händchen zu halten und zu tanzen. So armselig.

Also, wie sollte ich nun auch noch den Elliots aus dem Weg gehen? Karen und James Elliot waren tausendmal schlimmer als die Brandons.

Karen war die beste Freundin meiner Mutter. Sie sprachen jedes Wochenende stundenlang am Telefon miteinander, obwohl meine Mutter die Techniken der neuen Welt angeblich so sehr verabscheute. Für Karen Elliot war meine Mutter ein Idol. Sie versuchte sich genauso zu kleiden und zu verhalten wie der Donovan-Oberhaupt. Seit einigen Jahren färbte sie ihr rabenschwarzes Haar sogar blond, um dann die selbe Frisur wie meine Mutter zu tragen.

James Elliot war ein schnippischer Kerl, der alle anderen verspottete, und sich und seine Familie für besser hielt.

Und sogar Tyler war mir lieber als ihr hochnäsiger Sohn, Colin.

Ich erinnerte mich an die Worte meiner Mutter, die sie letzte Nacht an mich gerichtet hatte. Sie hatte gesagt, dass ich die Vampire ausspionieren sollte. Meinetwegen. Ich würde es tun. Doch dann konnte sie nicht von mir erwarten, dass ich um ihre Gäste herumtänzelte und ihnen Essen und Getränke servierte, wie Savannah es tat. Ich respektierte meine älteste Schwester für ihren Fleiß, doch ich würde mich nicht so einfach von meiner Mutter ausbeuten lassen. Obwohl, vielleicht ja doch. Wenn ich ihr alles über die Vampire anvertraute, dann nutzte sie ja auch mich aus. Aber ich hätte wenigstens ein wenig Luft zum Atmen und könnte eine völlig andere Welt kennenlernen, in der nicht nur über etwas gesprochen wurde, sondern die überirdischen Wesen tatsächlich Kräfte besaßen. Es würde meine Neugier stillen und mich von meiner Mutter und ihren Gästen so weit weg wie nur möglich bringen.

Ja, ich hatte mich entschlossen. Ich würde meine Ängste runterschlucken und Jack kennenlernen. Und seine Freunde.

Ich spürte, wie mein Herz in meiner Brust aufgeregt flatterte, während ich mit Bailey über ihr Leben in Waukegan redete.

Als unsere Eltern einige Stunden später mit den Elliots ankamen, saßen wir – Phoebe, Bailey und ich – auf der Bank im Garten und genossen die Nachmittagssonne, die die Wiese und die Kräuter in einen blassen Schein hüllte. Etwas weiter abseits saß Tyler und schmollte, da ich die letzten Stunden über tatsächlich kein Wort mit ihm gewechselt hatte. Er hockte auf dem Kieselweg, zu dessen beiden Seiten meine Mutter die verschiedensten Gemüsesorten angebaut hatte, und spielte mit seinem Handy. Hin und wieder blickte er in meine Richtung, doch ich ignorierte ihn. Ich hatte ihm zu viele Chancen gegeben. Und er hatte sie alle zertreten.

Nachdem die Tür geläutet hatte, stürmte Savannah in den Garten und fuchtelte hektisch mit ihren Armen. Wieder hingen all ihre blonden Haarsträhnen um ihr Gesicht herum, da sie den Mittag in der Küche verbracht und gekocht hatte. „Jetzt kommt schon! Phoebe! Quinn! Helft mir! Wir müssen ihnen Kaffee und Gebäck reichen!“

Sie begann mir in ihrer Aufregung leid zu tun, daher richtete ich mich auf und folgte ihr in die Küche. Auch Phoebe kam und stellte die Tassen auf ein Tablett, um sie ins Wohnzimmer zu tragen. Aus dem Flur erklangen die Stimmen der Erwachsenen.

Bald erschien unsere Mutter in der Küche, stellte sich hinter die Theke und starrte uns abwartend an. „Savannah, wie weit ist das Essen?“

„Pünktlich um sieben Uhr wird es fertig sein“, lächelte Savannah scheu.

„Eine halbe Stunde eher wäre mir lieber“, murmelte unsere Mutter und streifte ihren smaragdgrünen Schal ab. „Die Elliots sind extra aus Toronto angereist, um bei unseren Feierlichkeiten dabei zu sein. Sie sind müde und hungrig.“ Sie warf einen Blick auf die leeren Tassen, die Phoebe aus dem Schrank nahm. „Und wie weit ist der Kaffee? Ihr könntet euch wirklich mal beeilen. Manchmal schäme ich mich ja fast für euch.“

„Verzeih, Mutter“, murmelte Savannah und riss Phoebe die Tassen aus der Hand. „Ich war die ganze Zeit alleine in der Küche. Die anderen haben im Garten herumgealbert.“

„Na ja“, ich hob abwehrend die Hände, „ich habe auch eigentlich andere Pflichten, nicht wahr, Mutter?“

Sie lächelte mich kalt an und nickte. „Also wirst du mir den Gefallen erweisen?“

„Natürlich. Doch dann werde ich nicht allzu viel Zeit mit deinen wundervollen Gästen verbringen können.“ Ich spürte, wie Savannah und Phoebe stehen geblieben waren und unserem eigenartigen Gespräch gebannt lauschten.

„Das spielt für den Anfang keine Rolle. Du wirst ja andere Aufgaben erledigen müssen.“

„Gut.“

„Wann wirst du damit beginnen?“

„Ich weiß noch nicht. Vielleicht heute Nacht.“

Sie betrachtete mich nachdenklich. Dann nickte sie. „Einverstanden. Doch du wirst auf dich aufpassen müssen, in Ordnung?“

„Selbstverständlich.“ Wie sollte ich denn bitte in Gegenwart von fünf weiteren Vampiren auf mich aufpassen? Ich konnte nicht weglaufen, da sie zu schnell waren. Ich konnte nichts tun, um mich zu verteidigen. Ich war vollkommen hilflos.

Als sie aus der Küche rauschte, widmete sich Savannah wieder ihrer Arbeit, während Phoebe mich verwirrt ansah.

„Was ist denn los? Was musst du tun?“, fragte sie leise. In ihren schwarzen Augen erkannte ich ihre Sorge.

Ich winkte ab. „Das ist nicht so wichtig. Ich werde dir ein andermal davon erzählen.“

Danach nahm ich ein Tablett von der Theke, auf dem mehrere Kekse auf einem Teller angehäuft waren. Phoebe stellte eine Pralinenschachtel dazu, während sie meinem Blick bewusst auswich. Ich dankte ihr und drehte mich um, damit ich das Gebäck und die Süßigkeiten ins Wohnzimmer tragen konnte.

Dort saßen James und Colin Elliot neben Makayla und Walter Brandon auf dem Sofa und schwiegen. Meine Mutter hatte sich mit Karen in den Garten zurückgezogen.

Im Wohnzimmer herrschte eine seltsam angespannte Stimmung. Auch die Elliots schienen kein besonders gutes Verhältnis zu den Brandons zu haben. James Elliot hatte seine Lippen missmutig verzogen und sein Sohn starrte gelangweilt die Landschaftsbilder auf unseren weißgestrichenen Wänden an.

Als ich eintrat, sahen alle kurz auf und seufzten. Mrs Brandon lächelte mir dankbar zu und nahm die Teller ab, um sie auf den Tisch zu stellen.

James Elliots Blick wurde umso finsterer, während er mich betrachtete. „Das ist sie also“, murmelte er.

Mrs Brandon zuckte bei seinen Worten zusammen und schaute schnell weg. Ihr Ehemann nickte stumm, und vermied es ebenfalls, mich anzusehen.

„Ist sie nicht viel zu jung?“

Ich runzelte verwirrt die Stirn. Worüber redete der Typ? Wusste er etwa auch von der Aufgabe, die mir meine Mutter aufgetragen hatte? Oder war da noch etwas anderes?

„Vielleicht sollten Sie ihr gegenüber nichts darüber erwähnen“, bat Makayla Brandon leise. Eine peinliche Röte war ihr ins Gesicht gestiegen und ihre Lippen zitterten leicht.

Wovon sprachen sie gerade?

Mr Elliot musterte mich weiterhin griesgrämig. Seine hellblonden Haare hatten sich in den letzten Monaten grau verfärbt und auf seiner Stirn hatten sich mehrere Sorgenfalten eingenistet, die seinem Gesicht eine noch unangenehmere Note verliehen.

Sein Sohn hingegen, der drei Jahre älter war als ich, wirkte viel erwachsener als sonst. Die kindliche Art, mit der er mich früher immer geärgert und missachtet hatte, war einem freundlichen, brüderlichen Lächeln gewichen. Das überraschte mich.

„Hallo, Quinn“, begrüßte er mich sogar.

„Hallo, Colin. Schön, dass ihr endlich da seid.“ Ich erwiderte sein Lächeln und fühlte, wie mir eine große Last von den Schultern fiel. Wenigstens er würde mich diesmal nicht dermaßen nerven wie Tyler.

„Freust du dich auch auf Halloween?“, fragte er, woraufhin alle drei Erwachsenen erstarrten und meine Reaktion mit großen Augen verfolgten.

Ich bemerkte, wie sein Vater ihn leicht mit dem Knie anstieß, und fragte mich erneut, warum sie sich alle so seltsam verhielten. Nicht, dass sie früher normal gewesen waren, doch diesmal waren sie noch geheimniskrämerischer als sonst.

„Natürlich“, nickte ich. „Das ist doch jedes Mal ein schönes Ereignis.“

Im nächsten Moment betraten meine Mutter und Karen Elliot das Wohnzimmer durch die Terrassentür. Auch Mrs Elliot versteifte sich bei meinem Anblick.

„Hach, was für eine Freude, dich endlich zu sehen, Quinn“, raunte sie mit ihrer krächzenden Stimme. „Du siehst hübsch aus. Bist ganz schön groß geworden in letzter Zeit.“

Meine Mutter legte ihre Hand auf die Schulter ihrer Freundin, sodass Mrs Elliot zusammenfuhr und mit schnellen Schritten zum Sofa eilte. Ihre langen, wasserstoffblonden Locken verfingen sich ineinander, als sie sich zwischen ihren Sohn und Mrs Brandon zwängte. Daraufhin lächelte sie gezwungen mit ihren übertrieben rot geschminkten Lippen.

„Und geht es dir sonst gut, Quinn?“

Bevor ich antworten konnte, warf meine Mutter ein: „Natürlich. Ihr geht’s blendend. Quinn, du kannst hinauf in dein Zimmer gehen. Du hast heute schließlich genug zu tun.“

Auch hier horchten alle auf, doch senkten schnell den Blick, ehe meine Mutter das bemerkte.

„Okay“, nickte ich. „Bis dann.“

Verdutzt hastete ich aus dem Wohnzimmer und blieb im Flur neben unserem Garderobenständer aus Mahagoni stehen. Was zur Hölle war da drinnen bloß los? Was planten diese Leute, ohne mir davon zu erzählen?

Es war offensichtlich, dass es dabei um mich ging, sonst wären sie alle nicht so durchgedreht. Aber was verheimlichte meine Mutter vor mir? Hatte es etwas mit den Vampiren zu tun? Oder nein, mit Halloween? Ich verstand die Welt nicht mehr. Hatte Bailey nicht noch am Mittag erzählt, dass unsere Familien seit hundert Jahren auf dieses Halloween gewartet hatten? Ich hatte es als Hirngespinste unserer Eltern abgetan, doch vielleicht wussten sie tatsächlich etwas, das sie uns verheimlichten? Was erwartete uns in diesem Jahr während der Feier? Und was hatte diese ganze Geschichte mit mir zu tun?

Ich stöhnte und stieg langsam die Treppe hinauf. Bestimmt würde ich es bald erfahren.

Doch wollte ich es überhaupt wissen?

Heute Nacht hatte ich erst einmal andere Sorgen.

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