Читать книгу Die neun - Zbigniew Georg - Страница 35
ОглавлениеWie erstarrt dreht er sich zu ihr um. „Was sagst du da?“
„Er war nicht im Labor.“ Pria versucht ein Lächeln. „Ich dachte heute Nachmittag an deine Worte. In Liebe gezeugt. Ich wollte ihn in einer liebevolleren Umgebung sehen. Nicht in der Sterilität des Labors.“
Sein Blick verrät Angst, aber auch Hoffnung. „Du hast ihn hoffentlich nicht in dein Quartier gebracht?“
„Nein.“ Pria lächelt zärtlich und entspannt sich. „Nein, nicht in mein Quartier. Komm mit.
Ich bring dich zu ihm.“
Die Täuschung ist nahezu perfekt. Subtropische Bäume und Sträucher, verwachsen mit dem Vulkangestein des Untergrundes. Ein Bach plätschert über die natürliche Erhebung als Wasserfall und sammelt sein Wasser der unterirdischen Quelle in einem kleinen See.
Versteckte Wege laden zu einem vergessenen Spaziergang durch scheinbar unberührte Natur ein. Und doch ist sie so widernatürlich wie das künstliche Sonnenlicht.
Pria führt ihn durch dichtes Unterholz tief in den kleinen Hain aus Palmen. Im Herzen des Dickichts steht eine gläserne Säule, deren unterer Teil alle lebensnotwendigen Aggregate beherbergt, die ihrer Hoffnung das Leben schenken.
Qori starrt auf die Petrischale in der Mitte der gläsernen Kugel, die den oberen Teil der Säule bildet. Zu winzig, um das Leben mit bloßem Auge zu erkennen. In ihr ihrer aller Hoffnung.
„Du hast ...“ Qori versagt die Stimme.
Pria überprüft flink die Werte. „Alles in Ordnung! Es geht ihm gut.“ Auch ihr ist die Erleichterung anzuhören.
Sie wendet sich Qori zu, der erschöpft auf die Knie gesunken ist, kniet sich zu ihm. „Es geht ihm gut, hörst du?“
Qori schüttelt fassungslos den Kopf. „Ich begreife es nicht ... - Wie konntest du das alles nur geschehen lassen?“
„Was? Wieso? Was habe ich denn ...“ Pria versteht nicht. Sie sucht seinen Blick, doch dann erkennt sie, dass seine Worte nicht an sie gerichtet sind.
Leise erhebt sie sich und lässt ihn alleine. Alleine mit sich und mit dem Göttlichen. Und mit der Hoffnung der Welt, dessen kleine gläserne Welt ebenso zerbrechlich ist wie ihre große harte Welt dort draußen.
Tief horcht Qori in sich hinein und lauscht auf die leise Stimme in seinem Inneren, die ihm erlaubt, Dinge zu erkennen und zu verstehen, die so vielen anderen verschlossen bleiben. Er weiß um seine Fähigkeiten und seine Macht. Um seine Verantwortung und sein Wirken. Er hat Angst.
Immer tiefer, bis auf den Grund seiner eigenen Seele, die es ihm ermöglicht, Verbindung mit anderen Seelen aufzunehmen. Er konzentriert sich auf die Petrischale, auf das kaum begonnene Leben, auf die Seele, die schon in ihm steckt. Sie haben auf das kosmische Gesetz der Anziehung vertraut. Bedingungen geschaffen, die die richtige Seele anlocken sollen.
Wessen Seele? Wie ist dein Name? Woher kommst du und wer warst du? Ich kann dir nur meinen Körper als Klon zur Verfügung stellen, mit all seinen Fähigkeiten und Gaben, aber meine eigene Seele kann ich nicht teilen. Wer also bist du? Sprich mit mir und lass mich verstehen.
Doch so sehr er auch lauscht – Schweigen ist die einzige Antwort, die er bekommt.
„Wir verdanken es nur Prias Intuition, dass unsere Mission nicht endgültig noch vor ihrem Beginn gescheitert ist.“ Müde wischt sich der Professor über die von dunklen Ringen überschatteten Augen. Er blickt in die Runde der Neun und setzt seine Brille wieder auf. „Wir danken dir, Pria.“
„Dankt nicht mir“, erwidert Pria verlegen, „dankt lieber dem Göttlichen. Es schenkte mir diesen Einfall.“
Qori schüttelt kaum merklich den Kopf. Sie versteht es nicht! Sie will es einfach nicht verstehen! Sie alle werden es nie verstehen! Sie haben nie verstanden! Sie wissen immer noch nicht, was sie hier tun!
Pria mustert Qori besorgt und auch Professor Zulgor lässt seinen Blick nicht von ihm. Qoris Schweigen dauert nun schon zwei Tage, seit dem Unfall im Labor. Nur mit Mühe konnten sie ihn dazu bringen, den Platz im Palmenhain zu verlassen, um an der letzten Konferenz vor dem großen Tag teilzunehmen.
„Morgen ist es endlich soweit!“ Auch Miguel ist die Aufregung anzuhören. „Dann ist es nur noch die Frage von Zeit.“
„Ich habe es mir so oft ausgemalt.“ Versonnen blickt Malissa ins Leere. „Eine neue Welt.
Eine friedliche Welt. Voller Hoffnung, Liebe und Menschlichkeit.“
„Erwarte nicht zu viel von den Menschen, meine Liebe.“ Konstantin, dessen zweites Segment rot gefärbt ist, Organisator und Planer, Praktiker mit Leib und Seele und einem stets glücklichen Händchen, lehnt sich gemütlich in seinem Stuhl zurück. „Es sind noch viel zu viele Faktoren offen, die wir nicht beeinflussen können, weil wir sie nicht einmal erkennen.“
„Ich gebe dir Recht, Konstantin.“ Professor Zulgor nickt bedächtig. „Und deshalb geben wir diese in die Hand des Göttlichen. Nur es alleine ist in der Lage ...“
Ihr Narren! Das laute Scharren von Qoris Stuhl unterbricht ihn. Qori eilt wortlos aus dem Raum, die Miene versteinert.